Titel: Das schmiedbare Eisen auf der Weltausstellung zu Paris 1878.
Fundstelle: Band 231, Jahrgang 1879, S. 274
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Das schmiedbare Eisen auf der Weltausstellung zu Paris 1878.Nach dem Vortrag des Geh. Bergrath Dr. Wedding im Vereine zur Beförderung des Gewerbfleiſses (Sitzungsberichte, 1878 S. 196). Das schmiedbare Eisen auf der Weltausstellung zu Paris 1878. Die Ausstellung zu Paris 1878 gab ein klares Bild von dem gewaltigen Umschwung, der sich in Bezug auf die Darstellungsmethoden des schmiedbaren Eisens vollzogen hat und der, obwohl noch nicht zum vollkommenen Abschlüsse gekommen, doch diesem Abschlüsse nahe ist. An Stelle des Schweiſseisens (vgl. 1877 223 325), eines im teigigen Zustande mit Schlacke gemengt erhaltenen Productes, ist das Fluſseisen getreten, ein im flüssigen Zustand erhaltenes, daher schlackenfreies und völlig gleichförmiges Product. Die Processe, deren man sich allgemein bedient, um Fluſseisen zu erzeugen, sind der Bessemer- und der Flammofen- (Siemens-Martin-) Proceſs. Der allgemeinen Anwendbarkeit dieser Processe setzten sich bisher drei Schwierigkeiten entgegen, welche die Wiener- (1873) und die Philadelphia- (1876) Ausstellung, so geringe Zeit sie auch hinter uns liegen, noch als sehr erheblich und bedenklich für die allgemeine Ausbreitung der Fluſseisen-Erzeugung darstellten, nämlich 1) der Phosphorgehalt der Eisenerze; 2) die Schwierigkeit, dichte Guſsblöcke zu erzeugen und dichte Facongüsse darzustellen; 3) die Schwierigkeit, das Fluſseisen zu schweiſsen. 1) Phosphorgehalt der Erze. 1) Einfuhr fremder Erze. Der Mangel an hinreichend phosphorfreien Erzen hat sich in den eisenindustriellen Ländern Europas mit dem Fortschreiten der Fluſseisen-Erzeugung sehr lebhaft geltend gemacht. Man hat deshalb seine Zuflucht zu Erzen des Auslandes genommen und namentlich die zum Theil noch wenig ausgebeuteten Schätze des südlichen Europas und des nördlichen Afrikas herangezogen. Die Ausstellung gab hiervon ein gutes Bild. Besonders waren die Erze von Bilbao, deren jährlich über 1 Million Tonnen exportirt werden, vertreten. Diese Erze enthalten von 55 bis 64 Proc. Eisen und sind fast phosphorfrei. Nächstdem liefert Algier (Mocta und Tafna) nahezu ½ Million Tonnen. Altberühmte Punkte, wie Elba und Sardinien, haben eine neue Wichtigkeit erlangt. Im Ganzen entspricht die Einfuhr derartiger Erze nach Frankreich, England und Deutschland etwa ¼ Mill. Tonnen Roheisen, oder etwa 200000t weniger als die Gesammtproduction Preuſsens beträgt, auf welches von jenen Erzen noch nicht ¼ Mill. Tonnen kommt, während der Rest für England und Frankreich verbleibt. Die Schwierigkeit zum Bezüge solcher Erze wächst mit den Transportkosten und wird unüberwindlich, wo ein weiterer Eisenbahntransport erforderlich ist. Deshalb sind von den deutschen Werken hauptsächlich nur die in der Nähe des Rheines gelegenen in der glücklichen Lage, Gebrauch von solchen Erzen zu machen. 