| Titel: | Ueber die Zersetzung der Sodarückstände bei der Wiedergewinnung des Schwefels; von Dr. Carl Kraushaar. | 
| Autor: | Carl Kraushaar | 
| Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 412 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber die Zersetzung der
                           								Sodarückstände bei der Wiedergewinnung des Schwefels; von Dr.
                           								Carl
                              								Kraushaar.
                        Kraushaar, über die Zersetzung der
                           								Sodarückstände.
                        
                     
                        
                           Werden die nach dem Schaffner'schen Verfahren (1869 192 308) 193 42) auf Haufen
                              									gestürzten Sodarückstände, nachdem sie während einiger Monate
                              									sich selbst überlassen gewesen sind, vom Haufen abgeschlagen, so
                              									erwärmen sie sich stark und verändern rasch ihre
                              									Zusammensetzung. Es schien mir von Interesse, durch einige
                              									Versuche zu bestimmen, inwieweit die Zusammensetzung der
                              									Sodarückstände sich schon im Haufen selbst ändert, und welche
                              									weitere Zersetzungen nach dem Abschlagen derselben vom Haufen
                              									durch den dann erleichterten Luftzutritt hervorgegerufen
                              									werden.
                           Zu diesem Zwecke wurden von einem einige Monate alten Haufen in
                              									etwa 1m Tiefe so rasch
                              									wie möglich 1k,5
                              									Sodarückstand herausgenommen und augenblicklich in 850cc Wasser eingetragen. Von
                              									demselben Ort wurde noch eine größere Menge (etwa 30k) Sodarückstand genommen
                              									und im Laboratorium zu einem kleinen Haufen geformt. Nach
                              									Verlauf von 1/2 Stunde wurde eine Probe von diesem kleinen
                              									Haufen möglichst von allen Punkten desselben genommen und
                              									ebenfalls in 850cc
                              									Wasser eingetragen. In Zwischenräumen von 1 bis 2 Stunden wurde
                              									diese Operation noch öfters wiederholt. Alle Proben wurden unter
                              									öfterem Umrühren 24 Stunden lang stehen gelassen, hierauf
                              									filtrirt und in folgender bekannter Weise analysirt.
                           Zur Bestimmung des Mehrfach-Schwefelcalciums und des
                              									Schwefelwasserstoff-Schwefelcalciums wurde eine bestimmte Menge
                              									Lauge mit Stärkemehl versetzt und mit Zehntel-Normaljodlösung
                              									(0,1 Aeq. Jod in 1l)
                              									titrirt bis zur blauen Färbung. Dann wurde die Flüssigkeit mit
                              									einem Tropfen einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron
                              									entfärbt und mit Aetznatron und Lackmus
                              									titrirt. Zur Bestimmung des unterschwefligsauren Kalkes wurde in
                              									einer andern Probe das Mehrfach-Schwefelcalcium und das
                              									Schwefelwasserstoff-Schwefelcalcium mit Chlorzink gefällt und
                              									das Filtrat ebenfalls mit Jod titrirt. Die erhaltenen Resultate
                              									finden sich in folgender Tabelle zusammengestellt, in welcher
                              									angegeben ist, wieviel von 100 Th. in der Lösung vorhandenem und
                              									an Schwefel gebundenem Calcium als Mehrfach-Schwefelcalcium, und
                              									unterschwefligsaurer Kalk gefunden wurde.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 413
                              1. Versuch; 2.
                                 										Versuch; 3. Versuch; 4. Versuch.*; Mehrfach-Schwefelcalcium;
                                 										Schwefelwasserstoff-Schwefelcalcium; Unterschwefligsaurer
                                 										Kalk; Bei Probenahme; Nach 1/2 Stunde; 1 1/2 Stunden.
                              
