Titel: Ueber künstliche Düngemittel.
Fundstelle: Band 237, Jahrgang 1880, S. 459
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Ueber künstliche Düngemittel. Ueber künstliche Düngemittel. M. MärckerDie Kalisalze. (Berlin 1880. Verlag von Wiegandt, Hempel und Parey.) bespricht sehr eingehend die Anwendung der Kalisalze in der Landwirthschaft. Er zeigt, daſs die bei der Anwendung von Kalisalzen beobachteten Miſserfolge sehr häufig darauf zurückzuführen sind, daſs künstliche Düngemittel überhaupt, einseitig verwendet, ihre Wirkung oft versagen. Da die groſse Mehrzahl der mit den Staſsfurter Kalisalzen ausgeführten Düngungsversuche unter einer einseitigen Anwendung derselben angestellt wurde, so ist die Aufnahme dieser Versuche bei gleichzeitiger Darreichung von Stickstoff und Phosphorsäure haltigen Düngemitteln geboten. Es ist hierbei nicht zu erwarten, daſs die Kalisalze durch die directe Wirkung des in ihnen enthaltenen Kalis auf allen Bodenarten und in allen Wirthschaften wirken werden; es gehört hierzu eine gewisse Beschaffenheit des Bodens durch eine vorhandene Kaliarmuth. Voraussichtlich werden sich namentlich die leichteren Bodenarten für die Anwendung der Kalisalze eignen. Es ist bei einer vorhandenen Kaliarmuth für die Deckung des Kalibedarfes durch die Staſsfurter Salze gleichgültig, ob das Kali in Verbindung mit Chlor oder Schwefelsäure in den letzteren enthalten ist. Die Zweifel, ob die Staſsfurter Salze eine für die Aufnahme durch die Kulturgewächse geeignete Form des Kalis enthalten, sind aus dem Grunde unberechtigt, weil alle Kalisalze im Boden durch die Absorption in Kieselsäure Verbindungen übergehen. Man wird daher häufig das billigste Kalisalz als das zweckmäſsigste Düngemittel ohne Ansehung der Form wählen dürfen. Es ist ein Vorurtheil, daſs Chlor haltige Kaliverbindungen den Pflanzen nicht zusagen, da im Gegentheil häufig die Chlor haltigen Salze den von Chlor freien vorzuziehen sind, weil sich das Kali der ersteren in dem Boden besser zu verbreiten scheint. So hat sich bei Düngungsversuchen sehr häufig eine Ueberlegenheit der Chlor enthaltenden Kalisalze über die von Chlor freien ergeben, namentlich bei Sommerhalmfrüchten und Futterpflanzen. Ausnahmen bilden jedoch Kartoffeln und Zuckerrüben, deren Stärkemehl- und Zuckergehalt durch das Chlor der Kalisalze ungünstig beeinfluſst werden kann, ferner Tabak. Die Schädlichkeit von Chlorcalcium und Chlormagnesium in verdünnten Lösungen beschränkt sich auf die unter Umständen ungünstigen Wirkungen des Chlorgehaltes dieser Düngemittel, welche ebenso wohl durch eine äquivalente Menge Chlorkalium und Chlornatrium hervorgebracht werden. Eine ätzende Wirkung oder besonders pflanzenfeindliche Eigenschaften dieser Salze bestehen nicht. Der Verruf, in welchen die Staſsfurter Salze durch ihren Chlormagnesiumgehalt gekommen sind, ist danach unberechtigt. Die Wirkung der unreinen Staſsfurter Kalisalze ist sowohl eine directe durch ihren Kaligehalt, wie eine indirecte durch ihre Nebensalze, indem diese auf absorbirte Nährstoffe im Boden lösend wirken, den Boden feuchter erhalten und die Frühreife der Sommerhalmfrüchte begünstigen. Besonders günstig stellte sich die Anwendung der Kalisalze für Hafer, Gerste, Erbsen, Mais und Flachs. Für Lupinen geben die rohen Salze, Kainit, Carnallit und schwefelsaures Kali die gleiche Ertragserhöhung, ein Zusatz von Stickstoff haltigen Düngemitteln und Superphosphaten schwächte jedoch diese