Titel: | Zur Schwefelkohlenstoff-Fabrikation in Swoszowice; von Dr. Clemens Winkler. |
Autor: | Clemens Winkler [GND] |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 366 |
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Zur Schwefelkohlenstoff-Fabrikation in
Swoszowice; von Dr. Clemens
Winkler.
Cl. Winkler, zur Schwefelkohlenstoff-Fabrikation in
Swoszowice.
In dem Artikel: „Der Swoszowicer Schwefel und
Schwefelkohlenstoff“ (1878 227 289) macht Arnulf Nawratil erschöpfende Mittheilungen über eine
Fabrikation, die sich im Verlauf weniger Jahre in der erfreulichsten Weise
entwickelt hat und über die bis jetzt nur wenig in die Oeffentlichkeit gedrungen
ist, da Diejenigen, welche derselben näher standen, sich nicht zu einer darauf
bezüglichen Publication berufen fühlten.
Ich muſs jedoch gegen die Nawratil'schen Darlegungen den Vorwurf erheben, daſs dieselben, wenn auch
sachlich richtig, so doch in historischer Beziehung unrichtig sind; denn die Angabe,
daſs Hr. Stanislaus Mrowec die Fabrikation von
Schwefelkohlenstoff in Swoszowice eingeführt und die Gewinnung von Schwefel aus den
dortigen Erzen auf dem Extractionswege in Vorschlag gebracht habe, ist eine falsche;
ich kann dieselbe um so weniger gelten lassen, als sie eine Umgehung meiner Person
in sich schlieſst, welche ich weniger dem VerfasserWie uns Hr. Arnulf Nawratil mittheilt, ist
derselbe in der That an diesem Uebersehen unschuldig, indem ihm weder beim
Besuche der Swoszowicer Werke eine diesbezügliche Mittheilung zu Theil
wurde, noch weniger aber eine solche in dem anlässig der
landwirtschaftlichen Industrieausstellung in Lemberg 1877 von Mrowec verfaſsten schriftlichen Referate über
diese Werke enthalten war.Die Red. des gedachten Artikels, als der
Quelle, aus welcher er schöpfte, zur Last legen will. Es möge mir gestattet sein, im
Nachfolgenden eine Darlegung des thatsächlichen Sachverhaltes zu geben.
Während einer langjährigen Correspondenz mit dem ehemaligen Chef
des österreichischen Berg- und Hüttenwesens, Hrn. Ministerialrath Freiherrn von Beust in Wien, machte ich u.a. den
Vorschlag, in Siebenbürgen die Fabrikation von Schwefelkohlenstoff einzuführen, da
dieser Artikel für jene Fett und Oel producirenden Gegenden möglicherweise von
groſser Bedeutung werden könnte. Dieser Vorschlag gelangte aus mir unbekannten
Gründen nicht zur Ausführung; dagegen kam Ministerialrath Freiherr von Beust bei anderer Gelegenheit auf denselben zurück, indem er
im April 1873 die Anfrage an mich richtete, ob ich bereit sein würde, einen Plan zur Fabrikation von
Schwefelkohlenstoff auf dem k. k. Schwefelwerke Swoszowice bei Krakau zu entwerfen
und die erste Inbetriebsetzung der Anlage zu übernehmen. In Folge gegebener Zusage
erging am 20. Mai 1873 seitens des k. k. österreichischen Ackerbau-Ministeriums an
mich die offizielle Aufforderung, an Ort und Stelle Versuche über die Darstellung
von Schwefelkohlenstoff aus den sogen. Schwefelerzen von Swoszowice zu machen und
mich sodann über die Möglichkeit, wie über die Art eines späteren Groſsbetriebes
gutachtlich auszusprechen. In Folge dessen reiste ich am 8. Juni desselben Jahres
nach Swoszowice, machte mich mit den dortigen Verhältnissen bekannt und begann,
sobald alles Erforderliche beschafft war, die geplanten Versuche.
Da der bei Swoszowice natürlich vorkommende Schwefel in Mergel
eingelagert ist, so erschien die directe Verarbeitung der „Erze“ auf
Schwefelkohlenstoff ihres Wassergehaltes halber unmöglich. Wie vorauszusehen war,
erhielt man beim Durchleiten der aus den Cylindern der gewöhnlichen Abtreibeöfen
entweichenden Schwefeldämpfe durch glühende Holzkohle nur Schwefelwasserstoff, aber
kein Schwefelkohlenstoff. Dagegen gelangte man zu einer sehr befriedigenden
Schwefelkohlenstoff-Ausbeute, wenn man mit dem in groſser Menge vorräthigen
Rohschwefel operirte, wie er nach der alten Swoszowicer Abtreibemethode dargestellt
worden war. Da es sich in erster Linie darum handelte, eine, bessere Verwerthung der
Lagerstätte herbeizuführen, so erschien die Einschlagung dieses Umweges zulässig;
man konnte den Schwefelgehalt des Mergels zunächst auf dem Wege der Destillation,
unter Benutzung des althergebrachten Verfahrens, gewinnen und den erzeugten
Rohschwefel sodann auf den beträchtlich höher im Preise stehenden
Schwefelkohlenstoff verarbeiten. Unter Innehaltung dieses Weges entwickelte sich
denn auch aus den anfänglichen, wohl gelungenen Versuchen eine kleine Fabrikation,
die trotz der unvollkommenen Apparate, welche zu Gebote standen, die Möglichkeit
eines rentablen Groſsbetriebes auſser allen Zweifel stellte. Den lebhaftesten
Antheil an diesen Versuchen nahm der k. k. Bergverwalter Hr. Josef Schmid, jetzt in Przibram, welcher dieselben in der aufopferndsten
Weise unterstützte. Die Werksleitung befand sich zu jener Zeit in den Händen des
Hrn. Oberhüttenverwalters Jgnaz Paul, welcher 1½ Jahre
später in den Ruhestand übertrat.
