Titel: | Zur Kenntniss des Erdöles. |
Autor: | F. |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 531 |
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Zur Kenntniſs des Erdöles.
Zur Kenntniſs des Erdöles.
Geschichte. Nach
Herodot wurde das Erdöl der Insel Zante, von ihm
Pissasphaltum genannt, zum Einbalsamiren der
Leichname gebraucht. Plutarch berichtet über den
brennenden Erdölsee bei Ekbatana; Plinius und Dioscorides schreiben, daſs das Petroleum von Agrigent
in Sicilien von den Einwohnern zur Beleuchtung benutzt werde (vgl. 1865 178 107). Die hannoverschen Erdölquellen sind
wahrscheinlich schon den ersten Ansiedlern dieser Gegend bekannt gewesen; aus
einigen derselben wird seit 500 Jahren das zu Wagenschmiere und als Arzneimittel
verwendete Steinöl (Oleum petrae) gewonnen (vgl. 1821
5 124). Auch das Vorkommen des Petroleums in
Galizien, Rangoon, Baku ist seit Jahrhunderten bekanntVgl. Leonhardi: Macquers chymisches Wörterbuch.
2. Th. (Leipzig 1788) S. 193.; aber erst, nachdem am 27. August
1859 auf den Vorschlag von G. H. Bissel, die
unterirdischen Oeladern mittels artesischer Brunnen anzuzapfen, von Drake das erste Bohrloch bei Titusville niedergebracht
war, wurde der groſse Werth desselben allgemein erkannt.
Vor mehreren Jahren fand man in der Nähe von Titusville runde, bis
9m tiefe und 2m weite Schächte, welche ausgezimmert and so tief abgesenkt waren, bis sie
eine Erdöl führende Kluft erreichten. Dieselben waren meist mit Erde ausgefüllt und
mit Humus bedeckt, in welchem sich die Wurzeln sehr alter Bäume ausbreiteten, so
daſs diese bergmännischen Unternehmungen vor mehr als 500 Jahren im Betriebe gewesen
sein muſsten. Aehnliche Reste einstiger bergmännischer Thätigkeit findet man in Ohio und
Canada.H. F. Wrigley: Special report on the petroleum of
Pennsylvania, 1874. Berg- und
hüttenmännisches Jahrbuch, 1876 S. 137. H.
Höfer: Die Petroleumindustrie Nordamerikas (Wien 1877). Louis Simonin: Souvenirs de mes voyages aux
Etat-Unis, Paris 1876. B. Kerl in Muspratt's Chemie, 3. Auflage, Bd. 5 S.
967. Nach Höfer müssen dieselben
einem Volke zugeschrieben werden, welches vor den Indianern jene Gegenden bewohnte,
das bereits das Kupfer am oberen See und die Bleierze bei Lexington ausbeutete,
bemalte glasirte Geschirre hatte und unter dem der Gebrauch von Bronze zu Waffen und
Schmuck bereits allgemein üblich war, welches dann aber wieder vollständig
verschwand. Auf einer Karte von 1670 ist nach Höfer in
der Nähe des jetzigen Ortes Cuba (N.-Y.) „Fontaine de bitume“ eingeschrieben und auf einer Karte von 1755 ist
an der Mündung des jetzigen Oil Creek in den
Alleghanyfluſs das Wort „Petroleum“ eingezeichnet. Dieses pennsylvanische
Erdölvorkommen wird zuerst von Charlevoix in seinem
Journale Mai 1721 erwähnt; derselbe berichtet, daſs nach Mittheilung des Capitäns
de Joncaire an einem Hauptarme des Ohio, dem
Alleghany, eine Quelle sei, welche eine ölartige Substanz führe, die zur Beruhigung
von Schmerzen aller Art verwendet werde. Im J. 1750 berichtet dann der Commandant
des Fort Duquesne, jetzt Pittsburg, an General Montcalm
über eine Ceremonie der Seneca-Indianer, die jährlich zusammenkämen und das aus dem
Boden sickernde Oel als Freudenfeuer anzündeten. Das durch Eintauchen von wollenen
Decken oder Abschöpfen mit flachen Löffeln gewonnene Seneca-Oel wurde fast
ausschlieſslich als Heilmittel für Wunden u. dgl. verwendet und theuer bezahlt. Noch
im Anfang dieses Jahrhunderts kostete 1l Erdöl
etwa 19 M. Der Preis für 1l Oel ging in Pittsburg
zwar rasch herunter, so daſs er im J. 1843 nur noch 1 M. betrug; doch wurden immer
nur verhältniſsmäſsig geringe Mengen gewonnen, und mehrfache Versuche, das Oel in
gewöhnlichen Lampen zu brennen, schlugen fehl.
