Titel: | Apparat zum Anreissen von Epicycloïden- und Hypocycloïdenbögen; von Prof. V. Thallmayer. |
Autor: | V. Thallmayer |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 313 |
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Apparat zum Anreiſsen von Epicycloïden- und
Hypocycloïdenbögen; von Prof. V.
Thallmayer.
Mit Abbildungen auf Tafel
22.
Thallmayer's Apparat für Epi- und Hypocycloïden.
Fig. 1 und
2 Taf. 22
veranschaulichen den Apparat in seiner Zusammenstellung zum Anreiſsen von
Epicycloïden bezieh., von Hypocycloïden; durch Versetzen eines Zapfens und
Verschieben einiger Theile kann man mit demselben Apparat je nach Erforderniſs
entweder die eine oder die andere Curve verzeichnen, und zwar für beliebige Grund-
und Wälzungskreise. In den Fig. 1 und 2 sind gleichartige
Bestandtheile mit gleichen Buchstaben bezeichnet.
Dem Entwurf dieses Apparates wurde der Umstand zu Grunde gelegt, daſs ein in einem
Kreise sich bewegender Stift, auf einer unterhalb desselben ebenfalls in Kreisbewegung
befindlichen Unterlagsfläche Cycloïden verzeichnet. In Fig. 1 und 2 ist der an der Schiene
Z befindliche und um einen Verlicalzapfen V sich drehende Stift mit n, die an einem Arme T befindliche und um den
Verticalzapfen V1 sich
drehende Unterlagsfläche mit t bezeichnet. Um den
Zapfen V gegebenen Verhältnissen entsprechend auf die
richtige Entfernung von V1 einstellen zu können, ist V in einen auf
zwei Schienen G verschiebbaren Schlitten S eingesetzt. Die Uebertragung der Drehbewegung vom
Zapfen V1 auf V geschieht mittels zweier Zahnräder M und M1 von gleichem Theilkreishalbmesser, welche durch
zwei in Führungen F sich verschiebende Zahnstangen W und W1 in Bewegung gesetzt werden. Die Zahnstangen werden
in ihren Führungen durch ein Lineal L verschoben,
welches sich um einen Zapfen P dreht und mit einem
Schlitze die auf den Zahnschienen befindlichen Warzen w
und w1 umgreift. Die
Mittellinie dieser Warzen befindet sich senkrecht über dem Theilrisse der
Zahnstangen.
Das Uebersetzungsverhältniſs, nach welchem die Bewegung vom Zapfen V1 auf V übertragen wird, hängt von der Entfernung ab, in
welcher sich der Zapfen P von der Warze w befindet. Um nun die Uebersetzung gegebenen
Verhältnissen entsprechend herstellen zu können, sind die aufrechtstehenden Hülsen
H, welche den Zapfen P
aufnehmen, auf den Schienen G ebenfalls zum Verschieben
eingerichtet. B ist ein Ständer, auf welchem die auch
an ihren Enden unterstützten Schienen aufruhen und befestigt sind. Die Querschienen
U dienen dem Lineale L
als Unterlage und verhindern auch die Uebertragung des Gewichtes des Lineales auf
die Zahnschienen. E sind Schleifschienen für den die
Tafel t tragenden Arm T,
welcher sich auch rückwärts nach D verlängert, um das
Gewicht von T auszugleichen.
Behufs Verzeichnung von Epicycloïden muſs sich der Zapfen P zwischen den zwei Warzen w und w1 befinden (Fig. 1); für
Hypocyloïden aber ist der Zapfen P auſserhalb der
Warzen w und w1 anzuordnen (Fig. 2). Es wird daher
nothwendig, den Zapfen P aus der einen Hülse
herauszunehmen und in die andere einzusetzen. Durch dieses Umsetzen des Zapfens P wird die Drehungsrichtung der Verticalzapfen V und V1 verändert. Der Zapfen P wird mit dem Lineale mittels einer Schraubenmutter und eines
nasenförmigen Ansatzes N verbunden, welch letzterer
zwischen die Oberseite der Hülse H und der Unterseite
des Lineales L zu stehen kommt. Zum Herausnehmen dreht
man den Zapfen P um 90°, damit der Ansatz N den Schlitz des Lineales passiren kann.
