Titel: | Ueber Kochgeschirre mit bleihaltiger und solche mit bleifreier Glasur. |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 443 |
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Ueber Kochgeschirre mit bleihaltiger und solche
mit bleifreier Glasur.
(Schluss von S. 341 dieses Bandes.)
Gallus, über Kochgeschirre und ihre Glasur.
Die Fabrikation des Bunzlauer Geschirres in stehenden
Oefen zeigt manche Verschiedenheiten von der besprochenen; dieselben
beziehen sich auf Masse, Glasur und Brennmaterial. Zur Masse dient ein guter
feuerfester Thon, der mit stecknadelkopfgroſsen Sand gemagert ist; die Menge des
letzteren geht bis zu 35 Proc. der Masse. Die Glasur ist eine Lehmglasur, deren Lehm
die früher besprochenen Eigenschaften haben muſs, dem als drei weitere Bestandtheile
Potasche, Soda und Borax hinzutreten. Das Einführen der Soda zur Potasche geschieht
behufs Erzielung einer leichteren Schmelzbarkeit der Glasur; der Borax dient auſser
zu demselben Zweck noch zur Hervorbringung eines schöneren Glanzes. Folgende
vielfach erprobte und angewendete Glasur entspricht allen Anforderungen: 100 Th.
Lehm und eine in Wasser gelöste Mischung von 1 Th. Borax, 1 Th. Potasche und 3 Th.
Soda.
Die Oefen sind mit mehreren Etagen nach dem Principe der Porzellanöfen gebaut mit
directem Flammeneintritt. Das Einfüllen der ganz trocknen, entweder roh oder in
verglühtem Zustande glasirten Geschirre geschieht in sehr feuerfesten Kapseln, deren
Ränder mit einer nicht schmelzenden Substanz, gemahlenem Sande in der Regel,
angepinselt sind. Bei dem Einfüllen ist besonders darauf zu sehen, daſs die Böden
der Geschirre im Feuer nicht die Unebenheiten der Kapselböden annehmen; man erreicht
dies dadurch, daſs man dieselben nicht direct auf den Kapselboden stellt, sondern
sie mit Hilfe ganz kleiner Thonkügelchen, gleichmäſsig vertheilt auf den
Geschirrböden angebracht, von den Kapselböden trennt. Ein mit diesen Thonkügelchen
(feuerfester magerer Thon) versehener Geschirrboden wird sanft auf den Kapselboden
aufgedrückt; die Thonkügelchen nehmen dann die Unebenheiten desselben auf, während
das Geschirr gerade bleibt und sich auch in dem späteren starken Feuer im Boden
nicht verzieht. Weiter ist beim Einfüllen zu bemerken, daſs stets ein genügender
Zwischenraum zwischen je zwei eingefüllten Stücken, sowie auch zwischen diesen und der Kapsel
bleibt (eine Fingerbreite genügt), damit bei dem durch das starke Feuer verursachten
Senken der Kapselböden und dadurch hervorgerufenen Neigen der Geschirre diese sich
nicht so leicht berühren können. Sodann ist das Ausbessern der etwaigen schadhaften
Glasurstellen, sowie das Bepinseln der Geschirrränder mit wohl gemischter Glasur
nicht auſser Acht zu lassen. Da nämlich die Geschirre zumeist in rohem Zustande
glasirt werden, flieſst die ohnehin wenig haftende Glasur bei der Operation des
Glasirens von den Rändern nach unten ab. In sehr starkem Feuer erhält dieselbe
auſserdem noch Neigung zum Flieſsen nach unten, und ist daher zur Vermeidung rauher
Ränder das Bepinseln sehr nöthig.
Wie ersichtlich, liegt in dieser Art des Einfüllens ein sehr bemerkenswerter
Unterschied zwischen der Fabrikationsmethode mit Holz in liegenden Oefen und der mit
Kohlen in stehenden Oefen. Bei der ersteren wird das Geschirr in einzelnen Säulen
frei in den Ofen gestellt; die sich gegenseitig dabei berührenden Geschirrränder
müssen also von ihrer Glasur entblöſst werden, was unmittelbar nach dem Glasiren,
wenn dieselbe noch nicht aufgetrocknet ist, mit Hilfe eines Schwammes geschieht.
Obschon nun diese Ränder gänzlich von Glasur befreit sind, also den nackten Scherben
zeigen und ein rauhes Aussehen haben, so haften in Folge der durch das hohe Feuer
verursachten starken Sinterung der Masse dieselben stets an einander; um sie zu
trennen, ist dann ein leichter Schlag mit Hilfe eines Messers, das zwischen sie
eingezwängt wird, nöthig. Diese Geschirrsorten zeigen also immer die rauhen Ränder
im Gegensatz zu den überall glatten und vollkommenen Geschirren der stehenden
Oefen.