Am Muskingumflusse wurden i. J. 1814 zwei Brunnen zur Gewinnung
von Salz gegraben; die Soole gab jedoch wegen des mit austretenden bituminösen Oeles
ein völlig unbrauchbares Salz. Ein anderes Bohrloch gab im J. 1829 sogar so viel
Oel, daſs durch den Brand des ausflieſsenden Petroleums umliegende Orte gefährdet
wurden (vgl. 1836 62 159). Inzwischen blühte in
Deutschland und Oesterreich die Mineralölindustrie auf und auch in Amerika wurde im
J. 1850 die erste Theerölfabrik eröffnet; dies führte zur Erfindung besonderer
Lampen, wodurch der raschen Einführung des Erdöles als Leuchtstoff der Weg geebnet
wurde. Als nun, wie erwähnt, Drake (1861 161 76) 162 399) am 27. August
1859 in 22m Tiefe die erste ölführende Kluft
eröffnete, die ihm täglich 40hl Oel im Werthe von
etwa 2200 M. lieferte, brach das Oelfieber los, welches noch gesteigert wurde, als
Funk im Februar 1861 den ersten überflieſsenden
Brunnen in Pennsylvanien erhielt, der täglich 477hl Oel lieferte, und seinen Höhepunkt erreichte, als der „Phillips
Well“ sogar täglich 3000 Faſs (4770hl)
gab. Tausende strömten herbei, zahllose Bohrlöcher wurden durch Dampfkraft
niedergebracht, in unbeschreiblich kurzer Zeit entstanden ganze Städte, es wurden
ungeheure Reichthümer erworben, aber auch wieder verloren, als in Folge der
plötzlich auf 2000000 Fässer (1 Faſs oder Barrel = 159l) gesteigerten Production der Preis für 1 Faſs an Ort und Stelle selbst
auf 10 Cents herunterging, so daſs aus vielen überflieſsenden Brunnen das Erdöl in
den nächsten Bach oder Fluſs abgeleitet wurde. In Folge dieses ungeheuren
Preisrückganges nahm die Anwendung des Erdöles rasch zu. Die 38 Mineralölfabriken in
den westlichen Hafenstädten, von denen 2 Albertit aus Neubraunschweig, die übrigen
aber Bogheadkohle aus Schottland verarbeiteten, nahmen nun als Rohmaterial
ausschlieſslich Erdöl und führten bald groſse Mengen dieses neuen Leuchtmaterials
unter der Bezeichnung Kerosin (vgl. 1862 166 319),
Pitt-Oel (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1862 S. 675),
oder als raffinirtes Petroleum (vgl. 1863 167 63) nach
Europa aus. Entgegen der anfänglichen Ansicht von Ziurek (1862 166 77) und Jacobi (1863 169 120), daſs
das amerikanische Erdöl der deutschen Mineralölindustrie keinen Abbruch thun würde,
nahm die Einfuhr desselben derartig zu (vgl. 1863 169
476) 1864 171 467), daſs fast nur die deutschen
Braunkohlentheerfabriken die Concurrenz aushielten, um so mehr nun auch die Lampen
verbessert wurden (*1863 167 460) und Marx (1862 166 348), Falk (1863 167 226) und Bolley (1863 169 130)
zeigten, daſs das gereinigte Erdöl eine gröſsere Leuchtkraft habe als Solaröl.
In Folge der gesteigerten Nachfrage hoben sich die Preise und
damit auch die eingeschränkte Produktion wieder. Dies traf mit der Entdeckung
zusammen, daſs die Erdölablagerungen nicht, wie man bis zum J. 1866 geglaubt hatte,
an die Richtung der oberirdischen Wasserläufe gebunden sei, sondern sich horizontal
unter den Hügeln erstrecke und daher mit dem Bohrer in einer Tiefe erreicht werden
müsse, welche um so gröſser wäre, je höher die Hügel sich erheben. Es wurden auf
diese Weise im J. 1866 die Hügel Bennehoff, Pioneer und Stevenson, im J. 1867 die
Hügel Tidioute und Triumph und im folgenden Jahre Pleasantville und Schambury mit
Erfolg durchforscht. Alle diese Orte liegen nordöstlich oder nördlich von Franklin
und werden unter der Bezeichnung „obere Oelregion“ zusammengefaſst; die
„untere“, südlich von Franklin gelegene, deren Oelschichten durchweg über
300m tief liegen, wurde erst im October 1865
in Angriff genommen. Erst im J. 1868 wurde hier weitergebohrt, und jetzt gehört
diese Gegend zu den ölreichsten von Nordamerika. Im J. 1873 hat man im südlichen
Theile derselben bei Karns-City die Oelschicht des sogen, dritten Sandsteins
durchstoſsen und 21m tiefer den vierten erreicht,
aus welchem das 468m tiefe Bohrloch täglich 400
Faſs Rohöl liefert. Im März desselben Jahres wurde dann der sogen. Modoc-District
erschlossen.
Im Bezirk Enniskillen (Canada), zwischen dem Erie- und Huron-See
gewann Williams bereits i. J. 1857 etwas Naphta; nach
den Erfolgen Drake's legte er Ende 1859 das erste
Bohrloch an und fand durch dasselbe auch bedeutende Mengen Erdöl. Nun wurden
zahlreiche 15 bis 40m tiefe Bohrlöcher
niedergetrieben, namentlich im Thale des Bear-Creek, so daſs schon i. J. 1860 etwa
15000t Rohöl gewonnen wurden. Im folgenden
Jahre erbohrte Shaw die erste flieſsende Quelle, die
täglich fast 2000 Fässer oder 300t Oel lieferte.
Ein 86m tiefes Bohrloch von Black und Matheson gab sogar einen 7m hohen Strahl und in jeder Minute 8 Fässer Oel.
Allein sowohl diese, wie auch die pennsylvanischen Oelquellen (vgl. 1869 191 88) versiegten in wenigen, durchschnittlich in 3
Jahren; die genannte ganze obere Oelregion Pennsylvaniens ist denn auch innerhalb 10
Jahre fast vollständig erschöpft worden.Vgl. American Chemist, 1871 S. 18. 1872 S. 409.
1875 S. 359.
Die beispiellosen Erfolge in Nordamerika lenkten die
Aufmerksamkeit auch auf die Erdölvorkommen in Europa, zunächst auf das galizische
Petroleum.Windakiewicz: Das Erdöl und Erdwachs in Galizien
(Wien 1875). Berg- und hüttenmännisches
Jahrbuch, 1875 S. 1. Strippelmann: Die
Petroleumindustrie Oesterreich-Deutschlands (Leipzig
1878). Die Auffindung des Erdöles, Ropa genannt, scheint hier im 13.
Jahrhundert erfolgt zu sein; im J. 1788 wird erwähnt, daſs dasselbe in flachen
Gruben gesammelt werde. Im J. 1848 brachten jüdische Geschäftsleute schwarzgrüne
Ropa zu einem Apotheker in Lemberg, welches die Pharmaceuten Lukasiewicz und Zeh als rohes Bergöl
erkannten, destillirten und als Steinol in den Handel brachten. Es wurde fast
ausschlieſslich als Heilmittel verwendet; erst im J. 1853 gelang es ihnen, aus dem
Rohöl ein zu Beleuchtungszwecken geeignetes Oeldestillat abzuscheiden. A. Schreiner und L.