2) Entphosphorung des Eisens. Die zweite Art, sich unabhängig von dem Phosphorgehalt der Erze zu machen, begreift das groſse Gebiet der Verfahrungsarten zur Entphosphorung des Eisens. Auf diesem Gebiete zeigte die Ausstellung besonders deutlich, welche der zahlreichen vorgeschlagenen und versuchten Methoden wirklich praktisch geworden sind, welche sich im Stadium einer praktischen, daher hoffnungsvollen Entwicklung befinden, und welche als hoffnungslos aufgegeben wurden. Die Entphosphorung der Erze auf nassem Wege ist keinen Schritt vorwärts gekommen, die Entfernung des Phosphors im Hohofen ist gar nicht gelungen. a) Entphosphorung des Roheisens beim Feinen. Die wichtigste, theils im Stadium der hoffnungsvollen Entwicklung, theils bereits in praktischer Ausführung begriffene Methode, den Phosphor los zu werden, bezieht sich auf das Roheisen nach dem Abstich aus dem Hohofen oder nach wieder erfolgter Einschmelzung, und zwar beim Desiliciren oder Feinen. Die theoretisch längst bekannte Thatsache der Einwirkung der Eisenoxyde auf Silicium und Phosphordes Roheisens ist ziemlich gleichzeitig von A. Krupp in Deutschland und J. L. Bell in England in das Stadium praktischer Versuche geführt worden, aus denen ersterer eine eigenartige Methode entwickelte, welche mit vorzüglichem Erfolge unter dem Schütze eines deutschen Reichspatentes (D. R. P. Nr. 4391 vom 2. Juli 1877) bereits zu groſsartiger praktischer Anwendung gelangt ist. Langsamer schritten die Versuche Bell's voran, der nicht in der glücklichen Lage war, selbst über entsprechende Apparate zu verfügen, dagegen das groſse Verdienst hat, durch eingehende wissenschaftliche Versuche die Kenntniſs der bei diesem Processe stattfindenden Vorzüge zum Gemeingut zu machen – einem Processe, welcher wohl als der bedeutendste Fortschritt seit Erfindung des Bessemerprocesses und der Siemens'schen Regeneratoren im Gebiete des Eisenhüttenwesens bezeichnet werden darf. Das Verfahren besteht darin, daſs das geschmolzene phosphorhaltige Roheisen in einem rotirenden Ofen mit Eisenoxydherd entkieselt, ohne seines Kohlenstoffgehaltes beraubt zu werden, entphosphort und dann in einem Flammofen weiter auf Fluſseisen verarbeitet wird. Selbstverständlich war nur der Bell'sche Proceſs durch Proben vertreten, und zwar in der vorzüglichen Ausstellung der Werke des Cleveland-Districtes, die durch eine Schrift Bell's Erläuterung fand (vgl. 1877 225 264. 351. 1878 229 184. 290). So weit ist das alte Problem, auf dessen Bedeutung seit 16 Jahren hinzuweisen mein unablässiges Bemühen gewesen ist, das gemeinschaftlich zu bearbeiten ich vergeblich unsere Eisenhüttenbesitzer seit Jahren aufgefordert habe, denn glücklich gelöst. Noch fehlt ein letzter Schritt, den Phosphor ohne das Silicium zu entfernen. Denn erst dann kann man den Bessemerproceſs der Entkohlung direct anschlieſsen, während jetzt nichts übrig bleibt, als den Flammofenproceſs anzuwenden, oder aber das entkieselte Eisen mit Siliciumeisen zu mischen und dann zu verbessemern. b) Entphosphorung des Eisens beim Puddeln. Der zweite eingeschlagene Weg klammert sich an den dem unzweifelhaften Untergange geweihten Puddelproceſs an, mittels dessen gewöhnlicher Modification man bekanntlich schon längst die Entphosphorung auf sehr vollständige Weise zu erreichen versteht. Der rotirende Puddelofen hat dem Processe nicht nur wegen der Beseitigung der Handkratzarbeit, sondern besonders wegen des besseren Gelingens der Entphosphorung eine weitere Lebensfrist gerettet. Der Danks'sche Cylinderofen hat sich demgemäſs auch an einzelnen Stellen, wo ein phosphorreiches Material dazu anregte, wie im Cleveland-District, zu Creuzot u.a. eingebürgert. Der Cleveland-District stellte nur die Producte aus, Creuzot dagegen ein Modell. Der Ofen ist hier mit gekühlter Theilungsbrücke ausgeführt, welche den Zweck hat, an Stelle einer die Bearbeitung erschwerenden groſsen, zwei kleinere Luppen