Titel: | Zur Hehner'schen Butterprobe. |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 282 |
Download: | XML |
Zur Hehner'schen Butterprobe.
Zur Hehner'schen Butterprobe.
Ueber die von Hehner (1877 225 404) zur Prüfung der Butter auf fremde Fette empfohlene Bestimmung der
Fettsäuren sprachen sich bekanntlich Bachmeyer (1877
226 103) und Sachsse
(1878 228 478) durchaus günstig aus; Kretschmar (1878 227 591)
fand dagegen, daſs auch reine Butten 89,2 Proc. unlösliche Fettsäuren enthalten
kann, der von Hehner angegebene Grenzwerth von 88 Proc.
daher zu niedrig sei, während Heintz (1878 228 478) die Methode überhaupt als unzuverlässig
erklärte.
Nach Völker und Bromeis
soll Butter bestehen aus:
Tristearin und Tripalmitin
68
Trioleïn
30
Andere Triglyceride
2
––––
100.
Da hiermit die Angabe von Hehner nicht in Einklang zu
bringen ist, so bestimmten W. Fleischmann und P. Vieth (Zeitschrift für
analytische Chemie, 1878 S. 287) die unlöslichen Fettsäuren verschiedener
Butterproben der Meierei Raden. Sie fanden in dieser reinen Butter bis 87,45 Proc.
später 90,27 und 90,35, in reiner Butter aus Tolzin im Mittel sogar 91,1 Proc.
Fettsäuren.Nach C. Birnbaum lieferte dem Carlsruher
Wochenmarkte entnommenes Butterfett 86,53 Proc. unlösliche Fettsäure.
Nachdem diese Butter nahezu 3 Wochen lang gestanden und stark ranzig
geworden war, ergab das Fett derselben 86,87 Proc. in Wasser unlöslicher
Fettsäuren. Die Differenz zwischen der letzten Prüfung und den beiden ersten
Prüfungen darf wohl als innerhalb der Fehlergrenzen der Prüfungsmethode
liegend angesehen werden. Gibt man dies zu, so erkennt man, daſs sich in
Butter, wenigstens während der ersten Stadien des Ranzigwerdens, die Summe
der in Rede stehenden Fettsäuren nicht ändert. Die mit dem Ranzigwerden
verbundenen Zersetzungen erscheinen sich also zunächst nur auf die
Triglyceride der flüchtigen Fettsäuren und nicht, wie dies früher Einzelne
anzunehmen geneigt waren, auch auf das Oleïn zu erstrecken.
Weitere Versuche zeigten, daſs durch fortgesetztes Auswaschen in einzelnen Fällen der
Säuregehalt um 1,96 Proc. herunterging, daſs demnach die von Hehner angegebene 0l,75 Waschwassermenge
zu niedrig gegriffen ist. Fleischmann prüfte nun in
Folge dessen das Waschwasser stets mit empfindlicher Lackmuslösung, indem er 5cc desselben zu einigen in weiten Reagenscylindern
enthaltenen Tropfen Lackmus so lange zuflieſsen lieſs, bis sich die äuſserst schwach
saure Reaction nicht weiter verminderte.
Unter Beobachtung dieser Vorsicht wurden zunächst mehrere Proben amerikanischer
Butter (vgl. 1878 227 110) untersucht; sie ergaben bis
88,46 Proc. Fettsäuren, sind daher wohl als rein zu bezeichnen. Bei der Untersuchung
einer Probe wurden sogar folgende Resultate erhalten:
Substanz
Unlösliche Fettsäuren
g
g
l
7.
Februar
1878:
2,1383
1,8178
=
85,01
Proc.
3,0
Waschwasser
getrübt
„
„
„
1,8032
1,5102
=
83,75
„
3,0
„
„
11.
„
„
1,7973
1,5275
=
84,99
„
2,5
„
„
„
„
„
2,3165
1,9873
=
85,79
„
2,5
„
klar
13.
