Titel: | Elektrisches Licht der Maschine Lontin. |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 513 |
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Elektrisches Licht der Maschine
Lontin.
Mit Abbildungen auf Tafel
37.
Lontin's elektrische Maschine.
Eine der neuesten und interessantesten Anwendungen der Beleuchtung durch Elektricität
ist die vom groſsen Personenbahnhof Paris-Lyon-Méditerrannée in Paris (vgl. 1878 227
100). Hier vertheilen 24 Lampen bereits seit mehreren Wochen zur vollen Befriedigung
ein sehr gleichmäſsiges Licht über die Personen-Einsteig- und Aussteighalle, sowie
über sämmtliche andere Räume des Expeditionsdienstes. Die elektrische Maschine ist
von Dieudonné F. J. Lontin in Paris construirt und i.
J. 1875 und 1876 in England patentirt. Sie sollte nicht eher in die Oeffentlichkeit
treten, bis sie vollständig befriedigende Resultate lieferte. Das Zittern des
Lichtes ist durch einen verbesserten Regulator an der Lampe vollständig beseitigt,
und es brennt die Flamme so ruhig, wie bei einem gewöhnlichen Oelbrenner. Matte
Gläser schützen vor dem Blenden des Lichtes.
Die Maschine des genannten Pariser Bahnhofes braucht 20e, um 3000 Carcelflammen zu liefern; sie macht 325 Umdrehungen in der
Minute. Der elektrische Strom vertheilt sich in 12 einzelne Ströme, von denen jeder
3 bis 4 Lampen versorgen kann. Die Elektroden verzehren stündlich für 8 Pf. Kohle
für jede Lampe. Die ganze Anlage hat ungefähr 32000 M. gekostet.
Die Maschine, welche jener von Weston (*1877 223 546)
ähnelt, liefert Wechselströme, was sehr vortheilhaft ist, da sich die Kohlen dann
gleichmäſsig abnutzen und immer zuspitzen, während bei Maschinen mit Strömen in
einer Richtung nur eine Kohle zugespitzt ist. Die Maschine besteht aus 2 Theilen,
der inneren Trommel und dem äuſseren Kranz. Die Trommel bildet den inducirenden, der
Kranz den inducirten Theil. Die innere Trommel hat die Form eines Sternes oder
Zahnrades aus weichem Eisen. Um die Zähne A (Fig. 9 Taf. 37)
ist ein einen einzigen Stromkreis bildender Kupferdraht gewickelt, aber abwechselnd
in verschiedener Richtung, so daſs auch abwechselnd die auf einander folgenden Zähne
verschiedene Pole N und S nach dem Kranze hinkehren, wenn ein Strom durch den
Kupferdraht geht. Durch den Kupferdraht, der die Zähne umhüllt, wird ein constanter
Strom von gleicher Richtung geschickt mittels einer sehr einfach construirten
Hilfsmaschine.
Die Enden des Kupferdrahtes münden an zwei Frictionsringen, welche auf beiden Seiten
der Trommel, aber vollständig isolirt gegen einander angebracht sind; die Leitungen
der Hilfsmaschine enden in Bürsten b, b, welche den
Strom den Frictionsringen zuführen. Den Stromkreis, welchen die Umwicklungen der
Zähne der Trommel bilden, kann man in mehrere Theile theilen, um ihn der verfügbaren Hilfsmaschine
entsprechend anzuordnen.
Jedem Zahn A der inducirenden Trommel steht radial ein
Zahn B des inducirten Kranzes gegenüber, jedoch so,
daſs keine Berührung stattfindet. Dreht sich die Trommel, so wird vor jedem Zahn des
festliegenden Kranzes abwechselnd ein Nordpol und ein Südpol vorbei geführt; also
ändert sich in jedem Zahne des Kranzes die Polarisation jeden Augenblick und in
Folge dessen auch die Richtung des Stromes, welcher in dem den Zahn umgebenden
Drahte erzeugt wird.
