Titel: | Zur näheren Kenntniss der Kesseleinlagen; von Jos. Popper. |
Autor: | Jos. Popper |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 205 |
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Zur näheren Kenntniſs der Kesseleinlagen; von
Jos. Popper.
Mit Abbildungen auf Tafel
14.
Popper's Kesseleinlagen.
Es dürfte den Technikern nicht unwillkommen sein, wenn denselben in nachfolgenden
Zeilen in kurzer Uebersicht das Resultat mehrjähriger Erfahrungen betreffs der
Wirksamkeit der Kesseleinlagen, sowie eine noch nicht veröffentlichte, detaillirtere
Angabe der Functionsweise und Construction derselben dargeboten wird. Bekanntlich
sind in jüngster Zeit ziemlich abschlieſsende Behandlungen der ganzen Frage über die
Beseitigung des Kesselsteins publicirt worden, so unter Andern sehr eingehend von
F. Fischer, von v.
Reiche in seinem Buche über Dampfkessel und von Weinlig in den Technischen und gewerblichen
Mittheilungen des Magdeburger Dampfkesselvereines, 1877 Heft 5. Allen
diesen Darstellungen, soweit sie die Kesseleinlagen betreffen, will ich nun eine,
wie man sehen wird, ganz objectiv gehaltene Ergänzung hinzufügen, welche einerseits
das technische Verständniſs fördern, andererseits den Nutzen herbeiführen wird, daſs
die Industriellen nicht Constructeuren in die Hände fallen, die ohne genügendes
Verständniſs der Sache Auslagen ohne Vortheil, oder sogar mit Schaden
verursachen.
Es zeigte sich nämlich immer häufiger, daſs die vielen Nachahmer meiner Einlagen den
Industriellen einfach blose Blechtröge liefern und
dadurch jene erwähnten Uebelstände herbeiführen; welche Blechtröge ich sofort
hiermit als das allergefährlichste bezeichnen muſs, was man nur in den Dampfkessel
einführen kann, den einzigen günstigen Zufall ausgenommen, daſs der Abstand des
Troges vom Kesselblech so überaus groſs genommen wird, daſs kein Schaden, aber auch
kein Vortheil herbeigeführt wird. Die Schuld an dem Miſsverständniſs, meine
Kesselanlagen für blose Tröge, Schlammfänger u. dgl. anzusehen und danach zu
construiren, tragen meist die theoretischen Darstellungen, wobei ich selbst das
sonst mit groſsem Verstand geschriebene Werk v.
Reiche's nicht ausnehmen kann; es wird auch meistens nur vom Auffangen des Schlammes, von der
Oberflächenwirkung der Einlagebleche u. dgl. gesprochen, welche Wirkungen doch nur
ganz secundär sind, namentlich in jenen Fällen, wo die Einlagen besonders praktisch
und nützlich erscheinen, d. i. bei allen Unterfeuerungskesseln.
Es ist bekanntlich, seitdem ich zuerst darauf aufmerksam machte, von allen
Dampfkessel-Technikern einstimmig die Beseitigung der angehäuften
Kesselsteinsplitter auf den Feuerblechen als die wichtigste Aufgabe bei
Unterfeuerungskesseln angegeben worden; und ebenso ist es, mit wenigen Ausnahmen,
zugestanden worden, daſs die Einlagen (nebst einer Verminderung des Kesselsteins)
dieser Aufgabe genügen; nur wird bisher fälschlich behauptet, die Splitter flögen
zwischen Einlageblechen und Kesselwand seitwärts in die Höhe und dann wieder in die
Blechmulde hinein.
