Titel: | Ueber die Bestimmung des Gerbstoffes und die Analyse des Thees; von Dr. Josef Maria Eder. |
Autor: | Josef Maria Eder |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 81 |
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Ueber die Bestimmung des Gerbstoffes und die
Analyse des Thees; von Dr. Josef Maria
Eder.
Eder, über die Gerbstoffbestimmung im Thee.
Die Bestimmung des Gerbstoffgehaltes ist bei vielen technischen Producten, sowie bei
Nahrungs- und Genuſsmitteln von Wichtigkeit. Dies ist bei den Gerbmaterialien ganz
selbstverständlich; bei den Genuſsmitteln hat man wohl schon vor langer Zeit auf die
Bedeutung der Tanninbestimmung in Beziehung zur Werthschätzung derselben aufmerksam
gemacht, aber erst in neuerer Zeit mit Nachdruck auf die Tragweite der genauen
Kenntniſs des Gerbstoffgehaltes hingewiesen. Es gilt dies insbesondere vom
chinesischen Thee, der häufig dadurch verfälscht wird, daſs man schon abgebrühte
Blätter in den Handel bringt oder dem echten Thee zusetzt. Um eine solche
Verfälschung zu erkennen, haben mehrere Chemiker, namentlich A. H. Allen (1874 211 237) vorgeschlagen, den
Gerbstoffgehalt im Thee zu bestimmen.
Schon vor mehreren Jahrzehnten hatte man sich mit der Untersuchung des Gerbstoffes im
Thee beschäftigt. Ueber die Natur des Theegerbstoffes hatten die Arbeiten Rochleder'sAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 63 S.
202.
Hlasiwetz' und Malin'sWiener Akademische Berichte, 1867 Bd. 55 S.
19. und damit übereinstimmend die älteren Arbeiten Mulder'sPoggendorff's Annalen, Bd. 43 S. 161.
670. Gewiſsheit verschafft und gezeigt, daſs der Gerbstoff des Thees
identisch mit dem der Galläpfel sei, welche Befunde durch die späteren
Untersuchungen bestätigt wurden und die irrthümliche Ansicht Stenhouse'sAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 45 S.
366., die Theegerbsäure sei eine eigentümliche Säure,
richtigstellten.
Die älteren Angaben von DavyPhilosophical Transaction, 1803 S.
268., FrankPoggendorff's Annalen, Bd. 43 S.
161. und Mulder über die Menge des im
Thee enthaltenen Gerbstoffes sind sehr wenig Vertrauen erweckend, in Folge der
Unvollkommenheit der von ihnen durchgeführten Methoden. Sie fanden:
im grünen Thee
Haysan, China
17,80
Proc.
Mulder
Haysan, Java
17,56
„
Mulder
Grüner Thee
8,5
„
Davy
„ „
34,6
„
Frank
im schwarzen Thee
Congo, China
12,88
Proc.
Mulder
Congo, Java
14,80
„
Mulder
Schwarzer Thee
10
„
Davy
„ „
40,6
„
Frank.
Diese Zahlen weichen auf das Bedenklichste von einander ab;
sie schwanken so bedeutend, daſs man sie nicht zur Ableitung eines Mittels benutzen
kann. Mulder's Zahlen, welche noch jetzt häufig citirt
werden, sind zu hoch, was
sich aus dem von ihm eingeschlagenen Weg mit Leichtigkeit erklären läſst; Davy's Ziffern sind, wenigstens beim grünen Thee, zu
niedrig und Frank's Angaben nähern sich nicht einmal
annähernd der Wahrheit.
In späterer Zeit beschäftigten sich wieder einige Chemiker mit der Frage über den
Tanningehalt des Thees. Die Bestimmungsmethoden für den Gerbstoff waren einstweilen
vervollkommnet worden; allein die Analytiker sind über die Brauchbarkeit der
einzelnen Methoden noch lange nicht einig geworden. Diese Umstände beeinträchtigen
die Sicherheit auch der neueren Analysen, und es wurden auffallend verschiedene
Mittelwerthe für den Gerbstoffgehalt des Thees gefunden, je nach der Art der
Bestimmungsmethode.
