Titel: Zur Kenntniss der Thone und Thonwaaren.
Fundstelle: Band 235, Jahrgang 1880, S. 294
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Zur Kenntniſs der Thone und Thonwaaren. (Fortsetzung des Berichtes S. 466 Bd. 234.) Zur Kenntniſs der Thone und Thonwaaren. Vergleichende Untersuchungen einiger Ziegelmaterialien im rohen und gebrannten Zustande. Im Anschluſs an seine früheren Untersuchungen (1879 233 472) veröffentlicht W. Olschewsky im Notizblatt des deutschen Vereines für Fabrikation von Ziegeln, 1879 S. 319 eine längere Arbeit, welcher wir folgendes entnehmen. Aus den mitgetheilten Analysen der vier Thone von Siegersdorf, Schwarzehütte bei Osterode, Rathenow und Eberswalde erfolgen nach den Formeln von C. Bischof und Seger (1878 228 245) folgende Feuerfestigkeitsquotienten für den Gesammtthon und für die reine Thonsubstanz: Thon Thonsubstanz GefundeneKlinkerungs-temperatur Bischof Seger Bischof Seger Siegersdorf 4,34 1,38 1,00 2,69 1250° Osterode 5,93 0,98 1,09 0,82 1150 Rathenow 5,98 0,94 1,48 1,28 1050 Eberswalde 3,67 0,36 0,41 0,33   980 Die Klassifikation der Thone nach C. Bischof ist daher für die gewöhnlichen Ziegelthone nicht zutreffend, was denn auch von Bischof in der Deutschen Töpfer- und Zieglerzeitung später (1879 S. 386) offen zugestanden wird. Die 4 Thone wurden nun in die bekannte Achtform gebracht und dann, auf 2 Glasstäbchen auf Rollen ruhend, auf einer Glasplatte gewogen. Täglich wurde die Schwindung gemessen und durch wiederholte Wägung der Gewichtsverlust durch das verdunstete Wasser bestimmt. Dabei ergaben sich folgende Resultate: Nach derFormung Siegersdorf Osterode Rathenow Eberswalde Ver-dunstetesWasser LineareSchwin-dung Ver-dunstetesWasser LineareSchwin-dung Ver-dunstetesWasser LineareSchwin-dung Ver-dunstetesWasser LineareSchwin-dung g Proc. g Proc. g Proc. g Proc.     1. Tag   8,95 4,0   7,12 4,4   3,42 1,2   4,12 3,6   2.   „ 16,56 5,6 14,19 6,5   5,90 2,0   8,65 5,6   3.   „ 22,23 6,2 22,34 7,2   8,92 3,2 14,04 6,2   4.   „ 27,55 6,2 23,98 12,17 4,5 21,20 6,2   5.   „ 29,08 24,44 14,68 5,8 21,40   6.   „ 29,08 24,44 17,52 7,0 21,77   7.   „ 20,55 8,2 21,77   8.   „ 22,19 9,0   9.   „ 23,40 9,0 10.   „ 24,41 11.   „ 24,55 12.   „ 24,55 Gewicht d. frisch-geformten Steines 133g,58 142g,55 134g,31 150g,48 Nimmt man mit Aron (Notizblatt, 1873 S. 167) an, daſs das bis zur Schwindungsgrenze verdunstete Wasser mit der Schwindung proportional und als Schwindungswasser zu betrachten sei, so erhält man folgende Mengen an Sehwindungs- und Porenwasser: Thon von Gesammt-wasser Schwindungs-wasser Porenwasser LineareSchwindung g g g Proc. Siegersdorf 29,08 18,16 10,92 6,2 Osterode 24,44 15,69   8,75 7,2 Rathenow 24,55 22,25   2,00 9,0 Eberswalde 21,77   9,55 12,22 6,2 Hier ist demnach kein einfaches Verhältniſs zwischen Schwindungs- und Porenwasser mit der Schwindung und Porosität ersichtlich. Zur Bestimmung der Porosität wurde nun das lufttrockne oder bei 130° getrocknete gewogene Thonstück in Toluol gelegt, dann nach 24 bis 36 Stunden herausgenommen und nach schnellem Abtrocknen gewogen. Aus dem Gewicht des den Gesammtporenraum des Thonstückes ausfüllenden Toluols und dessen spezifischem Gewicht ergibt sich die Gröſse des Porenraumes selbst. Aus dem Unterschiede des Gesammtporenraumes und des Gesammtwassers ergibt sich die Menge des der cubischen Schwindung entsprechenden Schwindungswassers und unter Berücksichtigung des Inhaltes des aus der plastischen Thonmasse gefertigten Körpers die wirkliche durchschnittliche