Die Drähte, welche die inducirten Zähne B umhüllen,
enden auf einer Seite im Manipulator M und auf der
anderen in Knöpfen K, wo die Rückleitung mündet. Der
Manipulator besteht aus so viel Theilen, als die Maschine Ströme für eine
Lampengruppe liefern kann, was von der Anzahl der Zähne abhängt. Jeder
Manipulatortheil hat zwei Knöpfe C, C'; in den einen
mündet der Draht der Elektricitätsquelle, im andern der Draht des Regulators. Der
Manipulator öffnet oder schlieſst diese Ströme einzeln, so daſs man nach Belieben
eine Anzahl Lampen auslöschen kann. Man kann auch die einzelnen Theile des
Manipulators mit einander verbinden, um die Ströme in den einzelnen Lampen zu
vervielfachen. Der Regulator, der an den Lampen angebracht ist., wirkt in jeder Lage
gleich gut; dies ist von groſser Wichtigkeit bei der Anwendung auf Schiffen. Bei den
gewöhnlichen Regulatoren werden die Kohlenspitzen durch Elektromagnete in genügender
Entfernung von einander gehalten. Die Elektromagnete vermehren aber durch ihre
Einschaltung in den Stromkreis den Widerstand und verschlingen so eine nicht
unbedeutende Elektricitätsmenge. Diese Elektromagnete sind im Lontin'schen Apparate einfach durch Metalldrähte
ersetzt, die sich bei Erhitzung durch den durchgehenden Strom ausdehnen. Die Lampe
brennt so vollständig regelmäſsig und ohne jedes Zittern. Der Apparat, der während
der Verbrennung die Kohlenspitzen einander allmälig nähert, ist auch höchst einfach.
Die Hauptleitung steht mit einem kleinen Solenoïd aus sehr dünnem Draht in
Verbindung. Ein Theil des Stromes geht erst dann durch diesen dünnen Draht, wenn die
Kohlenspitzen zu weit aus einander sind, also der Widerstand in der Hauptleitung
wächst; dann bewirkt eine sehr bewegliche Eisenstange im Innern des Solenoïds die
Auslösung des Motors, welcher die Kohlenspitzen annähern soll; sowie der Strom nicht
mehr durch das Solenoïd flieſst, löst das Eisen den Motor wieder ein.
Die Hilfsmaschine, welche den constanten Strom in den inducirenden Rollen erzeugt,
besteht aus einem gewöhnlichen Elektromagnete, zwischen dessen Polen P, P (Fig. 10 Taf. 37) sich
eine Trommel mit Zähnen aus weichem Eisen befindet. Die Zähne sind von Drahtrollen
umgeben und deren Enden so mit einander verbunden, daſs man einen einzigen
geschlossenen Stromkreis erhält. Die Ströme werden aus den Rollen zur Achse geleitet, von wo aus sie
mittels Bürsten und Drähten dd abgeführt werden. Dreht
man nun die Trommel in der Ebene der Elektromagnetkerne, so erzeugt der permanente
Magnetismus des Elektromagnetes zuerst sehr schwache Ströme in den Rollen. Diese
Ströme werden durch die Abführungsdrähte d zum
Elektromagneten zurückgeführt und dadurch die Ströme in den Rollen immer stärker.
Man erlangt so einen constanten elektrischen Strom, welcher der vorherbeschriebenen
Hauptmaschine zugeleitet wird. Man kann diese Hilfsmaschine auch sehr bequem als
elektrodynamische Maschine für sich allein benutzen.
Die Einrichtung auf dem Pariser Bahnhofe ist eine sehr bequeme; beide Maschinen sind
auf derselben Achse in geringer Entfernung neben einander gekuppelt, drehen sich
also mit derselben Winkelgeschwindigkeit. (Nach der Eisenbahn, 1877 S. 137.)