Titel: | Der Schreibtelegraph von A. Bramâo in Lissabon. |
Autor: | E–e. |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 116 |
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Der Schreibtelegraph von A. Bramâo in
Lissabon.
Mit Abbildungen auf Tafel 10.
Bramâo's Telegraph.
Der Ingenieur A. Bramâo der portugiesischen Telegraphen
Verwaltung hatte die Pariser Ausstellung 1878 mit einem in der Werkstätte von Hermann in Lissabon ausgeführten, seit 1874 auf einigen
portugiesischen Telegraphenlinien benutzten Schreibtelegraphen (* D. R. P. Nr. 5824
vom 18. Juni 1878) beschickt, welcher – ganz wie Stöhrer's Doppelstifttelegraph und wie Ekling's Abänderung des Bain'schen
Nadeltelegraphen – vier Elementarzeichen bei Entsendung
von langen oder kurzen, positiven oder negativen Strömen hervorzubringen befähigt
ist. Da aber beim Empfangen die Schreibvorrichtung den Papierstreifen beständig
berührt und somit auf diesem bei stromfreier Linie eine ununterbrochene gerade Linie
schreibt, so nehmen die 4 Elementarzeichen die vier in Fig. 4 Taf.
10 dargestellten Formen an, weil die Schreibvorrichtung durch die positiven und
negativen Ströme nach rechts und links von jener geraden Linie aus bewegt wird und
dabei entweder Spitzen oder Striche beschreibt. Mit diesen 4 Elementarzeichen lassen
sich 4 telegraphische Zeichen bei blos einmaliger Stromsendung, 16 bei zweimaliger,
64 bei dreimaliger und 256 bei viermaliger geben u.s.f. Bei diesem Reichthum an
Zeichen könnte man sehr vortheilhaft ein Wörterbuch herstellen, in welchem in 310
Reihen je 340 verschiedene Ausdrücke oder Sätze stehen könnten, und diese 310 × 340
= 105 400 Begriffe, die somit blos durch Angabe der Zahl ihrer Reihe und der ihr
zukommenden Zahl in der Reihe telegraphirt werden könnten, dürften für alle
Bedürfnisse genügen; für die etwa nicht in dem Wörterbuche stehenden Wörter und
Gedanken aber würde man immer noch zum Buchstabiren greifen und z.B. auſser den 30
für die Buchstaben bestimmten, 1- bis 4-elementigen Zeichen auch die aus 5 und 6
Elementen bestehenden Zeichen beibehalten können, welche im Morsesysteme für „é,
å, n̄“, für die Ziffern, die Interpunctionen und gewisse oft
wiederkehrende Abkürzungen gewählt worden sind. Dabei wäre nur etwa festzusetzen, 1)
daſs beim Telegraphiren in gewöhnlicher Sprache (durch Buchstabiren) die nach rechts
(oben) weisende Spitze den Morsepunkt, die nach links (unten) weisende Spitze den
Morsestrich ersetzt (vgl. 4); 2) daſs bei der Chifferirung die Zeichen Fig.
4 der Reihe nach die Ziffern 1 bis 4 bedeuten; 3) daſs bei Chifferirung
jeder Ausdruck mit dem Zeichen für die Reihe beginnt, worin beständig wenigstens 1
Strich vorkommt; 4) daſs jedes blos Spitzen enthaltende Zeichen einen Buchstaben,
eine Ziffer, oder ein (orthographisches) Unterscheidungszeichen bedeutet,
ausgenommen, wenn ihm ein Reihenzeichen vorausgeht; 5) daſs jedes hinter einem
Reihenzeichen folgende Zeichen die Nummer des zu telegraphirenden Ausdruckes in der Reihe anzeigt.
Um die Ziffern, welche sich auf das Wörterbuch beziehen, nicht mit den gewöhnliche
Zahlen ausdrückenden Ziffern zu verwechseln, werden die ersteren sowohl im
Originaltelegramm, als in der Niederschrift beim Empfangen unterstrichen. Das
Unterstreichungszeichen wird in diesem Falle nicht mit telegraphirt und reicht immer
über die Zahlen, welche die Reihe und die Nummer in der Reihe angeben.