                           * Die Probe zu dem 4. Versuch wurde in
                              									geringerer Tiefe als wie die vorhergehenden genommen; deshalb
                              									war hier die Oxydation bereits weiter vorgeschritten.
                           Wie man sieht, enthalten die Sodarückstände im Innern des einige
                              									Monate alten Haufens im Augenblick der Probenahme vorzugsweise
                              									Schwefelwasserstoff-Schwefelcalcium mit verhältnißmäßig nur
                              									wenigem oder auch, wie im dritten Versuch, gar keinem
                              									Polysulfuret. Sobald aber die Rückstände vom Haufen abgeschlagen
                              									und der Einwirkung der Luft ausgesetzt werden, tritt rasche
                              									Oxydation ein, und zwar bildet sich anfänglich namentlich
                              									Mehrfach-Schwefelcalcium (CaS, HS +
                              									O = CaS₂ + HO) und wenig
                              									unterschwefligsaurer Kalk, dessen Entstehung man entweder aus
                              									dem Schwefelwasserstoff – Schwefelcalcium (CaS, HS + 4O
                              									= CaO, S₂O₂ + HO oder H₂CaS₂ + 4O = CaS₂O₃ +
                              									H₂O) oder, was wahrscheinlicher ist, aus dem
                              									Zweifach-Schwefelcalcium annehmen kann (CaS₂ + 3O = CaO, S₂O₂). In der That nimmt die Menge des
                              									Mehrfach-Schwefelcalciums im weitern Verlauf der Oxydation
                              									ebenfalls ab, während eine rasche Vermehrung des
                              									unterschwefligsauren Kalkes eintritt. Hiernach muß man annehmen,
                              									daß die Reaction, welche im Innern des Haufens stattfindet,
                              									weniger eine Oxydation als vielmehr eine einfache
                              									Umsetzung ist. Die frischen Sodarückstände bestehen bekanntlich
                              									aus Einfach-Schwefelcalcium, gemengt mit wechselnden Mengen von
                              									kohlensaurem Kalk und zuweilen auch Aetzkalk. Das
                              									Schwefelcalcium setzt sich mit Wasser zu und Aetzkalk um (2 CaS + HO =
                              									CaS, HS + CaO). Dies ist die hauptsächlichste Reaction, welche im
                              									Innern des Sodahaufens stattfindet, begünstigt durch die gelinde
                              									Wärme, welche durch die langsame Bildung von
                              									unterschwefligsaurem Kalk erzeugt wird.
                           Es stimmt dies auch vollständig mit den Erfahrungen der Praxis
                              									überein, welche lehren, die äußeren Flächen der Haufen möglichst
                              									glatt, sowie frei von Spalten und Rissen zu machen, damit der
                              									Luftzutritt auf das geringste Maß beschränkt werde. Erst wenn
                              									das Schwefelwasserstoff-Schwefelcalcium sich in genügender Menge
                              									gebildet hat, befinden sich die Rückstände in dem geeigneten
                              									Zustand, um der Einwirkung der Luft ausgesetzt zu werden, oder,
                              									mit anderen Worten, die Umsetzung des Schwefelcalciums in
                              									Schwefelwasserstoff-Schwefelcalcium muß der eigentlichen
                              									Oxydation vorausgehen. Nur in diesem Falle kann man bei dem
                              									spätern Auslaugen Lösungen bekommen, welche neben
                              									unterschwefligsaurem Kalk reichliche Mengen von Mehrfach
                              									– Schwefelcalcium und Schwefelwasserstoff-Schwefelcalcium
                              									enthalten; denn wenn man die frischen Sodarückstände direct der
                              									Luft aussetzt, ohne sie vorher auf Haufen zu stürzen, so bildet
                              									sich bekanntlich unterschwefligsaurer Kalk mit nur sehr wenig
                              									Mehrfach-Schwefelcalcium und gar keinem
                              									Schwefelwasserstoff-Schwefelcalcium. Es erklärt sich dies aus
                              									dem Umstand, daß letzteres in dem Maße, als es sich bildet,
                              									durch den erleichterten Luftzutritt sogleich weiter oxydirt wird
                              									zu CaS₂ und dann zu CaO, S₂O₂.
                           Der Schwefelgehalt der Laugen wurde in den 4 obigen Versuchen,
                              									wie folgt, gefunden, indem man ihn aus dem Gehalt der Laugen an
                              									Polysulfuret, Schwefelwasserstoff-Schwefelcalcium und
                              									unterschwefligsaurem Kalk, sowie unter der Annahme der Formel
                              									CaS₂ für das Polysulfuret,
                              									berechnete.
                           Schwefelgehalt in 100
                                 									Th. Lauge.
                           
                              
                                 
                                 1. Versuch.
                                 2. Versuch.
                                 3. Versuch.
                                 4. Versuch.
                                 
