Titel: Eine neue Form der Senkwage; von Dr. G. Dahm in Bonn.
Autor: G. Dahm
Fundstelle: Band 228, Jahrgang 1878, S. 235
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Eine neue Form der Senkwage; von Dr. G. Dahm in Bonn. Mit Abbildungen auf Tafel 16. Dahm's Senkwage. Da bei den gewöhnlichen Senkwagen, deren einfachste Formen durch das Fahrenheit'sche und das Nicholson'sche Aräometer dargestellt werden, durch das Auflegen von mehreren Gewichtsstücken auf den Teller derselben der Schwerpunkt leicht so verrückt wird, daſs kein stabiles Schwimmen mehr stattfinden kann, so hat Tralles, um dies bei jeder Belastung zu erreichen und die Senk wage zugleich auch zum Abwägen gröſserer Körper benutzen zu können, als es auf dem kleinen Teller der oben genannten Instrumente möglich ist, dieselbe in der Weise abgeändert, daſs anstatt des Tellers eine Wagschale mittels eines zweimal rechtwinklig gebogenen Armes unterhalb des Gefäſses angebracht ist, wie Fig. 11 Taf. 16 zeigt. Bei der Tralles'schen Wage wird das Stäbchen a des Schwimmers nicht blos auf Druck- sondern auch auf Biegungsfestigkeit in Anspruch genommen. Der Schwimmer desselben befindet sich nämlich an und für sich in einem Zustande des labilen Gleichgewichtes, aus welchem derselbe sich bei der geringsten Verschiebung immer mehr und mehr zu entfernen suchen würde, wenn er an dieser Bewegung nicht durch die feste Verbindung mit dem Arme b gehindert würde; durch diesen Widerstand aber wird sich das Bestreben des Schwimmers, aus seiner Lage seitwärts auszuweichen, als eine Kraft äuſsern, die das Stäbchen a zu zerbrechen strebt. Da nun die Zugfestigkeit von Metallstäben meist eine bei weitem gröſsere ist als die Druck- und die Biegungsfestigkeit, so erschien es vortheilhafter das den Schwimmer haltende Stäbchen, um es dünner machen zu können, nur auf Zugfestigkeit in Anspruch zu nehmen. Dies gelang mir durch folgende in Fig. 12 Taf. 16 abgebildete Einrichtung. Eine dickwandige Glasglocke, wie solche zu Luftpumpen-Versuchen im Handel zu haben sind, ist an einem Bügel a aufgehängt. Die nach unten gekehrte engere Oeffnung derselben ist durch einen Kautschukstöpsel verschlossen, in dessen centrale Bohrung das Glasröhrchen 6 von etwa 1mm Durchmesser und 60mm Länge eingesteckt ist. Durch dieses Glasröhrchen geht das (zweckmäſsig vergoldete) Stahlstäbchen c von der Dicke und Härte einer Nähnadel, mit welchem einerseits der Schwimmer d von Glas oder Metall, andererseits die Wagschale e so verbunden sind, daſs dieselben um die beiden genau in der Achse des Stäbchens c liegenden Verbindungspunkte möglichst frei beweglich sind. Das kleine Gefäſs f wird durch ein Glasröhrchen von etwa 17mm Durchmesser und 45mm Länge und einem Kautschukstopfen gebildet, der auf dem Stahlstäbchen durch Reibung festsitzt. Die Glasglocke ist oben durch einen breiten Kautschukstopfen oder einen mit Paraffin getränkten Korkstopfen geschlossen, in welchem eine Glasröhre g mit Hahn steckt. Noch besser eignet sich zum Schlüsse der weiten Oeffnung ein sogen. Patentdeckel von Metallblech mit überzustülpendem Gummiringe, wie solche zum luftdichten Schlüsse von Einmachbüchsen in verschiedenen Gröſsen in Porzellan- und Glashandlungen zu haben sind, und in dessen Mitte man eine Metallröhre angelöthet hat. Das Füllen des Instrumentes mit einer Flüssigkeit, am besten Alkohol, kann auf verschiedene hier nicht näher zu erörternde Weise leicht geschehen; jedenfalls aber geschieht das Entfernen der letzten in der Glasglocke etwa noch vorhandenen Luft durch Saugen an der Glasröhre o, zu welchem Zwecke man dieselbe mit einem Stücke Kautschukschlauch verbindet, und wobei man nötigenfalls Alkohol in das Gefäſs f nachgieſst. Als Marken dienen zwei zarte Striche auf dem Stahlstäbchen c und dem Glasröhrchen b, deren Coincidenz mit sehr groſser Genauigkeit den Punkt angeben, bis zu welchem bei allen Wägungen die Wagschale e zu belasten ist. Die Empfindlichkeit dieser Senkwage, worunter ich hier stets die Gröſse der Senkung des Schwimmers verstehen will, welche bei der Coincidenz der beiden Marken eine kleine Gewichtszulage auf die Wagschale e hervorruft, hängt ab von der Natur (specifischem Gewicht) der zur Füllung dienenden Flüssigkeit und dem äuſsern Durchmesser des Glasröhrchens b, von der Dicke des Stäbchens c aber nur insofern indirect, als diese natürlich geringer sein muſs als die Honlung des Röhrchens b. Da aber bei der auſserordentlichen Zugfestigkeit des Stahles das Stäbchen selbst für groſse Belastungen nur sehr dünn zu sein braucht, so kann auch dem entsprechend der Durchmesser des Röhrchens b sehr klein genommen und so dem Instrumente bei groſser Tragkraft desselben ein sehr hoher Grad von Empfindlichkeit gegeben werden. Daſs die Empfindlichkeit des Instrumentes wirklich von dem Durchmesser des Röhrchens b abhängt, ergibt sich am einfachsten aus folgender