Obwohl die regellose Vertheilung des Schwefels im Mergel von
Swoszowice die Entnahme einer Durchschnittsprobe aus den zur Verarbeitung
gelangenden Haufwerken nicht wohl möglich macht und man deshalb darauf verzichtet,
diesen Schwefel seinem Vorlaufen und Ausbringen nach in Rechnung zu setzen, so
wuſste man doch aus langjähriger Erfahrung, daſs es auf dem Wege der Destillation
unmöglich sei, den Gesammtschwefelgehalt des Erzes zu gewinnen. Von den 14,5 Proc.
Schwefel, welche im Durchschnitt in den verarbeiteten Erzen enthalten sind, brachte
man 11,0 Proc. aus, arbeitete also mit einem Verluste von etwa 25 Proc. Bei
Untersuchungen, welche ich anstellte, um die Ursache dieses namhaften Verlustes zu
ermitteln, wurde ein Schwefelerz von genau bestimmtem Gehalte von 14,41 Proc.
Schwefel verwendet; die Destillation desselben ergab eine Vertheilung des
Schwefelinhaltes in nachstehender Weise:
Vom Erz
VomSchwefelvorlauf
a) Als reiner Schwefel abdestillirt
11,03 Proc.
76,4 Proc.
b) Als Schwefelwasserstoff
entwichen
2,68 „
18,6 „
c) im Rückstande
0,70 „
5,0 „
Von den im Rückstande vorgefundenen 5 Proc. des Schwefelvorlaufens
waren 1,9 Proc. (entsprechend 0,27 Proc. des Erzes) als Gyps vorhanden gewesen,
somit nur die übrigen 3,1 Proc. dem elementaren Schwefel entnommen und zu
Schwefelcalcium umgebildet worden.
Bei Anwendung der Ergebnisse dieses Versuches auf den Groſsbetrieb
ergab sich das jährliche Vorlaufen und Ausbringen an Schwefel in Swoszowice (unter
Abzug des Gypsgehaltes), wie folgt.
Zur Verarbeitung gelangten:
t
8000t Schwefelerze
mit 14,14 Proc. Gehalt =
1131,20 Schwefel
Hiervon wurden
ausgebracht:
in Form von reinem Schwefel
864,25 "
und gingen
verloren:
in Gestalt von Schwefelwasserstoff
210,40 "
als Schwefelcalcium in den Rückständen
56,55 "
Dieses Ergebniſs, sowie der Umstand, daſs Schwefelerze unter 10
Proc. Gehalt überhaupt nicht mehr mit Vortheil zu verhütten waren, legten mir den
Gedanken nahe, die vorhandenen Schwefelvorräthe, soweit erforderlich, auf
Schwefelkohlenstoff zu verarbeiten und diesen sodann zur Extraction der
schwefelhaltigen Haufwerke zu benutzen. Unter Anwendung geeigneter Apparate muſste
es dann möglich werden, nicht allein den Schwefelgehalt der unter den seitherigen
Verhältnissen verarbeitbaren reichen Erze vollständig zu gewinnen, sondern selbst
jene Massen minderhaltiger Erze mit Vortheil zu extrahiren, welche sich im Laufe der
Zeit zu mächtigen Halden aufgespeichert hatten und in denen das umfängliche Kapital
vieljähriger Gewinnungs- und Förderkosten begraben lag. Es erschien diese
Verarbeitungsmethode um so aussichtsvoller, als die Kosten der
Schwefelkohlenstoff-Darstellung diejenigen der Läuterung des Rohschwefels durch
Umdestilliren nicht erheblich überstiegen, und als der durch die, wenn auch
geringen, so doch unvermeidlichen Schwefelkohlenstoff-Verluste entstehende Ausfall
sicher durch die eintretende Brennmaterial-Ersparniſs gedeckt werden muſste.
Versuche, die in dieser Richtung angestellt wurden, ergaben, daſs der in dem
Swoszowicer Mergel eingelagerte Schwefel mit äuſserster Leichtigkeit, unter
auffallender Wärmebindung und auf das Vollkommenste durch Schwefelkohlenstoff
extrahirt wurde.
