| Titel: | Zur Geschichte des Hopfenbaues. | 
| Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 534 | 
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                        Zur Geschichte des
                           								Hopfenbaues.
                        Zur Geschichte des Hopfenbaues.
                        
                     
                        
                           Das Aufblühen der Hopfencultur in fast allen Ländern der Welt ist
                              									Schritt für Schritt mit der Zunahme des Bierverbrauches vor sich
                              									gegangen, insbesondere aber von dem Zeitpunkte angefangen, als
                              									man erfuhr, daß die Hopfendolde einen unübertrefflichen
                              									Bestandtheil zur Herstellung eines guten Bieres bilde. Aber
                              									dieser Zeitpunkt liegt nicht so weit zurück, als man im
                              									Allgemeinen annimmt. Man braute früher ein Bier, das
                              									ausschließlich aus Gerste unter Zuthaten, wie Syrup, Honig und
                              									gewisse Kräuter, hergestellt wurde. Aus der Zeit Carl's des Großen stammen die ersten
                              									sicheren Nachrichten über Hopfenbau. Es ist aber mehr wie
                              									zweifelhaft, ob zur Zeit dieses Kaisers der Hopfen auch schon
                              									als ein Mittel, um ein gutes Bier zu bereiten, allgemeine
                              									Würdigung und Anwendung fand. Wirklich nachweisbar war der
                              									Hopfenbau im 14. Jahrhundert schon in Deutschland ziemlich
                              									verbreitet; namentlich in der Gegend von Magdeburg war derselbe
                              									um diese Zeit so ausgedehnt, daß besondere Vorschriften erlassen
                              									wurden wegen der Felder, die den Hopfengärten sich anschlossen,
                              									wegen der sie einschließenden Zäune u.s.w. Auch in den
                              									Niederlanden soll der Hopfenbau zur selben Zeit bereits festen
                              									Fuß gesaßt haben. In die gleiche Zeit fällt aber auch noch eine
                              									Bewegung, veranstaltet von jenen Bräuern, welche das sogen.
                              									Kräuterbier erzeugten, und die gegen den Hopfen gerichtet war.
                              									Ja, im 17. Jahrhundert noch legte die Stadt London gegen zwei
                              									Uebel Beschwerde beim Parlamente ein, und zwar gegen die
                              									Steinkohlen von Newcastle, wegen ihres üblen Geruches, und gegen
                              									den Hopfen, weil derselbe angeblich den Geschmack des Bieres
                              									verderbe und das Volk in Gefahr bringe. In Anbetracht dieser
                              									Thatsachen beanspruchen denn auch alle Angaben über die
                              									vereinzelte Anwendung des Hopfens zur Bierbereitung in weit
                              									zurückgelegenen Zeiten, insofern es sich darum handelt,
                              									festzustellen, seit welcher Zeit der Hopfen unentbehrlich zur
                              									Bierbereitung angesehen und allgemein verwendet wurde, ein nur
                              									geringes Interesse. Jedenfalls hat aber mit der allgemeinen
                              									Verwendung des Hopfens zur Bierbrauerei das Bier den ersten
                              									Anlauf genommen, um ein Genußmittel und in beschränktem Sinne
                              									auch Nahrungsmittel ersten Ranges zu werden, was dasselbe in der
                              									Gegenwart zweifellos ist, und wodurch die Bedeutung des
                              									Hopfenbaues für alle bierbrauenden Länder auch ausschließlich
                              									bedingt wird. Die Hopfenpflanze liefert zwar außer den sogen.
                              									Hopfendolden, die zur Bierbereitung verwendet werden, noch
                              									andere Bestandtheile, welche in einer oder der
                              									andern Weise verwerthet werden können. So enthalten die Wurzeln
                              									derselben eine stärkeähnliche Substanz, die in Glycose und
                              									Alkohol verwandelt werden kann, außerdem aber eine beträchtliche
                              									Menge von Tannin, das in Gerbereien mit Vortheil verwendet
                              									werden dürfte. Die Wurzeln der Hopfenpflanze liefern nach P. L.
                              									Simonds auch einen guten Stoff zur
                              									Fabrikation von Papier und Carton. Die Stengel der Hopfenpflanze
                              									besitzen ebenfalls viele werthvolle Eigenschaften. Man gewinnt
                              									aus ihnen in erster Reihe ein vegetabilisches Wachs, ferner
                              									einen Saft, aus dem sich eine rothbraune Farbe herstellen läßt.
