Titel: Ueber Neuerungen in der Spiritusfabrikation.
Fundstelle: Band 236, Jahrgang 1880, S. 467
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Ueber Neuerungen in der Spiritusfabrikation. (Fortsetzung des Berichtes S. 400 dieses Bandes.) Mit Abbildungen auf Tafel 37 und 38. Ueber Neuerungen in der Spiritusfabrikation. Das Eigenthümliche des Verfahrens von F. Schuster (1879 232 * 419. 1880 236 314) besteht in der Benutzung der Leinhaas und Hülsenberg'schen Dampfschlange und des Dämpfens der Kartoffeln mit bei hohem Druck durchstreichendem Dampf. Das Verfahren hat speciell den Zweck, die chemisch wirkende Kraft des Wassers bei Hochdruck auf Stärke zur Geltung zu bringen. Der durchstreichende Dampf soll ein Durchdringen aller Theile des Henze'schen Apparates sicher stellen und das auf 2 Stunden ausgedehnte Dämpfen soll das Stärkemehl zum Theil schon in Lösung überführen. Abgesehen von der Verlängerung der Betriebszeit um etwa 1 Stunde hat dieses lange Dämpfen die Unbequemlichkeit der starken Ansammlung von Condensationswasser, welches schon mehr eine concentrirte Lösung von Stärke ist und, für sich aufgefangen, bei eintretender Abkühlung zu einer völlig festen Gallerte erstarrt. Diese Flüssigkeit muſs natürlich mit in den Vormaischbottich genommen werden und vermehrt bei an Stärke armen Kartoffeln in recht unangenehmer Weise die Maischmenge. Bei derartigen Kartoffeln ist daher im Interesse einer concentrirten Maischung jedes zu lange Dämpfen bei geschlossenem Feuchtwasserhahn möglichst zu vermeiden. Der Schuster'sche Zwischenkühler hat nur eine geringe Leistungsfähigkeit und macht ein Absaugen des Dampfes aus dem Vormaischbottich keineswegs überflüssig. Eine Reihe von Versuchen ergab nun, daſs mit den genannten Apparaten von 100 Theilen eingemaischter Stärke ungelöst blieben: Paucksch Böhm Leinhaas u.Hülsenberg Schuster Henze mitVormaischb. 1,87 1,90 2,13 1,71 2,30 1,84 2,26 1,73 1,94 2,06 1,43 1,65 1,56 1,77 2,15 1,79 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Mittel 1,73 1,99 1,93 1,83 1,93. Die Versuche wurden mit denselben ziemlich stark trockenfaulen Kartoffeln ausgeführt. Die Apparate von Bohm (1879 231 167. 232 * 137) und Paucksch haben diese durch kein Dämpfen, auch nicht durch den Doppelrost, zu zerkleinernden Stücke vollständig vermählen; die auf diesen Apparaten bereiteten Maischen waren vollkommen fein, die trockenfaulen Stücke völlig zerkleinert und doch ist die Aufschlieſsung der Maischen auch nicht um das geringste gefördert. Vergleicht man die Mittelzahlen der Aufschlieſsung unter einander und mit den Einzelwerthen, so sieht man, daſs die Unterschiede der Aufschlieſsung völlig in den Fehlergrenzen der Untersuchungsmethode liegen. Schlecht gedämpfte Kartoffeln müssen bei Hollefreund (1879 231 * 165) und Henze (1879 231 * 168) eine schlechte Aufschlieſsung geben und die mangelhafte Leistung dieser Apparate kann durch ein passendes Zerkleinerungswerk ergänzt werden. Wer aber glaubt, durch die gute mechanische Zerkleinerung und die daraus folgende bessere Aufschlieſsung gut gedämpfter Durchschnittskartoffeln nachweisbar auch nur 1l Spiritus vom Rohmaterial oder nun gar vom Maischraum mehr zu ziehen, der irrt sich gründlich. Alle Achtung vor dem vorwärts strebenden Erfindergeist unserer Fabrikanten: die ängstlich gesuchte mechanische Vervollkommnung zur Bereitung einer feinen Maische ist ein Streben auf unfruchtbarem Gebiete. Wenn trotzdem die Praxis sich immermehr den neuen Maischapparaten mit Mahl Vorrichtung zuwendet, so geschieht dies mit vollem Recht wegen der unvergleichlich gröſseren Sicherheit des ganzen