Titel: | A. Hattemer's elektrisches Distanzsignal. |
Autor: | Ludwig Kohlfürst |
Fundstelle: | Band 233, Jahrgang 1879, S. 373 |
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A. Hattemer's elektrisches Distanzsignal.
Mit Abbildungen auf Tafel 35.
Kohlfürst, über Hattemer's elektrisches Distanzsignal.
Das nachstehend beschriebene, von A. Hattemer,
Telegrapheninspector der Berlin-Görlitzer-Eisenbahn, entworfene
elektrische Distanzsignal (Fig. 1 bis
10 Taf. 35) ist für den Betrieb mittels Inductionsströmen
eingerichtet.
Das Aeuſsere des Signales (Wendescheibe oder Semaphor) zeigt Fig. 1 und
2. In dem vierkantigen Kästchen A des
guſseisernen Ständers ist das Triebwerk und die elektrische Einlösung, in der Röhre
S die Scheibenspindel der Wendescheibe, bezieh. die
Zugstange für den Semaphor untergebracht und im hohlen Schafte des Ständers läuft
das Treibgewicht.
Das Triebwerk (Fig. 3 und
4) gleicht im Wesentlichen den sonst für ähnliche Zwecke angewendeten;
nur ist das zum Tragen des Treibgewichtes in der Regel benutzte Hanf- oder Drahtseil
durch eine Gliederkette ersetzt. Auf der Welle I sitzt
die Kettentrommel und das Zahnrad A, welches durch den
Eingriff in das halb so groſse Rad B die Welle II treibt; diese überträgt ihre Bewegung auf die Welle
III, von welcher endlich durch Vermittlung des
Rades C die Windflügelwelle IV gedreht wird. Weiter sitzt auf der Welle II vorn eine Scheibe s, rückwärts die Kurbel
k; letztere greift mittels ihres Rollenzapfens r in den Schlitz eines auf dem Zapfen d drehbaren Hebelarmes h
ein. Auf d (Fig. 3) ist
auch das Kegelradsegment J' aufgekeilt, dessen Zähne in
ein auf der Scheibenspindel S1 sitzendes Kegelrad i eingreifen. Wird statt
der Wendescheibe der Semaphor angewendet, so tritt an Stelle des Segmentes der Arm
u (Fig. 4) und
die daran hängende Hebelverbindung mit der hölzernen
Zugstange z.
Steht das Signal, wie es in Fig. 3 und
4 angenommen ist, auf „Verbot der Fahrt“, so befindet sich der
Kurbelzapfen r (Fig. 5) am
unteren Ende des Schlitzes und kann sich, wenn nun das Werk in Gang gesetzt wird,
auf ein Drittel Umdrehung nach aufwärts bewegen, ohne daſs der Arm h (Fig. 6) aus
seiner Ruhelage kommt, da letzterer in entsprechender Weise gekrümmt ist. Sobald
jedoch die Kurbel k die erste Drittelumdrehung
überschreitet, ist dem Zapfen r die freie Bewegung
nicht mehr gestattet, sondern derselbe legt sich jetzt an die linke Kante des
Schlitzes und muſs den Arm h mitnehmen und zwar so
lange, bis das zweite Drittel der Umdrehung zurückgelegt ist, worauf der Arm h sich in der in Fig. 7
angedeuteten Lage befindet. In diesem Falle ist die Wendescheibe durch Vermittlung
der Kegelräder um 90° gedreht, bezieh. der Arm des Semaphors gehoben, also das
Signal aus der Haltstellung in die Freistellung gebracht worden. Beim letzten Drittel der
Kurbelumdrehung erfaſst der Rollenzapfen r die rechte
Seite des Schlitzes und schiebt den Arm dadurch wieder in die ursprüngliche Lage
(Fig. 5) zurück, und das Signal ist in diesem Falle wieder auf „Verbot
der Fahrt“ eingestellt.