zu erzeugen. Der Tellerofen scheint für das Puddeln bereits wieder ganz aufgegeben worden zu sein. Mechanische Puddler sind als Reste einer überwundenen Periode in Form des Lemut'schen und Espinac'schen Apparates – ersterer mit horizontalen Krücken, letzterer mit verticaler, mit Rührarmen besetzter Spindel ausgerüstet – ausgestellt gewesen. Dieser ganze Weg, den Phosphor durch Puddeln zu entfernen, darf nur insoweit als ein Theil des Fluſseisenprocesses betrachtet werden, als sich das entphosphorte Eisen in Form eines Zusatzes im Flammofen verwenden läſst. c) Rennarbeit. Der dritte Weg der Entphosphorung beruht auf der Benutzung der Rennarbeit oder der directen Reduction der Eisenerze. Auſser dem alten Chenot'schen Verfahren mit seinen bekannten Apparaten, welches zu Bilbao sich in beschränkter Anwendung erhalten zu haben scheint, war von Martins in Sireuil ein ähnlicher Apparat ausgestellt, welcher sich dadurch Jon den älteren unterscheidet, daſs das reducirte Erz in langen, freihängenden Röhren, welche sich an den Untertheil des Ofens anschlieſsen, nach der Reduction abgekühlt wird. Wichtiger erscheint das von dem Amerikaner Du Puy eingeschlagene und durch Proben repräsentirte Verfahren der directen Reduction in ringcylinderförmigen Blechkästen, da bei dieser Methode der Luftzutritt von dem reducirten Erze ganz abgeschlossen bleibt (vgl. 1878 230 181. 506). Bis zum gegenwärtigen Augenblick hat die Weiterverarbeitung des reducirten Erzes zu Fluſseisen nach Anleitung des Llandore-Processes, welcher von Siemens in unbedeutender Ausstellung vor Augen geführt war, in der Weise, daſs das reducirte Erz in einem flüssigen Eisenbade von höherem Kohlenstoffgehalt durch Eintränkung gelöst wird, nur einen beschränkten praktischen Erfolg gehabt. Noch scheint die Abscheidung der Gangarten als Schlacke ohne Ueberführung des Phosphors in das Metall eine für unreine Erze ungelöste Aufgabe, weil es nicht gelingt, den Proceſs in hinreichend niedrigen Temperaturen auszuführen. 3) Unschädlichmachung des Phosphorgeholtes. Ein dritter Weg, sich von der Bedingung phosphorfreier Erze loszumachen, liegt in der Unschädlichmachung des unbeseitigten Phosphorgehaltes, und zwar durch Benutzung eines niedriggekohlten und manganreichen Fluſseisens, welches nur unter Zusatz eines im Verhältniſs zu seinem Mangangehalt an Kohlenstoff armen Materials erzielt werden kann. Diese Methode beruht auf dem Grundsatze, daſs die Schädlichkeit des Phosphorgehaltes mit dem Kohlenstoffgehalte des Eisens abnehme. Der wesentliche Fortschritt, welcher diese Methode zu praktischer Anwendbarkeit geführt hat, ist die Darstellung geeigneter Manganverbindungen auf billige Weise. Die Erzeugung des Ferromangans – einer der Regel nach nicht über 5 bis 6 Proc. Kohlenstoff enthaltenden Eisenmangan-Legirung, welche in allen Verbindungsnüancen durch die Ausstellung von Terrenoire, von Jacob Holtzer, der St. Louis-Hohöfen (in Frankreich) u.s.w. vorgeführt war – im Hohofen macht bei hinreichendem Kalkzuschlag keine Schwierigkeiten mehr. Es gelingt, einen beliebigen Mangangehalt bis zu 87 Proc. Mangan hinauf zu erzielen (vgl. 1878 227 272). Unter Anwendung dieses Desoxydationsmittels kann das Fluſseisen bis zu den an Kohlenstoff ärmsten Nuancen herab (0,05 Proc. Kohlenstoff) dargestellt werden, da damit selbst ein ziemlich hoher Sauerstoffgehalt wieder entfernt wird. II) Schwierigkeit, dichte Guſsstüche zu erzeugen. 