Titel: | Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation. |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 378 |
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Ueber Neuerungen in der
Zuckerfabrikation.
Mit Abbildungen auf Tafel 30 und 31.
(Fortsetzung des Berichtes S. 300 dieses
Bandes.)
Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation.
Continuirlicher Diffusionsapparat. G.
Lustig macht in der Zeitschrift für Zuckerindustrie
Böhmens, 1879 S. 293 den Vorschlag, die Auslaugung der Schnitzel in einem
ununterbrochen arbeitenden Apparate vorzunehmen. Durch das U-förmig gebogene,
doppelwandige Rohr R (Fig. 1 Taf.
30) bewegen sich in der Pfeilrichtung die durch die Gleitstangen g geführten Siebe s,
welche an der durch die Scheiben w bewegten und in
entsprechender Spannung erhaltenen Kette k befestigt
sind. Die Anwärmung des Saftes geschieht durch in die Zwischenräume der Wände
eingeführten Dampf.
Die Rübenschnitte aus der Schnitzelmaschine S fallen nun
durch das offene
Mannloch m in die Zwischenräume der sich langsam nach
unten bewegenden Siebe und tauchen in den bis a
stehenden warmen Saft ein. Beim Austritt aus dem anderen Ende der Röhre werden die
Schnitzel aus dem bis b stehenden Wasser herausgehoben
und durch die Siebe in die Rinne L fallen gelassen, von
der aus sie zur Schnitzelpresse gelangen. Das aus dem Rohre V zuflieſsende Wasser geht den Schnitzeln entgegen und gelangt dann durch
das Rohr W zur Saturation.
Bei Stillständen, wo der Saftabzug eine Unterbrechung erleidet, wird die Bewegung der
Schnitzelmaschine und Kette eingestellt und das Mannloch m geschlossen, damit der Saft in der Röhre bei T sich mit dem Wasser in R ausgleichen könne.
Bei wieder aufgenommenem Saftabzug flieſst zuerst der concentrirte Saft aus T ab, nachdem derselbe dort keinem Widerstand der
Schnitte begegnet, und kann die regelmäſsige Arbeit wieder aufgenommen werden,
sobald der Saftspiegel unter das Mannloch gesunken ist. Die inzwischen erschöpften
Schnitte werden dann durch beschleunigte Bewegung der Siebe entsprechend schneller
herausgeschafft. Soll der Apparat ganz abgestellt werden, so wird abgesüſst, der
unbrauchbare Rest des Absüſswassers unten bei h
abgelassen, während die wieder in Bewegung gesetzten Siebe alle Schnitte
herausschaffen.
Halbkreisförmige Diffusionsbatterie.
Die Sangerhauser Maschinenfabrik hat zuerst für die
Zuckerfabrik in Roſsla, dann bereits für sechs andere Fabriken, eine
halbkreisförmige Diffusionsbatterie gebaut, welche nach der in der Zeitschrift des Vereines für Rübenzuckerindustrie, *
1879 S. 33 gegebenen Beschreibung (Fig. 1 und
2 Taf. 31) beachtenswerte Vorzüge besitzt. Die auf erhöhtem Grundbau
stehende Schnitzelmaschine D bringt mittels der an ihr
befindlichen Auskehrvorrichtung die geschnitzelten Rüben in die auf der Säule G drehbar aufgesetzte Rinne B, welche noch durch das auf einer Schiene laufende Rädergestell A unterstützt ist. Diese Rinne ist so schräg gestellt,
daſs die Rübenschnitzel bei geöffnetem Schieber E
direct in den in der Richtung der Rinne stehenden Diffuseur rutschen. Das
Herausschieſsen der diffundirten Schnitzel aus den in einem Halbkreis angeordneten
Diffuseuren geschieht mittels eines Hebels, durch plötzliches Oeffnen der nach der
Mitte gerichteten Entleerungsmannlöcher F, und
schwimmen die Schnitzel dabei in den Rinnen C nach dem
vielfach durchlöcherten Blechrumpf L, wo das Wasser
abflieſst. Hierbei hat der betreffende Arbeiter auf dem Fuſsboden N einen geschützten und bequemen Stand. Aus diesem
Rumpf L schöpft das Hebewerk J, welches die Schnitzel nach der Haase'schen
Schnitzelpresse P (vgl. Fig. 4 bis
6 Taf. 30) schafft. Die ausgepreſsten Schnitzel werden durch die Schnecke
v befördert. Damit der Andrang der Schnitzel
anfangs nicht zu stark wird, hat das Hebewerk einen durch Zahnstange und Zahnrad O stellbaren Schieber M.
