Titel: | Heizung der Eisenbahnwagen der französischen Ostbahn. |
Autor: | L. P. |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 496 |
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Heizung der Eisenbahnwagen der französischen
Ostbahn.
Regray's Heizung von Eisenbahnwagen.
Auſser der in D. p. J. *1878 227 357 beschriebenen
Warmwasserheizung für Eisenbahnwagen verdient noch eine andere auf der französischen
Ostbahn für die Heizung der Wagen getroffene Einrichtung erwähnt zu werden, welche
ebenfalls von dem Betriebs-Oberingenieur dieser Bahn, L. Regray,
eingeführt worden ist.
Wie schon a. a. O. bemerkt wurde, entspricht den Gewohnheiten der Franzosen, sowie
den klimatischen Verhältnissen Frankreichs erfahrungsmäſsig die Wagenheizung mittels
warmen Wassers am besten. Die Mängel bezieh. Gefahren der oben angeführten
Warmwasserheizung sind nun dadurch vermieden, daſs Regray statt der im Fuſsboden jedes Coupées zwischen den Sitzen
angebrachten, von heiſsem Wasser durchströmten festen Wärmflaschen, jedes Coupée an
passender Stelle mit zwei wegnehmbaren Wärmflaschen versehen läſst, die nach
gewisser Zeit durch andere ersetzt werden. Die aus 1mm,5 starkem, verzinntem Eisenblech hergestellten Wärmflaschen haben eine
Länge von 910mm, einen ovalen Querschnitt von
200mm Breite und 78mm Höhe und fassen 10l Wasser. Das Gewicht einer leeren Wärmflasche beträgt ungefähr 7k,7 und ihr Herstellungspreis 14,40 M. (18
Franken). Behufs Füllung der Flaschen befindet sich in der Mitte der einen Stirnwand
eine Oeffnung, welche mittels einer Schraube wasserdicht verschlossen werden kann.
Um die erforderliche Erwärmung der Coupées während einiger Stunden zu bewirken, muſs
der Wasserinhalt der Flaschen eine Temperatur von 90 bis 100° besitzen, wenn die
Flaschen in die Wagen eingeschoben werden, und es muſs das Auswechseln der
abgekühlten Flaschen gegen wiedererwärmte rasch und so viel als möglich ohne
Belästigung des reisenden Publicums bewirkt werden können.
Von Regray ist nun zur Erwärmung und Auswechslung der
beschriebenen Wärmflaschen seit dem Winter 1877 auf den Stationen Paris, Reims und
Chaumont der französischen Ostbahn folgende Einrichtung getroffen worden, welche den
oben genannten Bedingungen bisher vollständig entsprochen hat. In unmittelbarer Nähe
des Perrons befindet sich innerhalb eines kleinen Gebäudes von 8 × 7m Grundfläche eine gemauerte Cysterne von 4m,600 Tiefe und 1m,350 × 1m,100 Querschnitt, deren
Wasserfüllung durch in der Nähe des Bodens eingeleiteten Dampf auf einer constanten
Temperatur von 100° erhalten wird; das verdunstende Wasser wird durch den
condensirenden Dampf ersetzt, während der Ueberschuſs durch ein Ablaufrohr
hinwegflieſst, so daſs die Wassertiefe stets etwa 4m,200 beträgt. Oberhalb der Cysterne und in der Nähe der Sohle derselben
sind je 2 Kettenräder gelagert, über welche 2 Galle'sche Ketten laufen, die zwischen sich 38 aus Bandeisen zusammengenietete
kännchenförmige, zur Aufnahme der Wärmflaschen bestimmte Rahmen tragen; die
Entfernung je zweier derartiger Rahmen beträgt 320mm, der Abstand der einander parallel laufenden Gänschen Ketten 1m,100. Durch Zahnräder und
Riemenscheiben-Uebertragung wird mittels einer kleinen 2e-Dampfmaschine das obere Kettenscheibenpaar in langsame Drehung versetzt
und das eben beschriebene Paternosterwerk derart durch das heiſse Wasserbad
hindurchgezogen, daſs jedes Kännchen desselben, bezieh. jede in solchem Kännchen
befindliche Wärmflasche etwa 5 Minuten unter Wasser bleibt. Erfahrungsmäſsig genügt dieser
Zeitraum, um den Wasserinhalt der abgekühlten Wärmflaschen auf etwa 90° zu erwärmen.
Die Bedienung des Paternosterwerkes geschieht durch 2 Arbeiter, deren einer die
kalten Wärmflaschen in die Kännchen einlegt, während der andere die erwärmten in
Empfang nimmt und auf einen dreirädrigen kleinen eisernen Karren ladet, mittels
welchen ein dritter Arbeiter dieselben vor die am Perron haltenden Eisenbahnwagen
führt, um sie dort gegen die abgekühlten Wärmflaschen auszuwechseln.
An dem einen Lagerbock der oberen Kettenräder des Paternosterwerkes sind
Führungsleisten angebracht, durch welche einerseits das gerade 900mm über Fuſsboden befindliche, abwärts gehende
Kännchen nach auswärts so geneigt wird, daſs ein bequemes Einlegen der Wärmflasche
erfolgen kann, während das geradeüber liegende Kännchen so weit umgekippt wird, daſs
die in ihm befindliche, aus dem Wasserbade kommende Wärmflasche auf eine davor
angebrachte, schräg geneigte Tischplatte geschüttet wird; hierbei gleitet dieselbe
durch zwei breite Bürsten hindurch, welche das anhängende Wasser zum groſsen Theil
entfernen.
Bei voller Ladung faſst das Paternosterwerk 34 Wärmflaschen, von denen 24 bis 26
gleichzeitig im Wasserbade befindlich sind; da, wie oben erwähnt, die Zeit des
Durchganges einer Flasche durch das Wasserbad etwa 5 Minuten beträgt, so wird alle
12 Secunden eine auf 90° erwärmte Flasche auf den Empfangstisch abgegeben. Die
Wärmflaschen werden im Herbst mit Wasser gefüllt, gut verschlossen und erst nach
Beendigung der Heizperiode, im Frühjahr, wieder entleert.
Im vergangenen Winter waren auf der französischen Ostbahn mehr als
11000 derartiger Wärmflaschen im Gebrauch und betrug beispielsweise die Zahl der vom
8. März bis 15. Mai 1877 auf die oben beschriebene Weise wiedererwärmten Flaschen
1060000.
Die Herstellungskosten einer solchen Heizstation belaufen sich
abgesehen derjenigen des kleinen Gebäudes auf 14160 M., nämlich für die gemauerte
Cysterne 2640 M., das Paternosterwerk 2600 M., der Dampfkessel von 40qm Heizfläche, die Dampfpumpe und Betriebsmaschine
und die Rohrleitung 8920 M.
Die Betriebskosten betragen für die Wärmflasche durchschnittlich
1,92 Pf.
Eine ausführliche Beschreibung und Zeichnung der Anlage findet
sich in L. Regray: Le chauffage des voitures etc. S. 352
bis 356 Taf. 31; ferner im Auszuge in dem Bulletin de la
Société d'Encouragement, 1877 Bd. 4 S. 489 und der
Revue universelle de mines, 1878 Bd.
3 S. 235.
L.
P.