1) Guſsblöcke. Darf man hinsichtlich der Entphosphorungsfrage die Entwickelung noch nicht für völlig abgeschlossen halten, so ist die Schwierigkeit, dichte Guſsblöcke darzustellen, nach dem, was in dieser Richtung die Ausstellung bot, nunmehr für überwunden zu erachten. Die vorwiegende Forderung der Consumenten, ein niedrig gekohltes Fluſseisen zu erhalten, erhöhte die Schwierigkeit, blasenfreie Blöcke herzustellen, trotz der Fortschritte, welche im Uebrigen gemacht wurden. Der zunächst liegende Versuch, das Ziel durch mechanische Hilfsmittel (Pressen) zu erreichen, ist an den meisten Stellen aufgegeben, und nur Whitworth in Manchester (vgl. * 1877 225 423) zeigte die Möglichkeit dieses Verfahrens durch eine vorzügliche Sammlung gepreſster Dichtgüsse, welche neben den ungepreſsten blasigen Güssen aufgestellt den wesentlichen Einfluſs der Pressung darstellten. Dagegen hat sich das chemische Verfahren, welches auf der Desoxydation durch Mangan, Silicium u.a. Stoffe beruht, zu einer ganz erstaunlichen Vollkommenheit entwickelt (vgl. 1878 227 271). Nicht nur die mustergiltige Ausstellung von Terrenoire, sondern auch zahlreiche andere Aussteller Frankreichs und Englands bewiesen, daſs der Dichtguſs für Fluſseisen selbst sehr geringen Kohlenstoffgehaltes durch Zusatz hinreichender Mengen von Desoxydationsmitteln in einem früher ungeahnten Maſse erreichbar ist. Unter den Desoxydationsmitteln spielen Mangan und Silicium die Hauptrolle, obwohl auch Wolfram und Chrom für den gleichen Zweck bestimmt werden. Silicium ist das bei weitem wirksamste Mittel; aber ein Ueberschuſs davon ist gefährlicher für die Beschaffenheit des Stahles, als der irgend eines anderen Stoffes, namentlich des Mangans, welches daher mit Vorliebe als Ferromangan oder wohl auch als Siliciumferromangan angewendet wird. Die Zusammensetzungen einiger solcher Desoxydationsmittel möge hier angeführt werden: Siliciummanganeisen SiliciumManganEisen 5,556,5085,50 10,2020,5066,75 7,603,0986,57 Wolframmanganeisen WolframManganEisen 24,2541,5030,00 Chrommanganeisen ChromManganEisen 25,3013,20 57,43. 2) Façonguſs. Auf demselben Grundsatze beruht auch die Möglichkeit, dichte Facongüsse zu erzeugen, und auch auf diesem Felde zeigte die Ausstellung, daſs die bisher bestandenen Schwierigkeiten als gehoben betrachtet werden dürfen. Die complicirtesten Guſsstücke fanden sich in vorzüglicher Ausführung im rohen und bearbeiteten Zustande vor. Das Ausglühen derselben zur Aufhebung der Spannung ist ebenso vortheilhaft, wie bei gewöhnlichen Guſswaaren, und es scheint beinahe, als wenn der ausgeglühte, auch wohl durch Glühen in Oxyden schwach entkohlte Fluſseisenguſs bestimmt sei, den bisherigen schmiedbaren Guſs, der aus Guſseisen erzeugt ist, zu verdrängen. Als besondere Methode ist die Härtung der Fabrikate zu erwähnen, welche nach derselben wieder auf einen bestimmten Grad ausgeglüht werden, eine Methode, die nur für kohlenstoffreichere Producte (Stahl) Anwendung finden kann, sich aber dann sehr vorzüglich bewähren soll, weil sie eine groſse Sicherheit in Bezug auf die zu erreichende Festigkeit zuläſst. 3) Allgemeine Fortschritte. Abgesehen von diesen direct wirkenden Vervollkommnungen hat nicht wenig zur Herstellung brauchbarer Güsse mittelbar auch der Fortschritt der Fluſseisenprocesse im Allgemeinen beigetragen. Am wenigsten ist hier in Bezug auf den Bessemerproceſs anzuführen, hinsichtlich dessen Folgendes bemerkenswerth erschien: 1) Die directe Verwendung des flüssigen Roheisens von Hohöfen findet immer weiteren Eingang. 