                              
                                 Bei Probenahme
                                 3,38
                                 3,24
                                 2,86
                                 2,60
                                 
                              
                                 Nach 1/2 Stunde
                                 3,40
                                 3,03
                                 3,37
                                 2,58
                                 
                              
                                   
                                    											„  1 1/2 Stunden
                                 –
                                 2,96
                                 3,08
                                 2,55
                                 
                              
                                   
                                    											„  2
                                    											1/2     „
                                 3,31
                                 3,00
                                 3,06
                                 2,73
                                 
                              
                                   
                                    											„  3
                                    											1/2     „
                                 –
                                 3,04
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                   
                                    											„  4
                                    											1/2     „
                                 3,20
                                 –
                                 –
                                 2,13
                                 
                              
                                   
                                    											„  5
                                    											1/2     „
                                 3,02
                                 –
                                 2,72
                                 2,19
                                 
                              
                                   
                                    											„  6
                                    											1/2     „
                                 –
                                 –
                                 –
                                 2,25
                                 
                              
                           
                           Geringe Schwankungen im Schwefelgehalt der Laugen erklären sich
                              									durch die Art der Probenahme, indem die Sodarückstände nicht so
                              									gleichmäßig zusammengesetzt sind, daß jede der verschiedenen
                              									Proben eines Versuches ursprünglich genau dieselbe
                              									Zusammensetzung haben könnte. Immerhin ist festgestellt, daß im
                              									Allgemeinen eine fortschreitende Verminderung des
                              									Schwefelgehaltes zu bemerken ist, was sich leicht aus der
                              									weitern Oxydation unterschwefligsauren Kalkes zu schwer
                              									löslichem schwefligsaurem und schwefelsaurem Kalk erklärt.
                           Aus Vorstehendem erhellt, wie wichtig es ist, die Arbeit am
                              									Sodahaufen genau zu beaufsichtigen, damit die von demselben
                              									abgeschlagenen Rückstände genügend, aber doch nicht zu lange der
                              									Luft ausgesetzt werden, um in der Lauge das richtige Verhältniß
                              									von Polysulfuret, Schwefelwasserstoff-Schwefelcalcium und
                              									unterschwefligsaurem Kalk zu haben. Bekanntlich muß, damit die
                              									Zersetzung glatt gehe, 1 Aeq. unterschwefligsaurer Kalk für je 1
                              									Aeq. CaS, HS und für je 2 Aeq. CaS₂ vorhanden sein, entsprechend
                              									den Formeln:
                           
                              
                                 CaS, HS + CaO, S₂O₂ + 2 HCl
                                 =
                                 2 CaCl + 3 HO + 4 S und
                                 
                              
                                 2 CaS₂ + CaO,
                                       											S₂O₂ + 3
                                    											HCl
                                 =
                                 3 CaCl + 3 HO + 6 S.
                                 
