Titel: Ueber die Gehaltsermittlung gefärbter Säuren und einen einfachen Apparat zu diesem Zwecke; von Dr. F. Salomon.
Autor: F. Salomon
Fundstelle: Band 234, Jahrgang 1879, S. 317
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Ueber die Gehaltsermittlung gefärbter Säuren und einen einfachen Apparat zu diesem Zwecke; von Dr. F. Salomon. Salomon, über die Gehaltsermittlung gefärbter Säuren. Mittheilung aus dem chemisch-technischen Laboratorium der technischen Hochschule in Braunschweig. Mit einer Abbildung. Die Analyse gefärbter Säuren, namentlich des Holzessigs und einiger anderen technischen Producte, ist mit Hilfe der Alkalimetrie kaum ausführbar und man hat sich daher schon lange nach einer einfachen und praktischen Methode umgesehen, um diese Körper auch im technischen Laboratorium leicht und sicher zu bestimmen. Im Nachfolgenden gebe ich die Beschreibung eines Apparates, welcher sich zu dem genannten Zweck vorzüglich eignen dürfte und auſserdem noch den Vortheil besitzt, auch für viele andere Bestimmungen in der Praxis brauchbare Resultate zu liefern. Im Princip bietet dieser Apparat nichts Neues, die Ausführung der meisten Versuche wird in analoger Weise vorgenommen wie bei der Benutzung des Scheibler'schen Kohlensäure-Bestimmungsapparates; nur erlangt man durch Anwendung gröſserer Substanzmengen und einfache Eliminirung des durch Absorption entstehenden Fehlers eine gröſsere Sicherheit in der Ausführung, als es bei dem letztgenannten Apparate möglich ist. Textabbildung Bd. 234, S. 318 Das Zersetzungsgefäſs A ist mit dem zur Aufnahme des Bicarbonates oder auch der Säure bestimmten Gummicylinders a und dem einfach durchbohrten Glas-Kautschukstöpsel b versehen. Die dreihalsige Flasche B trägt im mittleren Stutzen einen einfach durchbohrten Stopfen mit Glasrohr, dessen Oeffnung durch den Gummiballon c geschlossen ist. d ist ein mit Quetschhahn verschlossenes Gummirohr zur Ausgleichung des Gasdruckes; e dient zur Uebertragung des Luftdruckes auf den Meſscylinder C, welcher mit dem Niveaurohre D in Verbindung steht. Die Handhabung des Apparates ist einfach. Die Vorsichtsmaſsregeln unterscheiden sich in Nichts von denen, welche bei der Anwendung des Scheibler'schen Apparates zu beachten sind. Ein Beispiel möge die VerwendbarkeitVerwenbarkeit desselben erläutern helfen. Bestimmung der Kohlensäure in kohlensauren Salzen. 0,5 bis 1g,5 der Verbindung werden in das Zersetzungsgefäſs gebracht, der mit Säure gefüllte Cylinder eingesetzt und nach Entleerung des Gummiballon c durch Einblasen in d der Stöpsel b luftdicht geschlossen. Bei geöffnetem Quetschhahn wird dann durch Heben der Niveauröhre D das Wasser auf den Nullpunkt von C eingestellt, hierauf der Quetschhahn d geschlossen und durch Zurückstellen der Niveauröhre auf den Tisch an dem nach kurzem Sinken festen Stand der Wassersäule im Meſscylinder der luftdichte Schluſs des Apparates festgestellt. Sobald dies geschehen ist, bringt man durch leises Umschwenken des Entwicklungsgefäſses A die Säure zur Wirkung, schüttelt wiederholt, um die Kohlensäure möglichst vollständig auszutreiben, und liest zuletzt, nach Ausgleichung des Luftdruckes durch Einstellen der Niveaugleicheit, die entwickelten Cubikcentimeter Kohlensäure direct ab. Beobachtet man nun noch die während des Versuches herrschende Temperatur und den Barometerstand, so hat man alle zur Rechnung nothwendigen Daten. Durch die Absorption eines Theiles der Kohlensäure von der in A zurückbleibenden Flüssigkeit entsteht jedoch ein Fehler, welcher nicht vernachlässigt werden darf. Scheibler bestimmte denselben zu 0,8 Vol.-Proc. für seinen Apparat; doch unterliegt es keinem Zweifel, daſs die durch Absorption bedingte Differenz je nach der angewendeten Menge von Säure verschieden sein muſs und nicht unbedeutenden Schwankungen unterworfen ist. Dieser Fehler läſst sich durch das im Folgenden angegebene Verfahren leicht beseitigen. Bestimmt man nämlich die entwickelte Kohlensäuremenge in zwei Versuchen und nimmt man bei dem einen Versuch die doppelte Menge Substanz wie bei dem andern, so müſste, wenn kein Fehler vorläge, genau die doppelte Menge Kohlensäure im zweiten Falle zur Entwickelung kommen. Nun wird aber in beiden Fällen eine bestimmte Menge Kohlensäure von der Entwickelungsflüssigkeit zurückgehalten. Dieser Betrag verdoppelt sich nicht bei dem zweiten Versuch; denn die Menge der absorbirenden Flüssigkeit bleibt ungeändert und in Folge dessen muſs sich bei diesem ein Ueberschuſs von Kohlensäure ergeben, indem für die zweite Hälfte der angewendeten Substanz die ganze Menge des Gases zur Entwickelung kommen wird. Beim ersten Versuch wurden z.B. Kohlensäure = 108cc