Titel: Einfluss geschlossener Gicht auf den Hohofenbetrieb.
Autor: –r.
Fundstelle: Band 232, Jahrgang 1879, S. 545
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Einfluſs geschlossener Gicht auf den Hohofenbetrieb. Einfluſs geschlossener Gicht auf den Hohofenbetrieb. In D. p. J. 1878 229 380 ist nach Thomas Whitwell der Einfluſs besprochen, welchen die Art des Aufgebens auf den Gang des Hohofens hat. Es liegt auf der Hand, daſs zu einem regelmäſsigen Betrieb eine gleichmäſsige Vertheilung der aufgegebenen Rohmaterialien im Hohofen gehört, weil an jeder einzelnen Stelle eines jeden Ofenquerschnittes der gleiche physikalische und chemische Proceſs vor sich gehen soll, und daſs bei geschlossener Gicht eine gleichmäſsige Vertheilung von Brennmaterial, Erz und Zuschlag über die Gichtoberfläche nicht möglich, ist so selbstverständlich, daſs es Staunen erregt, wenn einzelne Hohöfner die Behauptung aufstellen, daſs ihr Hohofen bei geschlossener Gicht besser gehe als bei Offener Gicht, wobei sie noch sämmtlichen Wasserdampf aus den Rohmaterialien mit in den Kauf bekommen. Daſs dies bei der Production von ordinärem Puddeleisen weniger auf die Qualität einwirkt als bei Gieſsereieisen, begreift sich wohl; allein im einen wie im anderen Falle ist jeder Betrieb bei geschlossener Gicht mit Bezug auf denjenigen bei offener Gicht mit Nachtheilen verknüpft. Bei hohem Ofen mit weiter Gicht und weitem, nach unten conisch sich vergröſserndem, recht tief eingehängtem Centralrohr lassen sich unbeschadet der Erz – bezieh. Materialvertheilung stets mehr Gase auffangen, als der gesammte Betrieb erheischt. Verfasser hat vor einigen Jahren an einem 20m hohen, mit Minette betriebenen Ofen von 3m,50 Gichtweite und Centralrohr von 1m,50 Durchmesser bei 3m,50 Länge, welches sich nach unten auf 1m,75 erweiterte, oft Monate lang gehüttet, ohne Stochkohlen zu verbrennen; und dabei waren die Gase trocken, besaſsen also eine erhöhte Heizkraft. Nur ist hierbei natürlich nöthig, daſs sowohl Kokes, als Erze in nicht zu groſsen Stücken aufgegeben werden, um den nöthigen Gegendruck im oberen Theil der Schmelzsäule zu erzeugen, und durch kräftiges Benetzen der Gicht, namentlich in der trockenen Jahreszeit läſst sich hier ohne sonstigen Nachtheil leicht nachhelfen. Gar manche deutsche Hohofen haben jahrelang an geschlossener Gicht (Parry'schem Trichter) gekränkelt, ohne daſs dies der Betriebsleiter erkannte, und andere Oefen haben, kaum in Betrieb gesetzt, aus dem gleichen Grunde wieder ausgeblasen werden müssen. Alle Vertheidiger der geschlossenen Gicht mögen, wenn sie auch noch so günstig mit derselben hütten oder zu hütten glauben, nur den Versuch machen – bei zweckmäſsig construirtem Gasfang – ihre Gicht zu öffnen und die Rohmaterialien mit der Hand auszubreiten, um sehr bald zu erfahren, daſs sie dadurch die Production erhöhen, den Kokesverbrauch mindern, die Qualität bessern und die Selbstkosten drücken. Der Betrieb mit offener Gicht erfordert allerdings etwas mehr Aufsicht und strengere Wahl bei Anlage des Aufgebepersonals; allein was ist dies im Vergleich mit den dadurch zu erzielenden Vortheilen? Heute, wo jeder Pfennig zu Rathe gezogen werden muſs, heilst es, nicht das Gute, sondern das Beste wählen. Ich will noch kurz erwähnen, daſs in Folge der Eigenschaft des feinen Rohmaterials, die Ausschüttöffnung des Trichters in senkrechter Richtung zu verlassen, während das grobstückige Material je nach Gröſse der Stücke und specifischem Gewicht mehr oder weniger weit in horizontaler Richtung rollt, die specifischen Krankheitserscheinungen der Hohofen mit geschlossener Gicht in periodisch wiederkehrendem Aufhängen und Rutschen der Gichten, Oberfeuer, Kalk Verstopfungen, Nasen der Formen, veränderlicher Schlacke und bei Gieſsereiöfen in Erzeugung harten, spröden, zum Weiſswerden geneigten Eisens bestehen, ohne daſs es möglich wäre, einen anderen Grund für diese Erscheinungen aufzufinden, als eben die geschlossene Gicht, und nur durch Oeffnen der Gicht lassen sich alle diese Uebelstände gleichzeitig und vollständig beseitigen. Je gröſser der Unterschied in der Stückgröſse und im specifischen Gewicht der aufzugebenden Materialien, um so gröſser das Leiden. –r.