lineare Schwindung. Die directe Bestimmung des Volumen einer Achtform wurde mittels Toluol ausgeführt. Es wurden nun auf diese Weise folgende Angaben erhalten: Thon von Gewicht desnassen Steins Gewicht destrockenenSteines Gesammt-wasser Schwindungs-wasser Porenwasser GemessenecubischeSchwindung BerechnetelineareSchwindung GemessenelineareSchwindung SpecifischesGewicht Zugfestigkeit g g g g g cc Proc. Proc. k/qc Siegersdorf 136,3565 108,4110 27,95 12,69 15,26 12,2 7,0 7,0 2,7142   4,1 Osterode 140,5032 115,7739 24,73 12,40 12,33 12,3 6,9 6,5 2,6990   7,4 Rathenow 136,3178 111,7600 24,56 17,44   7,12 17,1 9,0 8,9 2,7288 14,5 Eberswalde 148,5237 127,1105 21,41 10,06 11,47   9,6 4,9 5,8 2,6598   7,6 Hiernach muſs die Thonsubstanz der verschiedenen Thone offenbar auch verschiedene plastische Eigenschaften haben – ein Umstand, welcher aus der Bildung derselben als Verwitterungsproducte erklärlich ist. Schwindung und Porosität eines Thones müssen auſserdem abhängen von der Beschaffenheit des Sandes. Der Thon von Siegersdorf zeigt bei einem Thonsubstanzgehalt von 46,78 Proc. eine Schwindung von 7 Proc., der von Rathenow mit 36,37 Proc. Thonsubstanz dagegen 9 Proc. Der Sand des Rathenower Thones besteht eben zum gröſsten Theil aus Glimmerblättchen und wird bei gleichem Gewicht einen weit geringeren Gesammthohlraum aufweisen, als der rundkörnige Quarzsand des Thones von Siegersdorf. Bei dem ersteren wird daher trotz des geringen Gehaltes an Thonsubstanz eine gröſsere Menge derselben ihre Verwendung zur Trennung je zweier Glimmerblättchen finden und da an und für sich die Schwindung der reinen Thonsubstanz beim Rathenower Material eine gröſsere ist als die des Siegersdorfer, weil 1g der ersteren mehr Wasser bei gleichem Plasticitätsgrade aufnimmt, so muſs die lineare Schwindung eine bedeutend gröſsere sein, trotz des geringeren Gehaltes an Thonsubstanz. Umgekehrt wird die Porosität des Siegersdorfer Thones eine weit gröſsere sein müssen als die des Rathenower, weil bei ersterem die Masse der den Sandgesammthohlraum ausfüllenden Thonsubstanz eine beträchtlich gröſsere ist. Hieraus folgt, wie wenig die Schlämmanalyse als maſsgebend angesehen werden kann. Sie gestattet wohl eine quantitative Trennung der einzelnen Korngröſsen, trägt aber der Beschaffenheit des Sandes, namentlich dem Gesammthohlraum, desselben keine Rechnung. Die Schlämmanalyse sollte daher bei Thonuntersuchungen nur zur Trennung des Sandes von der Thonsubstanz dienen, dann aber mittels Wasser der Gesammthohlraum des Sandes bestimmt werden. Ist dieser bei einem Thone gröſser als bei einem anderen mit gleichem Gehalt an Thonsubstanz, so wird die Schwindung des ersteren geringer, die Porosität dagegen gröſser sein. Da die Angabe der Zerreiſsungsfestigkeit des getrockneten Thones von der kittenden Eigenschaft der Thonsubstanz abhängig ist und diese jedenfalls auch schon beim plastischen Material sich bemerkbar macht, so kann sie vielleicht mit zur Beurtheilung der Leistungsfähigkeit und des Kraftverbrauches bei der Maschinenformerei für verschiedene Thone dienen. Wie nun bereits erwähnt, muſs beim gleichen Thonsubstanzgehalt die Porosität um so gröſser ausfallen, je gröſser der Gesammthohlraum des Magerungssandes ist. Dieser Porenraum entspricht aber einer Trennung der Thonsubstanz von der Oberfläche der Sandkörnchen. Je geringer aber der Zusammenhang bei einer Querschnittsfläche zwischen Thonsubstanz und Sand ist, um so geringer muſs auch die Zusammenhangsfestigkeit des Steines sein. Je