Allen beschäftigte sich in letzterer Zeit eingehend mit
Untersuchungen über den chinesischen Thee und ihm verdanken wir mehrere Abhandlungen
über diesen Gegenstand.Vgl. Chemical News, 1874 Bd. 29 S. 167 und 189; 1874
Bd. 30 S. 2. Jahresbericht der Chemie, 1874 S.
1040. Er bediente sich bei der ersten Reihe seiner Analysen einer
auf Tannin gestellten Leimlösung. Die Gerbstoffbestimmung mit Leim war zuerst von
WarringtonAmerican Journal of Science, 1849 Bd. 6 S. 112.
(Vgl. 1847 104 316.) und später von
Fehling (1853 130 53)
beschrieben und von G. MüllerElsner: Chemisch-technische Mittheilungen, 1858
Bd. 7 S. 45. verbessert worden. Allein wenn auch ein Alaunzusatz
zur Gelatine (nach Müller's Vorgang) das Absetzen des
Niederschlages aus der Tanninlösung befördert, so daſs man mit einer weitaus
klareren Flüssigkeit arbeitet, als ohne diesen Zusatz, so ist die zu titrirende
Lösung dennoch zu wenig klar, um die Endreaction sicher bestimmen zu können, und
deshalb fallen die gefundenen Procentzahlen immer zu hoch aus; dieser Mehrbefund
kann, wenn man nicht mit minutiöser Genauigkeit arbeitet, leicht mehrere Procent
ausmachen, und auſserdem nimmt die Titrirung bei dem langsamen Absetzen des
Niederschlages oft viele Stunden in Anspruch, so daſs ich das ungünstige Urtheil von
Hallwachs (1866 180 53)
und BraunZeitschrift für analytische Chemie, 1868 S.
132. über die Titrirungsmethode des Gerbstoffes mit Leim nur
bestätige. Um das raschere Absetzen des Niederschlages zu erreichen, sättigte ich
nach Fr. Schulze's Vorschlag (1866 182 155) sowohl die Leimlösung, wie die Gerbstoffhaltige
Flüssigkeit mit Salmiak, ohne ein besseres Resultat als mit Müller's Methode zu erzielen.
Die Anwendung der vorzüglichen Methode Hammer'sJournal für praktische Chemie, Bd. 81 S.
159., die übrigens ziemlich groſse Mengen des
Untersuchungsmaterials voraussetzt und sich bekanntlich auf die Bestimmung der
Dichte des Decoctes vor und nach der Behandlung mit thierischer Haut gründet und von
Hallwachs, GauheZeitschrift für analytische Chemie, 1864 S.
122. u.a. sehr günstig beurtheilt wurde, konnte ich nicht gut zur
Bestimmung des
Gerbstoffes im Thee verwenden, weil das concentrirte Theedecoct sich beim Erkalten
stark trübt, unter Ausscheidung von gerbsaurem Theïn. Das Auftreten dieses in der
Kälte unlöslichen Körpers wirkt störend auf die Dichtebestimmung und den Gang der
Analyse.
Ich griff daher zu der in der neueren Zeit weniger beachteten Methode von H. FleckWagner's Jahresbericht, 1860 S.
531., welche sich auf die Thatsache stützt, daſs Gerbsäure durch
neutrales essigsaures Kupfer vollständig gefällt wird. Das Princip dieser Methode
wurde von SackurWagner's Jahresbericht, 1861 S.
625., WolffWagner's Jahresbericht, 1861 S.
624., Hallwachs und HagerUntersuchungen (Leipzig 1874), Bd. 2 S.
114. als ganz richtig anerkannt.