2) Die Birnengase werden zur Erhitzung des Cupolofenwindes verwendet (Cooper's System) – eine Anordnung, welche nur bei sehr gleichlaufendem Betriebe hinreichende Vortheile verspricht. Bei directer Benutzung des flüssigen Roheisens genügen die Gase des Hohofens ohne jedes besondere Brennmaterial für Winderhitzung und Kessel zum Hohofen- und Bessemerbetrieb (Chivors). 3) Die Accumulatoren werden als Differentialaccumulatoren mit durchgehender verjüngter Kolbenstange construirt (Tweddel's System, vgl. * 1878 229 506). 4) Die Bessemergebläse werden stehend angelegt. Eine gute Anordnung eines doppelten stehenden Gebläses nach Woolf'schem System mit Balancier, gekühltem Windcylindermantel und Federventilen stellte im Modell Terrenoire aus. Für den Flammofenproceſs ist zu bemerken: 1) Fester (Siemens-) Ofen und Drehteller- (Pernot-) Ofen (1875 217 426) machen sich gegenseitig Concurrenz, ohne daſs man sich bereits für die eine oder andere Gattung entschieden erklärt hat. 2) Für beide sind an Stelle der Siemens'schen Wärmespeicher (Regeneratoren) vielfach thönerne Winderhitzungsapparate (Recuperateurs) getreten, bei welchen auf sehr mannigfache Art die Verbrennungsluft in viereckigen, runden, sechseckigen, aus feuerfesten Steinen gebildeten Kanälen durch die umspülenden Gase ununterbrochen erhitzt wird (vgl. * 1876 219 125). 3) Der Drehofen ist zum Theil mit Düsen versehen (Forno-convertisseur), so daſs bei der tiefsten Stellung dieser Düsen Wind durch das Eisenbad nach Analogie des Bessemern geblasen werden kann. 4) Der alte Oestlund'sche Puddeltopf ist für Fluſseisen in Form eines Gefäſses mit Gaslöthrohrflamme und Lufterhitzung wieder auf der Schaubühne erschienen. Ueber den mindestens zweifelhaften Erfolg dieses von Godfroy und Howson construirten Apparates (vgl. * 1878 228 131) bot die Ausstellung noch keinen Anhalt. 5) Die Feuerung ist vorwiegend Gas; aber theils ist der Gaserzeuger einzeln an jeden Ofen angefügt, theils getrennt und dann gemeinschaftlich für viele Oefen angeordnet. Das erste System scheint in Frankreich, das letzte in England bevorzugt zu sein. 6) Die Roste für directe Feuerung werden in wesentlich sorgfältiger und rationellerer Construction als bisher ausgeführt; aber die Frage, wo Complication der Einrichtung und ökonomischer Vortheil sich am besten die Hand reichen, ist noch nicht festgestellt. III) Schweiſsung des Fluſseisens. Was die Schweiſsung des Fluſseisens betrifft, so sind die – bisher hauptsächlich durch Vorurtheile genährten – Schwierigkeiten, welche sich noch vorfanden, als ganz beseitigt anzusehen. Die Schweiſsbarkeit des Eisens steigt und fällt im Wesentlichen im umgekehrten Verhältnisse zu dem Kohlenstoffgehalte des Eisens; aber sie erreicht schneller als die Schmiedbarkeit ihre Grenze, weshalb sich hochgekohlte Eisensorten nicht mehr schweiſsen lassen. Mit der Schwierigkeit, gering gekohltes Fluſseisen zu erzeugen, hat daher auch die Schwierigkeit der Schweiſsung abgenommen. Eine vorzügliche Sammlung der Oesterreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft, ein mächtiges Panzerstück (0m,56 dick, 4m,20 lang, 1m,20 breit), der Compagnie des Forges et Aciéries de la Marine, welches aus vielen einzelnen Fluſseisenblöcken zusammengeschweiſst war, geschweiſste Fluſseisenketten u.s.w. bewiesen, daſs in der That ein Hinderniſs der Schweiſsung nicht mehr besteht. Die