gröſser demnach der Gesammthohlraum des Magerungssandes in einem Thone bei gleicher Magerungsstufe ist, um so geringer wird, bei vorausgesetzt gleich kittender Eigenschaft der Thonsubstanz, die Festigkeit des lufttrockenen Thones sein. Nach den mit diesen Thonen von C. Bischof ausgeführten Versuchen, zeigte sich nach 2stündiger Silberschmelzhitze: 1) der Thon von Eberswalde zu einer grünen, lebhaft glänzenden Perle zusammengeflossen; 2) der von Rathenow aufgedunsen, die Kanten abgerundet, glänzend, dunkelbraun; 3) der von Osterode scharfkantig erhalten, mit einem leisen Schmelz überzogen, braun; 4) der von Siegersdorf völlig scharfkantig, ohne Schmelzüberzug, braun. Nach dem Glühen bis zur Guſseisenschmelzhitze war der 1. Thon zu einem dunkelgrünen Glase halbkugelförmig zusammengeschmolzen, in welchem erhaltene weiſse Körnchen (wohl Quarz) in zahlreicher Menge schwimmen. – Der Thon 2 war halbkugelförmig zu einem hellgrünen Glase mit dunkleren Stellen zusammengeschmolzen; schwimmende erhaltene Theile, doch in geringer Menge, sind zu bemerken. – Der 3. Thon bildete ein durchaus homogenes feinblasiges, wenn auch nicht klares Glas, tropfenförmig. – Der 4. Thon war gleichfalls tropfenförmig, grünlich mit dunklen Punkten; schwimmende Theile waren in ziemlicher Menge vorhanden. Nach der Homogenität der Schmelzung folgen die Thone daher in der Reihe 3, 2, 4 und 1, dagegen zeigten sich 1 und 2 geflossener als 3 und 4. Bei Guſsstahlschmelzhitze sind schlieſslich alle Thone zu dunklem, mehr oder weniger klarem Glase zusammengeflossen; doch war die Probe 4 das flüssigste, dann folgte 1 bis auf die erhaltenen weiſsen Quarzkörnchen, während 2 und 3 ein offenbar zähflüssigeres, mehr emailartiges Glas bilden (vgl. oben S. 294). Hieraus folgt, daſs die Formveränderung einerseits bedingt ist durch die mehr oder minder groſse Schmelzbarkeit der Thonsubstanz, andererseits aber auch von der Beschaffenheit des Sandes. Um daher die Klinkerungsfähigkeit eines Thones zu beurtheilen, ist der Gesammthohlraum des Sandes zu beachten, da von diesem die Porosität im lufttrockenen Zustande abhängt. Wenn wir nun aus einem Thon bei bis zur Schmelztemperatur der Thonsubstanz gesteigerter Hitze einen Klinker mit wohl erhaltener Form erzielen wollen, so darf die Menge der darin enthaltenen Thonsubstanz den Gesammtporenraum nicht beträchtlich überschreiten, weil sich sonst eine Form Veränderung bemerkbar machen muſs. Ist der Thonsubstanzgehalt gerade so groſs, daſs er zur vollständigen Formerfüllung des Porenraumes ausreicht, so wird man die Temperatur um so höher steigern und dadurch die Thonsubstanz in einen um so flüssigeren Zustand versetzen können, je enger das durch die Zusammenlagerung der Sandkörnchen gebildete Capillarröhrensystem ist. Um somit einen Thon darauf hin zu prüfen, ob er nach dem Brennen bei scharf erhaltener Form eine gröſstmögliche Dichtigkeit habe, ist zunächst durch die rationelle Analyse der Gehalt an Thonsubstanz und durch Toluol der Gesammtporenraum im lufttrockenen Zustande zu ermitteln. Ist der Gehalt an Thonsubstanz genügend, um den Porenraum gerade auszufüllen, so wird eine Formveränderung beim Brennen nicht zu befürchten sein. Aus der Zusammensetzung der Thonsubstanz kann man sich dann den Quotienten für die Schmelzbarkeit berechnen und danach die Temperatur schätzen, bis zu welcher der Ofeneinsatz zu erhitzen ist, um gute Klinker zu erhalten. Für den Schwachbrand der Thone von Osterode, Rathenow und Eberswalde betrug nun die Brenntemperatur zwischen 