Titel: Fünfwelliger Frictionskalander; von Adolf Werner.
Autor: Adolf Werner
Fundstelle: Band 236, Jahrgang 1880, S. 109
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Fünfwelliger Frictionskalander; von Adolf Werner. Mit Abbildungen auf Tafel 12. A. Werner, über den 5 welligen Fünfwelliger Frictionskalander von St. Georgen. Das Kalandersystem der bekannten Maschinenfabrik St. Georgen bei St. Gallen in der Schweiz hat in letzter Zeit solche Vervollkommnungen erhalten, daſs eine nähere Darstellung derselben wohl gerechtfertigt ist. Der wesentlichste Fortschritt wurde erzielt durch die Umgestaltung der bisherigen 3 welligen Kalander in einen solchen mit 5 Wellen; doch läſst sich letzterer jederzeit, wo der Platz beschränkt ist, auch als 3 welliger Kalander benutzen, so daſs die Maschine je nach der Art des zuzurichtenden Stoffes zwei Systeme darstellt, welche beliebig zur Anwendung gebracht werden können. Der Hauptzweck eines Kalanders ist, der Waare den höchst möglichen Glanz zu geben, und diese Aufgabe erfüllt die vorliegende Maschine voll und ganz. Während bei den 3 welligen Frictionskalandern nur die untere eiserne Walze wirkt, findet die Reibung bei den 5 welligen Kalandern an der oberen und unteren eisernen Walze statt. Jedoch darf dies nicht so aufgefaſst werden, daſs blos in der obersten und untersten Fuge ein Schleifen der Walzen auf dem Gewebe stattfindet; es erfolgt dies vielmehr in allen Fugen wegen der den Papierwalzen mitgetheilten Umfangsgeschwindigkeit, welche die Mitte zwischen derjenigen der anderen Walzen einhält. Durch dieses Schleifen, verbunden mit dem groſsen Druck, welcher durch die starke Hebelübersetzung erzielt wird, sowie durch die mit Dampf geheizte Hartguſswalze und deren groſse Glätte erreicht man auf dem Gewebe den höchsten Glanz. In neuerer Zeit, wo in jeder Anlage Dampferzeuger vorhanden sind, wendet man zum Heizen der Glättwalze mit Vortheil nur Dampf an; das alte Verfahren, nämlich das Heizen mit Glührollen, ist zu zeitraubend und für eine längere Brauchbarkeit der Papierwalzen gefährlich, indem bei der erzielbaren hohen, aber nie constanten Temperatur der Heizwalze die Oberfläche der Papierwelle in kurzer Zeit sich so verändert, daſs eine Reparatur, d.h. mehrmaliges Abdrehen, häufig wiederholt werden muſs, somit die Dauer einer solchen Walze höchstens 5 bis 8 Jahre beträgt, während die Kartonwalzen bei Dampf geheizten Cylindern an 15 bis 20 Jahre gut aushalten, trotzdem bei letzterer Einrichtung ein stärkerer Druck angewendet werden muſs. Erfahrungsgemäſs kann man sagen, daſs ein gröſserer Druck, verbunden mit niedriger Temperatur, zur Erzeugung eines hohen Glanzes stets einem geringeren Druck mit höherer Temperatur vorzuziehen ist. Der Kalander dient also zum Glätten der Waare und zum Ertheilen hohen Glanzes; er besteht hier aus 2 Papierwalzen, 1 Hartguſs-Heizcylinder und 2 Hartguſswalzen, die in starken Schilden A (Fig. 9 und 10 Taf. 12) gelagert sind, welche durch 4 Querstangen m verbunden und auf den Quadern B fundamentirt werden. Die Antriebscheiben g sitzen auf der im Bock D und F gelagerten Welle C. Vom Getriebe 1 geht die Bewegung auf das Holzkammrad 2 der Welle E über, mit welcher die Heizwelle b durch die Kupplung L verbunden ist. Auf der Heizwelle steckt rechts das Rad 3, links das Rad 4; auf letzterer Seite befinden sich noch die Reibungsräder 5, 6 und die Zwischenräder 7, 8, dagegen auf der rechten Seite die Reibungsräder 9, 10 und die auf den Bolzen n ausrückbaren Zwischenräder 11, 12. Der Kalander ist also mit doppeltem Reibungsvorgelege versehen. Dies hat den Zweck, die Waare je nach ihrer Beschaffenheit durch die Walzen stärker oder schwächer zu glätten. Die Bolzen n sitzen an den Scheren o, welche sich in