Bei der Zusammenstellung Fig. 1 beschreibt der
Stift n der Vorrichtung eine gemeine Epicycloïde, die
zu einem Grundkreise vom Halbmesser R und zu einem
Wälzungskreise vom Halbmesser r gehört, bei der
Zusammenstellung Fig. 2 hingegen eine gemeine Hypocycloïde, die einem Grundkreise vom
Halbmesser R1 und einem
Wälzungskreise vom Halbmesser r1 entspricht. Im ersten Falle steht der Zapfen P von der Warze w in der
Entfernung r, im zweiten Falle dagegen in der
Entfernung r1.
Bei Verzahnungen hat man für die Zahnflanken zu dem Theilkreise eines jeden der Räder
als Grundkreis, den zwei Wälzungs- oder Radkreisen entsprechend, je einen
Epicycloïden- und einen Hypocycloïdenbogen anzureiſsen, was nach dem Vorstehenden
leicht ausgeführt werden kann.
Die Richtigkeit des Apparates läſst sich leicht mit Hilfe der Fig. 3 und 4 Taf. 22
nachweisen, worin die beiden gleich groſsen Zahnräder mit M und M1, die
zwei Zahnschienen mit W und W1 bezeichnet sind. Es ist ferner
Oa=R und O_1a=r. Die Entfernung des
Zapfens P vom Theilkreise des Rades M ist mP=r. Diesen Annahmen
entsprechend, ist dann Pq=R. Bei einer Drehung des Lineales um
den Winkel α dreht sich das Zahnrad M um einen Bogen, dessen Länge
r\,tg\,\alpha ist, das Rad M1 hingegen um einen Bogen, dessen Länge
=R\,tg\,\alpha. Hierbei kommt der auf der Unterlagsfläche
unter dem Stifte befindliche Punkt a nach a1 zu stehen, wobei die
Länge des Bogens aa1,
wenn der Halbmesser der Räder M und M1 mit r1 bezeichnet wird,
sich durch die Formel aa_1=R\ \frac{r\,tg\,\alpha}{r_1} ergibt.
Der Stift selbst gelangt unterdessen nach a2, und es ist die Bogenlänge aa_2=r\
\frac{R\,tg\,\alpha}{r_1}, demnach aa_1=aa_2. Wird
nun der Winkel aOa1 mit
φ bezeichnet, so findet man, nachdem
aa_1=aa_2, für den Winkel aO1
a2 den Werth
\frac{R}{r}\,\varphi. Aus Fig. 3 ist nun unmittelbar
zu entnehmen, wenn Oa2
mit ρ bezeichnet wird:
\varrho^2=(R+r)^2+r^2-2\,(R+r)\,r\,cos\,\frac{R}{r}\,q,
wie dies bei der gemeinen Epicycloïde der Fall ist.
Ebenso ergibt sich unmittelbar aus Fig. 4 die Gleichung
\varrho^2=(R-r)^2+r^2+2\,(R-r)\,r\,cos\,\frac{R}{r}\,\varphi
für die gemeine Hypocycloïde. Der Winkel δ, welchen der
Radiusvector ρ mit der Polarachse Oa1 einschlieſst, läſst
sich aus Fig.
3 und 4 ebenfalls bestimmen, was aber hier wohl unterbleiben kann.
Schlieſslich bedarf es kaum einer besonderen Bemerkung, daſs mit der beschriebenen
Vorrichtung auch verlängerte und verkürzte Epicycloïden und Hypocycolïden gezeichnet
werden können.
Ungarisch-Altenburg, Februar 1878.