                              									Die Asche von Hopfenstengeln soll bei der Fabrikation böhmischer
                              									Glaswaaren Verwendung finden. Auch die Stengel sollen ferner
                              									eine gute Papiermasse abgeben und eine geschmeidige Faser
                              									enthalten, welche sich leicht von den holzigen Theilen trennt
                              									und wovon sich Seile und rohe Webstoffe von außerordentlicher
                              									Festigkeit herstellen lassen. Von der gebleichten Faser sind
                              									auch Teppiche mit weißen und grauen Streifen gemacht worden. Es
                              									sind dies aber nur Nebennutzungen, die noch keinerlei
                              									Ausdehnung, allgemeinere Anwendung und Bedeutung erlangt haben
                              									und daher auf den Betrieb der Hopfencultur bisher ohne allen
                              									Einfluß geblieben sind. Wie gesagt, hat der Hopfenbau bisher nur
                              									Schritt für Schritt mit der Zunahme des Bierverbrauches und der
                              									Bierproduction an Ausdehnung und Verbreitung gewonnen, und es
                              									werden diese Verhältnisse wohl auch in nächster Zeit keine
                              									Aenderung erleiden, abgesehen davon, daß es gelingt, einen
                              									wohlfeilen Ersatz für den Hopfen zu finden, was aber bisher wohl
                              									kaum versucht ist und auch nicht so leicht gelingen dürfte.
                           Der Hopfenbau ist gegenwärtig über die meisten bedeutenderen
                              									Agriculturstaaten der Welt verbreitet. Nur in Afrika und Asien
                              									hat derselbe bisher keinen Platz gefunden. Bei den klimatischen
                              									Verhältnissen Afrikas, die dem Hopfenbau ebenso ungünstig als
                              									mit wenigen Ausnahmen auch der Bierbrauerei sein dürften, kann
                              									das Fehlen des Hopfenbaues in Afrika am Ende nicht grade
                              									unbegreiflich erscheinen. Anders stehen die Verhältnisse
                              									allerdings theilweise in Asien, wo der Hopfenbau daher auch
                              									jedenfalls eine Zukunft hat und sich ebenso rasch einbürgern
                              									dürfte wie in Australien, wo die Hopfencultur vor wenigen Jahren
                              									ebenfalls noch eine unbekannte Sache war. Es liegen auch schon
                              									bestimmte Nachrichten darüber vor, daß man mit der Absicht
                              									umgeht, den Hopfenbau in Asien einzubürgern. So nämlich in
                              									Japan, dessen Boden und klimatische Verhältnisse der Cultur des
                              									Hopfens stellenweise sehr günstig
                              									sein sollen. Keese von Cooperstown,
                              									N. Y., soll bereits auf Ersuchen des gewesenen Ackerbauministers
                              									von Japan, Horace  Capron, eine
                              									Probesendung von 15 Bushels englischer Cluster-Hopfenpflanzen
                              									nach Tokio geliefert haben, wohin auch schon Sendungen
                              									californischer Hopfenpflanzen gingen. Man darf gespannt darauf
                              									sein, welche Erfolge man mit dem Hopfenbau in Japan erzielen
                              									wird, ja man kann bei der bekannten Betriebsamkeit der Japanesen
                              									sogar befürchten, daß im Falle des Gelingens einst noch
                              									japanesischer Hopfen mit Erfolg auf unsern Hopfenmärkten
                              									concurrirt.
                           Unter allen Hopfenbauländern der Welt nimmt das Deutsche Reich
                              									nicht blos hinsichtlich seiner Productionsgröße, sondern
                              									namentlich auch bezüglich der Qualität seiner Producte den
                              									ersten Rang ein. Das Deutsche Reich producirt gegenwärtig auf
                              									etwa 38 000ha Landes
                              									478000 Ctr. Hopfen. Ihm folgt zunächst England, welches auf etwa
                              									2800ha im Durchschnitt
                              									385000 Ctr. liefert, weiterhin Nordamerika mit etwa 17 000ha und 200000 Ctr.,
                              									Oesterreich mit 7800ha
                              									und 93000 Ctr., der Rest von Europa mit 12000ha und 160000 Ctr.,
                              									Australien mit 250ha
                              									und 3000 Ctr.
                           Die sämmtlichen am europäischen Continent cultivirten
                              									Hopfensorten lassen sich ihren Preisen und ihrer Qualität nach
                              									in zehn verschiedene Sorten bringen, als da sind:
                           