Das Einsetzen der Kapselsäulen im Ofen geschieht wie bei dem Porzellan – mit dem
Unterschiede, daſs hier die einzelnen Kapseln nicht durch aufgelegte Thonstreifen
getrennt werden, da die eisenhaltige Flugasche der Lehmglasur nicht schadet. Sowie
dort, so werden auch hier die Feuerstöſse gegen das Umsinken dadurch geschützt, daſs
man dieselben vom Boden auf 1m hoch mit Kapseln
von doppelter Wandstärke aufführt; das sorgfältige Stützen der einzelnen Säulen
unter einander und gegen die Ofenwandung ist ebenfalls zum Gelingen des Brandes sehr
wesentlich.
Das Brennen erfolgt im Anfang sehr langsam und behutsam und ist mehr ein
vollständiges Austrocknen der im Ofen befindlichen rohen Geschirre zu nennen; man
fährt hiermit fort bis zur dunklen Rothglut, die schon nach wenigen Stunden erreicht
ist, und beginnt nun erst, mehr Kohlen aufzugeben; nach erreichter Weiſsglut
verringert man die Zugabe wieder ein wenig, etwa ein Viertel, und bleibt hierbei bis
zur Vollendung des Brandes, welche bei Orangegelbglut stattfindet. Nach der
erreichten Weiſsglut überzeugt man sich von dem Stande der Hitze in den
verschiedenen Ofenseiten durch Probetassen, die dem Ofen entnommen werden. Zeigen diese
ein durchweg glatt geschmolzenes Aeuſsere mit hellen Partien, von den dünneren
Glasurlagen herrührend, so ist der Brand beendet. Es werden hierauf alle Oeffnungen
der Feuerungen sehr sorgfältig vermauert und verstrichen; bei den Rostöffnungen
erreicht man diesen Zweck dadurch, daſs man schon 3 bis 4 Stunden vor beendetem
Brande die Schlackenschicht nicht mehr durchbricht, bezieh. entfernt, sondern sie
auf der ganzen Rostfläche sich ausbreiten läſst. Die auf dieser Schlackenschicht
lagernde Kohlenasche dient dann ebenfalls noch zum Abschlieſsen der Luft. In diesem
Zustande bleibt der Ofeninhalt bei der sehr hohen Temperatur längere Zeit und kühlt
nur ganz allmälig ab; dieses stufenweise Abkühlen ist sehr wesentlich für das
Gelingen der Brände. Um dies klar zu machen, müssen wir den Vorgang des
Einschmelzens der Glasur etwas näher betrachten, d.h. diejenigen Veränderungen, die
dieselbe bis zum Beendigen des Brandes durchmachte.
Vor allem ist festzuhalten, daſs die Kohlenflamme wie bei den meisten keramischen
Bränden so auch hier reducirend wirkt. Das ursprünglich im Lehm vorhandene Eisenoxyd
wird also von Beginn der Schmelzung der Glasur an, vielmehr schon bei anfangender
Sinterung derselben, nicht mehr als solches, sondern als Oxydul vorhanden sein, wie
ein bei Weiſsglut, der Temperatur der angehenden Schmelzung der Glasur, dem Ofen
entnommenes Stück zeigt. In diesem Stadium zeigt sich die Glasur noch runzelig,
rauh, mit beginnendem Glanz und voll gelbrother Eisenoxydpünktchen, dabei schwarz
mit einem Stich ins Röthliche. Bei fortschreitender Hitze und Flüssigwerden zeigt
sie ein gleichmäſsiges rabenschwarzes Aussehen, die rothen Punkte sind verschwunden
oder sind dem Verschwinden nahe, die Glasur hat ihre frühere Opacität verloren und
fängt an, obschon tief schwarz gefärbt, völlig durchsichtig zu werden. Letzteres
beobachtet man leicht an den dünnen Glasurlagen, bei denen man mit Leichtigkeit
durch die dünne schwarze Glasur den grauweiſsen Scherben sehen kann; in dicken Lagen
ist ein solches Bemerken des Scherbens wegen der sehr tiefschwarzen Farbe nicht gut
möglich.