Nach dem Vorschlage Fleck's, die Gerbstoff-haltende
Flüssigkeit mit überschüssiger Kupferacetatlösung, deren Gehalt genau bekannt ist,
zu fällen und den Kupferüberschuſs im Filtrat mittels Cyankalium zurückzutitriren,
ist es thatsächlich unmöglich, den Gerbstoffgehalt zu bestimmen. Die Flüssigkeiten
sind so stark gefärbt, daſs das Eintreten der Endreaction (Ferrocyankalium als
Indicator) schwierig zu erkennen ist. Die analytischen Befunde schwanken deshalb
mitunter bis zu 1 Proc. Besser ist es, das Kupfer mit Schwefelnatrium
zurückzutitriren.Vgl. Mohr: Titrirmethode, 1870 S.
428.
Am zweckmäſsigsten erscheint mir das Sammeln des gefällten gerbsauren Kupfers auf
einem Filter (nach Sackur und Wolff) und Bestimmen des im Niederschlag enthaltenen Kupfers, um daraus
den Gerbstoff zu berechnen. Diese Methode gab mir sehr gut übereinstimmende
Resultate. Man kocht zu diesem Zweck etwa 2g Thee
dreimal mit je etwa 100cc Wasser ½ bis 1 Stunde
lang aus. Hierdurch ist der Gerbstoff so vollständig extrahirt, daſs beim weiteren
Auskochen nur mehr sehr geringe Mengen, höchstens etwa 0,2 Proc. abgegeben werden.
Die gesammten wässerigen, filtrirten Lösungen werden bis nahe zum Siedepunkt
erhitzt, wobei sich der etwa gebildete Niederschlag von gerbsaurem Theïn wieder
löst, und mit 20 bis 30cc einer Lösung von
Kupferacetat gefällt, welche durch Lösen von 1 Th. krystallisirtem Kupferacetat in
20 bis 25 Th. Wasser erhalten wurde. Es entsteht sofort ein flockiger brauner
Niederschlag von gerbsaurem Kupfer, welcher auf einem Filter gesammelt und mit
heiſsem Wasser gut gewaschen wird. Das Filtriren geht, wenn man ein rasch
filtrirendes Papier nahm, sehr gut vor sich, und ein Durchgehen des Niederschlages
durch das Filter kommt nicht vor. War genügend Kupferacetat zugesetzt worden, so ist
das Filtrat grün gefärbt. Das gerbsaure Kupfer wird getrocknet und in einem
Porzellantiegel eingeäschert, nach dem Erkalten der Inhalt Salpetersäure befeuchtet
und wieder geglüht und gewogen. Weil bei unvorsichtigem Arbeiten das Befeuchten mit
Salpetersäure die Veranlassung zum Spritzen geben kann, so ziehe ich vor, den
geglühten Kupferniederschlag, statt mit Salpetersäure zu oxydiren, denselben durch
Glühen mit Schwefel im Wasserstoffstrom im Rose'schen
Tiegel in Cu2S überzuführen und als solches zu
wiegen. Bei nicht ganz genauen Arbeiten kann man sich mit Vortheil der Ulrici'schen Methode der KupferbestimmungVgl. Fresenius:
Quantitative Analyse (Wiesbaden 1875), Bd. 1 S. 334.
bedienen, nach welcher man den Niederschlag mit etwas Schwefel im bedeckten
Porzellantiegel (ohne Wasserstoff) glüht.
Um mich von der Richtigkeit der Methode zu überzeugen und um zu ermitteln, wieviel
Kupfer in dem Niederschlag von gerbsaurem Kupfer enthalten ist, fällte ich eine
Lösung von reinem, bei 100° getrocknetem Tannin mit Kupferacetat. Zu der ersten
Versuchsreihe löste ich 1g,0425 Tannin zu 200cc in Wasser, fällte je 50cc von dieser Lösung mit überschüssigem
Kupferacetat und erhielt nach dem Glühen mit Schwefel im Wasserstoffstrom folgende
Gewichtsmengen Cu2S:
g
g
a)
0,1994,
d. i.