Zur strengeren Begrenzung der Bewegung des Armes h nach
rechts ist ein durch eine aufgelegte Lederscheibe oder Gummiplatte elastisch
gemachter Anschlag an der Gehäusewand angebracht. Der Arm h hat überhaupt das Bestreben, sich in diejenige Lage zu begeben, welche
er für die Herstellung des Signales (Fig. 3 bis
5) einzunehmen hat, weil er in diesem Sinne, wenn auch nur sehr gering,
belastet ist. Diese Belastung geschieht, wenn ein Semaphor benutzt wird, durch das
Uebergewicht des Armes, bei einer Wendescheibe durch eine starke (in den Zeichnungen
nicht sichtbare) Schraubenfeder, welche mit einem Ende an der Scheibenspindel S1 (Fig. 3), mit
dem vorderen Ende an dem Spindelgehäuse S (Fig.
1) festgemacht ist.
Den oben geschilderten Bewegungen der Kurbel k (Fig.
3 bis 7)
entsprechen drei Ausschnitte α, β, γ (Fig. 3 und
4) der Scheibe s, in welche der Sperrhaken
p, der auch gleichzeitig bei n die Windflügelachse arretirt, der Reihe nach
einfällt. Auſser diesen drei Ausschnitten ist auf der Scheibe s zwischen α und β noch ein vierter δ
vorhanden, welcher den Zweck hat, den Lauf des Triebwerkes in der Mitte des ersten
Drittels nochmals zu hemmen, so daſs also zur Umstellung des Signales von „Verbot
der Fahrt“ auf „Erlaubte Fahrt“
drei Auslösungen und Einlösungen erforderlich sind,
während die Umstellung von „Erlaubte Fahrt“ auf „Verbot der Fahrt“ nur
eine einzige Aus- und Einlösung erheischt.
Die elektrische Auslösung und Einlösung, welche im Wesentlichen jener ähnlich ist,
welche Siemens und Halske bei ihren
Strecken-Läutewerken mit Laufwerk anwenden, besteht aus dem Elektromagnete m, zwischen dessen beiden Polen der Anker a (Fig. 3 und
4), ein Stahlmagnet, sich hin und her bewegt, je nach der Richtung des
Stromes, welcher die Elektromagnetspulen durchläuft. Nach dem Verschwinden eines
Stromimpulses bleibt der Anker vermöge seiner eigenen magnetischen Kraft an
demjenigen Pol liegen, von welchem er zuletzt angezogen wurde. Ist der Mechanismus
in Ruhe, so liegt gemäſs der später darzulegenden Anordnung der Anker immer, wie
Fig. 4 zeigt, am linken Pol. Auf der Ankerachse sitzt, um einen Stift
drehbar, ein Stecher t von gehärtetem Stahl in einer
Messingführung derart, daſs er in seiner Ruhestellung einem Drucke von rechts
nachgibt, durch eine kleine Feder aber wieder in seine ursprüngliche Lage
zurückgedrückt wird; einem Drucke von links dagegen, weicht er nur in der Weise aus,
daſs er den Anker a mit bewegt und diesen an den linken
Pol des Elektromagnetes anlegt.
Der Auslösehebel ee' trägt am linken Ende zwei seitlich
vorstehende Stahllappen
(Paletten), welche so eingerichtet sind, daſs die rechts liegende Palette auf der
höher liegenden Nase des Stechers aufruht, wenn der Anker links angezogen, und die
links liegende Palette auf der unteren Nase des Stechers, wenn der Anker rechts
angezogen ist. In der völligen Ruhelage des Apparates, d. i. nach einer erfolgten
Einlösung, ruht daher der Auslösehebel nach dem früher Gesagten stets auf der oberen
Nase des Stechers. Der Druck, mit welchem er auf die Nase wirkt, ist nur ein Minimum
und resultirt aus dem Gewicht des Hammers c, welcher
das Bestreben des Auslösehebels, mit seinem rechts liegenden Ende zu fallen, durch
sein eigenes entgegengesetzt wirkendes Gewicht nicht nur aufhebt, sondern sogar zu
einem schwachen Druck auf die Nase des Stechers gestaltet. In Folge dieser geringen
Belastung des Stechers kann die Auslösung ziemlich grob gestellt sein, was ihrer
Widerstandsfähigkeit bezieh. Unempfindlichkeit gegen äuſsere mechanische Einflüsse,
z.B. Erschütterungen u. dgl., wesentlich zu Gute kommt.
