Titel: Ueber das Wasser in der Wollfärberei; von Georg Jarmain.
Autor: Kl.
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 196
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Ueber das Wasser in der Wollfärberei; von Georg Jarmain. Jarmain, über das Wasser in der Wollfärberei. In einem längeren, vor der Society of Arts in London abgehaltenen Vortrag über die Wollfärberei bespricht Georg Jarmain u.a. den Einfluss, welchen die Eigenschaften der verschiedenen Flusswässer auf die Reinigung und auf das Färben der Wolle auszuüben vermögen. Nach Jarmain kann eine starke Beimengung von organischer Substanz, so dass das Wasser deutlich von ihr gefärbt ist, in der Wollbleiche Veranlassung zu Flecken in der Waare geben; doch ist ihm aus seiner Praxis kein Fall bekannt, dass die Verunreinigung des Wassers durch organische Stoffe, vorausgesetzt, dass dieselben nicht etwa von einer benachbarten Fabrik herrühren, das Resultat der Wollfärberei beeinträchtigt hätte. Ein solches Wasser gibt beim Kochen einen braunen Schaum und zeigt meist eine braune Färbung, so dass es seinem Aussehen nach mit einem eisenhaltigen Wasser verwechselt werden kann. Eine Probe desselben zur Trockne verdampft wird in bekannter Weise durch das Verhalten und die Farbe des geglühten Rückstandes raschen Aufschluss darüber geben, ob das fragliche Wasser durch organische Materie oder durch Eisensalze braun gefärbt ist. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Verunreinigung des Wassers durch Eisensalze für die Wollfärbereien die gefährlichste ist; zunächst veranlasst sie beim Behandeln der Wolle mit Soda oder mit Urin die Befestigung von Eisenoxyd auf der Gewebsfaser oder auf derselben bei der Behandlung mit Seife die Bildung einer Eisenseife, welche sich nachher bei der gefärbten Waare in Form von Flecken bemerklich macht; schliesslich wirkt eisenhaltiges Wasser in der Flotte selbst nachtheilig auf die resultirende Nüance, so dass es nicht einmal für dunkle Schattirungen, selbst nicht für schwarze Töne zu gebrauchen ist. Ob es ein durchaus wirksames, im Grossen ausführbares Mittel gibt, solches Wasser für Wollfärbereien, überhaupt für Färbereien brauchbar zu machen, möchte Referent dahingestellt sein lassen. Der vorgeschlagene und nach Angabe Jarmain's auch im Grossen ausgeführte Weg, das Wasser in seichten Behältern zu sammeln, darin stehen zu lassen und vor dem Gebrauch durch eine Schichte Sand oder Wollabfälle von dem ausgeschiedenen Eisenoxydhydrat abzufiltriren, wäre für unsere deutschen Industrie Verhältnisse nicht annehmbar; es fragt sich überdies, ob derselbe auch wirksam genug ist, um den Färbereien ganz eisenfreies Wasser zu liefern. Glücklicherweise sind derartig eisenhaltige Wässer nicht so verbreitet, dass ihnen nicht eher auszuweichen wäre, als den kalkhaltigen Quellen. Der Gehalt des Wassers an kohlensaurem Kalk, meist in Begleitung von kohlensaurer Magnesia, macht sich bei der Reinigung der Wolle dadurch geltend, dass er einen Theil der zur Reinigung bestimmten Seife unwirksam macht, und zwar auf 1 Th. kohlensauren Kalk 10 Th. Seife. Es bildet sich bekanntlich eine unlösliche Kalkseife auf dem Stoff, welche sich schwer von demselben entfernen lässt, und nachher bei der Aufnahme des Mord an t oder des Farbstoffes eine Reihe von Unregelmässigkeiten hervorruft. Für das Waschen der Wolle mit kohlensaurem Alkali oder Urin hat der Kalkgehalt des Wassers weniger zu bedeuten, sofern der hierbei auf der Gewebsfaser in der Wärme sich abscheidende kohlensaure Kalk später leicht entfernt werden kann; doch verhindert letzterer stellenweise die Einwirkung der alkalischen Flüssigkeit auf das Wollfett, welches sie entfernen soll. Das einfachste Mittel gegen diesen Uebelstand besteht darin, das für die Reinigung der Wolle bestimmte harte Wasser zuvor mit einer Seifelösung