Obwohl das Licht von
der offenen Seite des Halbkreises der Diffuseure in den Entleerungsraum fallen kann,
ist zur besseren Erhellung desselben noch das Drahtgitter R (Fig. 2) in
den oberen Fuſsboden eingelegt.
Zwischen den einzelnen Diffuseuren stehen die in den Uebersteigröhren der Gefäſse
eingeschalteten Wärmkörper Q, während das Leitungsrohr
für Wasser w sowie der Scheidesaftstrang s mit den nöthigen Ventilen am Umkreis der Apparate
angebracht sind. Die durch lange Spindeln vom Stande des Batterieführers aus
stellbaren Ablaſsventile t lassen das nach dem
Ausschieſsen der Gefäſse unter den Siebböden stehen bleibende Wasser ab. Auſserdem
hat jeder Cylinder ein Uebersteigerventil a, ein
Scheidesaftventil b und ein Wasserventil c.
Diffuseur mit getheilter
Saftströmung, Nach dem Organ des Vereines für
Rübenzuckerindustrie, * 1879 S. 334 gibt F.
Nowotny seinen 9hl fassenden Diffuseuren
eine Doppelwand (vgl. Fig. 2 Taf.
30), deren Zwischenraum mit dem Diffusionsraum durch einzelne Oeffnungen verbunden
ist. während sich die Saftstutzen nur an die äuſsere Fläche der Doppelwand
anschlieſsen. Mag der Saft nun von oben nach unten oder umgekehrt durch den
eigentlichen Saftstutzen einströmen, so füllt er zunächst den Zwischenraum der
Doppel wand und strömt dann durch die Oeffnungen der inneren Wand in die Diffuseure
ein, um dadurch eine gleichmäſsigere Vertheilung des Saftes und damit eine bessere
Auslaugung der Schnitte zu erzielen.
Bildung brennbarer Oase in den
Diffuseuren. Wie O. Knauer in der Zeitschrift des Vereines für Rübenzuckerindustrie, 1879
S. 71 berichtet, sind die früher schon mehrfach beobachteten brennbaren Gase (vgl.
1868 188 76) im vorigen Winter besonders heftig
aufgetreten. In einer Fabrik wurde ein Arbeiter, welcher mit der Lampe einem
geöffneten Diffuseur zu nahe kam, in Folge der entstandenen Explosion bis zur Decke
der Fabrik geschleudert, worauf er zwischen den Diffuseuren niederfiel und seinen
Tod fand. Bei Anwendung von kaltem Wasser zeigte sich kein brennbares Gas, welches
aber sofort auftrat, wenn das Wasser 70° warm war. Dehn
hat solche Explosionen in der laufenden Campagne zum ersten Mal gehabt, wodurch ein
Arbeiter sehr stark verbrannt ist. Die Explosion trat nicht ein, als der Diffuseur
geöffnet war, sondern erst dann, als der Arbeiter anfing, an den Schnitzeln zu
arbeiten. Vorher wurden die Apparate mit der gewöhnlichen Oellampe abgeleuchtet, um
zu sehen, ob der Kohlensäuregehalt der Luft nicht derart war, um für den Arbeiter
Schaden zu befürchten. Die Diffuseure waren auch längere Zeit geöffnet, und erst als
der Arbeiter anfing, die Schnitzeln aufzuschaufeln, erfolgte die Explosion. Das
Wasser kann nicht die Ursache sein, denn es ist so rein, wie es nur irgendwo zur
Diffusion verwendet werden kann und nur 10° warm. Von einer in den Schnitzeln vor
sich gehenden Gährung scheint hier keine Rede sein zu können. Wahrscheinlich hängt
diese Gasentwicklung mit der Verarbeitung nicht völlig reifer Rüben zusammen; völlig
aufgeklärt wird die Ursache derselben aber wohl erst durch sorgfältige Analyse der
betreffenden Gase.