den Schleifen R der Schilde A bewegen lassen. Diese Vorrichtung ist sehr zweckmäſsig, indem sie bei etwaiger Veränderung der Walzendurchmesser ein richtiges Wiedereingreifen der Räderpaare ermöglicht. Die Schrauben p und p1 sind Stell- und Druckschrauben; p dient zum richtigen Einstellen der Walzen, p1 wirkt durch eine im Hebel r befindliche Mutter auf das Schublager S bezieh. auf die Walzen. Die Zugstangen s sind bei t mit rechts- und linksgängigen Muttern versehen und unten an den Belastungshebeln w angelenkt; wenn also die Hebel v unterstützt und die Muttern t nach rechts gedreht werden, so lassen sich die Hebel r aufwärts bewegen und die Walzen a, d und b können mittels der Hebevorrichtungen x ein wenig gehoben werden. Eine Vorrichtung zum Heben der Walzen sollte an keinem Kalander fehlen, da nach Gebrauch die Walzen zu besserer Erhaltung stets gelüftet werden müssen. Wenn der Stillstand in der Arbeit etwas längere Zeit dauert, ist es wohl leicht einzusehen, daſs bei dicht eingestellten Walzen letztere durch ihre eigene Schwere bald eine Abplattung der Papierwalzen hervorrufen und so unbedingt nachtheilig auf das Gewebe einwirken müſsten. Die Waare wickelt sich bei v ab, geht über die Streckstäbe z und den Ausbreiter z1 und läuft bei u1 ein, geht um die Walzen l und b herum und wickelt sich auf Kaule e auf; letztere ist mit einer Schaltvorrichtung in Verbindung, so daſs der Trieb der Kaule unabhängig von dem Gang des Kalanders gemacht werden kann. Die Heizwelle mit Heizvorrichtung ist in Fig. 11 Taf. 12 näher veranschaulicht; durch das Rohr a strömt der Dampf ein und durch b wird das sich bildende Niederschlagswasser mit Hilfe der Vorrichtung c aus der Welle geschöpft. Fig. 12 endlich zeigt eine Papierwelle; dieselbe besitzt eine vor Durchbiegung schützende starke Schmiedeisenwelle, welche zum besseren Anpassen der Papierscheiben in der Mitte dicker gehalten ist. Als eine sehr praktische Einrichtung an diesem Kalander ist hervorzuheben, daſs eine Seite der Schildwand theilbar ist, so daſs beim Montiren die Walzen erst nach Aufstellung der Schilde eingebracht werden können; bei etwaiger Reparatur kann man, ohne das schwere Schild wegzunehmen, die Walzen gut und leicht herausnehmen; damit ist auch jede Gefahr beseitigt, die alten Lager der Walzen zu verlieren. Zur Bedienung des Kalanders ist ein Mann nöthig, jedoch zur Einführung der Waare zwei Mann. Der eine legt die Waare um die Streckstäbe und Breithalter auf das Deckbrett w, schiebt den Stoff nach den Walzen hin, bis er von denselben erfaſst und mitgenommen wird. Dieses Deckbrett hat sich zum Einbringen der Waare sehr vortheilhaft erwiesen und verhütet die früher leicht vorgekommenen Unglücksfälle. Der andere Arbeiter fängt die Waare an der entgegengesetzten Seite auf und zieht sie über die Wickelkaule e. Der Kalander kann, wie punktirt angezeigt, auch zur über einander laufenden Kalandrirung benutzt werden. Das Gewicht der ganzen Maschine beträgt etwa 9000k. Hier anschlieſsend möge noch durch ein numerisches Beispiel gezeigt werden, welch auſserordentlich groſser Druck auf das Gewebe horvorgebracht werden kann. Bei dem beschriebenen Kalander ist das obere Hebelverhältniſs 1 : 3, das untere 1 : 13, also im Ganzen 39 fach. Nehmen wir an, es werden auf jeden Hebel u 100k gesteckt, so ist der Druck auf jeden oberen Zapfen 100 × 39 = 3900k; das hier in Betracht kommende Gewicht der Walzen und Hebel beträgt 3000k, mithin der in Rechnung kommende Gesammtdruck 7800 + 3000 = 10 800k. Rechnet man nun eine Auflagefläche von 125cm Länge und 0cm,4 Breite, so ergibt sich eine Druckfläche von 50qc, also ein Druck von 10 800 : 50 = 216k auf 1qc.

Tafeln

Tafel Tafel 12
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