Titel: | Zur Bestimmung der salpetrigen Säure und der Salpetersäure. |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 447 |
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Zur Bestimmung der salpetrigen Säure und der
Salpetersäure.
Mit einer Abbildung.
Lunge, Bestimmung der salpetrigen Säure und der
Salpetersäure.
Wie bereits (1878 228 70) erwähnt, hat G. Lunge sich bei
seinen neuesten Versuchen zur Bestimmung der Stickstoffsäuren in der Nitrose eines
sogen. Nitrometers bedient. Nach der jetzt in den Berichten der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1878 S. 434
vorliegenden Beschreibung benutzt Verfasser die von John
Watts angegebenen und von Davis in den Chemical News, 1878 Bd. 37 S. 45 veröffentlichte
Methode, welche darauf beruht, daſs die betreffende Schwefelsäure in ein graduirtes,
mit Quecksilber
gefülltes und in einer Quecksilberwanne stehendes Rohr eingeführt und darin mit dem
Quecksilber geschüttelt wird, welches in ganz kurzer Zeit alle Stickstoffsäuren zu
Stickoxyd (NO) reducirt. Man bringt das Quecksilber innen im Rohre durch Eintauchen
desselben in eine Vertiefung der Wanne auf gleiches Niveau mit dem äuſseren Spiegel
und liest das Volum des Stickoxydes ab, welches man dann auf salpetrige Säure oder
Salpetersäure berechnet.
Textabbildung Bd. 228, S. 448Lunge hat nun einen Apparat construirt, der
keine Wanne enthält und nur unbedeutend mehr Quecksilber braucht, als zur Füllung
der Röhre selbst erforderlich ist (etwa 850g), bei
welchem man nicht mit dem Quecksilber selbst in Berührung kommt und der eine
äuſserst leichte Reinigung nach jedem Versuche gestattet. Dieser „Nitrometer“
genannte Apparat sieht der von Bunte (* 1878 227 167)
modificirten Rault'schen Gasburette ähnlich. Sein
Haupttheil ist ein in 0cc,2 getheiltes, etwas über
50cc fassendes Rohr a, welches zur Bequemlichkeit des Aufhängens in seinem Stative in seiner
unteren Hälfte etwas verengt ist. Unten ist dasselbe spitz ausgezogen; oben endigt
es in einen Trichter, welcher mit dem Innern des Rohres durch einen Winkler'schen Hahn communicirt. An den Hahnschlüssel
ist dann noch ein Kautschukrohr mit Schrauben-Quetschhalm und ein kurzes Glasrohr
angesetzt. Die Theilung des Mesſrohres beginnt von dem Hahn selbst an und geht von
oben nach unten. Das Messrohr a sitzt in einer Klammer,
welche man durch eine Feder augenblicklich öffnen und somit das Rohr ausheben kann.
Eine andere an demselben Stative gleitende Klammer trägt ein einfaches
cylindrisches, unten verjüngtes Glasrohr b von gleichem
Inhalte und nahezu gleichem Durchmesser wie das Meſsrohr; die unteren Enden beider
Röhren sind durch einen starkwandigen Kautschukschlauch verbunden.
Das Rohr b ist in seiner Klammer
mit Reibung auf und nieder zu verschieben. Um nun den Apparat zu gebrauchen, stellt man b so, daſs sein unteres Ende etwas höher als der Hahn
von a steht, und gieſst bei offenem Hahne Quecksilber
durch b ein, bis es eben in den Trichter von a eingedrungen ist; da es nun unten in a einflieſst, wird es sich natürlich ohne Luftblasen an
dessen Wände anlegen. Man schlieſst dann den Hahn, läſst das im Trichter stehende
Quecksilber durch die seitliche Bohrung des Hahnes abflieſsen, stellt b tiefer und läſst nun die zu prüfende Säure in den
Trichter laufen, wobei man eine feine Pipette anwenden muſs; natürlich muſs man
vorher eine Idee davon haben, ob nicht so viel Stickoxyd sich entwickeln wird, daſs
das Rohr a dafür gar nicht ausreicht, und wird die
Menge der Säure danach einrichten müssen. Durch vorsichtiges Oeffnen des Hahnes kann
man die Säure in a einlaufen lassen, ohne Luft
mitzureiſsen; man spült in ähnlicher Weise den Trichter zweimal mit concentrirter
reiner Schwefelsäure nach. Es ist nicht räthlich, mehr als 8 bis 10cc Säure in dem Apparate zu haben; viel besser ist
es, wenn man weniger (z.B. 4 bis 5cc) im Ganzen
anwendet; jedenfalls aber muſs ein Ueberschuſs von starker Schwefelsäure vorhanden
sein, wenn die Reaction gelingen soll. Man nimmt nun das Rohr a durch Oeffnen der Federklammer heraus und schüttelt
es gut durch. Die Gasentwicklung beginnt bei salpetriger Säure sofort unter
violetter Färbung der Säure, bei Salpetersäure erst nach einigem Schütteln. Nach 1
bis 2 Minuten langem Schütteln (5 Minuten sind sehr selten nöthig) ist die Reaction
beendigt. Bisweilen, namentlich wenn man ein neues oder frisch gereinigtes
Instrument anwendet, dauert es Stunden lang, ehe die Säure sich klärt und der Schaum
sich absetzt, meist aber geht dies in sehr kurzer Zeit vor sich; ohnehin muſs man
doch zur Temperaturausgleichung etwas Zeit lassen. Man stellt nun durch Verschieben
von b das Quecksilber in diesem Rohre so, daſs es um so
viel höher als dasjenige in a ist, als der
Schwefelsäure entspricht, also für etwa 7mm
Säurehöhe je 1mm Quecksilberhöhe; oder aber man
stellt das Quecksilber in beiden Röhren ganz gleich und subtrahirt die der
Säureschicht entsprechende Quecksilberhöhe von dem Barometerstande. Das Volum des
Stickoxydes läſst sich leicht bis auf 0cc,05
ablesen; es wird nach den Bunsen'schen Tabellen auf 0°
und 760mm Druck reducirt und daraus nun der Gehalt
der Säure berechnet. Je 1cc bei 0° und 760mm gemessenen Stickoxydes entspricht 1mg,343 NO, oder 1mg,701 N2O3, oder 2mg,417 N2O5. Es ist
natürlich auf diesem Wege nicht möglich, die salpetrige Säure neben der
Salpetersäure zu bestimmen, sondern beide werden immer zusammen erhalten.
Nach Beendigung der Ablesung stellt man b wieder höher,
öffnet den Hahn von a und treibt dadurch erst das
Stickoxyd und dann die Säure, welche durch Quecksilbersulfat getrübt ist, in den
Trichter. Wenn das Quecksilber ebenfalls in diesen einzutreten anfängt, schlieſst
man den Hahn, läſst
die Säure aus dessen achsialer Bohrung nach Oeffnung des Quetschhahnes ab und ist
nun sofort für eine neue Analyse gerüstet. Vorher schlieſst man den Quetschhahn
wieder, damit keine neue Säure in das Seitenrohr läuft; übrigens kann man leicht den
Hahnschlüssel so drehen, daſs der Trichter während des Einfüllens neuer Säure weder
mit dem Rohre a, noch mit der achsialen Ausfluſsöffnung
communicirt.