Titel: | Otto's geräuschlose Gasmaschine. |
Autor: | Wilman |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 201 |
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Otto's geräuschlose Gasmaschine.
Mit Abbildungen im Text und auf Tafel 13.
Otto's geräuschlose Gasmaschine.
Gegenüber den vielen Vorzügen, deren sich die Langen und
Quetschen Gasmotoren sofort bei ihrem ersten
Auftreten erfreuten, war kaum ein anderer Nachtheil geltend zu machen, als ihr lärmender Gang – ein
Nachtheil allerdings groſs genug, um in vielen Fällen die Anwendung dieser
ökonomischen Kleinmaschine ganz auszuschlieſsen. Darum ist der Fortschritt, welchen
Otto's neuester Motor gemacht hat, nicht hoch genug
anzuschlagen, wenn dieser auch, soweit bis jetzt Versuche bekannt geworden sind, in
Bezug auf Oekonomie (1cbm Gas für die Stunde und
1e effectiv) noch etwas hinter den Langen und Otto'schen Gasmaschinen (vgl. *1877 223 557)
neuer Construction zurücksteht.
Das Mittel, welches Otto anwendet, um statt einer
Explosionsmaschine einen mit constanterem Druck arbeitenden Motor zu erhalten,
besteht in der Compression des Gas- und Luftgemisches (auf etwa 2at) vor dessen Entzündung. Hierdurch, sowie in
Folge der groſsen Luftbeimengung wird der erste Effect der Entzündung des
Gasgemenges gemildert und auf eine längere Periode vertheilt, so daſs das
beistehende Diagramm Fig. 1, welches in ab den unmittelbaren Effect der Entzündung darstellt,
im weiteren Verlauf bc der Expansionscurve einer
Dampfmaschine entspricht.
Fig. 1., Bd. 228, S. 202
Dr. Slaby, Docent für
Kleinkraftmaschinen an der kgl. Gewerbe-Akademie zu Berlin, erklärt in seinem
vortrefflichen Vortrage über den vorliegenden Motor (vgl. Sitzungsbericht vom 4.
Februar 1878 des Vereines zur Beförderung des
Gewerbfleiſses) den Verlauf dieser Curve und die eigenthümliche
Wirkungsweise der Otto'schen Maschine dadurch, daſs er
als Folge der später zu beschreibenden Arbeitsphasen der Maschine eine
Schichtenbildung verschiedener Gasarten im Cylinder annimmt, der zu Folge das meist
gesättigte Gasgemenge zunächst der Entzündungsflamme steht und zuerst explodirt und
dann nachfolgend immer weitere weniger gasreiche Schichten; doch scheint der ganze
Verlauf der Curve nur auf eine einmalige Explosion hinzudeuten, deren Effect jedoch
nicht, wie bei der gewöhnlichen Gasmaschine, durch Zustandsänderung des explodirten
Gemisches momentan verschwindet, sondern sich in Folge der bedeutenden Beimengung
von Luft auf eine gewisse Periode erstreckt, deren Dauer übrigens durch die hohe Tourenzahl dieser
Maschinen gleichfalls eine kurze ist. Auch ist dieses Princip der Arbeitsweise kein
neues, da sowohl Hock's Petroleummotor (*1874 212 73)
198), als Brayton's Petroleum- und Gasmotor (1876 220
186) *221 195) beide ähnliche Arbeitsdiagramme geben (vgl. Fig. 3 Taf. 5 Bd. 221),
obwohl hier die Arbeitsprocesse auf verschiedene Gefäſse vertheilt sind und
jedenfalls eine innige Mischung des Gemenges erfolgt.
In der Verbindung dieser Expansionswirkung mit der Explosionsleistung ist daher auch,
unserer Ansicht nach, durchaus nicht der wesentliche Fortschritt des neuen Motors zu
suchen, sondern hauptsächlich in der Vereinigung aller Arbeitsprocesse in einem Cylinder, wodurch, ungleich der Dampfmaschine,
nicht Wärme verloren, sondern Wärmeverlusten vorgebeugt wird. Zudem erfährt die
Maschine hierdurch eine wesentliche Vereinfachung und gewinnt so ein äuſserst
gefälliges Ansehen, welches selbst im Maschinenbau oft genug als ein Kriterion
innerer, wohl begründeter Vorzüge gelten kann.
Um nun in einem einzigen Cylinder sowohl das Ansaugen von Gas und Luft, als die
Compression des Gemenges, ferner die Explosion und Expansion, sowie schlieſslich das
Herausschieben der Arbeitsgase vornehmen zu können, sind nothwendig vier scharf
getrennte Arbeitsphasen erforderlich, welche sich am natürlichsten auf 4 Kolbenhübe
vertheilen, so daſs beim ersten Ausgange das Ansaugen erfolgt (Linie st unseres bei 170 Umdrehungen abgenommenen Diagramm es
Fig. 1), beim ersten Rückgang die Compression t a, hierauf t a c
Explosion und Expansion und endlich – beim zweiten Rückgange – auf der
Atmosphärenlinie ts zurück die Ausströmung.
Die Maschine wäre also, da sie während zwei Umdrehungen nur bei einem Kolbenhub
arbeitet, nicht einfach sondern eigentlich nur halb wirkend zu nennen.
