Titel: | Knüttel's Regulator für selbstthätig variable Expansion mit Flachschiebern. |
Autor: | A. W. |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 8 |
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Knüttel's Regulator für selbstthätig variable Expansion mit
Flachschiebern.
Mit Abbildungen auf Tafel 1.
Knüttel's Regulator.
Ebenso wie der früher (* 1879 233 424) beschriebene Regulator desselben Erfinders,
welcher in der Praxis nicht allen Anforderungen genügte, hat die neue in Fig.
3 bis 5 Taf. 1
veranschaulichte Construction den Zweck, die Energie des gewöhnlichen
Schwungkugelregulators so zu vergröſsern, daſs dadurch eine bedeutende Arbeit
verrichtet werden kann, daſs z.B. die Expansionsschieber der bekannten Meyer'schen
Steuerung selbst bei kleinen Geschwindigkeitsänderungen mit Sicherheit verstellt
werden können.
Die Schwungkugeln haben die gewöhnliche Porter'sche Construction mit gekreuzten
Armen. Sie werden durch die Riemenscheibe R und die
Kegelräder D und A
getrieben. Auſser dem Kegelrade A ist auf der
Riemenscheibenachse ein zweites Kegelrad aufgekeilt, welches in die beiden auf der
Achse W lose sich drehenden Kegelräder B und C eingreift. In der
Mitte zwischen den letzteren Zahnrädern ist auf der Achse W eine Büchse K angebracht, welche sich in
der Achsenrichtung schieben läſst, durch einen Keil aber mit W sich dreht. Die Büchse K hat an beiden
Enden kegelförmige Ansätze, welche bei einer Verschiebung derselben in die an die
Räder B und C angegossenen
Reibungshülsen eingreifen. Die Verschiebung der Büchse K wird durch ein unterhalb derselben gelagertes, mit dem Hebel H verbundenes gezahntes Segment Z bewirkt, indem die Zähne des letzteren in das Schraubengewinde auf der
Büchse K eingreifen.
Bei einer Hebung der Schwungkugeln wird, wie aus der Zeichnung ersichtlich, die
Büchse K nach links geschoben und durch das Rad C
in Drehung gesetzt. Diese
Drehung wird durch die Achse W und das darauf
festgekeilte Zahnrad F auf die Expansionsschieberstange
übertragen.
Bei den ähnlichen schon vor längerer Zeit ausgeführten Regulatoren blieb die
Reibungskupplung so lange in Eingriff und kam die Achse W erst zum Stillstand, bis bezieh. wenn die Schwungkugeln wieder in ihre
normale Lage gesunken waren. Mit andern Worten, der Dampfzutritt zum Cylinder wurde
weiter vermindert, als der Vergröſserung der Geschwindigkeit entsprach. In Folge
davon ging die Maschine langsamer, wie sie sollte; dann sanken die Schwungkugeln,
brachten das beim Steigen in Bewegung gesetzte Rad C
auſser Eingriff und das gegenüber liegende Rad B in
Eingriff. Die Folge davon war, daſs der Regulator fast niemals in Ruhe kam.
Diesem Uebel hat Ingenieur Knüttel in Barmen durch den
Schraubengang auf der Büchse K in glücklicher und
wirksamster Weise abgeholfen. Wenn nämlich die Büchse K
in Drehung gesetzt und gekuppelt wird, so schraubt sie sich sofort wieder auſser
Eingriff, indem das Schraubengewinde in den Zähnen des Bogenstückes Z seine feste Mutter findet. Sollten jedoch die
Schwungkugeln während der Drehung von K ein Bestreben
haben, sich weiter zu heben, so nehmen sie den Sector Z
entsprechend mit; die Büchse findet keinen Stützpunkt, an welchem sie sich
abschrauben könnte, bleibt also länger in Drehung, bis die Schwungkugeln sich der
Geschwindigkeit entsprechend eingestellt haben und dadurch Z wieder in seiner Lage festgehalten wird. Ohne weiters leuchtet hiernach
ein, daſs jeder Stellung der Schwungkugeln, also jeder Geschwindigkeit, ein
bestimmter Füllungsgrad im Dampfcylinder entspricht, daſs jedem auch dem kleinsten
Steigen oder Sinken der Schwungkugeln eine proportionale Drehung von K entspricht. Ferner folgt, daſs die Schwungkugeln in
jeder Höhenlage im Gleichgewicht bleiben können, daſs also eine Dampfmaschine mit
diesem Regulator auch bei verschiedenen Arbeitsleistungen gleichmäſsig gehen
muſs.
Die Wirkungsweise des neuen Knüttell'schen Regulators
ist demnach vollständig identisch mit jener des seiner Zeit viel beachteten Hagen'schen Regulators (* 1875 217 1. 1876 222 515).
Gleich diesem intermittirend wirkend, hat er jedoch den entscheidenden Vorzug der
indirecten Kraftübertragung und damit unbegrenzter Energie, während der direct
intermittirend wirkende Hagen'sche Regulator nur auf
die Drosselklappe oder eine Auslösesteuerung wirken kann.
Daſs die Praxis obiger Theorie entspricht, ist an mehreren Dampfmaschinen in
verschiedenartigen Industrien (Weberei, Druckerei, Müllerei, Walzwerk u.a.) erprobt.
Vor den in den letzten Jahren aufgetauchten Regulatoren für selbstthätig variable
Schiebersteuerungen hat der Knüttell'sche wesentliche
Vortheile. Der Verschleiſs ist günstiger wie bei den sonst sehr genialen Rider'schen
runden Schiebern; er kann an vorhandenen Maschinen nachträglich angebracht werden;
er wirkt direct auf die Schieber, so daſs der im Schieberkasten befindliche Dampf nicht verloren geht, wie
bei den Steuerungen mit gesondertem Expansionsventil, bei denen der zwischen diesem
Ventil und Cylinder befindliche Dampf zwar expandirt, aber nur zum kleinsten Theil
ausgenutzt wird. Der ganze Mechanismus ist übersichtlich, leicht zugänglich und
keinem auſsergewöhnlichen Verschleiſs unterworfen.
Der langjährige Streit zwischen Ventil- und Schiebersteuerungen, welcher sich seit
der Sulzer- und Collmann-Steuerung zu Gunsten der Ventile neigte, wird durch diesen Regulator
eine neue Wendung erhalten. Bisher waren Ventile bevorzugt, weil man keinen
Regulator von genügender Energie hatte, um die zum Bewegen der Schieber nöthige
Arbeit zu verrichten. Dagegen sind namentlich bei schnellgehenden Maschinen Schieber
mit zwangsläufiger Bewegung den Ventilen vorzuziehen. Schieber schleifen sich beim
Gebrauch (innerhalb bestimmter Grenzen) dichter, während Ventile bei ihrer losen
Verbindung mit den Steuerhebeln öfteren Reparaturen unterworfen sind. Die Arbeit,
welche die Bewegung der Schieber erfordert, kann kein Grund sein, Schieber zu
vermeiden; stets unbedeutend im Vergleich zu der von der Maschine verrichteten
Arbeit, verschwindet sie immer mehr, je gröſser die Maschinen werden. Da aber nur
bei gröſseren Maschinen die Ventilsteuerung in Frage kommt, ist ohne Zweifel bei
dieser eine Schiebersteuerung, wenn sie Gleiches leistet, ebenso und noch mehr
angezeigt wie bei den kleineren Maschinen.
A. W.