Nachdem ich über meine Arbeiten und Vorschläge in Wien zunächst
mündlichen Bericht erstattet hatte, überreichte ich dem österreichischen
Ackerbau-Ministerium am 6. August 1873 ein ausführliches schriftliches Referat und
in Folge dessen ordnete dieses bei der Hüttenverwaltung zu Swoszowice die Erbauung
einer gröſseren Anlage zur Fabrikation von Schwefelkohlenstoff und zur Extraction
des Schwefels an, mit der ausdrücklichen Verfügung, die Entwürfe zu derselben vorher
an mich einzusenden und sich überhaupt in dieser Angelegenheit meines ferneren
Rathes zu bedienen. Demgemäſs trat ich in regen schriftlichen Verkehr mit der Hütten
Verwaltung sowohl, wie namentlich mit Hrn. Bergverwalter Josef Schmid, welchem die Ausführung der erforderlichen Arbeiten speciell
übertragen worden war. Er war es, der eine regelmäſsige, wenn auch noch nicht
ausgedehnte Schwefelkohlenstoff-Fabrikation einrichtete und den Entwurf zu einem
Extractionsapparat lieferte, bei welchem unsere gemeinsamen Erfahrungen verwerthet
waren und der mit jeder Füllung 5000k Erz unter
Anwendung von 2800k Schwefelkohlenstoff zu
extrahiren gestattete.
Dieser Entwurf ist, so vielversprechend und gut durchdacht er war,
niemals zur Ausführung gekommen; denn mit dem Jahre 1874 vollzog sich eine
Veränderung in der Werksverwaltung, und zwar wurde an deren Spitze Hr. Stanislaus Mrowec nach Swoszowice berufen, derselbe,
welcher in dem Nawratil'schen Artikel als Schöpfer der
dortigen Schwefelkohlenstoff-Industrie bezeichnet wird. Daſs Hr. Mrowec solches Verdienst nicht für sich in Anspruch
nehmen kann, dürfte aus dem Vorstehenden zur Genüge hervorgehen, und es bleibt nur
noch hinzuzufügen, daſs derselbe sich im November 1874 auf eine Instructionsreise
nach Deutschland begab, bei dieser im ministeriellen Auftrage auch mich aufsuchte
und mit mir in eingehendster Weise über die Ausführung der nunmehr in groſsem
Maſsstabe anzulegenden Schwefelkohlenstoff-Fabrik und Schwefelextractions-Anstalt
Rücksprache nahm. Im J. 1875 erfolgte dann der Bau und die Inbetriebsetzung unter
ausschlieſslicher Leitung des Oberhütten Verwalters Mrowec, und gleichzeitig führte man für reiche Erze die Dampfsaigerung
ein, woran ich keinen Antheil habe.
Meine Thätigkeit in Swoscowice ist im Laufe der Zeit in weiteren
Kreisen
Zur Statistik der Telegraphen in den Jahren 1875 und 1876
Textabbildung Bd. 228, S. 368a
Deutschland; Oesterreich-Ungarn;
Groſsbritannien; Kaiserthum; Bayern; Württemberg; Oesterreich; Ungarn;
Belgien;Frankreich; Europa;Indisches Amt; Indo-europäisches Amt; Griechenland;
Italien; Einwohner; Oberfläche; qkm; Staats-Aemter; Bahn- und Privat-Aemter;
Semaphoren-Aemter; Summe; Morse-Apparate; Hughes-Apparate; Andere Apparate;
Linienlänge; Drahtlänge; km; Ober- und Unterbeamte; Innere Telegramme;
Internationale Telegramme (abgegangene, angekommene und durchgegangene);
Dienstliche Telegramme; Einnahmen; Ordentliche Ausgaben
Zur Statistik der Telegraphen in den Jahren 1875 und 1876
Textabbildung Bd. 228, S. 368b
Niederlande; Norwegen; Europa;
Indien; Persien; Rumänien; Schweden; Schweiz; Dänemark; Spanien; Portugal;
Ruſsland; Ver. Staaten Amerika Western Union Company; Einwohner; Oberfläche;
qkm; Staats-Aemter; Bahn- und Privat-Aemter; Semaphoren-Aemter; Summe;
Morse-Apparate; Hughes-Apparate; Andere Apparate; Linienlänge; km; Drahtlänge;
Ober- und Unter-Beamte; Innere Telegramme; Internationale Telegramme
(abgegangene, angekommene und durchgegangene); Dienstliche Telegramme;
Einnahmen; Ordentliche Ausgaben
bekannt geworden und es hat deshalb gegründetes
Befremden erregt, daſs derselben in dem übrigens ausführlichen Nawrati'schen Artikel auch nicht mit einem Worte
gedacht worden ist. Dieser Umstand, sowie die vollkommene Ignorirung der Verdienste
des mehrerwähnten Bergverwalters Josef Schmid, zwingen
mich, den eigentlichen Hergang vor die Oeffentlichkeit zu bringen, um so mehr, als
bis jetzt von anderer Seite keine Richtigstellung erfolgt ist, wie ich solche wohl
hätte erwarten können.
Freiberg, April 1878.