Frage, ob Bessemer-, ob Flammofen-Fluſseisen den Vorzug verdiene, ist vielfach, namentlich in Schweden, rationell untersucht worden und hat zu dem Resultate geführt, daſs bei gleicher chemischer Zusammensetzung, gleicher Temperatur und gleichen Bearbeitungsbedingungen ein Unterschied nicht besteht. In der Praxis hat man sich der Regel nach bei gröſseren Stücken und Façonguſs zu Gunsten des Flammofens, im Uebrigen zu Gunsten der Bessemerbirne entschieden. Die Entphosphorung durch Oxyde bei der Desilicirung gibt augenblicklich, vielleicht nur vorübergehend, dem Flammofen das Uebergewicht. Die Verwendbarkeit des schmiedbaren Eisens hat wesentlich durch die allgemeine Benutzung des Fluſseisens zugenommen, welches durch seine Schlackenfreiheit gröſsere Garantien bietet. Mächtige Stücke von vielen tausend Tonnen Gewicht sind jetzt nicht mehr als besondere Kunststücke zu betrachten. Die mechanischen Eigenschaften der verschiedenen Sorten Fluſseisen sind so leicht den einzelnen Zwecken der Praxis anzupassen, daſs es nicht mehr schwierig ist, jeder in den Grenzen ökonomischer Ausführbarkeit bleibenden Anforderung zu genügen. Aber die ganze Fluſseisenerzeugung hat mit einem Schlage das Eisenhüttenwesen aus den Windeln der Empirie herausgerissen und die Nothwendigkeit wissenschaftlicher Untersuchungen in den Vordergrund gestellt. Dies zeigt aufs erfreulichste die Ausstellung. Keine ordentliche Sammlung findet sich ohne Analysen und Festigkeitsproben, welche bereits meist vollkommene Beherrschung der wissenschaftlichen Grundsätze beweisen. Wenn so kein Zweifel mehr bleiben kann, daſs die seit der Erfindung Bessemer's i. J. 1855 angebahnte Herrschaft des Fluſseisens nunmehr als gesichert anzusehen ist, und wenn wir auf eine Reihe von Erfahrungen zurückblicken, welche einen ungeheuren Fortschritt im Eisenhüttenwesen ergeben haben, so darf man doch nicht vergessen, daſs derselbe groſse Bessemer auch der Urheber von vielem Unheile ist. Wer wollte noch verkennen, daſs die Eisenindustrie, welche heute mit allen Industriezweigen aller Länder unter gleichem Drucke einer durch Verkettung vieler Umstände hervorgerufenen ungünstigen Conjunctur leidet, ganz besonders durch diesen Umschwung schwer getroffen wurde, welcher früher rentable Anlagen werthlos, zahlreiche tüchtige Arbeiter brodlos gemacht hat? Jedoch jedes Uebel trägt in sich sein Heilmittel. Die Ausstellung zeigt es. Die zahllosen neuen Anwendungen des Fluſseisens, die Vortrefflichkeit seiner Eigenschaften, nachdem es gelungen, die seiner Fabrikation entgegenstehenden Schwierigkeiten zu überwinden, lassen frohe Hoffnungen auf einen weit reicheren Verbrauch von Eisen entstehen, als ihn jemals die vielfach ungünstigen Eigenschaften des Schweiſseisens zulieſsen. In der Technik ist jeder gewonnene Fortschritt unwiderruflich. Wer mit Gewalt das Veraltete erhalten will, stürzt mit ihm. – Möchten auch die deutschen Eisenindustriellen die Lehren der Weltausstellung anerkennen und mit vereinten Kräften an der Ausbildung der Fluſseisen-Erzeugung arbeiten. Dann wird auch bald für das Product der zahlreichen deutschen Bessemerbirnen, welche zum groſsen Theil feiern, weil ihre volle Thätigkeit jetzt beinahe genügen würde, um die ganze Welt mit Fluſseisen zu versorgen, ein hinreichender Verbrauch sich darbieten und von neuem wird sich Beschäftigung für eine gröſsere Zahl von Arbeitern finden, als je zuvor zu Zeiten der Blüthe des Puddelprocesses.