aufzukochen, damit der Kalk in Form einer unlöslichen Kalkseife durch Abschäumen oder Abfiltriren entfernt werden kann, ehe ein weiterer Zusatz von Seife in das Reinigungsbad der Wolle gegeben wird. Während die Chloride und Sulfate von Calcium und Magnesium die Aufnahme des Mordant seitens der Wolle nicht beeinflussen, so muss den entsprechenden kohlensauren Salzen sowohl beim Ansieden als in der Flotte ein gewisser, durch besondere Versuche zu bestimmender Ueberschuss an saurem Mordant oder freier Säure entgegengesetzt werden. Allein die gefärbte Waare muss nachher in dem Fluss abgespült werden, wo dieselben kohlensauren Erdalkalien wieder auf die fertige Farbe ihren schädlichen Einfluss längere Zeit und in ungehinderter Weise auszuüben vermögen. Cochenilleroth und Holzroth erhalten beim Waschen im kalkhaltigen Wasser einen bläulichen Stich; die Blauholz- und Gelbholzfarben scheinen zwar an Stärke des Tones zu gewinnen, verlieren aber in Wirklichkeit an Klarheit und Reinheit der Nüance. Nach Jarmain's Erfahrungen soll die Härte eines Wassers, das für Wollfärbereien bestimmt ist, bei der Seifeprobe höchstens 7 Härtegraden (1° engl. = 0,8° deutsch) von Clark's Tabelle entsprechen, von denen nur 2 Grade auf Rechnung der permanenten Härte kommen dürfen. Die permanente Härte hat zwar weniger Bedeutung für die eigentliche Färberei der Wolle, mehr für die vorhergehende Reinigung derselben, hauptsächlich aber für die Erzeugung des Dampfes, welchen die verschiedenen Maschinen und Manipulationen der Färberei erfordern. Blauholzabkochung ist ein sehr empfindliches Reagens wenigstens für die qualitative Prüfung eines Wassers. Werden einige Tropfen einer Abkochung von 1 Th. Blauholzpulver in 4 Th. destillirtem Wasser zu ungefähr 100cc des zu untersuchenden Wassers gegeben, so erhält letzteres bei Anwesenheit von schwefelsaurem Kalk- und Magnesiasalz oder deren Chloride eine rothbraune, dagegen bei Anwesenheit der entsprechenden doppeltkohlensauren Salze eine weinrothe, ins Bläuliche spielende Färbung. Eisenhaltiges Wasser wird durch die Blauholzabkochung olivenschwarz bis blauschwarz, Wasser mit Gehalt an kohlensaurem Alkali dunkel kirschroth, Wasser mit freien Säuren hellgelb gefärbt. Destillirtes Wasser nimmt unter denselben Verhältnissen eine gelbbraune Farbe an, ähnlich der des Xeresweines; das zu untersuchende Wasser wird sich um so mehr für die Wollfärberei eignen, je mehr seine Blauholzreaction mit der angegebenen Farbenreaction des destillirten Wassers übereinstimmt. Wasser mit kohlensaurem Alkali kommt nach Jarmain's Angabe in den Wolldistricten von Yorkshire nicht allzu selten vor. Solches Wasser schadet natürlich bei der Reinigung der Wolle gar nicht, es befördert sie sogar. Aber beim Ansieden und Färben der Wolle ist die Wirkung des kohlensauren Alkalis viel entschiedener als die der kohlensauren Erdalkalien, doch kann sie wiederum mittels Säurezusatz überwunden werden. Besondere Färbeversuche müssen die Menge der das Wasser verbessernden Säure bestimmen, wie überhaupt das Probefärben neben der chemischen Analyse ein unerlässlicher Theil der Prüfung eines Färbereiwassers ist. Indem Wollproben unter denselben Bedingungen und mit denselben Materialien das eine Mal in destillirtem oder einem natürlichen, als gut befundenen Wasser, das andere Mal in dem zu untersuchenden Wasser gefärbt werden, erhält der Färber durch die gewonnenen Resultate sichere Anhaltspunkte für die Verwendbarkeit seines Wassers in der Farbflotte. Macht hernach der Färber diese gefärbten Wollmuster ganz fertig, indem er sie in den beiderlei Wässern nach dem Färben wäscht, so erfährt er zugleich, ob der Kalkgehalt oder der etwaige für das Waschen der gefärbten Stoffe noch störender wirkende Gehalt an kohlensaurem Alkali für seine Fabrikation gefährlich werden wird oder nicht. Kl.