Titel: Apparat zum Härten von Stahlhohlkörpern; von W. Lorenz in Karlsruhe.
Autor: J. P.
Fundstelle: Band 235, Jahrgang 1880, S. 184
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Apparat zum Härten von Stahlhohlkörpern; von W. Lorenz in Karlsruhe. Mit Abbildungen auf Tafel 18. W. Lorenz's Härteapparat für Stahlhohlkörper. Erfahrungsgemäſs sind die bisher bekannten und angewendeten Manipulationen zum Härten von Hohlkörpern oder Werkzeugen aus Stahl (Matrizen, Züge, Fräser u. dgl.) mehr oder weniger mit der Unsicherheit verknüpft, daſs die Körper während der Abkühlung oder nachher zerspringen. Die Ursache hierfür wird nun einerseits häufig in der Qualität des Stahles gesucht, aus welchem das verunglückte Stück hergestellt wurde. Mancher Fabrikant oder Beamte behandelt andererseits seinen mit dem Härten betrauten Arbeiter wie einen Künstler und macht sich von demselben abhängig, um sich vor Schaden zu schützen, welcher aus ungeschickter Behandlung des zu härtenden Stückes entspringt, und letzteres ist in gewisser Hinsicht nicht unberechtigt; denn die Ursache, in welcher das Zerspringen der Körper beim Härten zu suchen ist, liegt lediglich in der Art und Weise der Abkühlung, nach welcher die Zusammenziehung des Materials nicht proportional den in normaler Richtung von auſsen nach innen sich vermindernden Querschnitten erfolgen kann. Es entstehen in Folge der gehinderten Zusammenziehung unausbleiblich Spannungen, durch deren Einwirkung die Körper ihre ursprüngliche Form verändern und immer gröſser werden, oder zerspringen. Zur Vermeidung dieses Uebelstandes wendet W. Lorenz eine naturgemäſse Methode an, indem er die ohne Zusatz von Chemikalien in Holzkohlenfeuer erwärmten hohlen Gegen, stände in einem Apparate (* D. R. P. Nr. 6606 vom 3. December 1878) je nach deren Form und Gröſse oder Zweck zuerst von innen und dann von auſsen oder von auſsen und innen gleichzeitig mit reinem kaltem Brunnenwasser abkühlt. Dieser recht sinnreiche Apparat ist in Fig. 5 bis 17 Taf. 18 dargestellt. Die Hohlkörper b (Fig. 6 und 8) werden in entsprechend geformte, sie einschlieſsende Büchsen T gelegt und ruhen auf dünnen Stützen n, so daſs das Kühlwasser unter dem Körper durchgehen und an der äuſseren Wandung wieder aufsteigen kann. Fig. 5 zeigt die Ansicht und Fig. 9 den Durchschnitt des vollständigen Härteapparates in der Richtung I-II des darunter befindlichen Grundrisses Fig. 10. Durch ein Zufluſsrohr R strömt das Wasser in ein Mundstück, welches in Fig. 11 im Längsschnitt dargestellt ist. Das ganze Mundstück wird von drei Stützen x gehalten, welche, wie aus dem Schnitt nach III-IV Fig. 12 ersehen werden kann, auf dem Teller d (Fig. 9) aufgeschraubt sind. Direct unter dem Mundstück ist der Behälter T aufgestellt, der den zu härtenden Körper in sich schlieſst, und unter diesem befindet sich ein Abfluſsrohr R1, durch welches das gebrauchte Wasser wieder ausläuft. Das Rohr R1 ist durch den Tritt t (oder Räder Vorgelege Fig. 5) nach unten zu bewegen, um die zur Härtung gelangenden Stahlhohlkörper in die vorgeschriebene Lage bringen zu können, wird aber während der Arbeit selbst in der darauf gesetzten Büchse S (Fig. 6 und 8) durch die Feder F fest und dicht schlieſsend gegen das Mundstück gedrückt. Der Härteproceſs wird nun in folgender Weise vorgenommen: Nachdem der Tritt t heruntergedrückt ist, wird der erhitzte Stahlkörper unter das Ende g des Mundstückes gebracht und nimmt alsdann die in Fig. 6, 7 und 9 näher gezeichnete Lage ein. Durch eine Drehung am Griffe h, bezieh. der Schraube l (Fig. 11) wird nun das Kegelventil K mehr oder weniger geöffnet und dadurch der Wasserzufluſs regulirt. Bei