1g Cu2S
=
1,3068
Tannin
b)
0,1998
„ „
=
1,3043
„
c)
0,1992
„ „
=
1,3082
„
Zur Feststellung der Fundamentalverhältnisse stellte ich noch
eine zweite Versuchsreihe an und löste 2g,8376
Tannin zu 200cc und verfuhr wie oben. Aus 50cc der Lösung wurden erhalten:
g
g
d)
0,5431
Cu2S,
d. i.
1g Cu2S
=
1,3062
Tannin
e)
0,5438
„ „
=
1,3045
„
f)
0,5429
„ „
=
1,3066
„
Berechnet man aus diesen Zahlen den Durchschnitt, so ergibt
sich, daſs 1g Cu2S
= 1g CuO im Mittel 1g,3061 Tannin entspricht. Hiernach hat man also das gefundene Gewicht von
Kupfersulfür oder Kupferoxyd mit 1,306 zu multipliciren, um die Menge des
Gerbstoffes zu finden. Diese Ziffer ist etwas höher als die von Wolff gefundene, welcher angibt, daſs 1g Kupferoxyd 1g,304 Gerbstoff entspricht. Die Uebereinstimmung beider Zahlen ist sehr
befriedigend.
Als Hallwachs einige Gerbstoffbestimmungen mit
Kupferacetat vornahm und die Resultate mittels des von Wolff angegebenen Coefficienten berechnete, fand er, daſs der auf diese
Weise ermittelte Gerbstoffgehalt mit jenem nach Hammer's Methode gefundenen genügend übereinstimme. Berechnet man aber aus den
von Hallwachs gefundenen Mengen von Kupferoxyd mittels
des von mir angegebenen Coefficienten den Gerbstoffgehalt, so fallen die nach dieser
Methode erhaltenen Procentzahlen fast mit denen nach Hammer's Methode gefundenen zusammen; die Befunde stimmen jetzt viel
besser überein und die Differenz ist nicht gröſser als 0,1 bis 0,2 Proc.
Die Gerbstoffbestimmungen, welche ich auf die beschriebene Weise mit Kupferacetat ausführte,
schwanken unter einander um nicht mehr als 0,1 bis 0,2 Proc., wovon ich mich bei
einer groſsen Anzahl von Bestimmungen in verschiedenen Sorten von Thee überzeugt
hatte.
Ich versuchte noch andere Methoden der Gerbstoffbestimmung und ungefüge als einen
Beitrag zur Kritik der Verfahren hinzu, daſs Gerland's
MethodeZeitschrift für analytische Chemie, 1863 S.
419., welche sich auf die Titrirung mit Brechweinstein stützt,
ebenso wenig wie die Titrirung mit Leim die Endreaction scharf erkennen läſst.
Dem günstigen Urtheil Barbieri's (1876 219 471) über Carpené's
Methode (1875 216 452), nach welcher der Gerbstoff durch
eine ammoniakalische Zinkacetatlösung gefällt wird, kann ich mich nicht
anschlieſsen. Als ich mit dieser Methode den Gerbstoff im Thee bestimmen wollte.,
erhielt ich bei einer verschiedenen Concentration des Decoctes bedeutende, selbst 1
Proc. übersteigende Differenzen. Ich pflichte auf Grund dieser Thatsachen vollkommen
der eingehenden Kritik Kathreiner's (1878 227 481) über diesen Gegenstand bei, welcher angibt, daſs
man je nach der Concentration, Dauer und Stärke des Kochens verschiedene Resultate
erhält.
So vortrefflich Löwenthal's Verfahren (1861 159 143), welches auf der Titrirung des Tannins mit
Chamäleon beruht, besonders in seiner neuen ModificationZeitschrift für analytische Chemie, 1877 S. 33.