entwickelt; bei Anwendung der doppelten Menge Substanz 220cc; folglich waren in beiden Versuchen 4cc Gas zu wenig entwickelt und die wahren Volume sind für den ersten Versuch = 112cc, für den zweiten aber 224cc. Auſser dieser für die Absorption nöthigen Correction hat man noch einen andern Umstand zu berücksichtigen, welchen auch Scheibler besonders hervorhebt und der leicht zu groſsen Irrthümern führen kann; es ist dies die Anwendung richtiger, mit dem Normalgewicht übereinstimmender Gewichte, von deren Brauchbarkeit man sich stets auch in dieser Richtung überzeugt haben muſs, ehe man die hier beschriebene gasometrische Methode verwenden kann. Befolgt man alle angegebenen Vorsichtsmaſsregeln, so wird man ohne Zweifel mit dem neuen Apparat zu sichern Resultaten kommen. Folgende Analyse mag als Beleg hier angeführt werden. 372mg Doppelspath gaben 85cc,5 CO2 bei 13°. Durch vorhergehende Versuche war der durch Absorption entstandene Fehler zu 3cc gefunden. Gesammtvolum der CO2 = 88cc,5. 1cc Kohlensäure wiegt bei 13° und 760mm Druck = 1mg,84982, 88cc,5 wiegen somit 163mg,71. 44 Kohlensäure: 100 CaCO3 = 163,71: x, daraus x = 372mg,3 CaCO3; angewendet 372mg,0 oder 100,09 Proc. Anwendung des Apparates zur Gehaltsbestimmung von Säuren. Für die Analyse von Säuren war es zunächst nöthig, ein geeignetes Salz aufzufinden, welches bei constanter Zusammensetzung eine leichte und gleichmäſsige Entwickelung der Kohlensäure ermöglicht und dessen Base mit den meisten Säuren lösliche Salze bildet. Das Natriumbicarbonat, welches Vohl (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1877 S. 1807) und ebenso C. Jehn (daselbst S. 2109) für diesen Zweck empfehlen, ist nicht gut zu verwenden, da selbst das krystallisirte Salz oft ein einfaches Carbonat enthält; dagegen entspricht das krystallisirte Kaliumbicarbonat dem Zweck vollkommen, so daſs ich mich dieses Körpers mit bestem Erfolge bedient habe. Die Idee, welche der Bestimmung der Säuren durch Gasometrie zu Grunde liegt, ist einfach und schon von Jehn an der eben angeführten Stelle zur Anwendung gebracht; sie beruht auf der Messung der durch die zu untersuchende Säure frei gemachten äquivalenten Kohlensäuremenge. Der Apparat, welchen Jehn anwendet, ist von Mohr beschrieben und lange bekannt; derselbe ist aber für nur einigermaſsen genaue Bestimmungen wegen der mangelhaften Druckregulirung und dem bedeutenden Verluste an Kohlensäure durch Absorption nicht zu gebrauchen. Um nun den Gehalt irgend einer Säure in meinem Apparat zu bestimmen, werden 2g Kaliumbicarbonat in den Gummibehälter a gebracht, 10cc der (wenn nöthig vorher verdünnten) Säure in das Zersetzungsgefäſs eingetragen, das oben erwähnte Gefäſs eingestellt und die Kohlensäure unter Berücksichtigung aller angegebenen Vorsichtsmaſsregeln entwickelt. Nach Ausführung des Controlversuches mit 5cc der zu prüfenden Säure, welche mit 5cc Wasser verdünnt wurden, erhält man die zur Berechnung nothwendigen Angaben. Eine Schwefelsäure z.B., welche annähernd normal war und zum Titriren benutzt wurde, sollte auf ihren Gehalt geprüft werden: 10cc derselben mit 2g Bicarbonat entwickelten im Mittel von 2 Versuchen 220cc Kohlensäure bei 17°. 5cc Säure, 5cc Wasser und 2g Bicarbonat gaben in zwei Proben je 108cc Kohlensäure bei 17°. Es waren demnach bei beiden Versuchen 220 – (2 × 108) = 4cc Kohlensäure zu wenig entwickelt und das Volum der Gesammtkohlensäure betrug 112cc für 5cc und 224cc für 10cc Säure. Das Gewicht von 1cc CO2 bei 17° mit Berücksichtigung der Tension und bei 760mm Druck ist 1mg,81623, 224cc somit = 406mg,83; folglich sind 45g,291 im Liter enthalten. Durch Gewichtsbestimmung ergab sich ein Gehalt von 45g,63 H2SO4 im Liter oder 99,3 Proc. Die Brauchbarkeit der Methode zu derartigen Bestimmungen ist, wie aus diesen Versuchen und zahlreichen andern von mir angestellten Analysen hervorgeht, nicht anzuzweifeln; zieht man zuletzt auch noch den Barometerstand in Rücksicht, so kann dieselbe einen Grad der Feinheit erreichen, welche der Gewichtsanalyse mindestens sehr nahe kommt, während der Vortheil der leichtern und schnellern Ausführbarkeit nicht zu unterschätzen ist. Ohne Zweifel läſst sich die gasometrische Methode noch auf viele andere Körper ausdehnen; doch wäre es für alle Anwendung erwünscht, bequeme Tabellen zur Reduction des gefundenen Gasvolums, sowie auch solche zur einfachen Umrechnung des reducirten Kohlensäurevolums in die gesuchte Substanz, ähnlich denen von Scheibler, zu besitzen und werde ich mich in der nächsten Zeit mit Ausrechnung dieser Tabellen, sowie mit der angedeuteten Verbesserung der Methode weiter beschäftigen; vorläufig möge sie zur allgemeinen Annahme empfohlen sein.