Entsprechend der geschilderten Functionenfolge darf der Steuerungsschieber S, welcher in bekannter Weise mittels einer durch
Federn angepreſsten Platte abgedichtet wird, bei einer Doppelumdrehung der Maschine
(Fig. 1
bis 4 Taf. 13)
nur ein Spiel ausführen und wird deshalb von einer Welle w angetrieben, welche nur die halbe Umdrehungszahl der Schwungrad welle
macht.
Fig. 4 stellt
im vergröſserten Horizontalschnitt die Anfangsstellung des Schiebers beim Beginn der
Explosion dar; der Kolben befindet sich im todten Punkte, die Kurbel der
Schieberbewegungswelle w um 45° vor ihrem inneren
todten Punkte. Der Kolben geht unter der Wirkung der Entzündung nach auswärts zu
seinem äuſseren todten Punkte, die Welle w macht dabei
die Hälfte von 180°, also 90°, so daſs beim Beginn des Kolbenrückganges der Schieber
S abermals in der gezeichneten Stellung ist, nun
aber den Rückgang in der Richtung des Pfeiles begonnen hat. Die Eintrittsöffnung e des Cylinders bleibt daher während des Rückganges
verschlossen, dagegen wird das Ventil, welches die unten liegende Austrittsöffnung
a verschlieſst, durch einen Winkelhebel geöffnet,
der gegen die auf Welle w sitzende Kammscheibe h anliegt. So gelangt endlich der Kolben wieder in den
inneren todten Punkt, wobei nach geschlossenem Aus tritt ventil noch immer eine
beträchtliche Menge heiſser Gase im hinteren Ende des Cylinders zurückbleibt. Dabei
ist der Schieber S weiter nach auswärts gerückt, bis
endlich statt des Kanales z der Kanal i mit der Eintrittsöffnung e in Verbindung getreten ist; gleichzeitig hat das andere Ende des Kanales
i die Verbindung mit dem Luftzuführungsrohre l eröffnet, so daſs bei dem nun stattfindenden zweiten
Kolbenausgange Luft in den Cylinder gesaugt wird. Beim halben Hub erreicht der
Schieber seine extreme Auſsenstellung und hat dabei auch den Kanal i mit dem Gaszuführungskanale g in Verbindung gebracht, so daſs in den Cylinder nun auch Gas einströmt.
Es folgt endlich der zweite Kolbenrückgang, bei welchem wieder der Schieber entgegen
der Pfeilrichtung verschoben wird und rasch die Oeffnung e verschlossen hat; gleichzeitig hat sich der durch ein Röhrchen x mit Gas gefüllte Kanal z
an der ununterbrochen brennenden Flamme f entzündet und
kann somit, wenn Kolben und Schieber in die Anfangsstellung der Figur 4 gelangt sind, das
hinter dem Kolben verdichtete Gas- und Luftgemenge zur Entzündung bringen und ein
neues Spiel einleiten.
Hiernach ist über die äuſsere Anordnung der Maschine nur mehr wenig beizufügen. G bezeichnet in den drei Ansichten Fig. 1 bis 3 das Zuleitungsrohr des
Arbeitsgases, welches vor Eintritt in die Maschine einen Kautschukballon als
Druckregulator passirt; f und x sind die Gasröhrchen zur Entzündungsflamme – über welche ein
Luftcylinder c gestellt ist – und zur Füllung der
Kammer z. Mittels des Rohres l, welches zur Vermeidung störenden Geräusches in das hohle Maschinenbett
einmündet, wird der Oeffnung l
Fig. 4 frische
Luft zugeführt, während das Rohr a die Verbrennungsgase
ableitet. Endlich ist noch zwischen Gasleitung G und
Arbeitscylinder ein Ventil d eingeschaltet, das
zunächst den Absperrschieber enthält, und ferner noch ein Steuerventil, welches im
Ruhezustande durch eine Feder geschlossen ist und sich nur dann öffnet, wenn der
Hebel p (Fig. 2) in der Richtung
des Pfeiles bewegt wird. Dies geschieht im Allgemeinen gleichzeitig mit der oben
besprochenen Eintrittsphase des Schiebers S mittels
eines horizontalen Armes des Winkelhebels p, weicher
auf der Kammscheibe m der Welle w (Fig.
1 und 2) aufliegt, so daſs beim normalen Gang diesem Ventil keine specielle
Steuerungsfunction zukommt. Sobald jedoch die Normalgeschwindigkeit der Maschine
überschritten ist, verschieb! der von der Welle w aus
bewegte Kugelregulator R mittels des in Fig. 1 ersichtlichen
Winkelhebels den Muff m und bringt dadurch, wie
gezeichnet, den Winkelhebel p auſser Eingriff, so daſs das Ventil so
lange geschlossen und der Gaszufluſs unterbrochen bleibt, bis die überschüssige
Kraft aufgezehrt ist.
Der Arbeitscylinder hat, wie aus Fig. 4 hervorgeht,
selbstverständlich einen Kühlmantel, welcher durch (hier nicht ersichtlich gemachte)
Rohre mit dem oberen und unteren Ende eines Wasserbehälters in Verbindung steht, so
daſs eine natürliche Circulation entsteht, welche genügt, um die Wandungen nicht
über handwarm werden zu lassen; zur Schmierung dient ein eigenthümlicher, von der
Steuerwelle w bewegter Apparat, der deutlichkeitshalber
gleichfalls aus unseren Skizzen weggelassen wurde.
Wilman.