Stiermann in Drohobicz übernahmen nun eine jährliche Lieferung von 10000k Rohöl für die Nordbahn, und wurde durch diese
Nachfrage die Förderung von Erdöl so vergröſsert, daſs die Bahn i. J. 1859 bereits
ihren ganzen Bedarf von etwa 55000k aus Galizien
beziehen konnte. Die amerikanischen Oelfunde gaben dieser Erdölindustrie erhöhten
Aufschwung; noch i. J. 1859 gelang es Heindl, das
galizische Oel von dem durchdringenden Gerüche zu befreien, 1863 errichtete Wagemann in Wien seine Raffinerie, und nun hob sich die
Gewinnung von Steinöl und Ozokerit derart, daſs sie jetzt 30000t beträgt (vgl. 1872 206 237).
Als im J. 1862 das Erdöl auch in Ruſsland eingeführt wurde, faſste
ein pensionirter Gardeobrist Novosilzoff, in Erinnerung
an die Beobachtung von Oelquellen, welche er 20 Jahre früher bei den Feldzügen im
Kaukasus gemacht hatte, den Entschluſs, diese auszubeuten. Die ersten, mit 12
amerikanischen Bohr-Ingenieuren und Arbeitern ausgeführten Bohrungen im
Taman-District hatten keinen Erfolg, obgleich sie innerhalb 2 Jahren 200000 Rubel
kosteten. Nun wurden die Amerikaner entlassen und die Bohrungen mit russischen
Arbeitern fortgesetzt. Im J. 1865 wurde für das Unternehmen der Bohringenieur Kind, dann der Geologe Hugo
Hoffmann gewonnen. Am 4. Februar 1866 stieſs der alte Werkführer Peters bei einem Bohrversuche auf ein hartes Gestein;
bald darauf erfolgten mehrere heftige Explosionen, welche das Bohrgerüst hoch in die
Luft schleuderten, dann erschien ein Oelstrahl von anfangs etwa 50m Höhe. Nachdem dann dieses Bohrloch von Kind etwas tiefer gebohrt war, lieferte es täglich über
800t oder jährlich für 8760000 Rubel Oel.Wochenschrift für Oel- und Fettwaaren, 1878 S.
159.
Vorkommen. Von den Erdölvorkommen in Deutschland
versprechen namentlich die in der Provinz Hannover von groſser Bedeutung zu werden.
Aus dem Alluvialsande von Wieze bei Celle wird seit etwa 500 Jahren Erdöl
ausgewaschen. Von den vorhandenen 8 Gruben ist nach MeynTageblatt der 49. Versammlung deutscher
Naturforscher und Aerzte, 1876 S. 37. Vgl. Wagner's Jahresbericht, 1862 S. 668. 1874
S. 977. jetzt nur noch eine im Betriebe, und zwar werden
aus 40cbm Theersand jährlich etwa 10000k Rohöl ausgewaschen. HarperHarper: Rapport géologique sur un gisement de
pétrole dans le Hanôvre (Bruxelles 1872)., der
das hannoversche Erdöl für devonisch hält, schätzt die Menge des hier liegenden
Erdöles auf 5000000t. Leider ist der Bohrversuch
einer englischen Gesellschaft nur bis 120m
fortgeführt, obgleich hier Tiefbohrungen voraussichtlich erfolgreich sein würden.
Bei dem nächsten Dorfe Steinvörde ist ein alter Petroleumbetrieb aufgegeben worden,
weil der Sand Thon enthält, der das daraus gewaschene Oel zum Schmieren untauglich
macht. Ein im vorigen Jahre ausgeführter Bohrversuch traf bei 78m auf ein bedeutendes Steinsalzlager. Ein anderes
nahe liegendes Erdölvorkommen wird wegen des zu hohen Grundwasserstandes nicht
ausgenutzt. Das Erdöl beim Dorf Hänigsen, Station Burgdorf, wird seit mehr als 300
Jahren mittels Binsen vom Wasser abgeschöpft, ähnlich wie es einst die
Seneca-Indianer in Nordamerika thaten. Bei einem von einer belgischen Gesellschaft
ausgeführten Bohrversuche wurden zunächst 7m
Theersand, zum Diluvium gehörend, dann 400m
Steinsalz-haltiger Keupermergel aufgeschlossen. Bei dem Dorfe Klein Eddesse ist der
Boden derartig mit Steinöl getränkt, daſs durch dessen Verdunstung an der Oberfläche
eine Schicht Asphalt entstanden war, die von der Hannoverschen Asphaltfabrik abgefahren und verarbeitet wurde. In einem
nahe liegenden Steinbruch ist der Deistersandstein mit Erdöl getränkt. Auf den
Wiesen bei den Dörfern Oedesse und Edemissen sammelt sich in sogen. Fettlöchern oder
Theerkuhlen Erdöl, welches abgeschöpft wird. Ein i. J. 1874 von einer Hamburger
Gesellschaft 80m tief niedergebrachtes Bohrloch
liefert täglich 120
bis 150k Oel von 0,84 sp. G.; ältere, mit Wasser
gefüllte Bohrlöcher geben täglich 4 bis 5k von
0,92 sp. G. Jetzt wird von Ingenieur Kleissen aus
Bremen weiter gebohrt. In der Nähe von Braunschweig sind auf dem sogen. Reitling
etwa 30 Bohrlöcher von geringer Tiefe in den Jurathon niedergetrieben, die sämmtlich
etwas Erdöl geben. Bei dem nahe liegenden Dorfe Hordorf quillt das Steinöl direct
aus dem Boden. Bei Oberg, südlich von Peine, wurde ein kleines Bohrloch im Jurathon
bis 120m niedergebracht, welches 35 Fässer
(5565l) Erdöl lieferte, dann aber
unbegreiflicher Weise aufgegeben wurde. Bei 75m
Tiefe fand ein heftiger Ausbruch brennbarer Gase statt, welcher die gesammten
Bohrgebäude zerstörte; eine solche Gasansammlung deutet auf groſsen
Petroleumvorrath; noch heute entweichen aus dem Bohrloch brennbare Gase. Bei
Oelsburg, in der Nähe der Ilseder Hütte, hat man intermittirende Erdölquellen
beobachtet. Bei Sehnde (zwischen Hannover und Hildesheim) ist auf dem Gipfel des
Theerberges seit alter Zeit eine Oelquelle bekannt. Zwei niedergebrachte Bohrlöcher,
die bis zum Lias und Räth herunter gehen, liefern wöchentlich 400k Oel (vgl. 1865 178 326. 1866 180 167). In der
Nähe von Hannover tritt in einem kleinen Brunnen, der im Thon (Senon) steht, etwas
dunkles Oel zu Tage, das zu Wagenschmiere verwendet wird. Kaum 1km davon liegt der bekannte Asphaltbruch von
Limmer, welcher zum oberen Jura gehört. Auſserdem findet sich Asphalt bei Vorwohle
im südlichen Hils und Bergtheer bei Verden.Vgl. Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1867 S.