Betrachtung. Denken wir uns den Schwimmer d und das Stäbchen c als einen integrierenden Theil des Gefäſses f und dieses letztere unbeweglich (etwa in einen Halter eingespannt), die Glocke aber so an dem einen Arme einer gewöhnlichen Wage aufgehängt und durch auf die Wagschale des andern Armes aufgelegte Gewichte ausgeglichen, daſs die beiden Marken am Röhrchen b und Stäbchen c zusammenfallen, so wird jetzt ein kleines Gewichtstück p, das wir von dieser Wagschale wegnehmen, eine um so gröſsere Senkung der Glocke veranlassen und das Röhrchen b um so tiefer in die Flüssigkeit des Gefäſses f eintauchen, je kleiner der Durchmesser des Röhrchens b ist. Die Gestalt und Gröſse des Schwimmers d und des Stäbchens c wird auf die Gröſse dieser Senkung ebenso wenig einen Einfluſs haben als überhaupt die Form des Gefälles f. Die Gröſse dieser Senkung des Röhrchens b in die Flüssigheit wird aber der Einsenkung in das Gefäſs f oder, mit andern Worten, der erfolgten Entfernung der beiden Marken von einander nahezu gleich sein, wenn das Gefäſs f ziemlich weit im Vergleiche zum Röhrchen b ist, da alsdann die Flüssigkeit in f annähernd ihre Höhe beibehält. Da nun aber von dem Gewichte eines in eine Flüssigkeit eintauchenden Körpers nichts wirklich verloren geht, sondern das Gefäſs genau in demselben Maſse schwerer als der eintauchende Körper leichter wird, so ist klar, daſs, wenn wir jetzt die Glocke mittels des Bügels a an einem festen Punkte aufhängen, das Gefäſs f aber mit dem Stäbchen und dem Schwimmer sich frei bewegen lassen, bei der Coincidenz der beiden Marken jetzt ein von der Wagschale e weggenommenes Gewichtsstück p genau dieselbe Verschiebung der beiden Marken von einander hervorrufen wird wie in dem eben betrachteten Falle, und die Gröſse dieser Bewegung hier wie dort (bei derselben Flüssigkeit und nicht zu engem Gefäſse f) von dem Durchmesser des Röhrchens b abhängen wird. Bei den oben angegebenen Dimensionen für das Röhrchen b und das Gefäſs f erlaubt diese Senkwage eine Genauigkeit der Wägungen bis auf 1mg Für die meisten Zwecke aber ist es vorzuziehen, das Röhrchen b etwas dicker (3 bis 4mm) zu nehmen und dasselbe unten an der Spitze durch Ausziehen so viel zu verengen, daſs nur hier eine Reibung des Stahlstäbchens stattfinden, dasselbe aber sonst überall in der Mitte des Röhrchens, die Wandungen desselben nicht berührend, sich frei bewegen kann. Hierbei zeigt sich bei 10mg noch eine deutliche Senkung und die Wage übertrifft dann an Bequemlichkeit der Wägung und des Ablesens sowohl die Tralles'sche, als auch die Fahrenheit'sche und Nicholsonsche Senkwage. Daſs man mit derselben das absolute Gewicht eines Körpers nur mittels doppelter Wägung finden kann, versteht sich von selbst. Das specifische Gewicht von Flüssigkeiten bestimmt man entweder mittels des Piknometers auf der Wagschale e, oder bequemer, indem man den Gewichtsverlust bestimmt, den ein an die Wagschale e an einem feinen Platindrahte aufgehängter massiver Glaskörper beim Einsenken in die zu prüfende Flüssigkeit erleidet. Benutzt man hierzu einen Glaskörper, der so abgeschliffen ist, daſs er genau 10g oder 100g Wasser verdrängt, so erspart man sich jede Rechnung, indem alsdann die nach dem Einsenken des Glaskörpers bis zur Coincidenz der beiden Marken auf die Wagschale zuzulegenden Grammgewichte nach Versetzung des Kommas um 1 bezieh. 2 Stellen ohne weiteres das specifische Gewicht der zu prüfenden Flüssigkeit angeben. Man kann nun auch die Empfindlichkeit dieser Senkwage anstatt von dem Glasröhrchen b von der Dicke des Stäbchens c abhängig und dadurch noch gröſser machen. Es ist zunächst einleuchtend, daſs dies der Fall sein würde, wenn wir das Gefäſs f ganz weglieſsen; allein man wird dann bald finden, daſs sich durch Capillarität fortwährend Flüssigkeit an dem Stäbchen und den Schnüren der Wagschale herunterzieht und ein Wägen zur Unmöglichkeit wird. Dieser Uebelstand wird beseitigt, wenn wir in das Gefäſs f nur so viel Flüssigkeit bringen, daſs dieselbe beim Zusammenfallen der Marken noch 6 bis 10mm von dem untern Ende des Röhrchens b absteht und dafür gesorgt wird, daſs dieser Abstand auch während der Wägungen nicht sehr variiren kann, so daſs sich das Stäbchen stets in einem Zustande gleichmäſsiger Benetzung von oben und unten befindet. Da aber auſserdem noch Erschütterungen zu vermeiden sind und das Auflegen der Gewichte nur behutsam geschehen darf, so ist der Gebrauch der Senkwage in dieser letztgenannten Weise nicht zu empfehlen. Zum weitern Transport der Senkwage zieht man nach Aushängung der Wagschale an dem Stäbchen den Schwimmer so weit nieder, daſs derselbe auf der Wandung der Glocke fest aufliegt und schiebt nun das Gefäſs f so weit an dem Stäbchen aufwärts, daſs der die Glocke schlieſsende Kautschukstopfen zugleich auch das Gefäſs f schlieſst.

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