                              
                                 I.
                                 Hopfen von Stadt Saaz und Stadt Spalt mit
                                    											nächstliegenden Hauptorten.
                                 
                              
                                 II.
                                 Spalter Nebengut, Kinding und Saazer Land.
                                 
                              
                                 III.
                                 Wolnzach, An und leichtere Lagen des Spalter
                                    											Landes.
                                 
                              
                                 IV.
                                 Hallertau, Auschaer Rochland, Steiermark und
                                    											Hauptlagen von Württembergund Baden.
                                 
                              
                                 V.
                                 Feinste Gebirgshopfen und Aischgrund, feinste Polen,
                                    											Elsässer und Burgunder.
                                 
                              
                                 VI.
                                 Gewöhnliche Mittel- und Oberfränkische Hopfen,
                                    											Württemberger, Badenser,Polnische, Elsässer und
                                    											Burgunder, feinste Galizier.
                                 
                              
                                 VII.
                                 Oberösterreich, Auschaer Grünland, Lothringer,
                                    											Kannenbecker Land.
                                 
                              
                                 VIII.
                                 Braunschweig, Altmark und übriges
                                    											Norddeutschland.
                                 
                              
                                 IX.
                                 Nordfrankreich, Belgien und Holland.
                                 
                              
                                 X.
                                 Rußland und übriges Europa.
                                 
                              
                           Diese Sorten erreichten in den letzten
                              									vier Jahren auf dem größten Hopfenmarkte der Welt, Nürnberg,
                              									folgende Preise in Mark:
                           
                              
                                 Klasse
                                 1873/4
                                 1874/5
                                 1875/6
                                 1876/7
                                 
                              
                                 I
                                 295–320
                                 375–380
                                 170–180
                                 600–650
                                 
                              
                                 II
                                 270–300
                                 360–380
                                 160–175
                                 580–630
                                 
                              
                                 III
                                 170–180
                                 230–280
                                   70–  90
                                 520–540
                                 
                              
                                 IV
                                 150–170
                                 250–265
                                   60–  70
                                 450–500
                                 
                              
                                 V
                                 125–150
                                 220–235
                                   50–  70
                                 420–450
                                 
                              
                                 VI
                                 115–125
                                 200–250
                                   48–  54
                                 360–380
                                 
                              
                                 VII
                                 100–115
                                 130–215
                                   36–  48
                                 350–360
                                 
                              
                                 VIII
                                   70–  90
                                 100–120
                                   22–  30
                                 200–240
                                 
                              
                                 IX
                                   60–  70
                                   80–  90
                                   20–  25
                                 160–200
                                 
                              
                                 X
                                   30–  40
                                   50–  60
                                 –
                                 100–120
                                 
                              
                           
                           In Deutschland ist gegenwärtig der Hopfenbau über Bayern,
                              									Württemberg, Elsaß, Preußen, Baden, Deutsch-Lothringen, Sachsen,
                              									Hessen-Darmstadt und Braunschweig in größerer Ausdehnung
                              									verbreitet. Bayern producirt von sämmtlichen deutschen
                              									Hopfenbauländern die größten, Braunschweig die geringsten
                              									Hopfenmengen. Noch in einigen anderen nicht angeführten
                              									kleineren deutschen Staaten wird Hopfen producirt, jedoch nur
                              									vereinzelt und in so geringem Umfange, daß dieselben als
                              									Hopfenproducenten keine Rolle spielen und daher füglich
                              									übergangen werden können. Die gesammte in Deutschland mit Hopfen
                              									bebaute Fläche beträgt, wie oben angeführt, etwa 38000ha, die jährliche
                              									Production im Durchschnitt der letzten Jahre ungefähr 478000
                              									Ctr., oder beiläufig:
                           
