Titel: | Ueber polychromen Lichtdruck und über Anfertigung von Jod-, Brom- und Jod-Bromsilber-Platten für denselben. |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 528 |
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Ueber polychromen LichtdruckNach Dr. J. Schnauſs (Photographisches Archiv, 1878 S. 61) nimmt der
photographische Pressendruck jetzt in immer höherem Maſse das Interesse des
Laien, wie des photographischen Publicums in Anspruch. Kein Wunder, da seine
Verwendbarkeit eine viel gröſsere ist, als die des Silber- und Pigmentdruckes;
der letztere scheint, so zu sagen, immer der Vorläufer auf dem Wege neuer
Fortschritte für den Licht- und photolithographischen Druck zu sein, wie sie ja
auch gewissermaſsen Zwillingsbrüder und einer Mutter, der Chromgelatine,
entsprossen sind. Seitdem die polychromen Pigmentdrucke von Léon Vidal so groſses Aufsehen erregt haben, lieſs
es die deutschen Lichtdrucker nicht ruhen, bis sie mittels Lichtdruckes
Aehnliches oder noch Besseres zu leisten vermochten. Indessen wurde wohl auch
schon theilweise zu den Farbendrucken Vidal's neben
dem Pigment- der Lichtdruck benutzt.Deutschland ist bekanntlich das eigentliche Heimathland des Lichtdruckes und
letzterer bei uns auch am meisten praktisch ausgeübt. J.
Albert und Obernetter sind nun wieder die
ersten, welche uns mit gelungenen polychromen Lichtdrucken in „natürlichen
Farben“ überraschen. Die Ansichten undMeinungen der
Photographen über diese höchst wichtige neue Errungenschaft gehen etwas aus
einander. Nach den eigenen Mittheilungen Albert's
befolgt derselbe mehr den photochemischen, Obernetter dagegen den mechanischen Weg des polychromen Lichtdruckes.
Letzterer scheint sich wesentlich an das Verfahren der Lithochromie und der Vidal'schen Photochromie anzulehnen, bestehend in
einer sehr künstlerischen Behandlungsweise der verschiedenen Negative des
Originales, bezieh. in der nöthigen Deckung gewisser Partien, vielleicht auch
noch der Lichtdruckplatten selbst. Letztere lassen sich bekanntlich durch
chemische Mittel, z.B. einerseits Tanninlösung, andererseits Ammoniak- oder
Chlorkalklösung, derart behandeln, daſs sie an beliebigen Stellen theils die
fette Farbe annehmen, theils abstoſsen, gerade wie in Folge der Belichtung unter
einem Negative. Die Schnauſs zu Gesicht gekommenen.
Obernetter'schen polychromen Lichtdrucke
machten einen äuſserst frappirenden Eindruck auf den Beschauer durch die
vollkommene Harmonie der Farbentinten und der absoluten Deckung aller Umrisse;
sie waren von einem guten Aquarellbilde nicht zu unterscheiden. Die beigegebenen
instructiven fünf monochromen Abdrücke desselben Bildes in orangegelber, blauer,
violetter, rother (eigentlich rothbrauner) und Sepia-Farbe, sowie der dabei
befindliche Uebereinanderdruck der vier erstgenannten Farben, unter Weglassung
des die Tinten vermittelnden Sepiadruckes machten es bei genauer Betrachtung
klar, was soeben über die vorhergehende Behandlung der entsprechenden 5 Negative
gesagt worden. Privatmittheilungen zufolge vermag Obernetter nach jedem beliebigem Negativ Farbendrucke herzustellen,
wobei natürlich vorausgesetzt wird, daſs ihm die Farben des Originales bekannt
sind. Die nöthige Anzahl der Negative wird vermuthlich durch Einstauben
reproducirt. Zu manchen Farbendrucken, wie z.B. zu einer ausgeführten
Winterlandschaft, sind nur 2 Farben bezieh. Negative erforderlich. Welche Rolle
beim Obernetter'schen Verfahren das nach der
Theorie so unentbehrliche Aufnehmen oder Copiren hinter gefärbten Glasplatten
spielt, ist fraglich und dürfte sich vielleicht durch kürzeres oder längeres
Copiren des entsprechenden Negativs mit der nöthigen Deckung dasselbe Ziel
erreichen lassen.Die Albert'sche Methode gibt den Theoretikern
erwünschte Gelegenheit, in gelehrten Abhandlungen über die drei Grundfarben, die
Complementärfarben, actinische und inactinische Strahlen, gefärbtes Collodion,
ferner über die differirenden, photogenischen Eigenschaften des Jod-, Brom-,
Chlor- und Fluorsilbers sich zu ergehen. In wie weit diese Schlüsse und Theoreme
für die Praxis Werth besitzen, wird die Zukunft wohl bald lehren.Das Uebereinanderdrucken der drei Grundfarben, um alle möglichen Farbenmischungen
zu erzielen, vorausgesetzt, daſs dazu keine Deckfarben verwendet werden, ist
schon längst auf dem Gebiete der Chromolithographie erfunden und ausgeführt
worden. Wohl zuerst durch Weishaupt, welcher i. J.
