Titel: Zur Kesselsteinfrage.
Autor: F.
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 307
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Zur Kesselsteinfrage. Zur Kesselsteinfrage. In einer Kesselanlage des Magdeburger Revisionsvereines zeigte, nach Mittheilung des Vereinsingenieurs G. Schnackenberg, der erste Zweiflammenrohrkessel auf der ersten Feuerplatte des rechten Feuerrohres eine Beule von etwa 0qm,15 Grösse und 3cm Tiefe. Der zweite Zweiflammenrohrkessel hatte auf der ersten Feuerplatte des rechten Feuerrohres eine Beule von etwa 0qm,2 Grösse und 5cm Tiefe, ausserdem auf dieser Beule einen Querriss von 30cm Länge. Zur Verhütung von Kesselsteinansatz war nämlich das in letzter Zeit viel genannte Zink angewendet worden. Auf die rechten Feuerrohre waren vorn, auf die linken hinten Zinkplatten von etwa 1m Länge mittels Laschen befestigt worden. Zwischen diese und die Feuerrohren hatte sich Kesselstein festgesetzt und hierdurch ein Ausglühen und Reisen der betreffenden Stellen veranlagst (vgl. 1876 222 172). Bei einem Fairbairn'schen Röhrenkessel wurden zur Verhütung des Kesselsteinansatzes Versuche mit „Paralithicon minerale“ angestellt. Die Siederöhren waren früher so stark mit Kesselstein bedeckt, dass schliesslich jede Circulation des Wassers zwischen denselben aufhörte und die Röhren herausgenommen werden mussten. Die Versuche ergaben allerdings eine Abnahme des Kesselsteinansatzes. Es stellten sich jedoch anderweitige Unannehmlichkeiten durch die Anwendung dieses Mittels heraus, welche den ferneren Gebrauch unmöglich machten. Es trat nämlich eine Verseifung der Fette in dem Verpackungsmateriale (Mastixkitt) aller Flanschen und Deckel ein, wodurch grosse Undichtigkeiten hervorgerufen wurden, welche schliesslich die Ausserbetriebsetzung des Kessels erforderlich machten. (Technische und gewerbliche Mittheilungen des Magdeburger Dampfkesselvereines, 1877 S. 240.) Nach einer brieflichen Mittheilung des Hrn. Dr. Siemens (Stadtberger Hütte) wechselt auch das „Paralithicon minerale“, wie dies so häufig bei Geheimmitteln der Fall ist, seine Zusammensetzung. Während dasselbe früher (1876 220 265) aus Kalk und Soda bestand, ist es jetzt aus gleichen Theilen calcinirter Soda und Pfeifenthon zusammengesetzt. Offenbar soll der Thon schlammbildend wirken (vgl. 1876 220 175); dass dieses Gemisch aber jetzt ebenso wenig empfehlenswerth ist als das frühere, bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung. E. Bohlig veröffentlicht in mehreren Zeitschriften (u.a. auch in der Allgemeinen Chemikerzeitung, 1877 S. 363) eine Entgegnung auf meine Versuche (1877 226 94) 642), in welcher er behauptet: „dass die Fischer'schen Versuche nicht das Geringste mit dem zu thun haben, was ich angebe, um eine höchst rationelle Wasserreinigung ohne Arbeit und Controle und zu ¼ des Preises z.B. der Haën'schen Methode in der Praxis in der That zu bewirken. Meine Angaben lauten: Das Magnesiapräparat wird auf einmal und in solcher Menge in die Reinigungsgefässe gegeben, als die darin hinter einander Während eines ganzen Monats zu reinigende Wassermenge bedarf. Nur um diesen Bedarf der verschiedenen Wässer und Kostenpunkt anzugeben, wird noch hinzugefügt, 1cbm Ihres Wassers bedarf xg des Präparates. Nach jeder Füllung des Bassins mit neuen Wassermengen ist nur Sorge zu tragen; dass der ganze Niederschlag einige Minuten (5) tüchtig aufgerührt werde und vielleicht auf 50 bis 60° angewärmt wird. Das Absetzen geht sehr schnell vor sich (das erste Mal etwas länger dauernd, später sich um so rascher vollziehend) und ist in ¼ Stunde alles geklärt.