Die vorerwähnte Wirkung des Hammers c auf den
Auslösehebel ee' wird dadurch erzielt, daſs letzterer
an seinem rechten, mit einem Uebergewicht versehenen Arme e' einen halbrunden Stift trägt, welcher den Hammer c an einem Schnapper so lange in der Schwebe hält, als
e auf einer oder der anderen Nase des Stechers t ein Auflager hat. Wird aber durch die Spulen des
Elektromagnetes ein Strom gesendet, welcher den Anker aus der Ruhelage, d. i. von
links auf rechts wirft, so verliert e das Auflager der
rechten Palette an der höher liegenden Nase des Stechers, kann aber nicht weit
niederfallen, da die zweite Palette von der links liegenden Stechernase aufgehalten
wird; erst wenn ein zweiter Strom den Anker wieder zurückbringt, hat e jedes Auflager verloren und kann weiter abwärts
fallen, wodurch der halbrunde Stift am Arme e' seine
Lage ändert, der Schnapper des Hammers c abrutscht und
dieser vermöge seines Gewichtes auf p niederfällt,
während e sofort nach Abfall des Hammers in Folge
seines am rechts liegenden Arme e' nun unbehindert
wirksam werdenden Uebergewichtes nach aufwärts zurückgeht und sich zunächst an die
Feder f anlegt. Der Hammer aber hat beim Auffallen auf
den Hebel p diesen aus der Einkerbung der Scheibe s ausgezogen und dadurch die Arretirung des Triebwerkes
aufgehoben. Letzteres setzt sich in Bewegung; der nächste seitlich in s eingesetzte Stift t'
erfaſst dabei den steif auf der Hammerachse sitzenden Arm v und hebt so den Hammer wieder in die Höhe, d. i. den Schnapper wieder
unter den halbrunden Stift des Armes e', was zur Folge
hat, daſs sich e wieder auf die obere Nase des Stechers
auflegt. Die Arretirung des Laufwerkes vollzieht sich, indem der Hebel p beim nächsten Ausschnitt der Scheibe s durch sein eigenes Gewicht einfällt und dabei
zugleich die Windflügelachse festhält. Die Auslösung und Einlösung erfolgt ziemlich
rasch, und es kommt lediglich darauf an, daſs die Zeiträume, in welchen die Ströme gegeben werden,
richtig abgegrenzt sind.
Es müssen die beiden zu einer Auslösung erforderlichen Ströme etwa wie die
Pendelschläge einer Uhr rasch einander folgen; wenn aber mehrere Strompaare zur
Aenderung einer Signallage nöthig sind, nämlich beim Umstellen des Signales von
„Halt“ auf „Frei“, wo das Laufwerk nach der Reihe durch die
Scheibeneinschnitte δ, α und γ angehalten werden muſs,
darf ein zweites Strompaar dem ersten erst nach dem Verlaufe einer Pause nachkommen,
welche dem Triebwerke reichlich Zeit läſst, die Einlösung durchzuführen.
Damit das Signal bei abgelaufenem Gewicht nicht in einer unbestimmten Stellung stehen
bleiben könne, ist eine besondere Sperrvorrichtung vorhanden. An einem Gliede der
Gewichtskette ist in der Nähe des Kettenendes einer der Stifte, welche die
Gliederverbindung herstellen, verstärkt und nach beiden Seiten derart verlängert,
daſs diese vorstehenden Stiftenden sich auf die Gabel w' auflegen und die Gabel, welche auf der Achse y drehbar ist, niederdrücken können. Die Achse y hat eine Stelle, an welcher sie bis zur Hälfte durchgefeilt ist behufs
Aufnahme einer ebenso bearbeiteten Hülse, welche eine kleine Nase- trägt, an die
sich bei der Ruhelage der Daumen w stemmt. Läuft die
Gewichtskette so weit ab, daſs die Gabel w'
niedergedrückt wird, so verläſst die Nase auf der Achse y ihre inne gehabte Lage, der Daumen w
schnappt durch die Wirkung einer auf seiner Lagerbüchse sitzenden Spiralfeder nach
oben, schlägt rückwärts an den Anschlagstift g und
hemmt das ganze Triebwerk, sobald dieses so weit abgelaufen ist, daſs der am Rade
A sitzende Stift l
sich vor w stellt. Der Stift l befindet sich aber an einer derart gewählten Stelle, daſs die
vorgedachte Hemmung gerade nur eintreten kann, wenn das Distanzsignal auf „Verbot
der Fahrt“ steht.