Schnitzelpressen für
Diffusionsrückstände. Nach den vorliegenden BerichtenZeitschrift des Vereines für Rübenzuckerindustrie des
deutschen Reiches *1878 S. 261. 319. 817. 915. 1879 S.
612. enthalten die gepreſsten Schnitzel aus der Klusemann'schen Presse (* 1874 212 38) nur 9 bis 10, die der Bergreen'schen
Presse (Fig. 3 Taf.
30) aber 12 bis 13 Proc. Trockensubstanz. Die Wirkung der letzteren Presse beruht
darauf, daſs die Schnitzel der Einwirkung zweier um dieselbe Achse, jedoch in
entgegengesetzter Richtung sich drehenden Schnecken unterworfen werden. Von den
letzteren hat die eine Rechtsgewinde und dreht sich links herum, während die andere
Linksgewinde hat und sich rechts herum dreht. Durch diese Einrichtung schieben beide
Schnecken die Schnitzel nach unten in den entsprechend durch die Kegelgestalt der
Schnecken sich verjüngenden unteren Theil. Ferner ist durch diese Einrichtung die
Aufgabe gelöst, in der unteren Schnecke einen in fortlaufender Spirale sich
windenden Schneckengang anwenden zu können, da die entgegengesetzte Drehung der
oberen sogen. Zuführungsschnecke ein Drehen der ganzen Schnitzelmasse mit der
unteren sogen. Druckschnecke verhindert; die obere Schnecke drückt somit die
Schnitzel fortdauernd in die untere Schnecke und verhindert das Zurückweichen aus
derselben. Um der unteren Schnecke genügend Schnitzel zuzuführen, bewegt sich die
obere Schnecke rascher als die erstere. (Vgl. * D. R. P. Nr. 3475 vom 16. Januar
1878.)
Nach Angabe von Hecht verarbeitet diese Presse bei 45
Umdrehungen der Antriebscheibe in der Minute fast 200k Schnitzeln oder täglich etwa 200t,
während die von Klusemann nur etwa 50t bewältigt. Die Bergreen'sche Presse erfordert etwa den 2½ fachen Kraftaufwand als die von
Klusemann und kostet 4500 M., letztere dagegen nur
1250 M.
Die Schnitzelpresse von C. Rudolph und
Comp. in Magdeburg besteht aus einem Cylinder A (Fig. 3 Taf.
31), in welchem wie bei einer Pumpe durch Pleuelstange und Kurbelachse ein Kolben
bewegt wird. Der Cylinderkolben ist durchbrochen und mit einem Siebboden versehen;
zugleich ist mit Kolben und Kolbenstange ein halbkreisförmiger Schieber verbunden,
welcher beim Vorwärtsgang die Einfallöffnung im Cylinder verschlieſst. Bewegt sich
nun der Kolben rückwärts, so wird die Einfallöffnung im Cylinder frei und aus dem
Fülltrichter p, welcher durch ein Hebewerk gespeist
wird, der Cylinder mit Schnitzeln gefüllt; sie werden nun beim Vorwärtsgang des
Kolbens in den Rohrstrang s gepreſst und vorwärts
geschoben, aus dessen Ende die Schnitzel unzerkleinert und gepreſst herauskommen. Das beim
Zusammenpressen frei werdende Wasser entweicht zum Theil durch den Siebboden des
Kolbens, zum Theil aus feinen Löchern und Schlitzen, welche sich in einzelnen
Stücken der Rohrleitung s befinden.
Bei einer täglichen Verarbeitung von 200t Rüben hat
der Kolben 42cm Durchmesser und 63cm Hub. Die Vorgelegewelle o macht 65 Umdrehungen in der Minute, die den Antrieb vermittelnden beiden
Zahnräder haben 11 und 71 Zähne. Der Entwässerungsgrad der Schnitzel ist wesentlich
von der Druckhöhe abhängig; bei einigen der bereits ausgeführten Maschinen beträgt
dieselbe selbst 8 bis 9m.
