Titel: Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von Victor Griessmayer.
Autor: Victor Griessmayer
Fundstelle: Band 236, Jahrgang 1880, S. 310
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Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von Victor Grieſsmayer. (Fortsetzung des Berichtes S. 452 Bd. 235.) Grieſsmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. Mittheilungen aus dem Carlsberger Laboratorium. (Schluſs.)Einfluſs der Lüftung auf die Vergährung von Würzen; von Emil Chr. Hansen. Aus den Versuchen von Jocobsen und R. Pedersen (1878 229 367) muſste man schlieſsen, daſs die Gährung schneller und die erzeugte Hefenmenge gröſser ist, wenn man die Würze während der Gährung lüftet, als wenn man sie sich selbst überläſst. Auſserdem scheint daraus hervorzugehen, daſs die Gährkraft der Hefezellen durch die Lüftung sich vermindert, so daſs die Menge Trockensubstanz, welche z.B. 1g Hefe in Alkohol, Kohlensäure u.s.w. verwandelt, geringer ist bei der Lüftung. Doch läſst sich gegen diese Versuche der Einwand erheben, daſs ein Theil der Hefezellen in dem Lüftungsgefäſs sicher längere Zeit in Ruhe verbleibt und vom Luftstrome gar nicht beeinfluſst wird. Man könnte dann vermuthen, daſs die Gährung ausschlieſslich von der letzteren herrührt, während die Fortpflanzung der Hefe nur in den gelüfteten Zellen stattfindet. Zur Lösung dieser Frage construirten Jacobsen und Hornung einen Apparat, welcher die Hefezellen in fortwährender Drehung und Lüftung erhält. Die Vermehrung der Zellen wurde mittels des Hämatometers gezählt. Zu diesem Zwecke Nicht gelüftet Gelüftet Datumlag ProcentBalling DurchGährungzersetztesExtract Hefezellenauf dieVolum-einheit VermehrungderHefezellen ProcentBalling DurchGährungzersetztesExtract Hefezellenauf dieVolum-einheit VermehrungderHefezellen 23. MaiMorgensAbends 10  9,67 Proc.0     0,33   41126 13 10  9,51 Proc.0     0,49     41  140 1   3,4 24. MaiMorgensAbends   9,18  8,49      0,82     1,51 179218    4,3   5,3   8,78  6,91      1,22     3,09   387  960    9,4 23,4 25. MaiMorgensAbends   7,68  6,99      2,32     3,01 375465    9,1 11,2   4,95  3,99      5,05     6,01 12741470 31 35,8 28. MaiMorgensAbends 10  9,34 0     0,66   55135 1   2,4 10  9,26 0     0,74     55  250 1   4,5 29. MaiMorgensAbends   8,47  7,38      1,53     2,62 279336 5   6,1   7,38  4,73      2,62     5,27   8001400 14,5 25,4 30. MaiMorgensAbends   6,40  5,58    3,6     4,42 405495    7,39   4,04  3,98      5,96     6,02 14981505 27,2 27,3 muſs die gährende Würze so verdünnt werden, daſs alle Zellen gleichmäſsig darin schwimmen, und zugleich dafür gesorgt werden, daſs alles weitere Hefenwachsthum sofort unterbrochen wird. Eine Mischung von 1 Th. concentrirter Schwefelsäure und 10 Th. Wasser eignet sich hierzu besonders gut. Vergleicht man in der Versuchsreihe vom 25. Mai Abends die nicht gelüftete Würze mit der gelüfteten vom 24. Mai Abends, so zeigt sich, daſs sie beide 6,9 Proc. Extract haben; aber während bei der ersteren 24 Stunden mehr nöthig waren, um etwa 3 Proc. Extract zu zersetzen, war die Gährungsarbeit bei der letzteren auf eine viel gröſsere Menge von Hefezellen vertheilt. Um daher dieselbe Gährung zu vollziehen, bedarf es in dem einen Falle einer längeren Zeit und einer kleineren Anzahl Zellen, im anderen Falle einer kürzeren Zeit und einer gröſseren Anzahl Zellen. Die zweite Versuchsreihe führt zu ähnlichen Schlüssen, wenn man die gelüftete und die nicht gelüftete Würze zu der Zeit vergleicht, wo beide 7,38 Proc. Extract enthielten. Diese und verschiedene ähnliche Versuche beweisen, daſs während der Lüftung eine gröſsere Anzahl Zellen gebildet werden, während zugleich die Gährung rascher verläuft und die Gährungskraft der Zellen abnimmt, da dieselbe Arbeit eine viel gröſsere Anzahl derselben beansprucht. Zugleich geht daraus hervor, daſs die dem Einflüsse des Sauerstoffes ausgesetzten Zellen nichts desto weniger auch die Gährung veranlassen können. Daſs die groſse Zellen Vermehrung in gelüfteter Würze aber nicht nur von der eingespritzten Luft, sondern erheblich auch von der heftigen Bewegung der Flüssigkeit herrührt, wird später gezeigt werden (Horwarth's Hypothese). Aus beiden Versuchsreihen sieht man, daſs das gröſste Hefenwachsthum während der ersten 12 Stunden stattfindet; die lebhafteste Vergährung hingegen findet viel später statt. Eine hier nicht gelöste Frage bleibt aber, ob die Hefezellen zu jeder Zeit ihrer Entwicklung, vom kleinsten Sprossen an sowie nachdem diese selbst wieder Sprossen getrieben haben, Gährung erregen?