                              
                           Sind die drei Schwefelverbindungen in diesem Verhältniß in den
                              									Laugen vorhanden, so genügt ein sehr geringer Ueberschuß von
                              									unterschwefligsaurem Kalk, um das schwierige Schaffner'sche
                              									Verfahren des Niederschlagens in geschlossenen Gefäßen ganz
                              									überflüssig zu machen. Das Niederschlagen mit Salzsäure kann in
                              									diesem Falle in offenen Gefäßen vorgenommen werden, und es
                              									genügt, um jegliche Entwicklung von
                                 									Schwefelwasserstoff zu vermeiden, folgende einfache
                              									Anordnung zu treffen, so wie ich sie seit mehreren Jahren in der
                              									chemischen Fabrik zu Thann eingeführt habe. Das Niederschlagen
                              									geschieht hier in einer hölzernen Kufe, welche 2m im Durchmesser hat und
                              									1m,5 hoch ist. Die Kufe
                              									ist mit einem Rührwerk aus Holz und Eisen versehen. Die Lauge
                              									tritt durch ein außerhalb der Kufe liegendes eisernes Rohr
                              									direct über dem Boden in dieselbe ein, während die Salzsäure
                              									durch ein hölzernes Rohr eingeführt wird, welches an der innern
                              									Wand der Kufe befestigt ist und zwar so, daß Lauge und Säure an
                              									demselben Punkt auf dem Boden der
                              									Kufe zusammentreffen. Das Erwärmen geschieht durch ein seitlich
                              									eintretendes Dampfrohr. Man beginnt die Operation, indem man die
                              									Kufe halb mit Wasser füllt, auf 70° erwärmt und das
                              									Rührwerk in Bewegung setzt. Dann läßt man Salzsäure und Lauge
                              									zufließen derart, daß die Lösung sauer ist, eine Probe derselben
                              									aber nach dem Klären bei weiterem Zusatz von Salzsäure noch eine
                              									ganz geringe Trübung gibt. Dies ist das Zeichen, daß noch keine
                              									Salzsäure im Ueberschuß vorhanden ist und die saure Reaction nur
                              									durch schweflige Säure erzeugt wird. Die Kufe füllt sich, und da
                              									sie 30cm unter ihrem
                              									obern Rand einen Ausfluß hat, so fließt die Chlorcalciumlösung
                              									mit niedergeschlagenem Schwefel gemengt aus, während unten
                              									fortwährend Lauge und Salzsäure eintreten. Auf diese Weise
                              									bleibt die Kufe stets gefüllt, was die
                                 									Hauptsache ist; denn dadurch wird dem sich am Boden
                              									entwickelnden Schwefelwasserstoff und der schwefligen Säure
                              									Gelegenheit gegeben, sich gegenseitig zu zersetzen, bevor sie an
                              									die Oberfläche kommen. Ist die Kufe einmal gefüllt, so wird sie
                              									nicht wieder geleert. Man stellt Abends einfach ab und fängt
                              									andern Tages mit der vollen Kufe wieder an. Ich wiederhole, daß
                              									dieses Verfahren in Thann seit mehreren Jahren zu großer
                              									Zufriedenheit angewendet wird und dabei niemals Entwicklung von
                              									Schwefelwasserstoff wahrgenommen wurde.
                           Wie wir gesehen haben, setzen sich die Sodarückstände im Innern
                              									des Haufens zum großen Theil in CaS,
                                 									HS und CaO um. Viel rascher und
                              									vollständiger bewirkt man diese Reaction, indem man die
                              									Rückstände mit etwas Wasser versetzt und der Einwirkung des
                              									Dampfes von 5at Druck
                              									aussetzt. Zweckmäßig geschieht dies in einem Cylinder von
                              									Eisenblech, welcher mit einem Rührwerk versehen ist. Es genügt,
                              									so viel Wasser zuzufügen, daß die Masse durch das Rührwerk
                              									leicht bewegt wird. Man kann auf diese Weise Lösungen bekommen,
                              									welche bis 10° B. stark sind und 8 Proc. CaS, HS enthalten mit nur Spuren von
                              									unterschwefligsaurem Kalk, und es ist möglich 90 Proc. des in
                              									den Sodarückständen enthaltenen Schwefels in Lösung zu
                              									bringen.
                           Der Gedanke liegt nahe, diese Reaction zur Wiedergewinnung des
                              									Schwefels zu benutzen, und zwar könnte man hierzu zwei Wege
                              									einschlagen. Entweder müßte man das CaS,
                                 									HS zum Theil oxydiren, um die nöthige Menge unterschweflige
                              									Säure zu bekommen, oder die S₂O₂ müßte der
                              									Lauge auf irgend eine andere Weise zugeführt werden.
                           Es ist mir noch nicht gelungen, letzteres praktisch auszuführen,
                              									und, was die Oxydation des CaS, HS
                              									anbelangt, so ist zu bemerken, daß dieselbe sich wohl z.B. durch
                              									Einblasen von Luft in die Lösung bewirken läßt; es bildet sich
                              									auch hierbei CaS₂ und CaO, S₂O₂ aber die Oxydation geht in diesem Falle nur sehr
