Titel: Allgemeine Gewerbeausstellung der Provinz Hannover.
Autor: F.
Fundstelle: Band 230, Jahrgang 1878, S. 442
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Allgemeine Gewerbeausstellung der Provinz Hannover. (Fortsetzung und Schluſs von Bd. 229 S. 388.) Allgemeine Gewerbeausstellung der Provinz Hannover. Glas- und Thonwaaren. Betrachten wir zunächst die Glasfabrikation, so bemerken wir, daſs von den 25 Glasfabriken der Provinz Hannover nur 9 die Ausstellung beschickt haben. Unter diesen ist besonders hervorragend die Deutsche Spiegelglas-Actiengesellschaft in Freden. Diese erst 1871 erbaute Fabrik verbraucht jährlich etwa 50000t Schmelzsand und 212000t Steinkohlen nebst Glaubersalz, Soda und Kalkspath und liefert etwa 20000qm Spiegelglas. Daſselbe wird in einer groſsartigen Schleiferei, welche von zwei Turbinen von je 150e getrieben wird, geschliffen und polirt. Von den ausgestellten Gegenständen sind hervorzuheben mächtige Spiegelscheiben und eine 36mm starke Aquariumscheibe, wie sie in gleicher Gröſse und Schönheit bisher weder in Deutschland, noch in Frankreich und England hergestellt wurde. Auch der Spiegel und das Billard, mit matter Glastafel belegt, sind durchaus lobenswerth. Als völlig neu ist ganz besonders das Marmorglas hervorzuheben. Daſselbe, vielleicht mittels Kryolith und Zinkoxyd hergestellt, ist, wie die ausgestellte 2qm groſse Platte, die kleinen Tische mit Marmorglasplatte, die Fuſsbodenplatten u. dgl. zeigen, tadellos weiſs, und bei seiner groſsen Härte (etwa 6, während Marmor nur 3 hat) gewiſs für genannte Zwecke dem Marmor vorzuziehen. Geblasenes halbweiſses und grünes Fensterglas stellt die Glasfabrik Carlshtütte in Gnarrenburg aus; eine 2m lange Tafelglaswalze soll wohl die Fabrikation erläutern. F. L. Stender in Lamspringe hat sehr schönes weiſses Hohlglas, namentlich Standgefäſse für chemische Laboratorien und Apotheken, Gasentwicklungsflaschen, Trichter, mächtige Retorten nebst Vorlage u. dgl. geschickt; welche alle Anerkennung verdienen. Bemerkenswerth sind auch die Standflaschen aus sogen. Topasglas, welches die chemisch wirksamen Lichtstrahlen noch weniger durchläſst als schwarzes und blaues Glas, dabei aber die Gegenstände in dem Glase noch erkennen läſst. Daſselbe ist in der ganzen Glasmasse durch Schwefelalkalien gefärbt, wohl mittels Glaubersalz und Kohle oder besser mit reinem Schwefelnatrium. Gute Mineralwasserflaschen und Weinflaschen, die einen Druck von 18 bis 20at aushalten, hat die Glasfabrik Osterwald, Weingläser und sonstiges weiſses Hohlglas haben W. Hampel in Schildhorst, F. Luckmann in Lamspringe und namentlich Gebrüder Pfaff in Münden ausgestellt, Heyser und Otto in Herzberg Lampenfüſse aus Milchglas. L. Bitter in Hannover hat geschliffene Biergläser, ein Damenbret, eine Mausefalle aus geschliffenen Glasplatten u. dgl. geschickt, Glas- und Porzellanmalerei sind ausgestellt von A. Stender in Lamspringe, A. Seckendorf in Hannover, Keese und Peinemann in Hannover und A. Wöhler in Hannover. Porzellanfabriken sind in der Provinz Hannover nicht vertreten. Von feinem Steingut ist namentlich das von der Steingutfabrik Witteburg, Farge und der Steingutfabrik Grohn, die 250 Arbeiter beschäftigt, beachtenswerth. Die ausgestellten Waschschalen, Teller, Schüsseln, Blumentöpfe u. dgl. zeigen eine gute Malerei und tadellose Glasur; sie können den besten Leistungen dieser Art an die Seite gestellt werden. Ordinäres Steingut, welches mehrere Gegenden der Provinz Hannover in sehr guter Qualität und bedeutender Quantität liefern, ist recht schwach vertreten. Nur A. Meyer in Lehrte und W. Stöve in Warteishöhe haben Steintöpfe, Krüge, Blumentöpfe u. dgl. ausgestellt. Dagegen zeigt die Ausstellung eine groſse Anzahl von Oefen, die in jeder Beziehung musterhaft sind. Besonders lobenswerth sind die Oefen von G. Schönewald in Linden und H. Brauns in Hannover, in tadelloser Form und mit besonders schöner Glasur. Recht gut sind auch die Oefen und Kamine von Albrecht und Sohn in Hildesheim, die u.a. einen Ofen mit gemalten Kacheln ausgestellt haben. Beachtenswerth sind auch dessen Gartenfiguren von gelbem Thon, welche den Platz vor dem Ausstellungsgebäude zieren. Nicht minder schon sind die Thonfiguren von L. Heyer in Lockeberg, namentlich die beiden Zwerge mit Hecht und Champagnerflasche. Derselbe hat auch glasirte Ziegel- und Verblendsteine, deren reine gelbe und braune Farbe aber durch Eintauchen in reinfarbigen Thon hergestellt wurde, so daſs bei der geringsten Verletzung der