„
„
1,9419
1,6684
=
85,92
„
1,5
„
„
Hier fällt der sehr niedrige Gehalt an unlöslichen Fettsäuren
auf. Reine Buttersorten aus Mecklenburg gaben 86 bis 87,13 Proc. Butterfett aus
Schafmilch gab 87,95 und 87,79, aus Ziegenmilch 88,25 und 88,46, aus Stutenmilch
92,68 Proc. Fettsäuren. Ungesalzene Kunstbutter von Sarg in Wien gab 95,57, gesalzene 95,61 Proc., Rindstalg (Nierentalg)
95,7, Hammeltalg 95,82, Hirschtalg vom Dammhirsch 95,78 und vom Edelhirsch 95,22
Proc. Fettsäuren, Schweinefett 95,75, Dachsfett 95,40 Proc. Aus Olivenöl wurden
96,14 Proc. unlösliche Fettsäuren erhalten, die sich beim Trocknen aber sehr rasch
oxydirten; so ergaben z.B. 3g,7177 Oel an
unlöslichen Fettsäuren:
g
3,5604
=
95,76
Proc.
1,5
Stunden
getrocknet
3,5650
=
95,89
„
3,0
„
„
3,5718
=
96,07
„
4,0
„
„
3,5777
=
96,23
„
5,0
„
„
3,5811
=
96,32
„
6,0
„
„
3,5895
=
96,55
„
8,0
„
„
Aus den 185 Analysen von Fleischmann ergibt sich
demnach, daſs reines Butterfett 85,79 bis 89,73 Proc. Fettsäuren gibt. Hiernach
könnte also ein Gemenge aus gleichen Theilen Butterfett und fremdem Fett der
Entdeckung durch die Hehner'sche Prüfungsmethode
entgehen, wenn nämlich dem verwendeten Butterfett die Procentzahl 85,80 zugekommen
wäre, und wenn man die Möglichkeit in Betracht zieht, daſs reine Butter zuweilen,
freilich nur höchst selten, die Procentzahl 89,80 ergibt. Findet man für irgend ein
untersuchtes Fett Procentzahlen von 87,5 und darunter, so wird man, wenn man das
Fett als reines Butterfett erklärt, sicherlich nur in den seltensten Fällen
fehlgreifen. Man ist also im Stande, die Reinheit einer Buttersorte, welche Procentzahlen bis zu 88,0
liefert, auf Grund der Hehner'schen Methode mit einem
groſsen Grad von Sicherheit zu constatiren, und schon dadurch besitzt diese Methode
einen hohen Werth. Umgekehrt kann man auf Grund der von Fleischmann erhaltenen Zahlen ein Fett mit einer Procentzahl von 90,0 und
darüber mit hohem Grade von Wahrscheinlichkeit als ein Gemenge von Butterfett mit
fremden Fetten erklären. Hält man sich bei der Beurtheilung an die Zahl 89,80, so
wird man freilich eventuell in den ungünstigsten und seltensten Fällen noch
Butterfett mit 50 Proc. in der Mehrzahl der Fälle jedoch höchstens solches mit 28,75
Proc. Verfälschung passiren lassen, ohne in der Lage zu sein, die Verfälschung als
solche, geschweige denn unter genauer Angabe ihrer Gröſse, mit unzweifelhafter
Sicherheit feststellen zu können. Möglicherweise liegt der Grund dieser Unsicherheit
hauptsächlich in der Art und Weise der Durchführung der Methode, wie sie Hehner vorschreibt, und namentlich in der Miſslichkeit,
die löslichen Fettsäuren von den unlöslichen durch Auswaschen der letzteren auf dem
Filter durch kochendes Wasser trennen zu müssen. Das Princip, welches der Hehner'schen Methode zu Grunde liegt, ist unstreitig
für die Prüfung des Butterfettes auf Verfälschung mit fremden Fetten schon bei der
jetzt üblichen Durchführung desselben überaus werthvoll und würde es noch mehr
werden, wenn es gelänge, die Summe der unlöslichen Fettsäuren mit gröſserer Schärfe,
als dies durch Auswaschen möglich ist, festzustellen.