Betriebes, welche ihre allgemeine Einführung in die Brennereien durchaus erforderlich erscheinen läſst. Den Verhandlungen der Generalversammlung des Vereines der Spiritusindustrie in Deutschland entnehmen wir noch folgende Mittheilungen. M. Delbrück hat den Kraftverbrauch einiger Maischapparate bestimmt. Bei Paucksch's Universalmaischapparat hat die Zähigkeit der Maische einen auſserordentlichen Einfluſs auf den Kraftverbrauch. Der Apparat in Biesdorf, in welchem 1750k Kartoffeln gemaischt werden, brauchte für eine zähe, dicke Maische 10e,6, während eine flüssige Maische nur 7e,0 erforderte, bei 260 Umdrehungen des Flügelrades in der Minute. Der Centrifugalmaischapparat gebrauchte dagegen bei 470 Umdrehungen nur 3e,7, Böhms Maisentschälungsapparat (1879 232 * 137) gebraucht bei 456 Umdrehungen 5e, erfordert also mehr Kraft, arbeitet aber auch schneller wie Paucksch. Der alte Vormaischbottich in Biesdorf gebraucht nur 0e,5. Rechnet man für eine stündliche Pferdestärke 15 Pf., so stellen sich die Kosten für die Bereitung der Maische, bezogen auf 1 Stunde und 2250l Maischraum, folgendermaſsen: Paucksch's Universalmaischapparat 1,30 M. Paucksch's Centrifugalmaischapparat 0,60 Bohm's Entschälungsapparat 0,75 Vormaischbottich mit einfachem Rührwerk,    11 Umdrehungen in 1 Minute 0,10 Nimmt man an, daſs die Apparate je einer Maischung die gleiche Zeit erfordern und daſs für 1750k Kartoffeln rund 30 Minuten erforderlich sind, bei zweifachem Betriebe somit 1 Stunde, so gebrauchen mehr: Paucksch'a Universalmaischapparat 1,20 M. Paucksch's Centrifugalapparat 0,60 Bohm's Entschälungsapparat 0,75 Für die beiden letzten Apparate ist der Kraftverbrauch des alten Vormaischbottichs nicht in Abzug gebracht, weil derselbe bei Anwendung dieser Apparate nicht auſser Thätigkeit gesetzt wird. M. Märcker hält es für einen Fehler, mit der Zerkleinerung weiter zu gehen, als es unbedingt zur Aufschlieſsung nothwendig ist. Gesunde Kartoffeln brauchen keinen Zerkleinerungsapparat und bei Anwendung der Einrichtung von Avenarius (1879 231 * 168) brauchen auch die Körnerfrüchte keinen Zerkleinerungsapparat. Allerdings sind dieselben ja alle ausgezeichnete Maischapparate; ob aber dazu der groſse Kraftaufwand nothwendig ist, den sie erfordern, nur um die Bewegung der Maische hervorzubringen, ist doch zweifelhaft. Wir suchen Hilfsmittel zur Zerkleinerung und Aufschlieſsung, die doch eigentlich nur unter auſsergewöhnlichen Verhältnissen nothwendig wären. Henze's Apparat, Vormaischbottich mit Wasserkühlung, z.B. von Hampel (1879 232 * 139), für besondere Verhältnisse Einschaltung einer Mühle von Böhm oder Paucksch) dies dürften die besten Constructionen der Gegenwart sein. – Bei Verarbeitung von Mais soll man nach mehrseitig gemachten Beobachtungen nur 2,5 bis 3at Druck geben, da sonst der Spiritus einen Beigeschmack bekommt. Bei Hochdruck spalten sich die Fette in Fettsäure und Grlycerin, es entstehen vielleicht allerlei riechende und schmeckende Producte, die den Spiritus verschlechtern. In diesem Falle würden solche Zerkleinerungsvorrichtungen, welche es gestatten, bei niedriger Temperatur zu arbeiten, und doch in kurzer Zeit eine völlige Aufschlieſsung erzielen, z.B. von Bohm, sehr vortheilhaft sein. Die Frage, ob unter Hochdruck aufgeschlossener Mais ein besseres Viehfutter sei als der nach dem alten Verfahren behandelte, wurde verschieden beantwortet. Bezüglich der Gährungsführung zeigt M. Delbrück, daſs Dickmaischen zu einer guten Vergährung einer kalten Anstellungstemperatur bedürfen. Jede Maische fordert zur guten Vergährung eine schnelle Angährung, die bei Dickmaischen durch