288. 1870 S. 44. Auch die Bohrungen bei Heide in Holstein haben
beträchtliche Mengen Erdöl nachgewiesen (vgl. 1870 198 184). Die hier erschlossene,
300m mächtige weiſse Kreide enthält 13 Proc.
Oel, so daſs hier mindestens 15000000t Petroleum
lagern. Es scheint somit die nordwestdeutsche Ebene einen Vorrath von Erdöl zu
haben, der dem amerikanischen nicht nachsteht, und welcher volkswirtschaftlich mehr
bedeutet als die Goldwäschereien Californiens.
Von sonstigen deutschen Erdölvorkommen sind zu erwähnen das Elsasser bei Hagenau
(vgl. 1873 207 176), Lobsann, Pechelbronn und Schwabweiler. Nach Le BellComptes rendus, 1871 Bd. 73 S.
499. und MoslerKatalog für die Bergwerks- und Hüttenproducte von
Elsaſs-Lothringen für die Wiener Weltausstellung (Straſsburg
1873) S. 23. ist hier namentlich der miocene Sand von
dem Oel durchdrungen. Man gewinnt in Pechelbronn seit d. J. 1785, in Schwabweiler
seit 1841 mittels 68 und 83m tiefer Schächte
sowohl das aussickernde dickflüssige Erdöl, als auch den ölhaltigen Sand, der in
Schwabweiler abdestillirt wird. Geringe Mengen Oel finden sich auch am Tegernsee in
Bayern und im Taunus.
In England ist Erdöl aufgefunden bei Alfreton und Coalbrookdale-Newcastle; in
Frankreich bei Pzenas und Gabian und an den Abhängen der Sevennen; in der Schweiz bei
Neufchatel; in Italien am nördlichen Abhang der Apenninen, in Modena, bei Marzolaro
und Neiano de Rossio, bei Armiano, Ritorbido und Voghera, bei Tocco im Pescarathal
am östlichen Abhänge der Abruzzen (vgl. 1866 180 167), welches Vorkommen den
untersten Subappenninenschichten angehört, die der oberen Kreide unmittelbar
aufgelagert sind; dann bei Agrigent auf Sicilien.
Für OesterreichStrippelmann: Petroleumindustrie, S. VIII und 52
bis 103. Berg- und hüttenmännisches Jahrbuch,
1875 Bd. 8 S. 4. Industrieblätter, 1869 Bd. 6
S. 112. Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1866
S. 352. Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1873 S. 365. Wagner's
Jahresbericht, 1862 S. 668. 1864 S. 672. 1866 S. 664. 1867 S. 727.
Verhandlungen der geologischen
Reichsanstalt, 1871 S. 356. Jahresbericht
der Chemie, 1871 S. 1189. ist besonders das galizische
Erdöl wichtig (vgl. 1860 156 464. 1865 175 87. 1868 189 271. 1873 210 207). Nach v.
Cotta (1866 181 153) erstreckt sich dieses
Erdölgebiet in einer Breite von etwa 20km durch
ganz Galizien hindurch bis westlich nach Mähren und Schlesien, östlich in die
Bukowina, Moldau und Walachei hinein. Strippelmann gibt
eine Karte des galizischen Erdölvorkommens und betont, daſs als Hauptsammelplätze
des galizischen Erdöles die Sandsteine und Conglomerate des zur Kreideformation
gehörenden neocomen Karpathensandsteines, weniger die eocänen Schichten der
Tertiärformation für Westgalizien, für Ostgalizien die miocänen Mergel, Thone und
Sandsteine mit Steinsalzeinlagerungen zu bezeichnen sind. Im Westen in Rupniow,
Modarko, Mencina, Klenczany, Ubiad, Klimkowka, Mogilno, Posadowa wird das Oel
vorläufig nur aus eocänen Schichten gewonnen, in Librantowa und Starawies auch aus
neocomen Karpathensandstein, in Wawrska, Ropa, Losie, Petna, Watkowa, Mrukowa,
Samokleski, Pilgrzymka, Lencyny, Ciechlin, Ropica ruska, Mencina wielka, Mencina
mala, Sekowa und Siary gewinnt man das Oel wieder aus eocänen Schichten, während
Dominikowice, Kryg, Kobylanka, Lipinki, Libusza, Wojtowa, Pagorcyna, Harclowa das
Oel bereits aus zwei neocomen Sandsteinzonen entnehmen.
Die etwa 3400qkm umfassende Oelzone Westgaliziens
beginnt nach Strippelmann (a. a. O. S. 6) an den
äuſsersten westlichen, durch Oelspuren gekennzeichneten Orte Rupniow, wird gegen
Süden begrenzt von Przyszowa, Neu- und Alt-Sandeck, Klimkowka, Wotowie, Krempna;
gegen Osten durch die den west- und ostgalizischen Oelbezirk geographisch trennende
Linie Krempna, Zmigrod, Lencyny, Jaslo, Szebnie; gegen Norden von Joslo aus durch
das Ropathal bis Biecz und von hieraus durch eine etwa 25km von der südlichen Begrenzung rechtwinklig
entfernte und annähernd parallel laufende Linie, die in Rupniow-Tymbark die
Westgrenze bildet. Die etwa 10000qkm umfassende,
fast 25km breite Oelzone Ostgaliziens, die bis
jetzt nicht ausgenutzt wird, schlieſst gegen Westen an die östliche Begrenzungslinie der
westgalizischen Oelzone an, verfolgt gegen Süden eine den Hochkarpathen parallel
laufende Richtung bis nach Zubie und setzt sich von hier in die Bukowina fort. In
der Bukowina selbst hat man bei Kimpolung, Briaza, Stulpekany und Watramoldowitza
mehrfach durch 15 bis 40m tiefe Schachte Erdöl
gewonnen; auſserdem ist an vielen anderen Punkten Erdöl, meist mit Schraufit
zusammen, nachgewiesen, während in Galizien dasselbe von Ozokerit begleitet ist.