Die Vorderansicht und den Grundriſs von Bramâo's
Telegraph bietet Fig. 5 und
6 Taf. 10. In dem Gehäuse H befindet sich
ein mittels des Schlüssels h aufzuziehendes
Federtriebwerk mit Centrifugalregulator; die Achse seines zweiten Rades tritt durch
die Gestellwand heraus und trägt vor dieser eine Walze b1, welche in Gemeinschaft mit einer
zweiten b2 den von
einer Rolle R ablaufenden und durch den Kanal cd des Grundbretes hindurchgehenden
Papierstreifen P mit einer mittleren Geschwindigkeit
von 30cm in der Minute fortbewegt. Vor b1 ruht P auf einer horizontalen Platte e, welche durch eine mittels einer Schraube e2 in ihrer Wirkung regulirbare Feder e1 leicht nach oben
gedrückt wird und so das Papier an die Schreibvorrichtung m anlegt.Ein Mittel, die beständige Reibung des Papieres gegen die Spitze eines
Farbgefäſses oder eines Schreibstiftes zu vermeiden, wurde bereits bei der
Beschreibung von W. Thomson's
Heberschreibapparat (* 1877 224 284) vorgeführt.
Ein anderes hat Ailhaud bei einem für Kabel
bestimmten Empfänger verwendet, welcher ebenfalls auf der Pariser
Ausstellung 1878 zu sehen war. Ailhaud stellt
nämlich die metallene (aus Aluminium hergestellte) Schreibspitze, welche von
einem astatischen, für zwei Elektromagnete als Anker dienenden Magnetpaare
ausläuft, in geringer Entfernung über den Papierstreifen und legt dieselbe
und die den Streifen bewegende Zugwalze in den secundären Stromkreis einer
Inductionsspule, in dessen primären Windungen der Strom einer kleinen
Localbatterie thätig ist; die dabei zwischen der Spitze und der Walze
überspringenden Funken erzeugen auf dem Streifen eine bläuliche Linie,
welche gerade ist, so lange in dem Kabel nicht telegraphirt wird, dagegen
beim Telegraphiren im Zickzack verläuft. (Vgl. Journal télégraphique, 1879 Bd. 4 S. 374.) Mittels des
Hebels g kann das Triebwerk angehalten und zugleich die
Platte e mit dem Papier P
nach unten bewegt und von der Schreibvorrichtung m
entfernt werden.
Das Magnetsystem M des neuen Telegraphen besteht aus
einem kräftigen Hufeisenmagnete mit den Polen s und n (Fig. 6) und
einem gewöhnlichen Elektromagnete mit den Polen p1 und p2; diese 4 Pole liegen in einer und derselben Ebene,
die Linien p1
p2 und ns schneiden sich aber rechtwinklig; die 4 Pole
n, s, p1 und p2 sind oben
kreisförmig geschlitzt und in ihren Schlitzen können sich zwei halbkreisförmige
Anker n1 n2 und s1 s2 aus
weichem Eisen frei bewegen, welche mittels eines kupfernen Kreuzes auf einer durch
die Mitte des Kreises gehenden verticalen Achse befestigt sind; ein Arm k am Kreuze
trägt das in ihn eingeschraubte, trichterförmige und unten mit einer feinen Oeffnung
versehene Farbgefäſs m, worin die mit Mandelöl
verdünnte Druckfarbe gegossen wird. Auf die Achsen j3
und j4 sind zwei Hebel j1 und j2 aufgesteckt, welche
durch die Federn j5 und
j6, deren Spannung
mittels der Schrauben o1 und o2
regulirt wird, von beiden Seiten her einen schwachen Druck auf den Arm k ausüben; diesem Drucke setzt in der einen wie in der
anderen Richtung ein im Kreismittelpunkte befindlicher Stift c1 ein Ziel, welcher seitlich etwas hin
oder her verschoben wird, wenn die Richtung, in welche die beiden Hebel j1 und j2 den Arm k stellen, nicht mit der Ruhelage des Ankers n1n2, s2s1 zusammenfällt. In der Ruhelage des Ankers
sind die Pole s1 und
s2, n1 und n2 gleich weit von p1 und p2 entfernt.Läſst man die Enden des Ankers n1 n2, s2
s1 1mm in die Pole p1, p2 eintreten, so wird, wenn in den Elektromagnetkernen
kein remanenter Magnetismus vorhanden ist, der Anker plötzlich in die
Ruhelage zurückkehren, wegen der entgegengesetzten Polarität, die er
transversal in ihnen hervorruft; für schwache Ströme kann er daher ohne die
Federn j5 und
j6
arbeiten. Wenn andererseits diese Federn mit ihren Hebeln auf einen
Siemens'schen polarisirten Elektromagnet gesetzt werden, so können sie den
Anker desselben befähigen, auch drei Stellungen einzunehmen und demgemäſs
aus der Ruhelage nach rechts und nach links zu schwingen. Ein den
Elektromagnet durchlaufender elektrischer Strom dreht je nach seiner Richtung den
Anker links oder rechts herum und bewegt so das Farbgefäſs m auch nach links oder nach rechts, wodurch in der von m in seiner Mittellage beschriebenen geraden Linie die
Ablenkungen nach links oder rechts (Fig. 4)
erzeugt werden. Die Stellschrauben l1 und l2 begrenzen die Weite der Schwingungen des Hebels
k.