Ich theile nun mit, daſs dem nicht so ist; fast immer, wenn die Splitter nur
einigermaſsen Gröſse und Gewicht besitzen, was der gewöhnliche Fall ist, kommen sie
durch die trichterförmigen Aufsätze am tieſsten Punkt
der Einlagen in die Höhe. In diesen Trichtern wird nämlich dem Dampf eine
düsenförmige Ausströmung aufgezwungen, also Beschleunigung mitgetheilt; er reiſst
Wasser und dadurch die Splitter mit sich fort. Directe Beweise dafür lieferten meine
Versuche mit Varianten der Einlagenconstruction betreffs der Höhe, Weite, Form und
Anbringungsstelle dieser Trichter, sowie mit gänzlicher oder theilweiser Absperrung
ihrer Oeffnungen, die ich seinerzeit in der kaiserlichen Saline Wieliczka
durchführte. Werden diese Trichter weggelassen oder verengt, so erfolgt ein
Liegenbleiben der Splitter gröſsern Kalibers, daher auch meist ein Verstopfen des
Kanales und ein Verbrennen des Kessels. Ein solcher
Fall ist mir in jüngster Zeit durch einen Vortrag des Hrn. R. Engländer. Oberinspector des österreichischen Dampfkesselvereines, im
nieder-österreichischen Gewerbeverein bekannt geworden, wonach der Genannte für
einen Bouilleurkessel die Anwendung meiner Einlagen empfahl und ein
Maschinenfabrikant versprach, „Popper'sche
Einlagen“ zuliefern, in der That aber einfache Blech tröge in den Kessel
stellte und ihn richtig verbrannte!
Bei Unterfeuerungskesseln müssen die Einlagen, namentlich an
der heiſseren Kesselseite, noch über die Feuerbrücke hinaus, stets
pyramidenförmige Trichter erhalten.
Was die Frage nach ganzer oder theilweiser Belegung betrifft, so sei erwähnt, daſs bei sehr
schlammreichen Wässern eine totale Belegung angezeigt
scheint; wo dies nicht der Fall ist, muſs man, um sicher zu gehen, mindestens noch
eine Kesselplatte über die Feuerbrücke hinaus mit den Einlagen bedecken. Diese
Erfahrungsresultate gewann ich selbst, und kürzlich theilte mir auch das königliche
Steinkohlenwerk St. Ingbert (in der bayerischen
Rheinpfalz) mit, daſs
sie dort mit der, wie hier angegebenen, theilweisen Belegung ganz gut fortkommen.
Natürlich wird aber in solchem Falle die totale Ablagerung von Stein an dem kältern
Kesseltheile gröſser ausfallen als bei ganzer Belegung; jedoch wird auf diesen
Umstand meist weniger Gewicht gelegt, da der Schutz der Feuerplatten am wichtigsten
erscheint.
Bei einfachen Walzenkesseln aber, in die also auch
hineingespeist wird, muſs stets ganze Belegung
angewendet werden, und zwar bekommen die hintern Einlagen, in die das Speiserohr
einzumünden hat, keine Trichter, damit sie einerseits das kalte Wasser nicht direct
an die heiſsen Kesselbleche zulassen, andererseits damit sie wie ein Vorwärmer und
zugleich wie ein Schlammsammler functioniren.
Bei Röhrenkesseln mit Unterfeuerung, wie z.B. von Pauksch und Freund., wird der ohnedies kurze Kessel
ganz belegt; die Einlagen müssen aus drei zusammenschiebbaren Theilen hergestellt
sein, sonst ist die Einbringung zu mühsam, wenn nicht oft unmöglich.
Bei Siederohrkesseln muſs von Anwendung der Einlagen
wegen des geringen Durchmessers der Siederohre gänzlich Abstand genommen werden. Vorwärmer sollen niemals mit Einlagen versehen werden;
deren Wirkung ist hier verschwindend klein, die Manipulation lästig und das
Bedürfniſs nur gering.
Bei Flammrohrkesseln mit einem Flammrohr fand ich die
Manipulation mit den Einlagen zu beschwerlich, wenn es sich um vollständige Belegung
handelte, und wenn eine häufige Abstellung, also Reinigung, nöthig war.
Bei Flammrohrkesseln mit zwei Flammrohren jedoch ist die
Einbringung der Einlagen relativ bequem; welche Leistungen aber bei Flammrohrkesseln (Lancashire- und Cornwallkesseln)
überhaupt zu erwarten und in welcher Kessellänge hier die Einlagen anzuwenden sind,
will ich jetzt aus einander setzen und zugleich eine Skizze der Detailconstruction
geben, die ich bisher – aus geschäftlichen Gründen – zurückhielt, sowie ich auch die
ohne mein Wissen publicirten Zeichnungen in der Zeitschrift
des österreichischen Ingenieurvereines, 1869 S. 26, welche auch in die Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure und in
andere Fachschriften (vgl. * 1869 191 263) übergegangen
sind, obwohl sie sich nur auf die allererste Idee gründeten und mit den
erfahrungsmäſsig factisch construirten Einlagen ganz und gar nicht übereinstimmen,
aus denselben Gründen bisher nicht durch die richtigen ersetzte. Auch in dem Buche
v. Reichet über Dampfkessel (zweite Auflage) muſs
die betreffende Stelle corrigirt werden, in der es heiſst, daſs ich bei diesen
Kesseln die Einlagen ganz entgegen den früheren Principien construire; denn es wird
sich sogleich zeigen, welche Aufgabe zu lösen war, und wie danach die Construction
nothwendiger Weise beschaffen sein muſste.
