Titel: Aufhebung der Induction in benachbarten Telegraphen-Leitungen.
Autor: E–e.
Fundstelle: Band 233, Jahrgang 1879, S. 39
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Aufhebung der Induction in benachbarten Telegraphen-Leitungen. Aufhebung der Induction in benachbarten Telegraphenleitungen. Die Telegraphirströme in einer Telegraphenleitung induciren elektrodynamisch zwar schwache, mit so empfindlichen Empfängern wie das Telephon jedoch deutlich merkbare Ströme in benachbarten Leitungen. Das Streben nach einer gröſsern Telegraphirgeschwindigkeit drängt zur Anwendung empfindlicherer Empfänger und schwächerer Ströme, und deshalb werden jene inducirten Ströme der Steigerung der Geschwindigkeit eine Grenze setzen, wenn man die Wirkung der Inductionsströme im Empfänger nicht aufheben kann. Nach dem Telegraphic Journal, 1879 Bd. 7 S. 93 hat nun Prof. Hughes in der Society of Telegraph Engineers in London am 12. MärzDann berichtete Hughes am 15. Mai d. J. auch in der Royal Society über weitere Versuche (vgl. Telegraphic Journal, 1879 Bd. 7 S. 179. Engineering, 1879 Bd. 27 S. 457). eine Mittheilung gemacht, wie jene störenden Inductionswirkungen sich aufheben lassen. Sind L1 und L2 zwei Telegraphenlinien von verschiedener Länge, welche ein Stück neben einander hinlaufen, so braucht man nur in der Empfangsstation, worin sie beide zur Erde laufen, in sie ein Paar Spulen S1 für L1 und S2 für L2 einzuschalten, deren Drahtlänge der Länge ihrer Linien entspricht; die beiden Spulen haben gleichen Durchmesser, sind aber in entgegengesetzter Richtung gewickelt, und deshalb wird der von der einen Spule in der andern erregte Inductionsstrom auch die entgegengesetzte Richtung von demjenigen haben, welchen die Leitung jener Spule in der Leitung dieser Spule inducirt. Bei geeigneter Entfernung der beiden Spulen werden also diese beiden Inductionsströme sich aufheben können. Die Einsteckung von Eisenkernen in die Spulen beeinfluſst das Gleichgewicht merklich; wenn mehrere Eisenstäbe eingesteckt werden, so zieht sich die gegenseitige Induction der Spulen mehr und mehr hinaus; bei der Benutzung von Eisenstäben läſst sich also die Länge und die Stärke des inducirten Signals ausgleichen. Zur Hintanhaltung der Störungen durch die Induction wurde schon früher die Benutzung eines Rückleitungsdrahtes anstatt der Erde für Telephonleitungen in Vorschlag gebracht; den Draht in eine mit der Erde zu verbindende leitende Hülle einzuschlieſsen, ist wirksam bei statischer Elektricität, unwirksam bei dynamischer. Hughes kam auf den Gedanken die Hin- und Rückleitung um einander zusammen zu drehen, wobei zugleich die beiden Drähte in eine gleiche Lage nicht blos gegen eine, sondern, gegen jede von mehreren benachbarten Leitungen gebracht werden. Darauf hat aber Bell schon früher ein Patent genommen, und David Brooks beansprucht es als seine Erfindung. Daher schlug Hughes eine Abänderung dahin vor, daſs die beiden um einander gewundenen Drähte auf der gebenden Station beim Telegraphiren durch einen geeigneten Taster mit je einem Pole der in der Mitte zur Erde abgeleiteten Batterie verbunden würden, auf der Empfangsstation dagegen durch zwei entgegengesetzte Spulen des Empfängers; der Taster sendet so gleichzeitig einen Strom von entgegengesetzter Richtung in jeden Draht und diese beiden Ströme wirken im Empfänger in gleichem Sinne; die aus einer benachbarten Leitung in die beiden Drähte inducirten Ströme dagegen