Der Sender T enthält zwei metallene Hebel h1 und h2 (Fig. 5 bis
7), welche für gewöhnlich an zwei aus der Unterseite eines metallenen
Steges t1 vorstehenden
Stellschrauben x1 und
x2 anliegen und
durch einen eingesteckten Stöpsel v1 mit einem Metallstücke v in metallische Verbindung gesetzt werden können; von
v laufen zwei Metallspangen u1 und u2 aus, welche, wenn h1 bezieh. h2 mittels der Knöpfe r1 und r2 auf die
Metallschiene t2
niedergedrückt wird, von isolirten Stiften auf der unteren Fläche der Hebel h1 und h2 mitgenommen werden
und dadurch mit der Schiene u3, bezieh. u4
in Berührung treten. Das erste und dritte Zeichen in Fig. 4 wird
mit der Taste h1, das
zweite und vierte Zeichen mit der Taste h2 hervorgebracht. Die Einschaltung und die
Art der Stromgebung gestaltet sich nach Fig. 8
folgendermaſsen: Von den 6 Klemmen Z, K, Z1, K1, E
und L nehmen L die
Telegraphenlinie, E die Erdleitung auf; von E führt ein Draht nach dem Elektromagnet M und weiter nach h1, von L ein
Draht nach h2; Z und
K stehen mit t1 und t2 in Verbindung, Z1 und K1 mit u3 und u4.
Wenn nun die Station blos einen Apparatsatz besitzt, oder wenn in der Station für den
betreffenden bezieh. für jeden Apparatsatz eine besondere Batterie B benutzt wird, dann wird diese so, wie es Fig.
8 zeigt, zwischen Z und K eingeschaltet, Z1 und K1 werden unter sich und mit E verbunden und ein Stöpsel in das Loch zwischen v und h1
eingesteckt. Ein aus der
Linie kommender Strom geht dann von L über h2, t1, h1 durch M zur
Erde. Wenn man h1
niederdrückt, so geht der Strom der Batterie B vom
Kupferpole nach K, t2,
h1, v, u1, u3, Z1 und E zur Erde, vom Zinkpole nach Z, t1, h2 und L in die Linie;
beim Niederdrücken von h2 dagegen hat der entsendete Strom die entgegengesetzte Richtung, weil
jetzt Z über t1, h1, v, u2, u4 mit K1, und E verbunden ist,
K aber über t2 und h2 mit L.
Wenn dagegen, was zur Vermeidung von Batterien mit allzu vielen Elementen immer
vorzuziehen ist, zwei Batterien von gleicher Stärke verwendet werden, so wird die
eine Batterie mit dem Zinkpole, die andere mit dem Kupferpole an Erde gelegt, der
freie Kupferpol der ersten mit K1, der freie Zinkpol der zweiten mit Z1 leitend verbunden,
K1 und Z1 werden aber jetzt
nicht mit E in Verbindung gesetzt; ferner kommen in Z und K keine Drähte und
der Stöpsel wird in das Loch zwischen v und h2 gesteckt. Wieder
findet dann ein ankommender Strom von L aus über h2, t1, h1 durch M seinen Weg zur Erde. Beim Niederdrücken von h1 geht dann der
Zinkstrom (der zweiten Batterie) von Z1 über u3, u1, v und h2 nach L und
in die Linie, während, wenn h2 niedergedrückt wird, die erste Batterie von K1 aus über u4, u2, v und L der Linie den Kupferstrom zuführt.
Will man endlich einen Apparatsatz in kurzen Schluſs bringen, so schaltet man eine
kleine Batterie zwischen Z und K ein, jedoch mit dem Kupferpole an Z und mit
dem Zinkpole an K, läſst Z1 und K1 unverbunden, verbindet aber E und L mittels eines
Drahtes und steckt den Stöpsel v1 nach Belieben zwischen v und h1 oder
zwischen v und h2. Beim Niederdrücken von h1 geht dann der Kupferstrom nach Z, t1, h2, L und E, durch die Spulen
von M und über K zum
Zinkpole.
Bramâo erwartet (nach dem Journal
télégraphique, 1879 Bd. 4 S. 278) von seinem
Telegraphen eine doppelt so groſse Leistung, als der Morse-Apparat liefert, bei nur
halb so groſsem Papierverbrauche.
E–e.