Vor Allem muſs nun hervorgehoben werden, daſs bei Flammrohrkesseln die Wirkung der
Einlagen bezüglich des eigentlichen Kesselsteins nicht so hervorragend ist, wie bei
den cylindrischen Unterfeuerungskesseln, denn um Beseitigung von Splitteranhäufungen
auf den Feuerplatten handelt es sich hier nicht; was die fest anhaftende Kruste
betrifft, so ist sie auf den Heizrohren selten beträchtlich, und an dem Mantelkessel
sind die Wasserströmungen für eine starke Reduction der Krustendicke durch Einlagen
nicht lebhaft genug zu erzielen. Nach allen bisherigen Erfahrungen wird daher die
Verminderung der Kesselsteindicke, obwohl sie durch die Einlagen unbedingt erreicht
wird, in letzte Linie zu stellen sein; die Auffangung des Schlammes aus dem
gesammten Kesselwasser jedoch wird durch die Einlagen vollständig herbeigeführt, zu
welchem Behufe hier in der That die Einlagen um den Kesselmantel herum als bloser
Schlammtrog construirt sind. Durch diese beiden Leistungen kann jeder
Flammrohrkessel mit Einlagen stets viel länger als sonst ununterbrochen im Betrieb
bleiben; ganz besonders aber sei nunmehr auf die eigentliche
Hauptleistung der Einlagen bei Flammrohrkesseln aufmerksam gemacht, welche
bisher von den Ingenieuren merkwürdiger Weise trotz meines wiederholten Hervorhebens
ganz übersehen wurde, obwohl sie für die Sicherheit des
Betriebes höchst wichtig ist und thatsächlich niemals ausbleibt. Ich meine
damit die Reinhaltung und Verhinderung des starken
Schwankens des Wassers im Wasserstandsglase. Ueber die Wichtigkeit dieser
Leistung brauche ich wohl nicht eingehender zu sprechen, und da überhaupt noch keine
andere Vorrichtung besteht, welche diese Leistung ermöglicht, so soll die
Construction der Einlagen für solche Kessel hier erläutert werden.
In Fig. 6 bis
9 Taf. 14
bedeutet EE die Einlage für den Mantelkessel; sie wirkt
als Schlammtrog, ee ist die Einlage für das Flammrohr;
dieselbe bewirkt eine sehr lebhafte Wasserströmung längs der obern Kuppe des
Feuerrohres; der Dampf nebst dem mitgerissenen Wasser treten oben bei s durch einen schmalen Schlitz aus, dessen Länge
beinahe gleich der Länge der ganzen Einlage ist. Nach dem Austritte aus dem Schlitze
jedoch wird der Dampf gezwungen, längs der schiefen
Flügel f zu gleiten; auf diese Weise wird die ganze
wallende Bewegung des Kesselwassers an die Seitenwand des Mantelkessels hin
gerichtet, während das eigentliche Wasserniveau ruhig bleibt. In Folge dessen werden
die schlammigen Trübungen und Wallungen im Wasserstandsapparat hintangehalten,
selbst wenn unten bei m auch schon sehr beträchtliche
Schlammmengen abgelagert wären, d.h. der Kessel schon lange im Betriebe war.
Man beachte nun, wie lebhaft eine einfache und wohlfeile Vorrichtung erwünscht sein
muſs, die es ermöglicht, ohne das Kesselwasser zu reinigen, oder den Schlamm, z.B.
durch häufiges Ausblasen, zu. reduciren, unabhängig von allen schon mitunter sehr bedeutenden
Verunreinigungen im Innern des Kessels stets richtig und klar die Höhe des
Wasserniveaus abzulesen. Es ist dies eine Leistung der Einlagen ganz für sich, die
mit der Kesselsteinverminderung nichts zu thun hat; daher möge im Interesse der
Betriebssicherheit bei Flammrohrkesseln, sowie zur Erleichterung des Heizerdienstes
behuſs der reinigenden Behandlung des Wasserstandsapparates jeder solche Kessel mit
dieser Sicherheitsvorrichtung versehen werden.