– Ich will durchaus nicht in Frage stellen, daſs diese vorzügliche Methode,
namentlich in der Kathreiner'schen Modification
(vgl. 1878 228 53), der ausgedehntesten und
allgemeinsten Anwendung bei verschiedenartigen Gerbmaterialien fähig
ist. ist, nach welcher zuerst summarisch, dann nach dem Digeriren
mit gesalzenem Leim titrirt und aus der Differenz der verbrauchten Chamäleonlösung
der Tanningehalt berechnet wird, so halte ich es doch für etwas zu umständlich, um
in der Praxis schnell zur Controle des Werthes einzelner Theesorten dienen zu
können. Die Herstellung der Titerflüssigkeit erfordert immer Zeit und Sorgfalt und
setzt den Besitz von reinem Tannin voraus, welchen Anforderungen bei dem hier ins
Auge gefaſsten Falle kaum immer zu entsprechen sein wird. Von diesem Vorwurfe ist
die Methode der Gerbstoffbestimmung mittels Kupferacetat frei.
Endlich soll hier die Besprechung der neuen, von AllenChemical News, 1874 Bd. 29 S. 167. 189. vorgeschlagenen Methode
folgen, welche er zur Bestimmung des Gerbstoffes im Thee empfahl, um dadurch ein
Kriterium für die Echtheit desselben zu erhalten. Sie beruht darauf, daſs durch
essigsaures Blei die adstringirenden Substanzen so vollständig gefällt werden, daſs
auf Zusatz einer mit Ammoniak versetzten Lösung von Ferridcyankalium (man löst
Ferridcyankalium in einem Gemisch von gleichen Volumtheilen Ammoniak und Wasser)
keine Färbung mehr eintritt, während ein Kröpfen dieses Reagens bei Gegenwart von
0mg,01 Tannin noch eine deutlich rothe Färbung
hervorbringt. Vom Bleiacetat wird 1g zu 1l gelöst. Zur Titerstellung löst man 1g Tannin in 1l
Wasser; auf 1cc dieser Lösung werden etwa 10cc der vorigen verbraucht. Von der zu titrirenden
Flüssigkeit wird zeitweilig ein Tropfen auf einen Porzellanteller filtrirt (das
Uebrige zurückgewaschen) und mit dem Indicator vermischt. Die Analysen nach dieser
Methode stimmen ganz gut; ich erhielt Differenzen von etwa 0,3 Proc. Gerbstoff. Ich
verglich die mittels Kupferacetat erhaltenen analytischen Resultate mit denen nach
Allen's Methode erzielten und beobachtete
regelmäſsig einen niedrigeren Befund nach der letzteren Methode. In einem
chinesischen Congo-Thee wurden folgende Gerbstoffmengen gefunden:
Nach Allen's
Methode
Mit Kupferacetat
a)
7,95
8,36 Proc.
b)
7,66
8,29
c)
8,05
8,11.