Die Schnitzelpresse von Haase
besteht, wie Fig. 4 bis
6 Taf. 30 zeigen, aus einer groſsen durchlöcherten Trommel b, welche innen zum Zurückhalten der Schnitzeln mit
fein gelochten Blechen bekleidet ist. Diese Trommel hat zwei Guſsstahlringe g, mit welchen sie auf den 3 Paar Hartguſsrollen k ruht. Excentrisch in dieser befindet sich die kleine
maſsive Trommel e, welche mit der starken Welle m versehen auf den äuſseren Böcken c gelagert ist. Beide Trommeln werden mittels doppelter
Vorgelege durch die Riemenscheibe a mit gleicher
Umfangsgeschwindigkeit so bewegt, daſs die groſse Trommel im Mittel in 3 Minuten
eine Umdrehung macht. Damit keine Schnitzel an der Seite heraus können, sind die
Trommeln noch durch die leicht abnehmbaren Seitenwände t abgedichtet. Das Hebewerk f wirft die von
der Diffusion kommenden Schnitzel in die Zubringschnecke v, welche dieselben in den Raum h der Presse
führt. Durch das Drehen der beiden Preſstrommeln b und
e gelangen die Schnitzel ganz allmälig in den sich
excentrisch verengenden Raum zwischen beiden Trommeln und werden hier so lange
ausgepreſst, bis sie durch den engsten Abstand bei p
der beiden Trommeln hindurch gegangen sind. Durch weiteres Drehen der Trommeln
werden die ausgepreſsten Schnitzel zwischen dem Abstreichblech r und der Innenwand der groſsen Trommel b mit in die Höhe genommen, bis sie in die
Abzugschnecke z fallen, welche sie weiter schafft. Die
ganze. Presse ruht auf sehr maſsiger Unterplatte, welche zum Auffangen des
abgepreſsten Wassers als Schale geformt ist. Bei einer täglichen Leistung von 150t Schnitzel soll diese Presse keine gröſsere Kraft
erfordern als die Klusemann'sche. Sie wird von der Sangerhauser Maschinenfabrik ausgeführt (vgl. die
Anlage in Fig. 1 und
2 Taf. 31).
F. Dippe in Schladen (* D. R. P. Nr.
1964 vom 3. Januar 1878) will die Rübenschnitzel mittels einer ununterbrochen
wirkenden Centrifuge entwässern.
Gigot's Rübenreibe. Nach der Neuen Zeitschrift für Rübenzuckerindustrie, * 1879 S.
192 läſst sich diese Maschine aus alten Trommeln, der am häufigsten in den
Zuckerfabriken gebräuchlichen, unter dem Namen Thierry'schen Reibe
bekannten Poussoir-Reibe herstellen, wenn statt der Reibeblätter, mit denen die
Trommel belegt ist, ein aus vierkantigen Metalldrähten zusammengefügtes,
weitmaschiges Metallnetz (Fig. 4 Taf.
31) aufgelegt wird. Die in der Zuckerfabrik zu Mareil in Frankreich damit
ausgeführten Versuche sind befriedigend ausgefallen.
Wie sehr übrigens die Diffusion die übrigen Saftgewinnungsverfahren verdrängt, wurde
bereits hervorgehoben (1879 233 407).
Der Trockenkalk-Löschapparat von
S. v. Ehrenstein (Fig. 5 Taf.
31) dürfte sich nach der Zeitschrift des Vereines für
Rübenzuckerindustrie, *1879 S. 35 zur bequemen Löschung des Scheidekalkes
im Saft besser eignen als die sonst wohl verwendeten Körbe (vgl. 1877 225 407). An einem durch die Kurbel c drehbaren, in der Gabel e geführten Gasrohre ist mittels des Vorsteckstiftes a eine durchlöcherte Trommel T befestigt. Die erforderliche Kalkmenge wird in der voll gezeichneten
Stellung durch die verschlieſsbare Klappe d eingefüllt;
dann rückt man die Vorrichtung herunter in die punktirt angedeutete Lage, worauf
beim langsamen Drehen der Trommel der Kalk durch den Mitnehmer b umgerührt und mit frischem Saft vermischt wird, so
daſs die Löschung in 3 bis 4 Minuten erfolgt. Der Saft wird vorher auf 85°
erwärmt.