Ich bemerke dabei ausdrücklich, daſs es in diesem Falle durchaus nicht nöthig ist,
die ganze Kessellänge zu belegen, sondern daſs es hinreicht, bis ungefähr eine
Kesselplatte hinter der Feuerbrücke die Bleche E und
e einzusetzen; hierdurch wird die Vorrichtung
äuſserst wohlfeil und sehr leicht zu handhaben. Daſs der zur Maschine abgehende
Dampf trockener und schlammfreier sein muſs, ist selbstverständlich.
Bezüglich der Herstellung der Einlagen im Allgemeinen
füge ich noch hinzu, daſs alle Füſschen auf den Kesselblechen mit abgerundeten
Stellen ruhen müssen; es ergab sich dies als nothwendig, um das Einreiben in die
Kesselbleche zu vermeiden; anfänglich kam letzteres mitunter vor, seit der Anwendung
dieser Vorsichtsmaſsregel jedoch nicht mehr.
Was die Behandlung der Einlagen betrifft, so darf beim
Reinigen der Kessel niemals die Einlage am Platze belassen werden; denn öfters lösen
sich nach Abkühlung des Kessels Steinsplitter ab, die sich an den tieſsten Punkten
ablagern, leicht zusammenbacken und dann während des Heizens als Ganzes durch die
Einlagentrichter nicht mehr in die Höhe geworfen werden können; es ist mir ein Fall
bekannt, wo ein Kessel trotz der Einlagen durch diese Ursache verbrannte. Ferner
sollen die Einlagebleche nicht zu gründlich gereinigt werden, ein bloses Abklopfen
der dickern Krusten genügt, man macht sich sonst zu viel Mühe, beschädigt leicht die
Bleche, und auſserdem schützen die dünnen Kalküberzüge vor dem schnellen Rosten;
dabei bemerke ich, daſs bei sauern Speisewässern vor
Anwendung der Einlagen, die stets von unverzinntem Eisenblech sein sollten,
abzusehen ist; selbst ein Anstrich mit Minium hilft nicht viel, da derselbe mit dem
Kalke zusammen beim Abklopfen abspringt.
Schlieſslich noch einige historische
Bemerkungen: Man hat schon vor 30 und mehr Jahren Bleche, Tröge, Schüsseln u.a. in
Dampfkesseln zum Auffangen der Nieder schlage aufgestellt; Schmitz verwendete die durch excentrisch eingesetzte guſsciserne Gefäſse
entstehende einseitige Wassercirculation in der Meinung, es werde hierdurch jede
Ablagerung verhindert; er wuſste nicht, daſs keine, noch so starke Strömung dies im
Stande sei (vgl. Peschka, Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure, 1870 S. 654). Weder Schmitz noch
Jemand sonst vor mir erkannten die Aufgabe, die Splitteranhäufungen zu entfernen,
und um wieder letzteres im Stande zu sein, muſste von der Wassercirculation vermöge
gröſserer specifischer Leichtigkeit des erwärmten Wassers ganz abgesehen und die motorische Kraft der entstehenden Dampfblasen erkannt und benutzt werden,
was ich eben durch die ganz neue und eigentümliche Trichterconstruction zu Stande
brachte; endlich war Niemanden bekannt, wie man die Dampfabströmungen durch Bleche
so einleiten könne, daſs die Wasserstandsapparate reiner und das Wasser in denselben
ruhiger als bisher erhalten werden. Alle diese Leistungen wird man vor meinen
Publicationen nirgendwo, als durch einen andern Apparat erreicht, ja nicht einmal
als bezweckt erwähnt finden, und verweise ich auch auf den Aufsatz Napravil's (1870 198 97), in
welchem über die zufällige Anregung zur Erfindung der Kesseleinlagen und über die
noch vor Bekanntwerden des Schmitz'schen Apparates
durchgeführten Versuche berichtet wird.
Wien, im Februar 1878.