Titel: | Beitrag zur Kenntniss einiger Gerbstoffbestimmungsmethoden; von Franz Kathreiner. |
Autor: | Franz Kathreiner |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 53 |
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Beitrag zur Kenntniſs einiger
Gerbstoffbestimmungsmethoden; von Franz
Kathreiner.
(Schluſs von S. 490 des vorhergehenden
Bandes.)
Kathreiner, zur Kenntniſs einiger
Gerbstoffbestimmungsmethoden.
Verbesserte Löwenthal'sche Methode. Das von Löwenthal (1861 159 143)
angegebene Verfahren beruht darauf, die Gerbsäure (Farbstoffe u.a.) durch Chlorkalk- oder
Chamäleonlösung von bekanntem' Gehalte zu oxydiren. Als Indicator und Regulator
dient Indigo, von welchem letzteren so viel vorhanden sein soll, daſs er ungefähr
die doppelte Menge Oxydationsmittel bedarf als die zu untersuchende Substanz. Wenn
der Titer des Indigo bekannt, ist nur eine Titration nöthig, eine weitere dient zur
Controle. Die Resultate fielen nach diesem Verfahren jedoch immer zu hoch aus, da
auch andere in Lösung befindliche Substanzen oxydirt werden.
Neubauer hat eine Modifikation vorgeschlagen, namentlich
um den reducirenden Einfluſs der Pectinsäure (durch Löwe im Eichenrindenauszuge nachgewiesen) zu eliminiren. Zu dem Zwecke
sollte die Gerbsäure durch Thierkohle entfernt werden, welche aber auch Gallussäure
aufnimmt. Man titrirt gleiche Mengen des unveränderten und des mit Thierkohle
behandelten Auszuges; aus der Differenz wird die Gerbsäuremenge berechnet. Da nun
aber Gallussäure bei Gerbstoffbestimmungen in einer auſserordentlich groſsen Anzahl
von Fällen vorhanden ist, so hat diese Modifikation das Verfahren nicht sonderlich
verbessert.
Später veröffentlicht Löwenthal (in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1877 S. 33. 201)
Verbesserungen seiner Methode. Dieselbe wird jetzt in der Weise ausgeführt, daſs
zwei Titrationen (mit je einer Controltitration) angestellt werden. Die erste wird
mit der ursprünglichen Lösung des Gerbstoffes vorgenommen, die zweite, nachdem aus
der Lösung die Gerbsäure durch Ausfällen mit Hautpulver oder Leim entfernt ist. Die
Differenz ergibt die für Gerbsäure gebrauchte Chamäleonmenge.
Die Darstellung der Leimlösung geschieht nach Löwenthal
in der Weise, daſs man 25g feinsten Kölner-Leim
über Nacht in kaltem Wasser einweicht, den nächsten Tag im Wasserbade schmilzt, mit
reinem Kochsalz vollkommen sättigt und nun mit einer gesättigten Kochsalzlösung auf
1l bringt (und filtrirt. K.). Das Verfahren beim Ausfällen mit Leim wird
gleichzeitig mit dem ersten meiner Versuche mitgetheilt werden.
H. R. Procter (Tanner's and
Currier's Journal, Mai 1877 S. 93) theilt mit, daſs Estcourt einige Zeit vorher die Fällung mit Leim in Verbindung mit der
Permanganat-Methode vorgeschlagen hat (Chemical News,
1874 Bd. 29 S. 110); bemerkt jedoch weiter, daſs derselbe die Lösung erhitzte;
Leimtannat aber ist löslich in heiſsem Wasser, die Resultate waren daher
unbefriedigend; wenn aber auch Estcourt das Verdienst
der Idee habe, so wäre es immer Löwenthal's kalte
Leimlösung, welche die Schwierigkeit vollständig überwindet.
Löwenthal theilt mit, daſs bei den von ihm angegebenen
Verhältnissen auch in der Wärme (welche aber bei seiner Methode nicht angewendet
wird) kein Gerbstoff gelöst wird. Löwenthal wurde zu
einem diesbezüglichen Versuche durch eine Mittheilung von Persoz
(Traité théorique et pratique de l'impression des tissus) veranlaſst; der
Vorschlag Estcourt's scheint ihm nicht bekannt geworden
zu sein; zudem theilt Löwenthal mit, daſs er, in
Anerkennung der Richtigkeit des Hammer'schen Principes,
den Gerbstoff von anderen Stoffen zu trennen, seine Methode verbessert habe. Ich
füge gleich hier an, daſs Löwenthal einen Theil der
Leimlösung durch gesättigte Kochsalzlösung zu ersetzen versucht hat und, wie er
mittheilt, mit Erfolg. (Ich habe in meinen Versuchen keinen Gebrauch davon gemacht,
da ich unter den schwierigeren Verhältnissen der Methode zu arbeiten wünschte; denn
bei der Titration des „Filtrates“ macht der darin noch enthaltene Leim das
Verfolgen und Beenden der Reaction schwieriger.)