Wirkung ab, während für Wiesengräser diese Zusätze im Gegentheil erforderlich waren. Günstig stellten sich ferner Klee und Futterrüben, während Kartoffeln (vgl. 1879 234 340) zwar eine bemerkenswerte Ertragserhöhung, aber meist eine Erniedrigung des Stärkegehaltes zeigten, sobald die Salze zu spät, die unreinen spätestens im December gegeben wurden. Für Zuckerrüben scheinen Kalisalze nach den bisherigen Versuchen weniger empfehlenswerth zu sein. Einen gröſseren Düngungsversuch mit Kalisalzen auf Zuckerrüben hat A. Rümpler (Zeitschrift für das Düngerwesen, 1880 S. 4 und 33) ausgeführt. Die Flächen erhielten zunächst eine gleichmäſsige Düngung mit Phosphorsäure und Stickstoff, dann mit 98procentigem Chlorkalium (100k zu 16 M.), 92procentigem schwefelsaurem Kalium (100k zu 22 M.) und Kainit mit 12,4 Proc. Kali (100k zu 1,60 M.). Sämmtliche Kalisalze wurden im Herbst untergepflügt. Die mit Kali gedüngten Flächen gaben sämmtlich einen gröſseren Zuckergehalt und höheren Reinheitsquotienten der Rüben als ohne Kali und der Zuckertrag war wesentlich höher, meist auch das Erntegewicht. Bei der Ertragsberechnung stellte sich besonders der Kainit günstig und dürfte es sich daher empfehlen, ein Mal in einer längeren Reihe von Jahren eine starke Kainitdüngung zu geben, in den dazwischen liegenden Jahren aber nur die reineren Salze zu verwenden, um namentlich schweren Boden nicht mit fremden Salzen zu überladen. Einwirkung der Ammonsalze auf kohlensauren Kalk. Nach den Versuchen von Nivet (Comptes rendus, 1880 Bd. 90 S. 1216) entwickelt kohlensaures Calcium mit Salmiak schon bei gewöhnlicher Temperatur Dämpfe von kohlensaurem Ammonium. Dieselbe Zersetzung findet statt, wenn schwefelsaures Ammonium als Düngemittel in den Boden kommt. Die Verflüchtigung des so gebildeten Ammoniumcarbonates wird wesentlich verzögert durch Gegenwart von Kohlensäure und durch die Absorptionsfähigkeit des Bodens. Fischguano. H. Krätzer bespricht in der Zeitschrift für das Düngerwesen, 1880 S. 35 und 67 die Anwendung des Fischguanos (vgl. 1875 215 464). Verschiedene Sorten desselben enthielten nach den neuesten Analysen von: Stickstoff Phosphorsäure P. Wagner UngedämpftGedampft 8,68,8           13,0 Proc.14,3 Krätzer Desgleichen 8,5 14,2 Ulex DesgleichenDesgleichen 8,6  8,75 15,014,0 Schulz Desgleichen 9,0 13,8 Ueber zurückgegangene Phosphorsäure berichtet A. Millot im Bulletin de la Société chimique, 1880 Bd. 33 S. 99. Der Verfasser führt das Zurückgehen der Phosphate (vgl. 1878 230 413) auf die Bildung von Eisen- und Aluminiumphosphaten zurück. Trocknen und Zusatz von Kreide begünstigen das Zurückgehen. Die gebildeten basischen Phosphate von Eisenoxyd sind unlöslich in citronensaurem Ammonium, die Thonerdephosphate aber sämmtlich löslich. C. F. Meyer (Zeitschrift für analytische Chemie, 1880 S. 145 und 309) findet, daſs durch die Umsetzung von schwefelsaurem Eisenoxyd mit einbasisch phosphorsaurem Kalk (saures orthophosphorsaures Calcium) ein saures Phosphat entsteht, durch dessen Einwirkung auf dreibasisch phosphorsauren Kalk fast ein Drittel der löslichen Phosphorsäure unlöslich wird: 3CaH4(PO4)2 + Fe2(SO4)3 == 3CaSO4 + Fe2H12(PO4)6 und Fe2H12(PO4)6 +2Ca3(PO4)2 = Fe2(PO4)2 + 2Ca2H2(PO4)2 + 2CaH4(PO4)2. Auſserdem wirkt das saure Eisenphosphat vielleicht noch auf andere Bestandtheile der Düngemittel ein und beschleunigt dadurch das Zurückgehen der Phosphorsäure. Von verschiedenen Seiten (vgl. Chemische Industrie, 1880 S. 