Für die Controleinrichtung ist eine Art Rheostattaster vorhanden,
dessen Theile einerseits an einer Gestellwand des Apparates, andererseits bei q an der Welle d (Fig.
3) angebracht sind. Die Anordnung dieser Vorrichtung erhellt aus Fig.
8. Zu den gut isolirten Anschluſsklemmen a
und b sind die kommende und gehende Leitung (vgl. Fig.
9) zugeführt, auſserdem auch die Enden einer Widerstandsrolle W aus Neusilberdraht (450 S. E.) angeschlossen. Während
der Freistellung des Distanzsignales sind die Klemmen a
und b durch eine Contactfeder F direct verbunden; kommt aber das Signal in die Haltstellung, so drückt
der an der Achse d aufgesetzte Daumen N die Contactfedern F von
a ab und die Stromverbindung von a zu b ist nunmehr nur
über die Widerstandsrolle möglich. Sobald dieser Widerstand eingeschaltet ist,
läutet in jenem Dienstraume, von welchem aus das Stellen des Distanzsignales besorgt
wird, ein Controlwecker K (Fig. 9).
Auſser der Drahtleitung L1, welche vom Wecker zum Signal, dort durch die Elektromagnetspulen und
dann zur Erde geht, der Stelllinie, ist noch eine
zweite Leitung L2
vorhanden, die Controllinie, welche von einem
Galvanoskop zum Signal geht, dort an die Klemme b
geführt ist und weiter über die Feder F oder über den
Widerstand W zur Linie L1 bezieh. zur Erde anschlieſst. Beide
Linien sind im Ruhestande zu einem Stromkreise als Hin- und Rückleitung vereinigt.
In diesem Kreise sind auſser dem Wecker und dem Galvanoskope noch ein Taster T, die etwa aus 4 Meidinger-Elementen bestehende Batterie B und der Umschalter. U
eingeschaltet. Die WiderständeDie Galvanoskopmultiplication hat etwa 30, die Multiplication des
Weckerelektromagnetes etwa 10 S. E. auf jedes Element der Batterie B. sind so gering, daſs, so lange
die Rheostatspule des Distanzsignales nicht eingeschaltet ist, also das Signal auf
„Erlaubte Fahrt“ steht, der Anker des Weckers angezogen bleibt, der
Wecker somit schweigt, während die optische Controle (das Galvanoskop)
„Strom“ zeigt.
Wird das Distanzsignal aber auf „Verbot der Fahrt“ gestellt
und dadurch die Widerstandsspule W in die Linie
gebracht, so reiſst zufolge der eingetretenen Stromschwächung der Anker des Weckers
ab und dieser arbeitet nun vermöge der Localschaltung x
als Selbstunterbrecher im kurzen Schlüsse, während die Galvanoskopnadel, deren
Bewegung durch einen kurzen Anschlag begrenzt wird, noch immer Strom zeigt.
Würde aber eine der beiden Leitungen an irgend einer Stelle
reiſsen, so stellt sich die Nadel auf Null; tritt dieser Fall während der
Freistellung des Signales ein, so fängt überdies der Wecker zu läuten an. Mittels
der an dem Galvanoskop angebrachten Stöpsel Vorrichtung und des Umschalters U, welche gestatten, beide Leitungen abwechselnd an
Erde zu legen, läſst sich sofort feststellen, in welcher Leitung die Unterbrechung
liegt.