Die Chamäleonlösung wurde hergestellt durch Lösen von 1g,333 krystallisirtem Kaliumpermanganat in 1l destillirtem Wasser.
Die Stärke der Indigolösung durch die Menge des für 1l verwendeten Indigcarmins zu bezeichnen, ist unklar, da derselbe im
Farbstoffgehalt schwanken kann. Zudem kommt es auf eine bestimmte Concentration
nicht an, da man davon beim Titriren doch im Verhältniſs zur wahrscheinlichen Menge
oxydabler Substanz verwendet; zu starke Concentration ist deswegen nicht zu
empfehlen, weil ein beim Pipettiren allenfalls vorkommender Fehler mit der
Concentration wächst. 20cc meiner Indigolösung
entsprachen durchschnittlich 9cc,5
Chamäleonlösung. In Löwenthal's neuester Arbeit
brauchen 20cc seiner Indigolösung (berechnet aus
den Analysen 1, 7, 8, 13, 15, 18, 21, 23, welche vollständig mitgetheilt sind)
durchschnittlich 5cc,21 Chamäleon, welches fast
genau die Stärke des von mir verwendeten hat: „4g krystallisirtes Chamäleon auf 3000g gelöst“; 24cc von Löwenthal's Chamäleon entsprachen 0g,063 Oxalsäure; ich bedurfte 24cc,1 Chamäleon, um die gleiche Menge Oxalsäure zu
zersetzen.0g,63 Oxalsäure = 240cc,7 Chamäleon gefunden, und in zwei
Titrationen 0g,063 Oxalsäure = 24cc,1 Chamäleon.
Die in manchen Lehrbüchern stehende Bemerkung, daſs die Indigolösung nahezu
gleichwerthig mit dem Chamäleon sein soll, erscheint zwecklos. Wichtig ist nur, daſs
die bei einer Titration angewendete Indigomenge
mindestens die 1,5fache Chamäleonmenge von jener bedarf, welche zur Oxydation
der zu bestimmenden oxydablen Substanzen nöthig ist. Die Grenzwerthe sind
natürlich für jedes Gerbematerial durch Versuche festzustellen, und es erscheint
zweckmäſsig, gleich hier zu bemerken, daſs nie zu viel von der Gerbstofflösung zur
Titration verwendet wird, weil die sonst nöthige groſse Zugabe von Indigolösung,
auch im Verlaufe der Entfärbung der Flüssigkeit, ein zu dunkles Colorit veranlaſst,
um die Endreaction mit gehöriger Schärfe beurtheilen zu können. Weiters hat die
geringe Menge einer angewendeten Gerbstofflösung bei gefärbten Extracten noch den
Vortheil, daſs hierdurch die Farbe der zu titrirenden Flüssigkeit möglichst wenig beeinfluſst wird.
Zur Ansäuerung der zu titrirenden Flüssigkeit habe ich 10cc (1 : 5) verdünnter Schwefelsäure verwendet (sp. Gr. der concentrirten
Säure 1,840) und diese Menge bei meinen Versuchen stets ausreichend gefunden;
selbstverständlich hat sich dieselbe nach dem jeweiligen Chamäleonverbrauch zu
richten. Auf keinen Fall darf man zu wenig Säure nehmen, da der Verlauf der Reaction
schwieriger zu beobachten und das Ende weniger scharf ist.
Die zu titrirende ursprüngliche Lösung und das Filtrat wurden in allen Fällen mit
1l destillirtem Wasser verdünnt. Die Zeit
einer Titration, abgesehen von den nöthigen Messungen, betrug etwa 4 Minuten bei der
ursprünglichen Lösung, bei dem Filtrate der mit Leimlösung behandelten Lösung etwa 6
Minuten. Die Ausfällung mit Leim stand über Nacht.
Das Titriren geschah in einer recht weiſsen Porzellanschale von 28cm,5 oberem Durchmesser und 11cm Tiefe. Ich ziehe dieselbe entschieden dem auf
einem Porzellanteller stehenden Becherglase vor. Es zeigt sich nämlich bei beendeter
Reaction am Rande der gelb gewordenen Flüssigkeit ein ganz schwach rosenrother
Schein, der am deutlichsten an jener Stelle ist, welche dicht neben der vom Lichte
abgewendeten (inneren) Schalenseite liegt. Oft genügte bei einer zweifelhaften
Reinheit des Gelb ein Tropfen des Chamäleons, um diese Erscheinung hervorzurufen.