                              
                                 67
                                 Proc. der Gesammtproduction
                                 des europäischen Continentes,
                                 
                              
                                 46
                                     „    
                                    											„                „
                                 Europas, oder
                                 
                              
                                 39
                                     „    
                                    											„                „
                                 aller Hopfenbau treibenden Länder der Welt.
                                 
                              
                           Den jährlichen Hopfenverbrauch kann man im Durchschnitt der
                              									letzten Jahre auf beiläufig 322000 Ctr. veranschlagen, so daß im
                              									Mittel jährlich gegen 156000 Ctr. zur Ausfuhr erübrigen.
                              									Deutschlands Hopfenhandel hat daher auch bereits seit Jahren
                              									eine bedeutende Ausdehnung über die eigenen Grenzen hinaus
                              									erlangt. Die Ausfuhr deutscher Hopfen richtet sich namentlich
                              									gegen Großbritannien und Frankreich, betrifft fernerhin Belgien,
                              									Oesterreich-Ungarn, Rußland, Schweden, Norwegen, Dänemark,
                              									Südamerika und die Vereinigten Staaten. Der Werth der in den
                              									letzten Jahren nach Großbritannien ausgeführten Hopfen betrug im
                              									Jahresdurchschnitt gegen 4000000 M. Frankreich erhielt aus
                              									Deutschland in den letzten 10 Jahren durchschnittlich jährlich
                              									gegen 900t im Werthe
                              									von fast 3000000 M., Belgien in demselben Zeitraume alljährlich
                              									für 8–900000 M., Oesterreich-Ungarn im Werthe von fast
                              									300000 M.; im Durchschnitt der letzten 5 Jahre:
                           
                              
                                 Rußland über
                                 15000 Ctr.
                                 Hopfen im Durchschnittswerthe von
                                 2200000 M.
                                 
                              
                                 Schweden gegen
                                   4000   „
                                       „      „              
                                    											„                  „
                                   500000  „
                                 
                              
                                 Norwegen    „
                                   3000   „
                                       „      „              
                                    											„                  „
                                   400000  „
                                 
                              
                                 Dänemark    „
                                   6000   „
                                       „      „              
                                    											„                  „
                                   800000  „
                                 
                              
                                 Br. Staaten   „
                                   9000   „
                                       „      „              
                                    											„                  „
                                 1300000  „
                                 
                              
                           Summirt man, um einen annähernden Begriff
                              									von der Geldsumme zu erhalten, die alljährlich durch
                              									Hopfenexport Deutschland von dem Auslande zufließt, die
                              									vorstehenden Durchschnittswerthe, so erhält man einen Betrag von
                              									etwa 16000000 M., der übrigens in Anbetracht dessen, als die
                              									Bierproduction und mit ihr der Hopfenverbrauch in den
                              									vorbezeichneten Ländern in steter Zunahme begriffen sind, sogar
                              									noch eine bedeutende Steigerung erfahren kann.
                           
                           Die Festschrift, gewidmet den Besuchern der internationalen
                              									Ausstellung von Hopfen zu Nürnberg 1877 (Nürnberg. Verlag der
                              									Allgemeinen Hopfenzeitung), der wir diese Angaben entnehmen,
                              									bespricht dann ausführlich die Hopfenbauverhältnisse der
                              									einzelnen Länder und bringt beachtenswerthe Arbeiten von P. Sorauer: Ueber die Krankheiten der
                              									Hopfenpflanze, und von Taschenberg:
                              									Ueber die dem Hopfen schädlichen Insecten, auf die hier nur
                              									verwiesen werden kann.