Hinsichtlich sonstiger Linienstörungen ist zu bemerken, daſs bei
jeder Strömentsendung mittels des Inductortasters T die
Controllinie durch das Aufheben des Tasterhebels T'
unterbrochen wird und daher eine etwa bestehende Verschlingung beider Leitungen ohne
allen Einfluſs auf die Functionstüchtigkeit des Signales bleibt. Steht nämlich in
einem solchen Falle das Distanzsignal auf „Erlaubte Fahrt“, so wird beim
Umstellen auf „Verbot der Fahrt“ ein Weckersignal nicht eintreten, dabei
jedoch die Haltstellung des Signales anstandslos vor sich gehen. Tritt die
Leitungsverschlingung ein, während das Signal auf „Verbot der Einfahrt“
steht, so verstummt der Wecker. Jedenfalls ist also die Wahrnehmung einer
Leitungsverschlingung gesichert und letztere unschädlich gemacht.
Es erübrigt noch die Betrachtung des Inductors J (Fig. 9) und
der Art und Weise seiner Thätigkeit: Dieser Apparat ist ein Siemens'scher Magnetinductor. Die abgehenden Ströme sind an der oberen
Schiene c (Fig. 10)
des Commutators stets positiv, an der unteren stets negativ, also gleich gerichtet
und folgen sich so rasch, daſs die Nadel eines eingeschalteten Galvanoskopes
keinerlei Vibrationen zeigt, sondern dauernd ruhig ausschlägt. Die obere Schiene c des Commutators ist verlängert und mit zwei Contacten
versehen, auf welche zwei starke Federn f und f' sich auflegen. Beide Federn sind sowohl gegen
einander, als auch gegen den Metallkörper des Inductors isolirt. Auf der Achse des
groſsen Zahnrades, auf welcher gleichzeitig auch die Kurbel U sitzt, ist eine Nase n angeschraubt, die
bei jeder vollen Umdrehung der Achse abwechselnd die eine, dann die andere Feder auf
etwas weniger als die Dauer einer halben Kurbelumdrehung vom Contacte abhebt. Was
damit bezweckt wird, geht aus der Schemazeichnung Fig. 9
hervor. Die Stelllinie wird abwechselnd mit der positiven und negativen
Commutatorschiene verbunden, und die so gewechselten Ströme werden in starker
Spannung und in gröſseren Zwischenräumen, als dies sonst der Fall ist, in die
Leitung geführt. Je eine Umdrehung der Inductorkurbel bewirkt somit ein einmaliges
Hin- und Hergehen des Elektromagnetankers des Distanzsignales und eine Auslösung des
Triebwerkes. Bis zur erfolgten Arretirung desselben muſs nun der Inductor in Ruhe
bleiben und bei einer nächsten Umdrehung wieder zwei Ströme in derselben
Aufeinanderfolge wie früher liefern. Es ist daher nöthig, daſs jede Kurbelumdrehung
begrenzt wird. Zu diesem Zwecke hat die Kurbel eine gröſsere Länge als gewöhnlich
und als Griff eine guſseiserne Hülse, welche als Uebergewicht wirkt und der Kurbel
das Bestreben gibt, sich senkrecht abwärts zu stellen; hierbei wird die Kurbel noch
unterstützt durch den Cylinder des Inductors, dessen Eisenkerntheile von den Polen
der Magnete angezogen werden und dessen Stellung zum groſsen Zahnrad demgemäſs
gewählt ist. An der vollständigen Einstellung in die senkrechte Lage wird die Kurbel
im Ruhezustände jedoch
durch den Sperrhaken u behindert, indem letzterer sich
gegen den halbrunden, seitlich am groſsen Zahnrade angebrachten Hemmstift z anlegt. Erst wenn der Sperrhebel durch einen Druck
auf den Knopf P abgeschoben wird, kann die Kurbel U in Bewegung gesetzt und zwar einmal herumgedreht
werden, worauf sie der Sperrhebel wieder festhält. Für jede Kurbelumdrehung muſs
also vorher der Knopf P, sodann aber auch noch der
Inductortaster T niedergedrückt werden, was beiläufig
einen Zeitaufwand von 3 Secunden erheischt. Die zwischen zwei Signalauslösungen
nothwendige Pause ist auf diese Weise durch die mit der Stromentsendung verbundene
Manipulation zwangsweise ausgefüllt.
