Titel: Heinrich Berchtold's Chevillirmaschine.
Autor: Kl.
Fundstelle: Band 234, Jahrgang 1879, S. 26
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Heinrich Berchtold's Chevillirmaschine. Mit Abbildungen auf Tafel 5. Berchtold's Chevillirmaschine. Wenn Seide durch das Färben und Trocknen hart und rauh geworden ist, so muſs ihr der charakteristische Seidenglanz und der weiche Seidengriff wieder gegeben werden. Dies wird durch starkes Drehen derselben erreicht. Früher wurde diese Arbeit von Hand mittels des Ringholzes besorgt, das auch in der Leinen- und Baumwollgarnfärberei und sogar in der Stückfärberei als ursprünglichste Auswindevorrichtung Verwendung fand und zum Theil noch findet. Der Seidenstrang hängt an einem horizontalen festen Zapfen und der Arbeiter dreht ihn mit einem zweiten leichteren Stock stark zusammen, dann auf und wieder zusammen so lange, bis die Seide durch das fortgesetzte Drehen und Reiben der einzelnen Fäden auf einander den gewünschten Glanz und Griff erlangt (vgl. 1877 224 100). Anfangs der fünfziger Jahre versuchte man in Lyon zuerst diese Handarbeit durch Maschinen zu bewerkstelligen, indem man die Seidenstränge auf einen Tisch auslegte und schwere Steine darüber rollen lieſs; oder man verwendete eine Maschine, welche an die Kollermühle erinnert. Später gelang es einem Arbeiter in Lyon, eine Maschine zu erfinden, welche das so genannte „Chevilliren“ von Hand genau nachahmte, und diese Maschine hat sich in der Folge überall, so auch in der ausgebreiteten Seidenindustrie der Schweiz, Bahn gebrochen. Sie wurde ungefähr 20 Jahre lang nach demselben Modell ausgeführt, und zwar zuerst mit hölzernem Gestell und sehr umfangreichen, für räumlich beschränkte Geschäfte hinderlichen Dimensionen. Im J. 1869 construirte Heinrich Berchtold in Zürich die erste Chevillirmaschine aus Guſseisen von bedeutend kleinerem Umfang.Vgl. auch Buffard's Maschine * 1879 232 498. Aber die so gebauten Maschinen mit etwa 3750k Gewicht eigneten sich nicht für die Ausfuhr. Berchtold hat deshalb im Laufe des letzten Jahres eine neue, um etwa 30 Procent leichtere und in ihren Dimensionen noch kleinere schmiedeiserne Maschine construirt, von nur 1m,9 Gestelllänge und 0m,3 Breite. Die beiden schmiedeisernen Seitengestelle A (Fig. 1 bis 4 Taf. 5) sind an ihrem oberen Theil durch zwei Winkeleisen B verbunden, welche acht Lager s für acht horizontale Achsen p tragen. Auf dem hinteren Ende jeder dieser Achsen sitzt ein Zahnrad L, auf der vorderen Seite ein fester Spulenkopf f zum Aufhängen des Seidenstranges. Unterhalb der Spulen f ist ein U-Eisen x angebracht, an welchem oben und unten Träger z für 8 Paar senkrecht stehende Lager befestigt sind. Diese Lager dienen zur Aufnahme der acht in senkrechter Richtung verschiebbaren Achsen b; mit jeder Achse ist in dem Zwischenraum zwischen den beiden Lagern ein Stirnrad y durch Nuth und Feder fest verbunden. An den unteren Enden der Achsen b hängt je ein schweres Gewicht c; an ihren oberen gekröpften Enden sind horizontale Zapfen eingenietet, um welche sich die unteren, das Winden und Drehen der Seide ausführenden Spulen g zu drehen vermögen. Bei Beginn der Arbeit hängt jeder Strang lose um die beiden Spulenköpfe f und g herum, da das Gewicht c und mit ihm die Achse b und der Kopf g durch das Gegengewicht w des um die Stange k drehbaren Hebels d in die Höhe gehoben sind. Für das Heben und Senken dieses Hebels dient einerseits der Handgriff d1, andererseits die Handkurbel r, durch welche die mit einem Sperrrad versehene Welle q sammt dem kleinen Zahnrad o und von diesem wieder das groſse Zahnrad u sammt der Welle t in Drehung versetzt wird. Von dieser letzteren Welle aber wickeln sich die Lederriemen ab und auf, an welchen die einzelnen Hebel d aufgehängt sind. Sind diese in die Höhe gehoben, so senken sich die Gewichte c und ziehen die Köpfe g mit sich herunter, so daſs nun jeder Seidenstrang stramm angezogen ist. Wird jetzt die Antriebswelle, auf welcher das Getriebe a sitzt, in Bewegung versetzt, so dreht sich zunächst das groſse Zahnrad v auf der Zwischenwelle m und führt die mit ihm verbundene Schubstange a1 (Fig. 2) und durch diese und den Zapfen b1 die horizontale, hinter den Zahnrädchen y befindliche, in die letzteren eingreifende Zahnstange n hin und her (Fig. 4). Damit aber ist eine absetzende Drehung der Achsen b gegeben; mit ihnen drehen sich sämmtliche Spulenköpfe g um eine Verticalachse und winden die Strähne abwechselnd nach rechts und links zusammen. Zur sicheren Führung des Verbindungzapfens b1 ist an dessen rückwärtiger Verlängerung ein Gleitbacken c1 (Fig. 3) angebracht, welcher zwischen zwei Linealen hin und her geschoben wird. Auf der Welle m sitzt überdies ein Daumen e1, welcher auf den Winkelhebel g1 drückt; dieser verschiebt wieder die Stange h1 mit der Klinke i1 und dreht die Achse p bei jeder Umdrehung der Welle m je um einen Zahn des Rades v1 und zwar in dem Augenblick, da vorübergehend der Spulenkopf g wieder gleiche Richtung mit dem Kopf f hat, d.h. da der Strang geöffnet ist. Dieser kann sich jetzt mit der Achse p drehen, und so wird es erreicht, daſs die Stelle der stärksten Drehung in jedem Strang beständig wechselt, eine Hauptbedingung für die gleichmäſsige Bearbeitung und zugleich schonende Behandlung der Seide. Da das Rad v1 in die unter sich verbundenen Räder L eingreift, so versteht es sich von selbst, daſs alle acht Stränge zugleich diese Drehung mitmachen. Die Maschine kommt beim Abstellen durch Anziehen einer Bremse rasch zur Ruhe; das Aufziehen der Gewichte geschieht in vortheilhafter Weise auf derselben Seite, wo die Abstellung sich befindet. Durch die Anordnung, daſs die Riemenscheibenwelle am unteren Theil der Maschine angebracht ist, gewinnt die Construction an Festigkeit und Dauerhaftigkeit, wie auch dieselbe Anordnung ein reinlicheres Arbeiten zuläſst. Endlich sind durch die möglichst geringe Höhe der Maschine alle Theile derselben für den Arbeiter leicht zugänglich und leicht zu handhaben. Kl.

Tafeln

Tafel Tafel 5
Tafel 5