An den südlichen Abhängen der Karpathen erstreckt sich in Ungarn ein Petroleumzug,
der jedoch noch nicht ausgebeutet wird, festgestellt durch Erdöl in Kupfergruben des
Grünsteinporphyrs, namentlich aber im Gebiet von Buch, Zemplin, Ungh-Bereg bis in
die Marmaros und nach Siebenbürgen und Oesterreichisch-Schlesien. Erdöl ist ferner
nachgewiesen in Niederösterreich, Salzburg, Kärnten, Tirol, Kroatien, Dalmatien, der
Militärgrenze (vgl. 1867 185 164),
RumänienJahresbericht der Chemie. 1873 S. 1092. Notices sur la Roumanie (Paris 1867). S.
135. hat Erdöl in der Walachei (vgl. 1864 171 239) namentlich in Matitza, Colibasch, Serada, Chiojda, Plojeschti,
Valeburga (vgl. 1868 190 80); i. J. 1867 wurden 17000000l rohes Oel gewonnen, welches namentlich in Braila verarbeitet wird und
nach O. Buchner (1864 172 392) allerdings weniger
Leuchtöl gibt als pennsylvanisches Rohöl. Auſserdem ist Erdöl bei Mojanestin in der
Moldau nachgewiesen.
Griechenland hat auf der Insel Zante bei Keri Erdöl; eine Gesellschaft schöpft
jährlich aus einem Brunnen mittels Pumpen etwa 400 Fässer.
Ruſsland hat Erdöl in der Krim (vgl. 1866 181 79), im Kaukasus (vgl. 1866 181 160),
namentlich im Gouvernement Baku auf der Insel Apscheron, berühmt durch die heiligen
Feuer, Tiflis u.s.w. Erdöl ist ferner nachgewiesen in Sibirien an der Petschora und
neuerdings reiche Lager von Chandor im
Wolgagouvernement im Ssamaraschen und Ssimbirskschen Gebiete an der Wolga.Zeitschrift für Paraffinindustrie, 1877 S.
6. Die Naphtaquellen von Baku erscheinen nach neueren
Mittheilungen von Churchill unerschöpflich; an manchen
Stellen springen im Sommer Oelfontainen von 30m
Höhe und flieſst dann die Naphta meist unbenutzt ab. Im J. 1874 waren hier 180
Fabriken im Betriebe, von denen die beiden gröſsten sich zu Surakh Khana bei
Balakhana befinden, welche das der Erde entströmende Gas als Brennmaterial
benutzen.Wagner's Jahresbericht, 1876 S. 1173. 1877 S.
1025.
In Asien findet sich ferner Erdöl in OstindienJahresbericht der Chemie, 1869 S.
1129. am Euphrat, bei Doulokee in Persien, in Birma (Rangoon)Berg- und hüttenmännisches Jahrbuch, 1876 Bd. 14
S. 148. Zeitschrift für Paraffinindustrie, 1876
S. 17., bei Yenau Gyong (i. J. 1875 2000hl Oel), auf JavaWagner's Jahresbericht, 1862 S. 668.,
in China und Japan. Nach den neuesten Berichten soll das Erdöl in 10 Provinzen
Japans gefunden werden, zwar seit 1200 Jahren bekannt sein, aber erst seit 6 Jahren
benutzt werden. Japan hat jetzt 5 Raffinerien, welche das sehr flüchtige Oel
verarbeiten.Wochenschrift für Oel- und Fettwaaren, 1878 S.
153.
In Centralafrika hat Livingstone stark Paraffin-haltiges
Erdöl entdeckt. Auch in Südaustralien bei Gimarocha und auf Neuseeland soll
Petroleum gefunden werden.Chemisches Centralblatt, 1871. S.
752.
AmerikaHöfer: Petroleumindustrie Nordamerikas, S. 35
bis 89. Berg- und hüttenmännisches Jahrbuch,
1876 Bd. 14 S. 152 bis 187. American Chemist,
1872 Bd. 2 S. 401. Bulletin de la Société
d'Encouragement, 1876 Bd. 2 S. 502. Engineer, 1878 Bd. 45 S. 93. hat Erdöl auf Cuba,
Trinidad (vgl. 1864 173 483) und Barbados, in MexikoAmerican Chemist, 1872 Bd. 2 S. 290.,
Venezuela, Ecuador, Peru, BoliviaWagner's Jahresbericht, 1868 S. 728.,
Brasilien und neuerdings reiche Quellen in der argentinischen Provinz Jujuy.
Besonders reich an Petroleum ist aber Nordamerika (vgl. 1865 176 328. 1877 225 504).
Bezüglich des geologischen Vorkommens kommt Höfer (a.
a. O. S. 80) zu folgenden allgemeinen Schlüssen:
1) Sämmtliche Vorkomnisse des östlichen Nordamerikas gehören der
paläozoischen Gruppe an.
2) Die verschiedenen Vorkommen liegen nicht in gleichem
geologischen Horizont, ja nicht einmal in derselben Gruppe.
3) Die tiefsten oder ältesten ölführenden Schichten gehören der
untersilurischen Trentongruppe an (Manitouline-Insel und andere Punkte Canadas); das
nächst höhere Niveau, von den bituminösen Niagarakalken von Chicago abgesehen, wird
der Lower Heldenberg- und Oriskany-Gruppe zugerechnet (Vorkommen von Gaspé). Im
Devon ist der Corniferous-Kalkstein der Träger des Rohöles von Enniskillen (Canada),
den tiefsten Punkt der rentabeln Vorkommen bildend. Die darauf folgende
Hamiltongruppe enthält an ihrer oberen Grenze schwarze Schiefer (Genesee-Zone) mit
bis 16 Proc. Bitumengehalt. Diese sind vorwaltend der Sitz der Gasquellen in
Nordpennsylvanien und Ohio, ohne Petroleum in nennenswerthen Mengen zu führen. Die
darauf liegende Chemuny-Gruppe führt die für die dermaligen Handelsverhältnisse
dominirenden Oellager Pennsylvaniens. Selbst bis zu den untersten Gliedern der
produktiven Steinkohlenformation läſst sich die Oelführung nachweisen; weiter
hinauf, also im Carbon, ist keine beachtenswerte Petroleum-führende Schicht.
