Titel: Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei.
Autor: V. Grieſsmayer
Fundstelle: Band 230, Jahrgang 1878, S. 495
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Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. (Fortsetzung von S. 430 dieses Bandes.) Grieſsmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. Einfluſs der aus Malz gebrauten Flüssigkeiten auf die Verdauung und Ernährung. J. J. Coleman wurde durch die günstigen Wirkungen, welche das sogen. Hoff'sche Malzextract auf seine Gesundheit äuſserte, veranlaſst nachzuforschen, worin denn eigentlich das wirksame Princip desselben bestehe, und kam so zu den folgenden in den Chemical News, 1878 Bd. 37 S. 177 mitgetheilten Resultaten. Im Vergleich mit anderen Bieren bestand das Hoff'sche Malzextract aus: Alkohol Extract Analytiker Hoff's Malzextract   4,00 8,12 Coleman Hofbräuhausbock   4,00 7,20 Kaiser Salvator 4,2 8,00 Kaiser Londoner Bier 4,5 5,00 Durchschnittlich London Porter 4,0 4,50 Edinburger Ale   4,41 3,58 Paul. Durch diese Analysen wird zunächst bestätigt, daſs das sogen. Malzextract eben nur ein Bier ist, zumal es auch die gewöhnliche Menge Kohlensäure enthält, daſs es dem Salvator sehr ähnlich ist, und daſs es sich von den englischen Bieren hauptsächlich durch sein Extract (im gewöhnlichen Sinne des Wortes) unterscheidet, indem jene eine ziemliche Menge krystallisirbaren Zuckers enthalten, während Hoff's Präparat fast ganz aus einer dunkelbraunen unkrystalisirbaren Substanz besteht. Nun entsteht die Frage, welcher Bestandtheil ist das wirksame Princip? Der Alkohol nicht; denn er erwärmt nicht und macht auch nicht fett. Also das Extract; aber auch dieses enthält wieder verschiedene Bestandtheile. Vielleicht die Diastase; aber diese wird ja durch das Sieden mit Hopfen unlöslich, oder doch bei der Gährung von der Hefe verzehrt! „Dies mag sein“, sagt Coleman, „aber die Natur dieser Fermente ist noch sehr dunkel. Mich däucht, wie wenn unsere Malzbiere in ihrem Extract ein Ferment in latenter Form enthielten, welches bereit ist, durch den Verdauungsproceſs in Thätigkeit zu treten.“ Zum Beweise dieser Theorie unternahm nun Coleman Versuche, welche zunächst negativ ausfielen. 100g Kartoffelbrei wurden bei Bluttemperatur 6 Stunden lang mit 500cc Wasser digerirt und dann filtrirt. Ein bestimmter Theil des Filtrates wurde zur Trockne verdampft und der Rückstand gewogen. Rückstand A) dieses Filtrat lieferteB) 60gHoff's Extract ebenso eingedampft 4,865,00 9g,86 A mit B gemischt und wie oben behandelt 9g,66 A mit B, gemischt, wie oben behandelt, aber mit einigen Tropfen     Salzsäure 9g,56. Nun überlegte Coleman erst, daſs diese Experimente zwar die Verdauung des Magens, aber nicht die des Darmes nachahmten. Der Magensaft und die Würzen sind von Natur schon sauer; der Saft der Bauchspeicheldrüse aber ist alkalisch. Er wiederholte daher seine Untersuchungen in schwach alkalischer Flüssigkeit. 50g Weiſsbrod wurden mit 200cc Wasser versetzt, mit Aetznatron leicht alkalisch gemacht und so 6 Stunden bei Bluttemperatur digerirt, dann filtrirt: Eine bestimmte Menge des Filtrates eingedampft, hinterlieſs Rückstand   6g,00 60gHoff's Extract, genau neutralisirt, lieferten   5g,51 ––––––– Zusammen 11g,51. Beide, gemischt und derselben Behandlung wie das erste unterworfen,   lieferten 16g,33 Also gingen 4g,82 des Brodes durch Vermittlung von Hoff's Malzextract, oder 20 Proc. der darin enthaltenen Stärke in Lösung. 