Man darf nun nicht vermuthen, daſs hier Chamäleon im Ueberschusse vorhanden sei;
solche Flüssigkeit, ins Becherglas, das auf einem Porzellanteller steht, gegeben,
hatte eben die gelbe Farbe, welche als Endreaction anzusehen ist. Wenn das
Becherglas mit weissem Glanzpapier umgeben wurde, zeigte sich der obere Rand der
Flüssigkeit keineswegs in leichtem Rosa; dies findet eben nur statt, wenn die
Flüssigkeitsschichte dünn ist, wie es an den sanft abfallenden Wänden der Schale der
Fall ist; die Mitte der Flüssigkeit ist dabei rein gelb. Es gilt dies für Tages- und
auch für künstliches Licht, wie später nachgewiesen werden wird. Weitere Vortheile
der Schale scheinen mir darin zu bestehen, daſs, da die Flüssigkeitsschichte
seichter als im Becherglase ist, der Verlauf der Reaction an der Einfallsstelle des
Chamäleons leichter verfolgt werden kann, und daſs man auch nicht nöthig hat, gegen
das Ende der Reaction den Kopf fortwährend über das Becherglas zu halten, um nach
unten zu sehen.
Ich folge Löwenthal, wenn ich die Ergebnisse der
Analysen in der Weise ausdrücke, daſs ich berechne, wie viele Procent der
verbrauchten Chamäleonlösung auf durch Leim fällbaren Gerbstoff einerseits und durch
Leim nicht fällbare Körper (Gallussäre u.a.) andererseits kommen. Dies genügt in der
That für die Praxis, um die verschiedenen Sorten eines und desselben Gerbematerials zu
vergleichen, vorausgesetzt, daſs das Chamäleon stets von gleicher Stärke ist, um den
Gerbstoffgehalt zweier oder mehrerer Proben direct vergleichen zu können.
Dieses Verfahren empfiehlt sich vor allem da, wo die Art der Gerbsäure noch nicht
festgestellt ist. Ich bin ganz Procter's Meinung, daſs,
ehe Procentsätze mit Sicherheit bekannt gegeben werden
können, noch manche Untersuchungen nöthig sind; wo dies aber nicht zu vermeiden ist,
soll immer angegeben werden, auf welcher Grundlage die
Berechnung stattgefunden hat. Das im Handel vorkommende „Tannin
purum“ ist in der Regel nicht absolut rein, wie auch ich in einem der
nachfolgenden Versuche nachzuweisen Gelegenheit haben werde. Es ist daher die
Anwendung desselben bei Titernehmung des Chamäleons nicht so sicher, als das
letztere mit Oxalsäure zu titriren und nach den von Neubauer und Oser
angegebenen Aequivalenten zu rechnen, je nachdem man die Berechnung auf
Gallusgerbsäure (Tannin) oder Eichenrindengerbstoff bezieht.0g,063 Oxalsäure = 0,04157 Tannin oder =
0g,062355
Eichengerbsäure.
Es folgen die Mittheilungen über einige der angestellten Versuche; die hierbei
verwendete Summachabkochung und Gerbsäurelösung wurden in derselben Weise
hergestellt, wie es in den Vorbemerkungen zur Methode Carpene's angegeben ist.
Versuch A.
a) 10cc Summachabkochung werden
in die Schale pipettirt, dann mit 1l destillirtem
Wasser verdünnt, nun 20cc Indigocarminlösung
zugegeben, das Ganze mit 10cc verdünnter
Schwefelsäure angesäuert und nun unter fleiſsigem Rühren Chamäleon zugegeben.
cc
10cc
Summachabkochung20 Indigolösung
bedürfen bis zur Entblänung
13,9 Chamäleon
Desgleichen
14,0
––––
20cc Summach und
40cc Indigo
27,9
Ab für 40cc
Indigo
20,5
––––
Bleibt für Gerbsäure und andere oxydable
Substanzen
7,4.
b)
100cc
Summachabkochung werden in einem Becherglase mit
100
Leimlösung versetzt, umgerührt und dazu
50
destill. Wasser gegeben, das 2g,5 Schwefelsäure (sp. G. 1,840)
–––––
250cc
enthält. Die Mischung bleibt bedeckt über Nacht
stehenund wird dann durch ein trockenes Filter filtrirt.
cc
50cc Filtrat mit 1l Wasser20 Indigolösung
12,8 Chamäleon
Desgleichen
12,9
––––
25,7
Ab für Indigo
20,5
––––
für oxydable
Substanz „Nichtgerbsäure“
5,2.
Bei a wurden im Ganzen 20cc
Summachlösung titrirt, bei b aber 40cc (da je
50cc Filtrat 20cc Summachlösung entsprechen). Es berechnet sich also der
Chamäleonverbrauch:
für die Gesammtmenge
oxydabler Subst.
cc
in 40cc Summachlösung
auf 7,4 × 2
= 14,8
Chamäleon
für „Nichtgerbsäure“ in 40cc Filtrat auf
5,2
"
––––
daher für Gerbsäure in 40cc Lösung auf
9,6
"
oder
für durch Leim fällbaren Gerbstoff
64,86
rund 64,9
Proc.