starkes Vorstellen zu erreichen ist. Maischdestillirapparat. J. Hampel (* D. R. P. Kl. 6 Nr. 7015 vom 21. September 1878) schlägt vor, Kartoffeldämpfer und Maischapparat gleichzeitig zum Destilliren des Spiritus zu verwenden, – ein Verfahren, welches wohl nur für kleinere Verhältnisse empfehlenswerth sein dürfte. Spiritusdestillirapparat. Die von D. F. Savalle in Paris (* D. R. P. Kl. 6 Nr. 8355 vom 2. Februar 1879) getroffenen Umänderungen bestehen namentlich darin, daſs die Colonnen der Rectificationsapparate eine viel gröſsere Abkühlungsoberfläche erhalten als bisher, daſs ferner der eigentliche Condensator wegfällt und die Colonne gleichzeitig als Condensator und Rectificationscolonne dient (vgl. 1870 196 * 473. 1877 223 * 615. 224 616). Das Gebläse D (Fig. 10 und 11 Taf. 38) treibt kalte Luft in die mit Regulirklappen g und f versehenen Kanäle I und H, welche mit dem Röhrenkühler C und der Colonne B, von welcher Fig. 12 bis 14 verschiedene Schnitte zeigen, in Verbindung stehen. Letztere dient gleichzeitig als Rectificationscolonne und als Condensator. Die aus der Colonne tretenden Alkoholdämpfe gehen direct in den Luftkühler C (vgl. Fig. 17 und 18). Neben dem Kochkessel A steht der Dampfregulator E. Der in Fig. 15 bis 18Figuren sind auf bezeichneter Tafel nicht vorhanden. Taf. 37 dargestellte gewöhnliche Rectificationsapparat ist mit einem Condensator und Luftkühler versehen. Die Alkoholdämpfe gelangen aus der Colonne B in den Röhrencondensator C und gehen dann in den Kühler R, welcher ebenfalls mit Röhren versehen ist, wie aus Fig. 17 und 18 zu sehen. Feinspritapparat von L. Engel in Rothenburg a. S. (* D. R. P. Kl. 6 Nr. 3163 vom 8. März 1878). Die mit zwei Siebböden versehene Wasserblase A (Fig. 19 Taf. 37) wird mit etwas Wasser angefüllt, das directen Dampf zuführende Ventil T geöffnet, alsdann das Einspritzrohr F, durch welches der Rohspiritus aus dem Behälter nach der Spirituseinspritzblase B durch Selbstdruck nach dem inneren Kegelventil und der fein durchlöcherten Brause zugeführt wird. Durch diese ganz genau zu handhabende Einspritzung wird die regelrechte continuirliche Rectificationsarbeit des Apparates hauptsächlich bewirkt, und man kann (je nach Gröſse des Apparates) in der Minute 1 bis 20l Rohspiritus rectificiren. Der aus A aufsteigende Dampf wäscht den Spiritus und drückt denselben aus der mit 2 Siebböden und einem Flüssigkeitsstandrohr W versehenen Blase B in den Verdampfungsbehälter C, welcher nur einen Siebboden hat. Der Alkohol steigt von hier nach dem Fuselsammler D, wird durch das auf demselben befindliche Becken mit Wasser gekühlt, steigt durch den Durchgang E zur Colonne F, welche mit 7 Becken i umgeben ist, die durch das Rohr b mit Kühlwasser versehen werden. Die hier niedergeschlagenen Theile gehen durch ein Rohr zum Fuselsammler D zurück, während die Alkoholdämpfe durch die Colonne G nach H gehen, welche durch das vom Kühler N durch das Rohr c abflieſsende Wasser gekühlt wird. Von hier gehen die Dämpfe durch K zum Condensator L, welcher die unreinen Destillationsproducte durch das Rohr d nach der Colonne G zurückführt, während die reinen Dämpfe in dem ebenfalls mit Wasserkühlung bc versehenen Kühler N verdichtet werden, um als Feinsprit durch das Rohr O aus dem Verschlüsse P abzuflieſsen. Neuerung am Henze sehen Hochdruckdämpfer. Um ein gleichmaſsiges Dämpfen der Rohstoffe für die Spiritusfabrikation zu erzielen, will H. Paucksch in Landsberg a. W. (* D. R. P. Kl. 6 Nr. 9410 vom 2. October 1879) den Dämpfer in seiner ganzen Form als Konus gestalten, so daſs die Entstehung todter Winkel völlig vermieden wird.