Kanten die gelbliche Farbe des Steines hervortritt. Die Ummeln-Sehnder Gewerkschaft hat auſser verschiedenen Verblendsteinen u. dgl. auf dem Platze hinter dem Ausstellungsgebäude mächtige Thonrohre mit einer dunkelbraunen Thonglasur ausgestellt, die durchaus lobenswerth sind. Den Platz vor dem Ausstellungsgebäude schmückt noch ein geschmackvoller Pavillon in Rohbau von Liecke und Wehrhane in Hannover. Leider ist auf das Schwinden der Formsteine und Verzierungen nicht genügend Rücksicht genommen, so daſs das sonst so schöne Bauwerk durch oft mehr als 1cm breite Fugen verunziert wird. Auch die Glasur der Steine ist nicht besonders schön ausgefallen. Hauers und Gosewisch in Hannover haben neue Nachahmungen von Quadersandsteinen geliefert, die alle Beachtung verdienen, namentlich, wenn es gelingt, statt des Anstriches eine entsprechend gefärbte Thonmasse herzustellen. Stärke und Zucker. Die von zwei Stärkefabriken ausgestellte Weizenstärke war zwar gut, sie wurde aber weit übertroffen durch die Reisstärke von G. Lange in Osterholz, der 80 Arbeiter beschäftigt. In geschmackvoller Verpackung waren hier zu den verschiedensten Zwecken Reisstärkesorten ausgestellt wie sie wohl nirgend besser geliefert werden. Von den  27 Rohzuckerfabriken der Provinz hatten nur 17, von den 4 Raffinerien nur 2 ausgestellt. Im hohen Grade beachtenswerth war eine ausgelegte Tabelle, die wir hier (S. 444 und 445) gekürzt wiedergeben, weil eine derartige Zusammenstellung wohl noch nicht veröffentlicht wurde. Es ergibt sich daraus, daſs die Anlagekosten von 24 Fabriken 20027207 M. betragen, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daſs diese Summe die Kosten der Elutionsanlage bei Nordstemmen und Schladen nicht einschlieſst, daſs dieses aber für Ringelheim der Fall ist. Als Saftgewinnungsverfahren haben 24 Fabriken die Diffusion (D), Lafferde hat Hoppe'sche Filterpressen (H), Peine und Schellerten haben hydraulische Pressen (P). 9 Fabriken haben auſserdem die Osmose (O), 3 die Elution (E), 3 das Jelinek'sche Verfahren (J), Nordstemmen hat die beiden letzten zusammen eingeführt; in Emmerthal und Sehnde ist die Elution, ferner in Scheuerten die Diffusion im Bau begriffen. Von den Melassenverfahren wird also die Osmose in ebenso viel Fabriken angewendet als die übrigen zusammen genommen. Sämmtliche Fabriken liefern Kornzucker, nur Einbeck vorwiegend Farin und Nörten Krystallzucker. Uebersicht der Rüben-Rohzuckerfabrikation in der Provinz Hannover. Textabbildung Bd. 230, S. 444–445 Verarbeitete Rüben; Firma; Erbaut im Jahre; Actiencapital; Anleihe bezieh. Betriebscapital; Gesammtkosten der Fabrikanlage; Saftgewinnungsverfahr.; Sonstige Fabrikationsmethode; Zahl der Dampfkessel; Tägl. Zahl der Arbeiter; Tägl. Lohnbetrag.; seit Bestehen d. Fabrik; Zuckerfabr. zu Algermissen; Actien-Zuckerf. Bennigsen; Actien-Zuckerf. Bockenem; Clauener Actien-Zuckerf.; Dingelber Zuckerfabrik; Zuckerfabrik G. Düngen; C. Rabbethge & Co., Einbeck; Zuckerfabrik Elze; Zuckerfabrik Eminerthal; Actien-Zuckerf. Equord; Gronauer Rüben-Zuckerf.; Actien-Zuckerf. Gehrden; Neuwerk. Hann. Sarstedt; Zuckerfabrik Harsum; Hohenhameler Zuckerfabr.; Lafferder Actien-Zuckerf.; Zuckerfabrik zu Körten; Zuckerfabrik Nordstemmen; Zuckerfabrik Northeim; Zuckerfabrik Oldendorf; Actien-Zuckerfabrik Peine; Zuckerfabrik Zur Rast; Zuckerf. Rethen a. d. Leine; Zuckerfabrik Ringelheim; Ahstedt-Schellerter Zuckerf.; Actien-Zuckerf. Schladen; Actien-Zuckerf. Sehnde; Verausgabter Betrag für angekaufte Ruben; Ausbeute an Zucker Syrup; Verausgabter Betrag für Steuer; Vereinnahmter Betrag für Zucker und Syrup; Durchsehn-Eintrag der geernteten Rüben; seit Bestehen der Fabrik; Centner In ganz Deutschland wurden im Arbeitsjahr 1877/78 82007423 Ctr. Rüben versteuert und auf Zucker verarbeitet, so daſs die Provinz Hannover mit ihren 6301221 Ctr. mit 7,7 Proc. daran betheiligt ist. Die Provinz zahlte dafür 5040977 M. Steuer, 1ha Land gab im Durchschnitt 502 Centner oder 25t,1 Rüben, so daſs zur Lieferung der obigen Rübenmenge etwa 12000ha Land erforderlich waren. Die der Tabelle beigefügten Erläuterungen berechnen hieraus ein Betriebskapital von gut 31 Millionen Mark, so daſs in der Zuckerindustrie der Provinz Hannover ein Kapital von 54 Millionen Mark arbeitet. 23 Fabriken sind Actiengesellschaften mit Rübenbaupflicht, nur Einbeck (offene Handelsgesellschaft), Bennigsen, Gehrden und Sarstedt betreiben eigene Landwirtschaft; die drei letzten haben dementsprechend Actien ohne Rübenbaupflicht. F.