30g Brod wurden mit 300cc Wasser versetzt, leicht alkalisch gemacht, bei Bluttemperatur 5 Stunden digerirt und filtrirt: Filtrat (wie oben)   3g,24 180g Wirthshausbier neutralisirt und eingedampft 13g,54 ––––––– Zusammen 16g,78. Beide gemischt und wie das erste behandelt 19g,00. Gewöhnliches Bier besitzt daher eine ähnlich lösende Eigenschaft. Diese und eine Reihe anderer Versuche zeigen, daſs es die Stärke ist, welche umgewandelt wird, ferner welch hohen Werth die aus Malz dargestellten Getränke für die Ernährung und Verdauung haben. Die Verdauungsproducte sind noch nicht analysirt und scheinen mehr gummöser Natur zu sein, mehr Dextrin als Zucker. Die ganze Abhandlung ist eine ganz unabsichtliche Reclame für Hoff's Malzextract – noch mehr aber für das bayerische Bier. Bei der groſsen Agitation, welche zumal von belgischer Seite und speciell von Dr. Boëns gegen dieses bewährte Getränke losgebrochen ist, muſs dieser englische Ausspruch, der zugleich vom chemischen und vom physiologischen Standpunkte ausgeht, als eine erfreuliche Unterstützung begrüſst werden. Die Bestimmung des schwefelsauren Kalkes im Biere. H. M. Wilson (Chemical News, 1878 Bd. 38 S. 197) stellte Untersuchungen über die Bestimmung des schwefelsauren Kalkes im Biere an und kam dabei zu dem scheinbar überraschenden Ergebniſs, daſs man dieses Salz im Biere nicht auf die gewöhnliche Weise bestimmen könne. Drei Proben wurden in folgender Weise behandelt: 100cc von jeder Probe wurden mit etwa 5cc Salzsäure gesotten und dann Chlorbarium zugegeben; dann wurde die Mischung wieder gekocht, absitzen gelassen und filtrirt. Mit dem Sulfate wurde hierbei ein schleimiger Niederschlag mitgerissen, welcher die Filtration bedeutend erschwerte. Die Niederschläge wurden ausgewaschen, getrocknet und verbrannt. Sie ergaben folgende Gewichte: A 77, B 64 und C 60mg. Nun wurden die Proben B und C in anderer Weise vorgenommen, nämlich 100cc von jeder Probe zur Trockne eingedampft, sodann etwa 0g,5 Salpeter zugefügt und über der Bunsen-Flamme gelinde geglüht. Man filtrirte von der hierbei entstehenden Kohle ab, säuerte das farblose Filtrat stark an, brachte es zum Sieden und fällte nunmehr erst mit Chlorbarium. Man erhielt hierbei folgende Sulfatgewichte: B 93, und C 92mg entsprechend 540 und 370mg Calciumsulfat in 1l. Wilson schlieſst hieraus, daſs die organischen Substanzen im Bier die Fällung der Schwefelsäure verhindern und daſs die erste Methode deshalb für Bier nicht anwendbar ist, während die zweite gut stimmende Resultate liefert. Ich halte diese Auffassung für ganz unrichtig. Das Mehr, welches nach der zweiten Methode erhalten wird, kommt offenbar aus der Oxydation der Proteinkörper des Extractes durch den zugefügten Salpeter. Eine diesbezügliche Rechnung liefert den deutlichen Beweis. Nach der ersten Methode erhielt Wilson unter B 64mg Bariumsulfat, nach der zweiten 93mg; die Differenz beträgt 29 Sulfat = 4mg Schwefel. Nun sind im Biere durchschnittlich 0,45 Proc. Proteine. Rechnet man nun den Schwefelgehalt derselben nach Ritthausen zu 0,9 Proc., so ergibt sich 100 : 450 = 0,9 : x, woraus x = 4mg Schwefel. Es erklärt sich daher die ganze Differenz durch die Umwandlung des Schwefels der Proteine in Schwefelsäure und könnte daher die Combination beider Methoden zu einer indirecten Bestimmung der Eiweiſsstoffe im Biere verwendet werden. Dr. V. Grieſsmayer.