„ „ „ nicht fällbare Substanz
35,13
„ 35,1
"
–––––
––––––––––––––
99,99
„ 100,00
Proc.
Versuch B. Lösung von anderem Summach als bei A.
a)
Chamäleon
b)
Chamäleon
cc
cc
10cc
Summach20 Indigo
14,1
50cc
Filtrat20 Indigo
12,5
Desgleichen
14,2
Desgleichen
12,5
––––––
––––––
28,3
25,0
Ab für Indigo
20,5
20,5
––––––
––––––
7,8
4,5.
7,8 × 2 = 15,6, davon ab 4,5, bleibt 11cc,1 Chamäleon.
Verbrauchtes Chamäleon: für Gerbstoff 71,2, für
„Nichtgerbstoff“ 28,8 Proc.
Versuch C. Die bei B verwendete Summachabkochung wurde
einen Tag später untersucht:
a)
Chamälon
b)
Chamäleon
cc
cc
10cc
Summach20 Indigo
14,1
50cc Filtrat20
Indigo
12,5
Desgleichen
14,1
Desgleichen
12,3
––––
––––
28,2
24,8
Ab für Indigo
20,5
20,5
––––
––––
7,7
4,3
(gestern 7,8)
(gestern 4,5).
7,7 × 2 = 15,4, davon ab 4,3, bleibt 11cc,1 Chamäleon.
Verbrauchtes Chamäleon:
Für
Gerbstoff
72,0,
gestern
71,2,
Unterschied
0,8
Proc.
"
„Nichtgerbstoff“
28,0
"
28,8
"
0,8
"
Versuch D wurde angestellt, um zu sehen, ob sich eine
Gerbsäurelösung 4 Tage unverändert erhalten hätte (vgl. Carpené's Methode, Versuch C, Schluſsbemerkung).
Am 22. November:
Chamäleon
cc
10cc
Gerbsäure20 Indigo
15,3
Desgleichen
15,3
20cc
Gerbsäure40 Indigo
30,6Wegen dunkler Färbung der Flüssigkeit war die Endreaction viel
schwieriger zu erkennen.
–––––
61,2
Ab für 80cc
Indigo
38,0
––––––
für 40 Gerbsäure
23,2
„ 10 „
5,8.
Am 24. November war mit einer neuen Chamäleonlösung zu arbeiten;
9cc,5 derselben entsprachen 20cc der auch am 22. November benutzten
Indigolösung; wenn daher
die Gerbsäurelösung unverändert geblieben war, muſsten auch diesmal wieder 5cc,8 Chamälon 10cc Gerbsäure entsprechen; es wurden gebraucht 5cc,9.
Chamäleon
cc
10cc
Gerbsäure20 Indigo
15,4
Desgleichen
15,4
––––
30,8
Ab für Indigo
19,0
––––
für 20cc
Gerbsäure
11,8
„ 10 „
5,9.
Am 26. November wurde dieselbe Gerbsäure wieder titrirt:
Chamäleon
cc
10cc
Gerbsäure20 Indigo
15,4
Desgleichen
15,5
––––
30,9
Ab für Indigo
19,0
––––
für 20cc
Gerbsäure
11,9
„ 10 „
5,95.
Die Differenz zwischen dem Chamäleonverbrauch des 22. und 24. November ist 0cc,1; zwischen dem 24. und 26. November 0cc,05, zwischen dem 22. und 26. November 0cc,15. Wenn man nun weiſs, daſs zwischen zweien
sofort nach einander ausgeführten Titrationen eine Differenz von 0cc,1 recht gut stattfinden kann, ohne daſs der
Arbeitende einer Ungenauigkeit geziehen werden kann, so darf wohl gesagt werden,
daſs diese Lösung unverändert blieb; hätte sich auch nur wenig Gallussäure gebildet,
wäre ein viel bedeutenderer Unterschied entstanden, da diese mehr Chamäleon als die
Gerbsäure beansprucht. (Auch das Mikroskop – Hartnack,
System 8, Ocular 3 – lieſs keinerlei Fermentthätigkeit erkennen.)
Versuch E. Am gleichen Tage (26. November) wurden 100cc derselben Gerbsäure mit 100cc Leimlösung und 50cc destillirtem Wasser, 2g,5
Schwefelsäure enthaltend, versetzt, und das Filtrat am nächsten Tage titrirt.