4) Ein Theil der Vorkommen zeigt das Oel an bestimmte concordante
Schichten gebunden (Pennsylvanien, Canada zum Theil), ein anderer führt das
Petroleum in Spalten (Ohio, Westvirginien). In ersterem Falle sind durchweg die
porenreichen Gesteine (Conglomerate, grobkörnige Sandsteine, cavernöse Kalksteine)
die hervorragenden Träger des Oeles; an nur vereinzelten Stellen erwiesen sich auch
die Schieferthone als ölführend, haben jedoch in den günstigsten Fällen nicht die
Bedeutung der vorher genannten Gesteine.
5) In Canada, Ohio und Westvirginien, auch Pennsylvanien, ist die
Hauptmenge des Oeles zweifelsohne an den Rücken der Anticlinalen aufgehäuft, welche
letztere zuweilen so unbedeutend sind, daſs sie erst durch genaue geodätische
Messungen constatirt werden können. Die Anticlinalen sind somit der sicherste Anhalt
beim Schürfen, und zwar führen die sanftgewellten das Oel in hervorragenden
Quantitäten, während in den stärkeren Aufbrüchen derselben Formation im
Alleghanygebirge nur vereinzelte Spuren von Petroleum gefunden werden.
6) Innerhalb einer Oelregion, welche
das Oel in Schichten führt, liegen die einzelnen Niveaux nicht in gleicher Hohe,
bezieh. sie sind nicht gleichalterig.
7) In Klüften auftretendes Oel ist weder an eine Formation, noch
an den petrographischen Habitus der Glieder derselben gebunden. Diese Klüfte pflegen
am Rücken der Anticlinalen zu erscheinen.
8) Die einzelnen Oelgebiete von Pennsylvanien, Ohio, Westvirginien
und Kentucky-Tennessee liegen westlich vom Alleghanygebirge, und zwar zu diesem
parallel.
Die eigentliche Oelregion Pennsylvaniens ist ein schmaler, etwa 100km langer Landstrich, der sich in SSW =
NNO-Richtung zwischen den Eriesee und Pittsburg hinzieht; von dieser über 8000qkm groſsen Fläche sind bis jetzt erst etwa 100qkm productiv. Zwischen dem Eriesee und Huronsee
in der Grafschaft Enniskillen, namentlich in den Bezirken Bothwell, Lambion und
Kent, liegt das technisch wichtige Erdölvorkommen Canadas, und zwar auf einer Fläche
von etwa 30qkm zusammendrängt. Die übrigen
Fundorte in Canada am Cap Gaspé, in der Georgsbucht u.s.w. sind ohne Bedeutung. In
Nord-Ohio, an der Südküste des Eriesees, dem Oelgebiet von Enniskillen gegenüber,
liegen die Nachbarcounties Cuyahoga und Lorain, in denen jahrelang wenig ergiebige
Erdölbrunnen im Betrieb waren, jetzt aber aufgegeben sind. Auch Süd-Ohio,
Westvirginien, Kentucky, Tennessee liefern nur wenig Oel.
Nach neueren MittheilungenWochenschrift für Oel- und Fettwaaren, 1878 S.
84. sind auch die Oelbohrungen in Californien von Erfolg gewesen.
Das Oelterrain ist in Ventura County (Landschaft), dem südlichen Theile des Staates
Californien, und die Oelstrata erstreckt sich durch die ganze Landschaft von Osten
nach Westen, das Schwefelgebirge (sulphur mountain)
genannt, welches sich bis zur Höhe von 600m erhebt
und auf 21km ausdehnt. Es sind sowohl nördlich wie
südlich dieser Gegenden Oelquellen erbohrt worden; die meisten jedoch in 400 bis
500m Tiefe. Die geologische Beschaffenheit
gleicht ganz der pennsylvanischen; die Qualität des Oeles macht es jedoch weniger
für Leucht- als mehr für Schmierzwecke geeignet, da es ein hohes specifisches
Gewicht hat (0,840 bis 0,860). Im rohen Zustande hat es eine dunkelgrüne Farbe und
ist merkwürdig geruchlos. Vorläufig werden im Ganzen nicht mehr wie 300 Barrels
täglich gewonnen und die in Betrieb gesetzten Quellen sind auf Pumpwerke gestellt.
An der Südküste Californiens flieſst bereits seit 50 Jahren das Bitumen aus der Erde
dem Meere zu – ein Bitumen, gleich dem in Trinidad, welches seinerzeit bereits von
den Spaniern zum Anstrich der Boote und Schiffe, sowie zur Dachdeckung gebraucht
wurde, eine Anwendung, welche sich auch heute noch bewährt.
Entstehung des Erdöles. Ueber die Bildung des Erdöles
gehen die Ansichten noch weit aus einander; stellte man doch, wie Wrigley (Special report,
S. 143) berichtet, in Nordamerika sogar allen Ernstes die Vermuthung auf, daſs es der
Urin von Wallfischen sei, welcher durch unterirdische Kanäle vom Nordpole hier
zusammenflieſse.
Nach BerthelotComptes rendus, 1866 Bd. 62 S.
949. sollen sich im Innern der Erde aus Kohlensäure und
Alkalimetallen Acetylüre bilden, die mit Wasserstoff Acetylen (C2H2) geben, aus dem
Erdöl und theerähnliche Producte entstehen.