“ Diesen Auslassungen gegenüber kann ich zunächst nur hervorheben, dass ich bei Abfassung meiner Arbeit allerdings nicht wissen konnte, welche Vorschrift Bohlig einige Monate später geben würde. In den mir s. Z. vorliegenden Vorschriften für die beiden Hannoverschen Fabriken war hiervon nicht die Rede. Dass eine Reinigung des Speisewassers mit gebranntem Magnesit möglich ist, habe ich schon früher gezeigt. Dass sie aber im praktischen Dampfkesselbetriebe keineswegs immer so sehr einfach ist, beweist nachfolgende Mittheilung des Hrn. Ingenieurs A. Hausding in Berlin. Derselbe schreibt mir an) 14. December 1877: „Die hiesige Schlickeysen'sche Maschinenfabrik reinigte auf meine Veranlassung bis vor einigen Monaten das für die Speisung einer 10- bis 12e-Locomobile nöthige Kesselwasser nach der de Haën'schen Methode, ging aber, weil die permanente Controle über die richtigen Zusatzmengen etwas lästig war, zur Anwendung des Bohlig'schen Magnesiapräparates über, nachdem mir über die Vorzüge dieses Mittels ein Rundschreiben von Wirth und Comp. in Frankfurt a. M. zugegangen war. Unter Einsendung einer Brunnenwasserprobe wendete ich mich an letztere Firma mit dem Ersuchen um Uebersendung von 50k Präparat und entsprechende Gebrauchsanweisung, indem ich ausdrücklich darauf aufmerksam machte, dass ich mit kaltem Wasser zu klären gezwungen sei. Hierauf erhielt ich eine gedruckte Gebrauchsanweisung und, übereinstimmend mit den in D. p. J. gemeldeten Fällen, die Mittheilung, dass nach Untersuchung des von mir eingesendeten Speisewassers auf je 1cbm desselben 150g des Präparates zugesetzt werden müssten. Sodann heisst es in den Vorschriften wörtlich: „Aus dieser Angabe und Ihrem Wasserconsum berechnen Sie Ihren wöchentlichen Bedarf und bringen dann das für eine ganze Woche nöthige Quantum, welches sie vorher mit wenig Wasser zu einem Brei anrührten, auf einmal in den Wasserbehälter; es bleibt dann nichts zu thun übrig, als nach jeder Füllung mit Wasser ¼ Stunde tüchtig zu rühren.“ Obgleich ich nun diesen Vorschriften gemäss genau verfahren bin und in der ersten Zeit mit einem beträchtlichen Ueberschuss von Magnesiapräparat geklärt habe, so fand ich doch bei Untersuchung des Locomobilkessels nach 4wöchentlichem Betriebe eine allwärts angesetzte, 1mm dicke und sehr harte Kesselsteinschicht vor. Das Klärungsmittel war also absolut ohne Erfolg gewesen, da früher ohne irgend welche Massnahme der Ansatz genau derselbe wai. Zur Ausführung selbst bemerke ich, dass in der Schlickeysen'schen Fabrik das mit dem Präparat tüchtig aufgerührte Wasser regelmässig 18 bis 20 Stunden Zeit zum Absetzen hatte, während in der Wirth'schen Gebrauchsanweisung bei kaltem Wasser dafür nur 3 bis 4 Stunden beansprucht wurden, Wirth und Comp. wollten den Misserfolg auf ein nicht vorschriftsmässiges Verfahren zurückführen, was ich jedoch entschieden zurückwiess, da die Klärung unter fast täglicher Controle meinerseits vorgenommen worden sind.“ Das mir von Hausding überschickte Präparat war natürlich wieder gebrannter Magnesit, nur hatte er etwas mehr Kohlensäure und Wasser angezogen als die früher untersuchten Proben. 11 des eingesendeten Brunnenwassers (I) und des mit Magnesiapräparat behandelten Speisewassers II enthielt: I II Schwefelsäure (SO3)    228mg    229mg Chlor   92   91 Magnesia   16   42 Kalk 307 248     Davon durch Kochen fällbar: Kalk    136mg Die Reinigung war demnach in der That durchaus ungenügend. Es wurden nun 100cc des Wassers mit 10g des Präparates unter öfterem Umschütteln hingestellt; nach 24 Stunden war der Kalk nur theilweise entfernt; hierauf wurden 50cc Wasser mit 5g Präparat auf etwa 80° erhitzt und einige Minuten ein schwacher Kohlensäurestrom durchgeleitet; nachdem noch einige Male umgerührt war, enthielt das Wasser nach ½ stündigem Stehen nur noch Spuren von Kalk. Wie vorauszusehen, ist also die Reinigung auch dieses Wassers mit Magnesia ausführbar, aber wohl kaum nach der gegebenen Vorschrift. Wenn demnach dieses Reinigungsverfahren mit gebranntem Magnesit, wie bereits früher hervorgehoben, gewiss beachtenswerth ist, namentlich wenn längere Erfahrung ergeben würde, dass die Kessel durch die Magnesiasalze nicht angegriffen werden, so stösst die Ausführung desselben unter Umständen doch auch auf praktische Schwierigkeiten (vgl. 1877 226 642). Ob es demnach den Verfahren von F. Schulze und E. de Haën vorzuziehen ist, muss sich erst zeigen. F.