Auf den ersten Blick erscheint dieses auffallende Resultat im Widerspruch zu sein mit
den Eigenschaften des Bleiacetates, viel mehr organische Substanzen und Farbstoffe
zu fällen als das Kupferacetat. Allein dies erklärt sich leicht durch die Annahme,
daſs das Bleiacetat zuerst hauptsächlich den Gerbstoff, dann erst die übrigen
Extractivstoffe fällt. Von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugte ich mich auf
folgende Art: Ich titrirte das Theedecoct nach Allen's
Methode, unter Benutzung des Ferridcyankaliums als Indicator. Eine andere Probe
desselben Decoctes titrirte ich mit derselben Bleilösung, und zwar setzte ich
dieselbe so lange zu, bis ein abfiltrirter Tropfen mit Schwefelammonium eine
Bräunung gab. Nach der letzten Methode verbrauchte ich eine gröſsere Menge der
Bleilösung als nach der ersteren, und aus dem Verbrauch berechnete ich folgende
Gewichtsprocente an Gerbstoff:
Mit ammoniakalischem Ferrid-cyankalium als
Indicator
Mit Schwefelammoniumals Indicator
7,78 Proc. Gerbstoff
8,65 Proc. Gerbstoff
7,93
8,99
Titrirt man aber eine reine
Tanninlösung, so ergibt sich bei der Anwendung beider Indicatoren nur ein geringer
Unterschied von etwa 0,2 Proc.; stets aber liefert auch hier das Schwefelammonium
die höheren Zahlen. Daſs also beim Thee so bedeutende Differenzen je nach der
Anwendung von Ferridcyankalium oder Schwefelammonium gefunden werden, erklärt sich
daraus, daſs mittels des einen Indicators so lange titrirt wird, als noch Gerbstoff
in der Lösung sich befindet, mittels des anderen aber so lange, als Bleiacetat noch
etwas fällt. Wenn man mittels des letzteren (Schwefelammonium) mehr Bleilösung
verbraucht als mittels des ersteren, so ist dies ein Beweis, daſs auſser Tannin noch
andere durch Blei fällbare Substanzen vorhanden sind, welche aber erst dann
niederfallen, wenn alles Tannin gefällt ist. Dazu kommt noch, daſs Allen's Methode überhaupt etwas zu geringe Zahlen gibt,
was augenscheinlich in dem Verkennen der Endreaction seinen Grund hat. Die Differenz dieser
Methode und jener mit Kupfer erscheint etwas gröſser, weil erstere zu niedrige,
letztere etwas zu hohe Zahlen gibt.
Allen's Methode der Tanninbestimmung im Thee ist demnach
ganz empfehlenswerth, wobei allerdings der Uebelstand sich bemerklich macht, daſs
das Bleiacetat mit der Zeit seinen Titer ändert. Jedenfalls gibt sie richtigere
Resultate als die Methode mittels Leimlösung, welch letztere auch Allen bei seinen Untersuchungen aufgegeben hatte. Wie
merklich die nach diesen beiden Methoden erhaltenen Resultate differiren, zeigen die
mittleren Tanningehalte, welche Allen nach dem einen
oder dem andern Verfahren erhielt. Er fand im schwarzen
Thee mit Gelatine 12,5 und mit Blei 10,0 Proc. Gerbstoff. Die Bestimmungen
mit Blei nahm Allen mit Recht als die genaueren an.
Bemerkenswerth ist, daſs Kupferacetat eine so kleine Menge von Farbstoffen oder
anderen Extractivstoffen niederschlägt, daſs sie zu vernachlässigen sind. Um zu
untersuchen, ob die Anwesenheit von Pektinkörpern und ähnlichen Substanzen, welche
nach LöweZeitschrift für analytische Chemie, 1865 S.
366. bei anderen Methoden der Gerbstoffbestimmung die Ursache von
etwa zu hohen Resultaten sind, einen merklichen Einfluſs auf die Genauigkeit der
Methode ausüben, extrahirte ich den Thee, dampfte das Filtrat unter Zusatz von etwas
Essigsäure ein, zog den Rückstand mit Alkohol aus und bestimmte nach dem Verjagen
des Alkohols in der wässerigen Lösung mit Kupferacetat den Gerbstoff. Zugleich wurde
in einem einfachen wässerigen Auszug die Fällung ohne vorhergehende Entfernung der
Pektinkörper vorgenommen. Zur Untersuchung nahm ich grünen Thee, und zwar
chinesischen Haysan, weil dieser extractreicher als der schwarze ist.
Nach Abscheidungder Pektinkörper
Ohne Abscheidungderselben
a)
12,07 Proc. Gerbstoff
12,44 Proc. Gerbstoff
b)
12,12
11,98
c)
11,76
12,32
Es war also wirklich durch den Weingeist die Ausscheidung
einer geringen Menge einer mit Kupferacetat fällbaren Substanz bewirkt worden. Indem
hiervon jedenfalls etwas auf Rechnung des mechanischen Verlustes gesetzt werden
muſs, erscheint die Differenz zu gering, um die vorhergehende Extraction des
Gerbstoffes mit Weingeist erforderlich zu machen, um so mehr als die etwas
mangelhafte Extraction des Gerbstoffes beim Auskochen des Productes mit Wasser
leicht zu Verlusten Veranlassung geben kann.