H. ByassonRevue industrielle, 1876 S.
454. hat durch Erhitzen von Wasser, Kohlensäure und
Schwefelwasserstoff in Eisengefäſsen zur Rothglut flüssige, dem Erdöl ähnliche
Kohlenstoffverbindungen bekommen. Da nun Petroleum in der Nähe von Vulcanen
auftritt, begleitet von Salz, Kohlenwasserstoff, Wasserstoff, Schwefelwasserstoff
und Kohlensäure, so nimmt er an, daſs Meerwasser in Erdspalten eingedrungen sei,
verschiedene Stoffe, namentlich Meereskalke mitgerissen und unter dem Einfluſs der
hohen Temperatur in Berührung mit metallischem Eisen oder auch Schwefeleisen Erdöl
gebildet habe.
Auch D. MendelejeffBerichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1877 S. 229. führt aus, daſs die
Bildung des Erdöles vorsilurisch sein müsse, die Entstehung desselben aus Organismen
daher unwahrscheinlich sei. Von der Kant-Laplace'schen
Hypothese von der Entstehung der Erde ausgehend, nimmt er in der Erde eine
Ansammlung von Metallen an. Wenn man nun voraussetzt, daſs unter den Metallen Eisen
vorwaltet, was nicht unwahrscheinlich ist, da dasselbe in Menge auf der Sonne und in
den Meteorsteinen verbreitet ist, und die Existenz von Kohlenstoffverbindungen der
Metalle zuläſst, so wird dadurch nach seiner Ansicht nicht nur die Entstehungsweise
des Steinöles, sondern es werden auch alle Eigenthümlichkeiten seines Vorfindens an
solchen Orten, wo die Erdschichten in Folge von Gebirgsemporhebungen von der inneren
Seite einen Bruch erlitten haben müssen, begreiflich. Durch einen auf diese Weise
entstandenen Riſs muſste das Wasser zu den Kohlenstoffmetallen dringen, bei der
hohen Temperatur und Druck auf dieselben einwirken und dabei Metalloxyde und
gesättigte Kohlenwasserstoffe bilden. Die letztern stiegen in Dampfform bis zu
denjenigen Erdschichten empor, wo sie sich verdichteten und die lockeren Sandsteine,
welche viel ölartige Producte aufzunehmen fähig sind, durchtränkten. Mit einer
solchen Erklärung der Steinölgenesis vertragen sich angeblich viele andere
Naturerscheinungen: das Vorherrschen von Elementen von geringem Atomgewicht an der
Erdoberfläche; die Verbreitung des Mineralöles in geraden Linien oder in Bogen
groſser Kreise; der Zusammenhang desselben mit dem Vulcanismus, welcher von vielen
Forschern und besonders von Abich beobachtet war; die
magnetischen Erscheinungen der Erde und viele andern Naturerscheinungen. Die fernem
Metamorphosen des Steinöles, die Entstehung von Grubengas und ungesättigten
Kohlenwasserstoffen aus ihm, die chemische Zusammensetzung des Mineralöles aus verschiedenen Gegenden und
des Salzwassers, welches das Steinöl stets begleitet, läſst Mendelejeff vorläufig unerörtert.
Dumas, H. Rose und Bunsen
nehmen an, daſs das Erdöl den Kohlenwasserstoffen des Steinsalzes entstamme. Beim
Lösen desselben durch unterirdisches Wasser entwichen dieselben theils gasförmig,
theils wurden sie durch hohen Druck verdichtet.
Fötterle glaubt das Erdöl Galiziens aus den sehr
bitumenreichen schwarzen Schiefern der eocänen Menilitgebilde herleiten zu müssen,
durch welche dasselbe zu Tage tritt, und schreibt der Zersetzung von Schwefelkiesen,
sowie äuſseren Temperatur- und Witterungsverhältnissen hierbei einen wesentlichen
Einfluſs zu. Windakiewicz hält dem entgegen, daſs dann
die Oelbildung ein an der Oberfläche vor sich gehender Proceſs sei; Erdöl findet
sich aber auch in gröſseren Tiefen und meist an Orten, an denen die Schiefer gar
nicht vorkommen.Berg- und hüttenmännisches Jahrbuch, 1875 Bd. 23
S. 115. Vgl. Bischof: Geologie, 1863 Bd. 1 S.
789.
Der sonst weit verbreiteten Ansicht, daſs das Erdöl unterirdischen Verkohlungs- oder
Verbrennungsvorgängen von Steinkohlenlagern entstamme, trat ReichenbachSchweiger's Journal, Bd. 59 S.
19. mit der Thatsache entgegen, daſs das beim Verkohlen von
Steinkohlen erhaltene Oel völlig verschieden sei von Erdöl; letzteres enthalte
namentlich kein Paraffin und Eupion, welches in den Producten der trocknen
Destillation niemals fehle. Da er nun beim Destilliren von Steinkohle mit Wasser ein
Oel erhielt, welches dem Steinöle von Amiano und auch dem Terpentinöl sehr ähnlich
war, so hielt er dieses für das Terpentinöl der vorweltlichen Pinien und als solches
in den Kohlen fertig gebildet, aus denen es durch die Erdwärme abgeschieden werde.
Gregory wies dann im Steinöle von Rangoon Paraffin
und Eupion nach und betrachtete dasselbe daher wieder als ein Product der trocknen
Destillation. Auch KobellJournal für praktische Chemie, Bd. 4 S. 1.
Bd. 8 S. 305. schloſs sich dieser Ansicht an, meinte
aber, daſs die das Material liefernden Kohlen alles Bitumen verloren haben müſsten,
weshalb nicht die gewöhnliche Steinkohle, vielleicht aber der Anthracit als
Destillationsrückstand anzusehen sei. F. v. HochstetterJahrbuch der k. k. geologischen
Reichsanstalt, Bd. 15 S. 206., der i. J. 1865
die galizischen Oelfelder bereist hat, meint, daſs das dortige Erdöl aus einer unter
dem Karpathensandsteingebirge sich hinziehenden Steinkohlenformation herzuleiten sei
– eine Ansicht, welcher Strippelmann (a. a. O. S. 84)
entgegentritt.
B. KerlMuspratt's Chemie (Braunschweig 1877), Bd. 5
S. 984. führt aus, daſs gegen die Annahme einer trocknen
Destillation die Umstände sprechen, daſs dasselbe auch in altern Schichten vorkomme.