gewöhnlichen Hohlcylindern geschieht die Zuleitung durch ein einfaches Ansatzrohr g Fig. 11. Das durch die Oeffnung des Körpers strömende Wasser flieſst sofort durch das Rohr R1 ab, während das etwa zur Auſsenkühlung benutzte oder sonst überflieſsende Wasser auf den Teller d fällt, durch die Oeffnungen f (Fig. 9 und 17) in einem Trichter aufgefangen wird und schlieſslich durch die im Rohre R1 bei e eingebohrten Löcher ebenfalls ausläuft. Bei Hohlkörpern von complicirteren Formen, wie sie bei der Fabrikation von Metallpatronenhülsen zur Anwendung kommen, wird für die Zuleitung des Kühlwassers ein Mundstück g Fig. 6 und 7 benutzt, in dessen oberen Theil noch ein mit einer dreiflügeligen Führung versehenes cylindrisches Stück i eingesetzt ist, welches unten ein Gewinde trägt, um die Spindel a aufzunehmen. Dieselbe hat den Zweck, einestheils die Durchströmungsöffnung zu erweitern bezieh. zu verengern, anderentheils aber das zuströmende Wasser auf die Auſsen- oder Innenseite des Körpers zu lenken, je nachdem es die Form des betreffenden Werkzeuges verlangt. In Fig. 7 z.B. empfängt der Hohlkörper b zuerst seine Kühlung von innen und darauf durch das hier durchströmende Wasser erst von auſsen. In Fig. 6 dagegen wird die Kühlung gleichzeitig von beiden Seiten bewirkt, indem zur Aufnahme der zu härtenden Körper ein anderer Behälter S, wie aus Fig. 8 ersichtlich, verwendet ist, dessen Fuſsende P genau in die Oeffnung P1 des Abfluſsrohrabschlusses paſst. In die zur Aufnahme, der Hohlkörper dienenden Behälter sind dreiflächige Stützen n eingesetzt, welche, indem sie den Hohlkörper umfassen, demselben als Auflager dienen und während der Härtung festhalten. Der Behälter erhält an seinem oberen Theile Rippen zum Zweck der Führung in der Büchse T, welche zur Stütze den genau so wie die genannten Führungsrippen ausgezahnten Ring u (Fig. 6) angedreht erhält. Es entstehen so die über einander liegenden Höhlungen v (Fig. 8), welche den Durchfluſs des von oben nach unten kommenden Kühlwassers vermitteln. Mit Hilfe des Muffes k (Fig. 11) ist man in den Stand gesetzt, je nach Bedürfniſs verschiedene Mundstücke g (Fig. 6, 7 und 11) einzusetzen. Der Ständer c dient als Träger der ganzen Vorrichtung. Diese Methode der Härtung bewirkt neben dem höchsten Härtegrade, daſs sich die Hohlkörper während der Abkühlung normal zu ihrer Form und im Verhältnisse der Wandstärken zum inneren Durchmesser zusammenziehen, so daſs dieselben nach Ausnutzung in der Fabrikation durch einfaches Nachhärten so oft wieder verwendet werden können, als es die Wandstärke oder die äuſsere Form zuläſst. Das Zusammenziehen des Stahles während der Abkühlung bedingt natürlich eine Verdichtung und diese erhöht die Härte derart, daſs so gehärtete Gegenstände (Werkzeuge) neben dem höchsten Härtegrade auch eine der Qualität des Materials im ungehärteten Zustande entsprechende Zähigkeit erhalten. Es mag hier angeführt werden, daſs die Mehrzahl der in der Deutschen Metall-Patronenfabrik Lorenz in Karlsruhe verwendeten Werkzeuge (Matrizen und Züge) bereits 50 bis über 100 Mal nachgehärtet zur Wiederverwendung gelangten, ohne von ihrer ursprünglichen besten Härte und Zähigkeit verloren zu haben. Apparate dieser Art werden in verschiedenen Gröſsen ausgeführt zum Härten von Werkzeugen für Patronenfabrikation, Cylinder, Kaliberringe, Fräsen, Zieheisen für Stahl-, Eisen- und Metalldraht sowie für Façon-Zieheisen, Formen für Drahtstift-, Schrauben- und Nietenpressen, endlich für Lagerpfannen und Constructionsstücke für Maschinenbau. J. P.

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Tafel Tafel 18
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