Die geringen Mengen Gallussäure und Oxalsäure, welche Hlasiwetz und MalinWiener Akademische Berichte, 1867 Bd. 55 S.
19. im Thee auffanden und höchstens 0,2 Proc. betrugen, sowie die
geringe Menge von Boheasäure, welche RochlederAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 63 S.
202. Bd. 71 S. 10. im Thee entdeckte und nach seinen Angaben 0,1 Proc. betrug, aber
noch die beiden vorhin genannten Säuren enthalten haben dürfte, beeinflussen das
Resultat der Methode mittels Kupferacetat. Der Fehler durch diese Verhältniſse
bewirkt einen Mehrbefund an Gerbstoff. Zieht man aber in Betracht, daſs sich immer
kleine Mengen von Gerbstoff der Extraction mit kochendem Wasser entziehen, wie ich
oben schon erwähnte, und deshalb ein geringer Verlust entsteht, der wohl das Zuviel,
welches durch die anderen Umstände herbeigeführt wird, nicht überwiegt, aber dennoch
herabdrückt, daſs also die Methode zwei kleine Fehlerquellen hat, die sich
gegenseitig ausgleichen, so glaube ich nicht fehlzugehen, wenn ich behaupte, die von
mir beschriebene Methode der Gerbstoffbestimmung mit Kupferacetat gebe keinen
gröſseren Fehler als 0,2 bis 0,3 Proc. Um diese Menge fallen die Bestimmungen in den
Gerbstoffhaltigen Materialien, namentlich im Thee, zu hoch aus.
Was die von Fleck angegebene Methode der Trennung von
gerbsaurem Kupfer und gallussaurem Kupfer mittels kohlensauren Ammoniums, welches
nur das letztere, nicht aber das erstere lösen soll, anbelangt, so betone ich, daſs
sie unbrauchbar ist; denn auch reines gerbsaures Kupfer wird von kohlensaurem
Ammonium nicht unbeträchtlich aufgelöst. In Folge dessen muſs man immer einen zu
hohen Gehalt an Gallussäure finden. Dies suchte HagerUntersuchungen (Leipzig 1874), Bd. 2 S.
115. auszugleichen, indem er den so ermittelten Gehalt von
Gallussäure mit 0,9 multiplicirte. Auch so konnte ich keine constanten Zahlen
erhalten. Deshalb ziehe ich vor, den Kupferniederschlag, wie er aus dem Theedecoct
erhalten wird, sofort nach dem Waschen einzuäschern und nach dem oben beschriebenen
Vorgang aus dem Kupfer den Gerbstoff zu berechnen. Auf diese Weise habe ich eine
Reihe von Gerbstoffbestimmungen in einer groſsen Menge von Theesorten vorgenommen,
deren Resultate ich zugleich mit anderen Untersuchungen über verschiedene Theesorten
demnächst veröffentlichen werde.
Nach meiner Ansicht ist also die Gerbstoffbestimmung mit Kupferacetat mehr als andere
Methoden geeignet, sich rasch, ohne viele Vorbereitungen und Zeitverlust über den
Gerbstoffgehalt des Thees und ähnlicher Producte zu vergewissern. Die Genauigkeit
der Resultate und die Möglichkeit, mehrere Analysen ohne Mühe gleichzeitig in
Angriff nehmen zu können und so schnell die Ueberzeugung von der Echtheit des Thees
oder der Gröſse des Gerbstoffgehaltes im Allgemeinen sich verschaffen zu können,
machen diese Methode zu einer sehr praktischen.
Troppau, Juni 1878.