92), namentlich aber von Dünkelberg (Landwirthschaftliche Jahrbücher, 1880 S. 180) wird hervorgehoben, daſs die in citronensaurem Ammonium löslichen Phosphate genügend aufgeschlossen sind, um in kurzer Zeit von den Pflanzen aufgenommen zu werden, daſs die für Herstellung wasserlöslicher Phosphorsäure gebrauchte Schwefelsäuremenge als eine unnöthig groſse und daher verwerfliche betrachtet werden muſs, und daſs die so genannte zurückgegangene Phosphorsäure der wasserlöslichen völlig gleich zu setzen ist. Demnach kann die mit Schwefelsäure aufgeschlossene und dadurch in Wasser löslich gewordene Phosphorsäure des Peruguanos in Wirkung und Werth gegenüber der in Citrat löslichen in den Biphosphaten keinen Vorzug haben. Der rohe Peruguano, von dessen Phosphorsäure 60 Proc. in Citrat löslich sind, ist somit dem aufgeschlossenen Guano im Allgemeinen und namentlich für alle durchlassenden Bodenarten unbedingt vorzuziehen. Die Stickstoff haltigen Düngemittel sind von um so rascherer Wirkung, je mehr der Stickstoff als Nitrat oder in organischer leicht zersetzbarer Form darin enthalten ist, so daſs dieselben eine rasche Salpeterbildung im Boden ermöglichen. Demnach sind Ammoniumsalze und Ammoniak ähnliche Verbindungen, wie gewisse leicht zersetzbare, Stickstoff haltige, organische Stoffe, wirksamer und werthvoller als das schwefelsaure Ammonium, dessen starke Säure die Salpeterbildung erschwert. Hieraus folgt, daſs das Aufschlieſsen des Peruguanos mit Schwefelsäure oder die künstliche Beimischung von Ammoniumsulfat zur Aufbesserung des Stickstoffgehaltes die Wirkung des in beiden Fällen im Ammoniumsulfat gereichten Stickstoffes in gegebener Zeit vermindert, und daſs die sogen. Ammoniak-Superphosphate, in welchen das Ammoniak an Schwefelsäure gebunden ist, nicht die günstigste Form darstellen, um den Pflanzen Stickstoff zuzuführen. Dazu kommt, daſs der Stickstoff im rohen Peruguano theurer ist als in vielen zur Düngerfabrikation brauchbaren inländischen Abfällen, durch deren sachgemäſse Aufschlieſsung und Verarbeitung zu leicht zersetzbaren Düngerstoffen dem deutschen Landwirthe sehr bedeutende Ausgaben erspart werden könnten. Es sollte daher die einseitige Preisberechnung der Düngemittel nach ihrem Gehalt an in Wasser löslicher Phosphorsäure verlassen und die Prüfung der Löslichkeit der Phosphorsäure mit basisch citronensaurem Ammonium eingeführt werden (vgl. 1879 232 363). Die in Citrat lösliche Phosphorsäure ist zum gleichen Werthe wie die wasserlösliche anzusetzen, damit die Fabrikation gefällter Phosphate, welche dem Landwirth die Phosphorsäure in concentrirtester und unter allen Verhältnissen wirksamer und billigster Form als Kalkphosphat und frei von Gyps liefern, in Deutschland ermöglicht und damit der Peruguano durch Fabrikation inländischer Stickstoff haltiger Düngemittel immer mehr von dem deutschen Düngermarkt verdrängt werde. Der Wassergehalt in den Superphosphaten wird bis jetzt nur wenig bestimmt, obgleich deren Zweckmäſsigkeit, ja Nothwendigkeit wohl unbestritten ist. Wegen der beim Erhitzen eintretenden vielfachen Umsetzungen würde es jedoch erforderlich sein, daſs sich die Chemiker zunächst über die hierbei einzuschlagende Methode einigten. R. Jones schlägt in der Zeitschrift für das Düngerwesen, 1880 S. 105 vor, 10g Superphosphat in dünnen flachen Porzellanschalen 2 Stunden lang im Wasserbade zu erhitzen. Das Verfahren soll für praktische Zwecke vollkommen genügen. Die Bestimmung