Bei weiterem Fortschreiten der Temperatur und beständigem Einwirken der reducirenden
Flammen – dieses Stadium der Hitze ist die Orangeglut und die Ausbrennhitze des
Ofens – wird die Glasur in den dünnen Lagen, die bei ausgesprochener Weiſsglut
schwarz transparent waren, farblos, während dieselbe in den dickeren Lagen noch
schwarz bleibt, jedoch so schwach gefärbt, daſs man mit Bequemlichkeit durch
dieselbe den grauweiſsen Scherben sehen kann. Geht man nun noch, was jedoch nie
bezweckt werden kann, noch höher mit der Temperatur, so tritt schlieſslich die
Glasur in allen Theilen in den Zustand der völligen Farblosigkeit, und man hat die
sehr seltsame Erscheinung, daſs eine ursprünglich (d.h. bei Weiſsglut) rothbraune,
völlig undurchsichtige Glasur ganz durchsichtig und ganz farblos dem Ofen entnommen wird. Bei dieser
höchsten Temperatur sinken die aus den besten Materialien hergestellten Kapselstöſse
um und legen sich zu Boden; es kann daher das Auftreten der letztgenannten
Erscheinung bei regelrechtem Brande nicht vorkommen und sich höchstens bei
ungleichmäſsigem Ausbrennen local zeigen.
Die fortschreitende Veränderung der Glasur mit fortschreitender Hitze erklärt sich
leicht aus der Einwirkung der reducirenden Flamme und des Kalkgehaltes des
Glasurlehms. Die reducirende Flamme bewirkt die Umänderung des Eisenoxydes in
Oxydul, der Kalkgehalt die Erzeugung der völligen Farblosigkeit. Grade über
letzteren Punkt bringt die keramische Literatur ziemlich viel Versuche und
Beobachtungen und werden die Resultate derselben durch den hier vorliegenden
besprochenen Fall glänzend bestätigt. In dem Vorhergehenden ist also gesagt, daſs
man während des Brandes des Ofens demselben sattschwarze opake, sattschwarze
transparente und farblose transparente Glasuren entnehmen kann, und kann man
einigermaſsen mit Recht sagen, daſs alles dieses kein Bunzlauer Geschirr sei, da ja
demselben die so beliebte siegellackrothe Farbe des Bunzlauer Geschirres gänzlich
abgeht. Man sagt dies auch mit Recht, da die während des Brandes dem Ofen
entnommenen Stücke in der That kein Bunzlauer Geschirr repräsentiren. Selbstredend
zeigen diese Stücke genau den Zustand, d.h. Farbe der Glasur im Ofen an, da
dieselben, aus den verschiedensten Ofentheilen entnommen, stets nur schwarze,
bezieh. farblose transparente Glasuren zeigen. Und trotzdem ist das Resultat des
Brandes, vorausgesetzt, daſs bis zum völligen Fluſs der Glasur geschmolzen und dafür
gesorgt wird, daſs der Ofeninhalt nur ganz allmälig abkühlen kann, ein Bunzlauer
Geschirr von angenehm rother, ins Braune spielender Farbe mit opaker Glasur. Es muſs
daher mit der schwarzen, bezieh. farblosen, stets transparenten Ofenglasur eine
Veränderung vorgegangen sein. Es findet ein Zurückschreiten der Zusammensetzung der
Glasur, die durch den Einfluſs der reducirenden Flamme entstanden ist, im Sinn und
nach ihrer ursprünglichen Zusammensetzung hin statt, d.h. die hellen farblosen
Stellen werden schwarz transparent, die transparent schwarzgefärbten nehmen wieder
bei Beibehaltung ihrer sattschwarzen Farbe die ursprüngliche Undurchsichtigkeit an.
Gleichzeitig bedeckt sich die geschmolzene Glasur mit einem glänzenden,
siegellackrothen, opaken Ueberzug, der das ganze Geschirr überzieht. Derselbe ist
eine Oberflächendecke, die nicht ins Innere der Glasurschicht geht; die letztere
besteht demnach aus zwei besonderen Schichtungen, der auf dem Scherben aufliegenden
transparent schwarzen bezieh. opakschwarzen und der rothen Oberflächenschicht. Sie
bedeckt die darunter liegende Glasur in einer völlig zusammenhängenden Lage, falls
die Ausbrennhitze des Ofens bis zum Punkte der angehenden Farblosigkeit der Glasur getrieben wurde, und
in einer unzusammenhängenden Schicht, falls die Temperatur blos bis zur Erreichung
der sattschwarzen transparenten Glasur gelangt war. In letzterem Falle zeigen sich
je nach dem Grade der entwickelten Hitze, d.h. je nach dem gröſseren oder geringeren
Ausgeschmolzensein, alle nur denkbaren unregelmäſsig gestalteten Figuren bildenden
Punkte, die dem Geschirr je nach ihrer Menge ein schwarzrothes bis rothbraunes
Aussehen geben. Ist die Temperatur jedoch blos bis zur Sinterung der Glasur, bezieh.
angehender Schmelzung gestiegen, so bleibt dieselbe opakschwarz. Da nun ein und
derselbe Brand nie so gleichmäſsig sich zeigt, wie gewünscht, so treten aus
demselben die verschiedenen erwähnten Farben, und hat man also grade in dieser
Farbenverschiedenheit das beste Beobachtungsmittel für die stärkeren und schwächeren
Feuerstellen des Ofens.