Chamäleon
cc
50cc
Filtrat20 Indigo
11,9
11,9 × 2 =ab
23,8 6,0
Desgleichen
11,9
––––
––––
17,8
23,8
Ab für Indigo
17,8
––––
6,0.
Chamäleonverbrauch für Tannin 74,8, für „Nicht-Tannin“ 25,2
Proc.
Es ist jedoch die Frage, ob bei dem Chamäleonverbrauch für „Nicht-Tannin“
nicht auch ein Theil auf eine etwa oxydable Substanz des Leimes zu rechnen ist.Löwenthal fand durchschnittlich, daſs 20cc der Leimlösung, so viel kommen auf
50cc Filtrat, 0cc,4 seines Chamäleon – 4g krystallisirtes Chamäleon auf 3000g gelöst – brauchen. Er vermuthet, daſs
der reducirende Körperwenigstens theilweise im Niederschlage
zurückgehalten wird, und da der Fehler bei allen Bestimmungen gleichmäſsig
vorkommt, hat er den kleinen Mehrbedarf immer vernachlässigt. Es
wurde deshalb folgender Versuch angestellt.
Versuch F.
Chamäleon
cc
50cc
Leimlösung20 Indigolösung
10,4
Desgleichen
10,5
Desgleichen
10,3
––––
31,2
Ab für 60cc
Indigo
26,7
––––
für 150 Leim
4,5
„ 20 „
0,6.
(Bei einer etwa 4 Wochen früher mit derselben
Leimlösung vorgenommenen Titration wurde der Fehler für 20cc der Lösung 0cc,5 Chamäleon gefunden.)
Es würden demnach von der (in Versuch E) für „Nicht-Tannin“
gebrauchten Chamäleonmenge (= 6cc,0) 1cc,2 für Leim abzuziehen sein, da bei zwei
Titrationen des Filtrates 40cc Leim in Verwendung
kamen; das Resultat wäre dann folgendes:
11,9 × 2 =
23,8
für Tannin
79,8
Proc.
ab
4,8
„ „Nicht-Tannin“
20,2
„
––––
19,0.
Wenn also auch der ganze Fehler des Leimes gerechnet wird – was wohl kaum nöthig ist,
da wenigstens jener Theil oxydabler Substanz auſser Rechnung zu setzen sein dürfte,
welcher aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem gefällten Leim ebenfalls ausfällt – so
enthält dies Tannin immerhin noch 20,2 Proc. „Nicht-Tannin“, vorausgesetzt,
daſs dieses dasselbe Mengenverhältniſs zur Oxydation gebraucht wie Tannin.Bei einem anderen sehr schönen Präparate wurde für „Tannin“ 94 Proc.,
für „Nicht-Tannin“ 6 Proc. des angewendeten Chamäleons gebraucht, bei
gleicher Berechnung.
Folgende Bemerkung kann hier füglich eingeschaltet werden. Ich habe wiederholt
gefunden, daſs, wenn es schon nöthig ist, beim Titriren der ursprünglichen Lösung
gegen das Ende der Reaction das Chamäleon in immer gröſseren Pausen zuzugeben, dies noch mehr der Fall ist beim Titriren des
Filtrates. Da stets noch Leim in demselben sich befindet, so mischt sich
die Flüssigkeit nicht so rasch mit dem Chamäleon; vielleicht verlangsamt auch der
Leim die Raschheit der chemischen Reaction, wie dies Lunge (Zeitschrift für analytische Chemie,
1877 S. 96) für andere indifferente Substanzen (Glycerin, Gummilösung u.s.w.)
nachgewiesen hat. Je rascher man titrirt, desto mehr
Chamäleonlösung wird gebraucht, und können Differenzen bis zu + 0cc,6 schon bei einigermaſsen zu raschem Titriren
entstehen.
Versuch G. Ich theile noch einige Titrationen mit, welche mit den
gleichen Indigo- und Gerbsäurelösungen einerseits bei Tageslicht, andererseits bei
künstlichem (Gas-) Licht vorgenommen wurden. (Die Gerbsäurelösung wurde hergestellt
durch Lösen von 1g lufttrockenem käuflichem Tannin
in 1l destillirtem Wasser bei 30°.)
Tageslicht.
Gaslicht.
a) 20cc Indigo
verlangten in
a) 20cc Indigo
verlangten in
4 Titrationen jedesmal
4 Titrationen jedesmal
9cc,3
Chamäleon.
9cc,4
Chamäleon.
b)
Chamäleon
b)
Chamäleon
cc
cc
10cc
Gerbsäurelösung20 Indigo
14,8
10cc
Gerbsäure20 Indigo
14,8
Desgleichen
14,7
Desgleichen
14,9
––––
––––
29,5
29,7
Ab für Indigo
18,6
Ab für Indigo
18,8
––––
––––
10,9.