Noch wäre zu erwähnen, daſs bei jeder Stromsendung, die vom
Inductor in die Linie gelangt, am Wecker, nachdem er früher durch das Niederdrücken
des Tasters T bezieh. T'
(Fig. 9 und 10)
stromlos gemacht wird, ein kurzer kräftiger Schlag auf die Glocke erfolgt, wodurch
wieder eine Controle für das richtige Functioniren sowohl des Inductors, dann des
Weckers, als endlich auch des Distanzsignales gesichert ist.
Wie aus dem Früheren hervorgeht, erfordert die Umstellung des Distanzsignales von
„Halt“ auf „Frei“ die dreimalige Vornahme jener Manipulation,
welche nöthig ist, das auf „Frei“ stehende Signal auf „Halt“ zu
stellen – eine Anordnung, welche von wesentlichem Werthe ist, indem sie die sonst
vorhandene Möglichkeit des zufälligen oder leichtfertigen Umstellens des Signales in
die gefährliche Lage so zu sagen ausschlieſst. Wie bereits erwähnt, kann die
Auslösung ziemlich grob eingestellt werden; hierdurch sowie durch die Anwendung der
bestimmten Anzahl ungleich gerichteter, kräftiger Ströme von längerer Dauer
erscheint der Apparat gegen unbeabsichtigte Auslösungen, die etwa durch
Erschütterungen oder durch atmosphärische Ströme herbeigeführt werden könnten,
gesichert.
Ueber das Verhalten des Signales bei Leitungsunterbrechungen oder
Leitungsverschlingungen wurde gleichfalls bereits gesprochen; andere Linienstörungen
werden wohl wie bei allen bestehenden Systemen elektrischer Distanzsignale unter
Umständen die Functionsfähigkeit des Signales beeinträchtigen können; doch müſste
auf die Benutzung elektrischer Vorrichtungen für den Signaldienst der Eisenbahnen
überhaupt ganz verzichtet werden, würden nicht Linienstörungen der gedachten Art bei
entsprechender Ausführung und Instandhaltung der Anlage sehr wohl vermieden, oder
wenigstens seltener oder ebenso selten gemacht werden können, als das Unbrauchbar
werden bei solid construirten mechanischen Signalmitteln vorkommt. Dagegen werden
Leitungsbrüche, weil sie selbst bei sorgfältigst ausgeführten Anlagen nicht zu
vermeiden sind, stets Gegenstand einer besonderen Aufmerksamkeit für das
Ueberwachungspersonal bleiben müssen.
Man hat sich bereits ziemlich allgemein der Ueberzeugung nicht verschlieſsen können,
daſs für den Betrieb elektrischer Distanzsignale Inductionsströme den
Batterieströmen vorzuziehen sind, und die Vertreter des Batteriestromes vermochten
allen den zahlreichen Vorzügen des Inductionsstromes nur den einen allerdings
gewichtigen Mangel entgegen zu halten, daſs er blos Arbeitsstrom-Schaltung zuläſst
und sonach bei seiner
Anwendung, falls der Leitungsdraht reiſst, ein
selbstthätiges Zurückstellen des auf „Erlaubte Fahrt“ stehenden
Distanzsignales nicht erzielt werden kann.
Bei der vorstehenden Einrichtung ist dieser Uebelstand ganz wesentlich, und zwar so
weit es überhaupt möglich sein dürfte, abgeschwächt, indem sich die eingetretene
Unterbrechung der Stelllinie, überdies aber auch ein Zerreiſsen der Controllinie
(letzteres dürfte wohl auch als ein besonderer Vorzug des Systemes anzuerkennen
sein) sofort signalisirt.
Ludwig
Kohlfürst.