der assimilirbaren Phosphorsäure geschieht nach A. Petermann (Zeitschrift für analytische Chemie, 1880 S. 141 und 375) in folgender Weise. Zur Herstellung der Citratlösung wird Citronensäure in Ammoniak bis zur neutralen Reaction aufgelöst, die Concentration der Flüssigkeit bis auf 1,09 sp. G. gebracht und dann auf 1l 50cc Ammoniak zugesetzt. Wenn man die wasserlösliche und die in citronensaurem Ammonium lösliche Phosphorsäure in einer Operation bestimmen will, so muſs man unbedingt ein ammoniakalisches Ammoniumcitrat anwenden, weil sonst die freie Phosphorsäure das citronensaure Ammonium zersetzen und Citronensaure frei machen, diese aber unaufgeschlossenen dreibasischen phosphorsauren Kalk auflösen würde. Von dieser Citratlösung werden 100cc in eine kleine Spritzflasche gegeben, dann wird die abgewogene Probe – 5g gemischter Dünger, 2g Superphosphat oder 1g präcipitirtes Phosphat – mittels eines schwachen Strahles in einen kleinen Porzellanmörser gespült, mit dem Stempel leicht zerrieben und nach und nach in einen 500cc-Kolben abgeschlämmt, mit der in der Spritzflasche übrig gebliebenen Citratlösung nachgespült, bis man die 100cc verbraucht hat. Es wird hierbei wo möglich kein Wasser angewendet. Der 500cc-Kolben wird nun mit seinem Inhalt genau während einer Stunde in einem Wasserbad unter mehrfachem Umschwenken auf 35° erwärmt, sodann bis zur Marke aufgefüllt, durch Umgieſsen gut gemischt und filtrirt. Es ist zu beachten, daſs das anfangs ablaufende Filtrat, auch selbst bei Anwendung eines doppelten Faltenfilters, stets trübe läuft; man darf daher erst das später völlig klar Ablaufende zur Analyse verwenden. 50 oder 100cc des klaren Filtrates werden mit genügender Menge Chlormagnesiumlösung sodann gefällt, gut umgerührt, stark ammoniakalisch gemacht und nach etwa 12 Stunden filtrirt. Nach dem Auswaschen mit Ammoniak wird der Niederschlag in gewöhnlicher Weise durch Glühen und Wägen als pyrophosphorsaure Magnesia auf die angewendete Substanz verrechnet. Während meist angenommen wird, daſs das basische Ammoniumcitrat nur den zweibasisch phosphorsauren Kalk oder das Dicalciumphosphat CaHPO4, nicht aber den dreibasischen oder das Tricalciumphosphat Ca3(PO4)2 löse, zeigen A. Grupe und B. Tollens in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 1267, daſs sich zwar das Dicalciumphosphat leichter löst, daſs aber auch das Tricalciumphosphat löslich ist, besonders wenn es nicht bei höherer Temperatur getrocknet war. Bei 35° ist das Lösungsvermögen des Citrats gröſser als bei gewöhnlicher Temperatur. Bei dieser Lösung bildet sich phosphorsaures Ammonium und citronensaures Calcium, welches von dem überschüssigen Ammoniumcitrat gelöst wird. Ob bei diesem Verhalten der Phosphate gegen citronensaures Ammonium nicht eine verdünnte Lösung von Citronensäure vorzuziehen wäre, welche auch das phosphorsaure Magnesium und Ammoniummagnesium lösen würde, müssen weitere Versuche zeigen. Bei der Fällung der Phosphorsäure muſs man etwa 3 mal so viel Magnesiamischung zusetzen, als theoretisch erforderlich wäre, um die Phosphorsäure völlig abzuscheiden. Der entstandene Niederschlag enthält meist überschüssige Magnesia und Kalk; er muſs daher in Salzsäure gelöst und nochmals durch Ammoniak gefällt werden. Enthält die Probe Eisenoxyd und Thonerde, so gehen auch diese theilweise in den Niederschlag und muſs dann bei der zweiten Fällung auch etwas Citrat zugesetzt werden, um diese in Lösung zu behalten.