10,9.
c)
Chamäleon
c)
Chamäleon
cc
cc
50cc Filtrat20
Indigo
11,9
50cc Filtrat20
Indigo
12,1
Desgleichen
12,0
Desgleichen
12,0
––––
––––
23,9
24,1
Ab für Indigo
18,6
Ab für Indigo
18,8
––––
––––
5,3.
5,3.
10,9 × 2
=
21,8
10,9 × 2
=
21,8
ab
5,3
ab
5,3
––––
––––
16,5.
16,5.
Für Tannin
„ „Nicht-Tannin“
75,6824,31
Proc.Chamäleon.
Für Tannin „ „Nicht-Tannin“
75,6824,31
Proc.Chamäleon.Bei Anwendung des Tageslicht-Titers für Indigo würde hier eine
Differenz von ± 0,46 Proc. Chamäleon stattfinden.
In den Resultaten stimmen die Versuche genau überein. Es ist nur auffallend, daſs der
Indigotiter bei Gaslicht ein höherer war; entweder deckte das gelbe Licht der
Gasflamme (offener Flachbrenner) das zarte Roth des Flüssigkeitsrandes etwas länger,
oder aber – und das ist für mich das Wahrscheinlichere – die Lichtquelle war nicht
stark genug; ich möchte fast mit Gewiſsheit annehmen, daſs bei Anwendung einer recht
weiſs brennenden Petroleumflamme mit reflectirendem Milchglasschirme derselbe
Indigotiter wie bei Tageslicht sich ergeben haben würde.
Es mögen nunmehr die Punkte zusammengestellt werden, welche mir bei Ausführung der
Löwenthal'schen Methode als die bemerkenswerthesten
erscheinen:
1) Die Chamäleonlösung soll auf 1l
nicht mehr als 1g,333
des krystallisirten Salzes enthalten, besser nur 1g, aus nahe liegenden Gründen.
2) Die Concentration der Indigolösung soll, um Fehler beim Pipettiren möglichst
auszuschlieſsen (starke Indigolösung läuft auch langsamer aus), nicht stärker sein,
als daſs 20cc Indigo 10cc Chamäleon entsprechen. (Die Indigolösung ist zu
filtriren; Löwenthal setzt auch gleich die nöthige
Menge Säure zu.)
3) Die gesalzene Leimlösung ist gut verkorkt aufzubewahren und vorher zu
filtriren.
4) Die Concentration bezieh. die Menge des zu je einer
Titration zu verwendenden Gerbmaterialauszuges ist so zu wählen, daſs für den Auszug
nicht mehr als 6cc einer Chamäleonlösung, welche
1g,333 Salz im Liter enthält, gebraucht werden
(oder nicht mehr als 8cc einer solchen, welche
1g Salz im Liter gelöst hat). Es ist bei einer
solchen Titration auch so viel Indigo zuzusetzen, daſs mindestens die 1 ½ fache Menge Chamäleon hierfür, also 9cc gebraucht würden, und wenn die Indigolösung
halbwerthig ist, so würden 18cc, rund 20cc Indigo zu verwenden sein (bei
Viertelwerthigkeit 36, rund 40cc Indigo). Diese
Indigomenge soll nicht viel überschritten werden, da sonst die Flüssigkeit zu dunkel
wird und – wie wiederholt bemerkt – die Endreaction viel schwieriger zu erkennen
ist.Anwendung stets gleicher Indigomengen (von gleichem oder nahezu gleichem
Gehalte) erhöht sehr die Sicherheit im Erkennen der Endreaction.
Es genügt für die genannten Verhältnisse auch die in meinen Versuchen angewendete
Menge (1 : 5) verdünnter Schwefelsäure von 10cc um
das durch Zersetzung des Chamäleons gebildete Manganoxydul in Lösung zu erhalten.
Ich habe diesen Punkt so ausführlich behandelt, weil sich behufs einheitlicher Handhabung der Methode kein besserer
Vorschlag machen läſst, als durch die Angabe der für die
gesammte oxydable Substanz zu verwendenden Chamäleonmenge, da die Mengen
des Auszuges, des Indigos, der Säure gleichzeitig mitbestimmt werden.
5) Die Dauer der Titration ist für die geschilderten Verhältnisse etwa 4 Minuten für
die ursprüngliche Lösung, ungefähr 6 Minuten für das „Filtrat“.