                              									langsam vor sich. Praktischer wäre es, das folgende Verfahren
                              									einzuschlagen.
                           Die mit Dampf von 5at
                              									behandelten und dann filtrirten Sodarückstände sind von
                              									schleimiger Beschaffenheit. Breitet man sie aus, so trocknen sie
                              									rasch und bedecken sich an der Oberfläche augenblicklich mit der
                              									charakteristischen grüngelben Färbung, welche man an oxydirten
                              									Rückständen beobachtet. Nach 24 Stunden sind sie so weit
                              									getrocknet, daß man sie mit der Schaufel in kleinere Stücke
                              									zerschlagen kann. Bei dem hierdurch erleichterten Luftzutritt
                              									verhält sich die Masse vermöge ihres Gehaltes an CaS, HS genau als wie die
                              									Sodarückstände, welche von einem einige Monate alten Haufen
                              									abgeschlagen werden, d.h. sie erwärmen sich augenblicklich und
                              									das CaS, HS geht in CaS₂ und in CaO, S₂O₂ über. Ich habe durch zahlreiche Versuche den
                              									Gang dieser Oxydation verfolgt und gefunden, daß er ganz ähnlich
                              									demjenigen ist, welchen wir durch die oben mitgetheilten 4
                              									Versuche gefunden haben, was ja auch vorauszusehen war, da beide
                              									auf der Umwandlung des in reichlichen Mengen vorhandenen
                              									Schwefelwasserstoff-Schwefelcalciums beruhen.
                           Es wäre mithin nicht unmöglich, die jetzige Methode der
                              									Wiedergewinnung des Schwefels dahin abzuändern, daß man die
                              									Sodarückstände, anstatt sie auf Haufen zu stürzen, der
                              									Einwirkung des Dampfes von 5at Druck aussetzte, dann filtrirte, den Rückstand an der
                              									Luft ausbreitete und andern Tages in kleinere Stücke zerschlüge.
                              									Diese würden sich rasch oxydiren und kämen dann zum Auslaugen,
                              									und zwar mühte die Oxydation so geleitet werden, daß die
                              									erhaltenen, unterschwefligsäurereichen Laugen, mit der vorher
                              									durch Filtration erhaltenen Lösung von CaS, HS vereinigt, die drei Schwefelverbindungen im
                              									richtigen Verhältniß enthielten, um durch Salzsäure
                              									niedergeschlagen zu werden. Bei diesem Verfahren würden die
                              									Kosten für den Dampfverbrauch reichlich durch die Ersparniß an
                              									Arbeitslohn gegenüber dem jetzigen Verfahren aufgewogen. Der
                              									Hauptvortheil würde in der vergrößerten Ausbeute bestehen, indem
                              									die Ueberführung des Schwefelcalciums in CaS, HS durch den Dampf viel vollständiger bewirkt wird,
                              									als wie durch das jetzt gebräuchliche Aufstürzen auf Haufen, bei
                              									welchem nur ein geringer Theil des vorhandenen Schwefels nutzbar
                              									gemacht werden kann.
                           Zum Schluß möchte ich noch einer andern Verwendung des
                              									Schwefelwasserstoff-Schwefelcalciums kurz Erwähnung thun,
                              									nämlich zum Enthaaren der Felle in der
                                 									Gerberei. Schon öfters ist dieser Vorschlag gemacht worden
                              									(vgl. 1875 218 355), allein es fehlte an
                              									einer billigen Darstellungsweise des
                              									Schwefelwasserstoff-Schwefelcalciums. Dieser Uebelstand fällt
                              									fort, wenn man dasselbe aus den Sodarückständen mit Hilfe von
                              									Wasserdampf von 5at
                              									darstellt; es wäre zu wünschen, daß dieser Proceß Eingang in der
                              									Gerberei fände.
                           Das Enthaaren der Felle geschieht augenblicklich nach zwei
                              									Methoden, entweder mittels verdünnter Kalkmilch, oder indem man
                              									die Felle einem oberflächlichen Verwesungsproceß unterwirft.
                              									Ersteres Verfahren ist zeitraubend, das andere schadet der
                              									Solidität des Leders. Beide Uebelstände fallen bei der Anwendung
                              									des Schwefelwasserstoff-Schwefelcalciums fort. Die Enthaarung
                              									kann, nachdem die Felle während 24 Stunden in der Lauge gelegen
                              									haben, leicht vorgenommen werden, und die Qualität des Leders
                              									leidet nicht. Im Gegentheil ist vorauszusehen, daß die Anwendung
                              									des Schwefelwasserstoff-Schwefelcalciums einen günstigen Einfluß
                              									auf das Leder haben wird; denn man hat die Beobachtung gemacht,
                              									daß die Anwendung des Gaskalkes beim Enthaaren die
                              									Geschmeidigkeit und Haltbarkeit des Leders erhöht. Dieser
                              									Einfluß des Gaskalkes erklärt sich aus seinem Gehalt an CaS, HS; es ist zu erwarten, daß dieser
                              									Vortheil noch viel bemerkbarer sein würde, wenn man eine
                              									concentrirte Lösung von CaS, HS
                              									anwendete.
                           Thann, im September 1877.