700 und 750°, für den Mittelbrand des Osteroder Thones 842, bei den beiden anderen nur 800°, während der Hartbrand für alle drei etwa über 900° betrug. Der Siegersdorfer Thon erforderte für den Schwachbrand 1000°, für den Mittelbrand 1050 und für den Hartbrand 1100° (vgl. 1878 228 * 248 und 432). Die beim Brennproceſs erhaltenen Resultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt: Thon Brenngrad Gewichtsverlustbeim Brennen Schwindungbeim Brennen GesammtelineareSchwindung Zerreiſsquersch.des Steines Porositätvor dem Brennen Porositätnach d. Brennen Zugfestigkeitvor dem Brennen Zugfestigkeitnach d. Brennen Proc. Proc. Proc. qc cc cc k/qc k/qc Siegers-dorf SchwachbrandMittelbrandHartbrandKlinkerbrand 6,106,216,286,55 – 6,0– 6,8– 7,5– 8,0 13,013,814,515,0 3,783,713,653,61 15,26   4,58  3,96  3,76  3,24   4,1 39,845,850,755,4 Osterode SchwachbrandMittelbrandHartbrandKlinkerbrand 4,764,734,754,76 + 0,8– 2,3– 3,2– 5,2   6,1  9,210,112,1 4,414,214,043,86 12,33 15,22  7,86  5,62  2,09   7,4 16,453,468,786,8 Rathe-now SchwachbrandMittelbrandHartbrandKlinkerbrand 8,068,188,208,36 + 0,9+ 0,3– 1,4– 2,8   8,1  8,710,911,8 4,234,174,013,89   7,12 10,07  9,97  8,56  2,11 14,5 25,430,544,255,3 Ebers-walde SchwachbrandMittelbrandHartbrandKlinkerbrand 7,347,737,847,90 + 1,0+ 0,0– 1,5– 5,5   3,9  4,9  6,410,4 4,624,524,384,01 11,47 16,8416,1713,24  3,04   7,6 14,118,831,249,9 Der Gewichtsverlust beim Brennen für das entweichende Wasser ist bei einem und demselben Thon meist gleich groſs für alle Brenngrade. Geringe Gewichtsänderungen sind wohl auf chemische Veränderungen der Thonsubstanz zurückzuführen. Die Thone von Osterode, Rathenow und Eberswalde geben beim Schwachbrande keine Schwindung, sondern eine geringe Ausdehnung, welche wohl durch den Quarzsand bedingt ist. Bei dem Thon von Osterode genügen schon 850°, um die Thonsubstanz in einen zähflüssigen Zustand zu versetzen, da bereits bei einer Schwindung von 2,3 Proc. der Porenraum vermindert wird. Bei den Thonen von Rathenow und Eberswalde genügt die Temperatur des Mittelbrandes nicht, einen Theil der zähflüssigen Thonsubstanz unter Annäherung der Sandkörnchen in die Porenräume zu drängen. Die Schwindung beim Klinkerbrennen steht mit der Verdichtung des Porenraumes in einem einfachen Verhältniſs. Bezüglich der Zerreiſsungsfestigkeit zeigt die Tabelle, daſs durch Austreiben des Wassers die Festigkeit des Steines beträchtlich zunimmt, obgleich die Porosität noch gröſser ist als im lufttrockenen Zustand; doch ist die Steigerung der Adhäsion bei den Thonen verschieden. Beim Osteroder Thon beträgt die Festigkeitszunahme des Schwachbrandes gegen den lufttrockenen Stein 9k, beim Rathenower 10,9 und beim Eberswalder nur 6k,5. Auch die Steigerung der Festigkeit durch Verminderung des Porenraumes bei höherer Temperatur ist verschieden. Die zerrissenen Achtformen wurden nun auch auf Druckfestigkeit geprüft. Nachstehende Tabelle gibt die erhaltenen Mittelwerthe: Material von Durchschnitts-Zugfestigkeit Durchschnitts-Druckfestigkeit Durchschnitts-verhältniſsZug- zuDruckfestigkeit k auf 1qc Für Schwachbrandund Mittelbrand OsterodeRathenowEberswalde 20,426,318,8 246238172 1 : 12,01 :   9,11 :   9,1 Für Hartbrand SiegersdorfOsterodeRathenowEberswalde 42,553,042,831,8 490411420491 1 : 11,51 :   7,71 :   8,91 : 15,4 Für Klinkerbrand SiegersdorfOsterodeRathenowEberswalde 56756245,6 457556498608 1 :   8,11 :   7,41 :   8,01 : 13,3 Eine einfache Beziehung zwischen Zug- und Druckfestigkeit ist demnach nicht vorhanden.