6) Es wäre wünschenswerth, bei der Titrirung des „Filtrates“ mit dem für
Indigo verbrauchten Chamäleon auch das für oxydable Substanz des Leimes verbrauchte
abziehen zu, können. Dies ist wohl annähernd durch vergleichende Versuche mit
Hautpulver zu erreichen. Wenn aber die oxydable Substanz des Leimes im gleichen
Verhältniſs zur Menge des ausgefällten Leimes mit ausgefällt wird, so erhält man
natürlich wieder nur Mittelwerthe, da nicht immer gleich viel Leim ausfällt. Anders
liegt die Sache, wenn die oxydable Substanz des Leimes gar nicht, oder ganz
ausfällt. Bis zur endgiltigen Entscheidung dieser Frage schlage ich vor, den durch
Titration gefundenen Leimfehler halb in Rechnung zu
bringen. Durch theilweisen Ersatz der Leimlösung durch gesättigte
Kochsalzlösung wird der Leimfehler ohnedies geringer.Wenn auch nicht ganz aufgehoben; ich habe bei Titrirung von Indigo mit und
ohne Zusatz von gesättigter Lösung von reinem Kochsalz eine Differenz von +
0cc,3 Chamäleon für 50cc Salzlösung gefunden.
Hewitt vom Royal College of
Chemistry in South-Kensington theilt (in dem Tanner's Journal, Mai 1877 S. 93) mit, er habe gefunden, daſs es genüge,
das Präcipitat von Leimtannat ½ Stunde stehen zu lassen; Permanganatverbrauch und
Raschheit des Filtrirens seien gleich.
Was seinerzeit Gauhe über die Löwenthal'sche Methode sagte: daſs sie leicht
und rasch ausführbar sei, befriedigende Resultate gebe und deshalb sich sehr gut für den Praktiker
eigne, gilt von der verbesserten Methode in noch höherem Grade, und gerade die
Anwendung von Hautpulver oder Leim zur Trennung des Tannins von anderen Substanzen
läſst die Methode für die Zwecke der Lederfabrikation besonders geeignet erscheinen.
Ich empfehle zur Gerbstoffbestimmung in der
Lederfabrikation die verbesserte Methode Löwenthal's zur allgemeinen
Annahme.
H. R. Procter und Hewitt
sprechen sich ebenso günstig über die Methode aus und halten sie für die beste.Procter bezeichnet sie als .... „the most practical method of tannin analysis yet discovered“.
Hewitt sagt, das Verfahren .... „may well be called a useful method, and far preferable to any at
present known.“ (Tanner's
Journal, Mai 1877 S. 93.)
Bezüglich der Mittheilungen über die Methoden von Hammer,
Clark und Jean kann ich mich kurz fassen.
Die nach Hammer's Methode erhaltenen Resultate sind alle
auf Tannin bezogen, wenigstens sind die Tabellen hierzu (Bolley's technisch-chemische Untersuchungen, 1874 bis 1876 S. 779) mit
Zugrundelegung dieser Gerbsäure hergestellt. Es ist jedoch eine wohl aufzuwerfende
Frage, ob alle Gerbsäuren dasselbe specifische Gewicht haben? Die Methode erfordert
das genaueste Arbeiten, ein vorzügliches Aräometer oder eine ausgezeichnete Wage,
wenn mit dem Pyknometer gearbeitet wird.Vgl. auch Heſs' hydrostatisches Aräometer *1876
221 140.
Clark untersuchte im chemischen Laboratorium der
Universität Michigan die Theesorten auf Gerbstoffgehalt. Sein Verfahren ist wohl nur
eine Modification der R. Wagner'schen Methode, nämlich
kurz folgendes: Zur Gerbstofflösung setzt man im Ueberschuſs eine titrirte Lösung
von schwefelsaurem Cinchonin (4g,523 des Salzes
und 0g,5 Schwefelsäure in 1l Wasser), filtrirt, wäscht aus und bestimmt den
Rest mit titrirter Kalium-Quecksilber-Jodidlösung (13g,546 Quecksilberchlorid und 49g,8
Jodkalium auf 1l Wasser). Aus der Differenz wird
die Gerbsäuremenge berechnet. (1cc Cinchoninlösung
fällt 0g,01 Tannin, und 1cc Kalium-Quecksilber-Jodidlösung ist nöthig, um
aus 2cc,74 Cinchoninlösung das Cinchonin zu
fällen.) – Das Verfahren empfiehlt sich nicht, die Endreaction ist wie bei fast
allen Fällungsanalysen äuſserst unsicher.
Die Methode von Jean (Berichte
der deutschen chemischen Gesellschaft, 1877 S. 730) beruht darauf, daſs
Gerbsäure und Gallussäure bei Gegenwart von kohlensaurem Natron Jod direct binden
und zwar in bestimmter proportionaler Menge. Die Extractivstoffe der Eichenrinde
sollen auf das Verfahren keinen störenden Einfluſs ausüben; enthält die Flüssigkeit
jedoch gleichzeitig Gallussäure, so seien zwei Titrationen nöthig, die eine direct, die
andere, nachdem das Tannin durch Thierhaut oder durch Gelatine und Alkohol entfernt
ist.