1837 in Bayern ein 15jähriges Patent darauf erhielt, dann durch Engelmann 1838 in Paris, der gleichfalls ein Patent
und zugleich von der Société d'Encouragement in
Paris den Preis von 2000 Franken erhielt, welch letzterer seit 1828 für den
colorirten Steindruck ausgesetzt war. Schon Senefelder gab die erste Idee zum Farbendruck, indem durch
Uebereinanderdrucken der verschiedenen Farben das mannigfaltigste Colorit sich
erzeugen lasse. und über Anfertigung von Jod-, Brom- und
Jod-Bromsilber-Platten für denselben.
Ueber polychromen Lichtdruck.
Der Vorschlag, das Collodion-Verfahren in der Weise umzukehren, daſs das Collodion
mit salpetersaurem Silber versetzt und nach dem Aufgieſsen in eine Jod- oder
Bromsalzlösung getaucht wird, ist schon mehrmals gemacht worden; neuerdings lenkt Obernetter im Photographischen
Archiv, 1878 S. 91 wieder die Aufmerksamkeit auf diese Modification, weil
sie sich ihm bei der Herstellung von Negativen für den polychromen Lichtdruck
nützlich erwiesen hat. Er stellt mit demselben Silbercollodion Platten mit reinem
Bromsilber, mit reinem Jodsilber und mit Jod-Bromsilber her. Das Silbercollodion
wird bereitet, indem man in der Wärme 5g
salpetersaures Silber mit einem Tropfen Salpetersäure in 2cc Wasser löst, hierauf 250cc Alkohol von 96° aufgieſst, 6g Collodionwolle und 150cc Aether zusetzt; nach dem Auflösen wird durch Glaswolle oder
feinen Flannel filtrirt. Dieses Collodion hält sich sehr lange.
Zur Erzeugung von Jodbromplatten wird die Glastafel mit Silbercollodion übergössen
und in eine Auflösung von 4g Jodkalium und 4g Bromkalium in 100g Wasser eingetaucht, bis die Schicht milchig geworden, mit gewöhnlichem
Wasser auf beiden Seiten abgewaschen und zweimal mit Auflösung von 8g Silbernitrat in 100g Wasser übergössen, der man bei langer Expositionszeit noch etwas
Glycerin zusetzt. Nach dem Belichten wird, ohne zu waschen, mit Eisen
entwickelt.
Für Jodsilberplatten nimmt man ein Bad von 10g
Jodkalium und 120g Wasser. Diese Platten arbeiten
sehr hart und eignen sich vorzüglich zum Aufnehmen von Stichen und Zeichnungen. Wird
in der 8proc. Silberlösung Anilinblau aufgelöst, so ist die Platte nicht gegen Gelb
empfindlich, liefert also eine Druckplatte für Gelb.
Für Bromsilberplatten kommt ein Bad von 10g
Bromkalium und 100cc Wasser in Anwendung. Das
Collodion wird aufgegossen wie gewöhnliches Collodion; die Bromkaliumlösung ersetzt
das Silberbad. Wenn die Platte fertig ist, wäscht man sie gut ab; nach dem Belichten
wird auf alkalischem Wege entwickelt. 20 bis 50g
kohlensaures Ammon auf 1l Wasser und 10g Pyrogallussäure auf 100g Wasser. Auf 100cc der Ammonlösung nimmt man 2 bis 4cc
der Pyrogalluslösung. Nach dem Entwickeln wäscht man, gieſst Silberlösung (2g Silberntirat, 3g Citronsäure, 100cc Wasser) auf und
mischt diese mit Pyrogallussäurelösung; durch die Mischung wird das Bild verstärkt.
Die Empfindlichkeit der Platten läſst sich sehr steigern durch Uebergieſsen mit
5proc. Silberlösung, welche mit Ammoniak neutralisirt, dann filtrirt wurde. Nach dem
Belichten wird die Platte gewaschen und alkalisch entwickelt.