Vorstehende Glasurveränderungen treten nur auf, wenn bei genügender Ausbrennhitze dem
Ofeninhalt die längstmögliche Abkühlungszeit gegeben worden ist, wenn also alle
Oeffnungen so sorgfältig, als nur immer möglich, geschlossen gehalten werden. Ist
dies aber nicht der Fall, läſst man den Ofen rasch abkühlen, so resultirt ein
schwarzes Geschirr unter allen Umständen. Diese Erscheinung liefert die Erklärung zu
der Verschiedenheit der Ofenglasur und der bei langsamer Abkühlung erstarrten
Glasur. Hierbei bleibt die Ofenglasur längere Zeit in flüssigem Zustande; das
schwarze Eisenoxydulsilicat verwandelt sich unter dem Einfluſs der oxydirenden Luft,
die nach dem Ausbrennen die reducirenden Gase im Ofen ersetzt, in rothes
Eisenoxydsilicat; es tritt also das erwähnte Rückschreiten der Glasurzusammensetzung
ein. Bei dem raschen Abkühlen jedoch kann diese Veränderung nicht eintreten, weil
die Glasur zu plötzlich in den festen Zustand übergeführt wird, bei dem jegliche
Reaction der oxydirenden Luft aufhört. Ist die angewendete Glasur recht basenreich,
so tritt diese Veränderung während der Abkühlung vollkommen ein; hiernach erklärt
sich, daſs der Zusatz der Potasche zum Lehm zum erhöhten Auftreten des Oxydsilicates
wesentlich beiträgt, und daſs man dunkel einschmelzende Lehme durch erhöhten
Potaschezusatz zu einer hübsch rothen Glasurdecke bringen kann.
Die hohe, zum glatten Ausschmelzen der Lehmpotascheglasur des Bunzlauer Geschirres
erforderliche Hitze, die damit im Fabrikbetriebe verbundenen Uebelstände, sowie die
durch das starke Sintern des Scherbens beeinträchtigte Kochfeuerfestigkeit derselben
haben Gallus veranlaſst, eine Reihe von Versuchen
anzustellen, die zum Zwecke hatten, ein dem Bunzlauer Geschirr ähnelndes Fabrikat
herzustellen, welches obige Uebelstände nicht hätte. Durch die Bedingung des
Ausschlusses von Blei aus der Glasur waren dieselben einigermaſsen beschränkt; doch
hat sich unter allen Versuchsglasuren eine herausgestellt, die in bedeutend niederer Hitze
als die Lehmpotascheglasur einschmilzt und ein wasserglattes, metallglänzendes
Aussehen hat. Sie schmilzt mit Leichtigkeit in den starken Feuerstellen der
Steingutöfen und besteht aus 1 Th. Glasurlehm und 2 Th. Wasserglas von gewöhnlicher
käuflicher Concentration. Wegen ihrer leichten Schmelzbarkeit geräth sie ins Kochen
und Blasenwerfen in den starken Feuerstellen der Bunzlauer Geschirröfen.
Zum Schlüsse sei noch eine Specialität der Bunzlauer Geschirre erwähnt, nämlich
diejenige, die innen weiſs und auſsen rothbraun ist, also ein sehr reines und
angenehmes Aussehen hat. Sie wird auf die Art hergestellt, daſs die lederharten
Stücke innen durch Ausgieſsen mit einer dünnen Schicht überzogen werden; zu diesem
Anguſs kann eine jede gute Porzellanmasse dienen; die folgende eignet sich jedoch zu
diesem Zwecke in ganz vorzüglicher Weise: 24 Th. Kaolin, 10 Th. Quarz, 45 Th.
Feldspath und 21 Th. Porzellanscherben. Die mit dieser Mischung innen ausgegossenen
Gegenstände werden verglüht und hierauf innen mit einer der unten folgenden Glasuren
ausgegossen, auſsen aber mit der Lehmpotascheglasur glasirt.
A)
16
Th.
Feldspath
B)
15
Th.
Feldspath
4
„
Quarz
10
„
Quarz
8
„
Kalk
3
„
Kalk
2
„
Porzellanscherben.
4
„
Porzellanscherben.
Beide Glasuren stehen auf obiger Masse gleich gut; Glasur A
schmilzt wasserflüssig durchsichtig, den Scherben stark benetzend, während Glasur B
mehr eine körperlich dickflüssig einschmelzende Glasur ist Sie schmelzen beide ohne
Haarrisse ein, stehen ebenfalls ohne Haarrisse und glanzvoll glatt, auch ohne
weiſsen Masseanguſs, auf dem verglühten Scherben des Bunzlauer Geschirres. Durch
Mischen beider kann mit Bequemlichkeit eine jeder Temperatur entsprechende Glasur
zusammengesetzt werden.