Ich habe diese Methode vor allem sehr zeitraubend gefunden, schon der Tüpfelproben
wegen. Es sind auf alle Fälle je zwei Titrationen für die ursprüngliche Lösung und
das „Filtrat“ nöthig. Wenn nun bei jeder ersten der beiden Titrationen nicht
auſserordentlich langsam gearbeitet werden soll, was vielleicht das Resultat ändert
und um so weniger dann mit der zweiten Titration stimmen läſst, was doch der Fall
sein soll, so ist vorher eine „annähernde“ Bestimmung nöthig, was im Ganzen 6
Titrationen ausmachen würde. Ich fand auch die Endreaction nicht scharf genug. Bei
Ausfällung der Gerbsäure mit Thierhaut und Alkohol ist eine wenn auch nur geringe
Einwirkung von Jod auf den im Filtrate befindlichen Alkohol (bei Gegenwart von Soda)
durchaus nicht ausgeschlossen. Auch die Veränderlichkeit der Jodlösung als
Titersubstanz ist zu berücksichtigen.
Nachschrift. Im Begriffe stehend, meine Mittheilungen zu
schlieſsen, kommt mir die 5. Auflage von Mohr's Lehrbuch der
chemisch-analytischen Titrirmethode (Wiesbaden 1878) zu Händen. Ich finde
darin folgende Kritik der Löwenthal'schen Methode:
„Oxydation durch Chamäleonlösung nach Monier und
Löwenthal; letzterer fügt Indigocarminlösung zu
und nimmt an, daſs, wenn der Indigo zerstört sei, was sehr sichtbar ist, auch
die Gerbsäure zersetzt sei. Dies ist jedoch nicht wahr, denn der Indigo wird
sogleich durch Chamäleon zerstört; zu Gerbsäure kann man tagelang Chamäleon
zusetzen, es findet immer wieder ein Ausbleichen statt. Ja die wieder farblos
gewordene Flüssigkeit ist im Stande, neue Zusätze von Indigolösung zu zerstören.
Die Methode ist absolut unbrauchbar.“
Die Autorität Mohr's gerne anerkennend, kann ich doch
nicht umhin, ein Bedenken gegen dieses Urtheil auszusprechen, so lange dasselbe
durch keine anderen Beweisgründe als durch das Ausbleichen des Chamäleons gestützt
ist. Es dürfte doch die Frage aufzuwerfen sein, ob dieses Ausbleichen von der
Gerbsäure als solcher herrührt, oder nicht vielmehr, während des „tagelangen“
Stehens der Flüssigkeit,Nach der Titerstellung meines Chamäleons, welche genau nach Mohr's Angabe ausgeführt wurde, bleichte die
ursprünglich 0g,63 Oxalsäure enthaltende
Flüssigkeit innerhalb 24 Stunden noch 0cc,8 Chamäleon, in den darauf folgenden 2 Stunden 0cc,2 und in weiteren 22 Stunden noch 0cc,6 Chamäleon, so daſs innerhalb zweier Tage 1cc,6
Chamäleon nachgebleicht wurden. Es kann nicht angenommen werden, daſs eine
etwaige Verunreinigung der angewendeten Schwefelsäure durch niedere
Oxydationsstufen von Sauerstoff oder Stickstoff die Ursache des
Nachbleichens gewesen sei, da diese sofort heftig auf Chamäleon wirken. Auch
Indigo wurde durch die farblos gewordene Flüssigkeit zerstört.
von deren Zersetzungsproducten (und wenn die Gerbsäure nicht ganz rein gewesen sein
sollte, von anderen Substanzen)? So lange Chamäleon reducirt wird, ist auf alle
Fälle kein Sauerstoffüberschuſs vorhanden. Wodurch wurden nun aber „neue Zusätze
von Indiglösung“ zerstört? Das Chamäleon ist ausgebleicht, also reducirt;
die Gerbsäure entfärbt Indigo auch nicht, es ist also irgend ein energisch wirkendes
Agens in der Flüssigkeit, welches seine Wirkung vielleicht ebensowohl auf das
Chamäleon äuſsern kann, wie es eine solche auf den Indigo äuſsert.
Was meine Erfahrungen betrifft, und ich habe Hunderte von Titrationen angestellt, so
fand ich die Resultate immer gut stimmend, was doch nicht der Fall sein könnte, wenn
die Oxydation der Gerbsäure nicht gleichmäſsig fortschritte, und wenn sie einen
Zeitraum von auch nur einem Tag nöthig hätte. Ich habe auch in allen Fällen die von
mir früher geschilderte „schwach rosenrothe Färbung des Flüssigkeitrandes“
stundenlange bestehen sehen, wenn ich zu diesem Zwecke die Flüssigkeit stehen
lieſs.
München, Grieſsmayer's Laboratorium, December 1877.