Das durch trockne Destillation aus Kohle und bituminösen Schiefern erhaltene Oel
enthält neben gesättigten viel ungesättigte Kohlenwasserstoffe, Glieder der Benzolreihe, Säuren
(Phenol, Cresol u.s.w.) Ammoniumverbindungen, Naphthalin, Anthracen u.s.w., die dem
Steinöl fehlen. Da nun nach den Versuchen von J. A. Le
Bell die ungesättigten Kohlenwasserstoffe in Berührung mit Wasser sich
langsam verändern, so könnten auf diese Weise die ungesättigten Kohlenwasserstoffe
aus einem durch trockne Destillation entstandenen Erdöl verschwunden sein.Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft.
1876 S. 60. Comptes rendus, 1875 Bd. 81 S.
967.
Wahrscheinlicher ist die Bildung des Erdöles durch Zersetzung von Organismen bei
niedriger Temperatur. Nach T. St. HuntChemical and geological essays, 1875 S.
168. und Lesquereux sind es
ausschlieſslich Meerespflanzen, namentlich Algen, bei deren langsamer Zersetzung
unter Meerwasser, welchem das die Erdölquellen begleitende Salz entstammt, Gase und
bituminöse Stoffe entstanden, die, durch übergelagerte thonige Gebirgsschichten
eingeschlossen, das Erdöl bildeten. Dieser Ansicht wird entgegengehalten, daſs
Steinöl auch oft unmittelbar aus Steinkohlenflötzen hervortritt, welche nachweisbar
nur aus Landpflanzen gebildet worden sind. In manchen Steinkohlenwerken schwitzt und
flieſst es aus dem davon imprägnirten Gesteine aus. Bei Coal-Port in Skropshire
wurde sonst ein Faſs täglich gesammelt, und in den Schichten von Dawley und The
Dingle bildet das Bergöl förmliche Traufen, gegen welche die Bergleute durch Breter
geschützt werden müssen.Industrieblätter, 1877 S. 158.
Well und Krüger haben auf
Trinidad fossile Pflanzen gefunden, welche theils in Erdöl, theils in Lignit
verwandelt waren, nicht durch Destillation, sondern durch einen eigenthümlichen
chemischen Vorgang bei gewöhnlicher Temperatur und unter den gegebenen Bedingungen
des dortigen Klimas. Auch Windakiewicz (a. a. O. S.
116) hält das Petroleum lediglich vegetabilischen Ursprunges, da dasselbe kein
Ammoniak enthalte, meint aber, daſs Kohlenflötze, bituminöse Schiefer, fein durch
ein Gestein vertheilte Pflanzentheile, Algen oder Baumstämme diese
Kohlenwasserstoffe abgesondert haben können. Aehnlich äuſsert sich Draper (1865 178 111).
Im Gegensatz hierzu hält Höfer (a. a. O. S. 88) es zwar
für möglich, daſs Ueberbleibsel einer marinen Flora zur Oelbildung mitgewirkt haben,
obgleich keine bituminöse Fucoidenschiefer bekannt sind; ihm will es jedoch
scheinen, daſs nach dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft man nur thierische
Reste (Saurier, Fische, Mollusken) als Ausgangspunkt zur Erklärung der
Petroleumgenesis mit Sicherheit voraussetzen darf, aus welchen sich unter Mitwirkung
der Erdwärme durch eine allmälige Destillation unter entsprechendem Drucke das Rohöl
gebildet hat. Schon früher hatte BertelsWagner's Jahresbericht, 1875 S.
1059. angegeben, daſs die Naphta im Kaukasus durch die
Zersetzung von Mollusken entstanden sei. Nach MüllerZeitschrift für Paraffinindustrie, 1876 S.
70 und 97. häuften sich am Boden der Urmeere die
zahllosen thierischen Leichen ganzer Schöpfungsperioden an, wurden mit Schlamm
bedeckt und bildeten nun durch langsame Zersetzung das Erdöl, welches sich theils in
unterirdischen Becken sammelte, theils in den auflagernden Erdschichten verbreitete.
Nach Fraas entstammen die in Syrien auftretenden
bituminösen Ablagerungen (Asphalt u.s.w.) der Thierwelt des Kreidemeeres. Der in den
oberen Schichten der Juraformation vorkommende, von Erdöl begleitete Asphalt in
Limmer bei Hannover ist ebenfalls thierischen Ursprunges.
Harper führt in seinem erwähnten Buche die Bildung des
Erdöles auf die Zersetzung groſser Massen organischer Körper des Thier- und
Pflanzenreiches zurück, namentlich in der Devon- und Kohlenformation. In der
mesozoischen Gruppe, von der Triasformation bis zur Kreide ist daher nur wenig Erdöl
zu finden, noch weniger in der Tertiärformation. Strippelmann (a. a. O. S. 84) schlieſst sich dieser Ansicht an. Er führt
aus, daſs das Erdöl aus der Silur- und Devonformation nur thierischen Ursprunges
sein kann, da die Bedingungen für das Pflanzenleben noch zu ungünstig waren, daſs
das Erdöl der Kohlenformation theils thierischer, theils pflanzlicher Abstammung
sei, daſs schlieſslich die jüngeren Formationen nur wenig Erdöl liefern konnten. Er
hält es für zweifellos, daſs die Petroleumbildung an die Silur-, Devon- und
Kohlenformation gebunden sei, daſs die unter Mitwirkung gröſserer Erdwärme vor sich
gehende Zersetzung der massenhaft angehäuften pflanzlichen und thierischen Stoffe in
ungekannten Tiefen sich noch in Thätigkeit befindet und, je näher wir derselben
durch Bergbau rücken, wir auch auf eine Zunahme der Erdölmengen rechnen können. Aus
diesem Herd der Erzeugung und dessen Sammelräumen sind die jetzt productiven
Oelzonen zum Theil durch Gascondensationen, theils durch Capillaranziehung erfüllt
worden und werden noch jetzt gefüllt.
Gewinnung, Verarbeitung und Anwendung des Erdöles sollen in einem folgenden Referat
besprochen werden.
F.