würden einerlei Richtung haben und sich daher im Empfänger ausgleichen. Im Engineering, März 1879 Bd. 27 S. 220 wird erwähnt, daſs Hughes, um so mehrere Leitungen von der gegenseitigen Induction auf einander frei zu halten, der Länge der Leitungen entsprechende, gleichsinnig gewickelte Spulen neben einander auf einen gemeinschaftlichen Kern steckt und eine Einrichtung hinzufügt, durch welche bei jeder Stromgebung in irgend einer Linie zugleich die Einschaltung der in dieser Linie liegenden Spule in die entgegengesetzte verwandelt wird, damit sie durch ihre inducirende Wirkung auf die andern Spulen die Induction ihrer Leitung auf die andern Leitungen aufhebe. Im Anschlusse hieran mag auf ein amerikanisches Patent (Nr. 203019) hingewiesen werden, welches Th. A. Edison in Menlo Park am 21. Februar 1878 nachsuchte und das ihm am 30 April 1878 ertheilt worden ist. Dieses Patent (und ein ihm am 30. Juli 1877 Nr. 2909 voraus gegangenes englisches; vgl. auch Scientific American, 19. April 1879, Bd. 40 S. 245) schützt Edison die Erfindung der Aufhebung und Ausgleichung der von einer Leitung auf benachbarte Leitungen ausgeübten Induction. Obwohl zunächst nur an die Anwendung seiner Erfindung auf Telephonleitungen denkend, weist Edison doch auch auf die Verwendbarkeit bei anderen Telegraphenleitungen hin. Das von Edison benutzte Mittel ist aber im Grunde das eben beschriebene, dessen sich Hughes bedient, nämlich eine Spule, die in einer andern Inductorspule einen entgegengesetzten Strom inducirt wie die Leitung der erstem in der Leitung der letztern. Edison läſst nach seinem amerikanischen Patente auf beiden Stationen entweder den Kern der erstem eine magnetische Induction auf den zu ihm normal stehenden Kern der zweiten ausüben, und dabei verbindet er die beiden Enden der primären Bewickelung einer jeden der in der Telephonlinie liegenden Inductorspulen mit einander, wenn die Linien auf groſse Entfernung einander parallel laufen; oder er steckt sämmtliche Spulen auf einen gemeinschaftlichen Eisenkern, und dies zwar dann, wenn in den Telegraphenlinien mit starken Strömen gearbeitet wird und viel Elektromagnete in denselben liegen. Für Kabel mit mehreren Drähten, in denen zuerst und für sehr kurze Zeit statische Induction und dann dynamische auftritt, so daſs die magnetische Ausgleichung zu träge ist, legt Edison die Spulen der Telegraphenleitungen, die wieder mit der Spule der Telephonleitung auf einen gemeinschaftlichen Kern aufgesteckt sind, zugleich mit einem (einerseits mit der Spule, andererseits mit der Erde verbundenen) Condensator in eine Nebenschlieſsung; die Condensatoren sollen jeden Stromverlust in den Telegraphenleitungen verhüten und zugleich die Magnetisirung und Entmagnetisirung des gemeinschaftlichen Kernes beschleunigen, so daſs ein momentaner Inductionsstrom den aus den Telegraphenleitungen herrührenden statischen Strom auszugleichen vermag, während der Magnetismus des Kernes die dynamischen Inductionsströme ausgleicht. Auf kurzen Linien endlich benutzt Edison eine auf eine Holzspule gewickelte Spule mit zwei oder mehr Drähten; der eine Draht kommt in die Telephonlinie, die andern in die Telegraphenlinie zu liegen; durch die Weglassung des Eisenkernes und die Anwendung langer und dicker Drähte läſst sich eine fast vollkommene Ausgleichung erreichen, da die Spulen statische und dynamische Ströme liefern, weil das Erscheinen der Ströme durch keinen Eisenkern verzögert wird. E–e.