Titel: Zur chemischen Technologie des Glases.
Fundstelle: Band 238, Jahrgang 1880, S. 65
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Zur chemischen Technologie des Glases. Zur chemischen Technologie des Glases. Zusammensetzung des Glases. Nach Analysen von B. de Corbigny in den Annales des Mines, 1879 Bd. 15 S. 480 hatte ein Flaschenglas der Glashütte von Faymoreau (Vendée) folgende Zusammensetzung: Kieselsäure 62,9 Kalk 26,5 Thonerde   2,9 Eisenoxyd   1,5 Magnesia   1,6 Natron   4,5 ––––– 99,9. Die Färbungen, welche Eisen- und Manganverbindungen dem Glase ertheilen, bespricht Max Müller im Sprechsaal, 1880 S. 201. Es ist eine alte, allgemein verbreitete, aber durchaus irrige Ansicht, daſs das Eisen im Stande sei, dem Glase zweierlei Färbungen zu ertheilen, so daſs das Eisenoxyd mit gelber, Eisenoxydul aber mit grüner Farbe von schmelzenden Glasflüssen gelöst werde. Die Ansicht, daſs Eisenoxyd sich im Glase löse und dieses dadurch gelb färbe, beruht wohl auf dem Vorhandensein gelber, rother und brauner Emailen und Schmelzfarben, welche ihre Farbe lediglich dem Eisenoxyd verdanken. Das Eisenoxyd ist in diesen Glasuren aber nur fein vertheilt; sobald es sich zu lösen beginnt, verändert sich auch die Farbe, sie wird schmutzig, schlieſslich schwarzgrün. Daraus erklärt sich auch die Vorsicht, welche bei Bereitung und dem Einbrennen dieser Farben beobachtet werden muſs, da zu langes oder zu starkes Erhitzen eine Lösung des Eisenoxydes, d.h. ein Verbrennen der Farben herbeiführt. M. Müller findet nun, daſs Eisenoxyd dem Glase nur eine rein grüne Färbung ertheilt. Sowohl hoch Kieselsäure haltige, als auch sehr basische Gläser nehmen, wenn sie geschmolzen mit Eisenoxyd vermischt wurden, eine gleichmäſsig grüne Färbung an, und zwar erfolgt die Lösung des Eisenoxydes jedesmal unter merkbarer Gasentwicklung, wahrscheinlich von Sauerstoff. Es geht demnach das Eisenoxyd bei Behandlung mit schmelzenden Glasflüssen in eine niedrigere Oxydationsstufe über und diese wird von dem Glase mit grüner Farbe aufgenommen. Ob das Eisenoxyd hierbei völlig in Oxydul übergeht, hat sich durch die Analyse nicht sicher entscheiden lassen. Sehr basische Gläser enthalten jedenfalls neben Oxydul noch Oxyd und die Farbe ist mehr ein Blaugrün. Es scheint, als ob das Eisenoxyd in hoch Kieselsäure haltigen Gläsern sich als reines kieselsaures Eisenoxydul unter Entwicklung von Sauerstoff löst, während in stark basischen Gläsern sich Oxyduloxyd löst. Gläser werden demnach durch Eisenoxyd direct grün gefärbt und die Einwirkung des Feuers hat keinen Einfluſs auf die Farbe, so daſs die Farbenwandlungen der durch Mangan und Eisen gefärbten Flaschengläser im Glasofen nicht auf einen Uebergang des Eisenoxydes in Oxydul zurückgeführt werden dürfen. Reine von Eisen freie Gläser erhalten durch Braunstein bekanntlich eine violette Farbe, so daſs Natrongläser rothviolett, Kaligläser aber blauviolett werden. Durch reducirende Einflüsse geht dieses dunkle Violett in schwaches Rosa über. Die schwache Rosafärbung kommt sicher dem Manganoxydul zu; ob aber die intensive violette Farbe durch gelöstes Manganoxyd, oder gar nach Bontemps durch Manganhyperoxyd bewirkt wird, ist zweifelhaft. Eisengrün und Manganviolett geben nun verschiedene Mischfarben. Bei der Herstellung weiſser Gläser wird das fertige Glas in dickeren Schichten fast immer einen leichten grünlichen Stich, von einer ganz geringen Menge Eisen herrührend, zeigen, welcher nach Zusatz von etwas Braunstein dem Auge nicht mehr wahrnehmbar erscheint. Man wählt die Menge des letzteren so, daſs das fertig geschmolzene Glas, schnell abgekühlt, einen leichten rosa Stich erkennen läſst, bei langsamer Abkühlung aber das Glas vollkommen ungefärbt erscheint. Die Wirkung des Braunsteins kann daher nicht auf eine Umwandlung des Eisenoxyduls in Oxyd zurückgeführt werden. Die Menge Eisen, welche sich auf diese Weise verdecken läſst, beträgt nur etwa 0,1 Proc.; bei höherem Gehalte zeigt das Glas einen dem Auge deutlich wahrnehmbaren gelben Stich, und selbst mit Hilfe des stark entfärbend wirkenden Nickeloxydes würde nur ein unangenehmer, unbestimmter, düsterer Ton erhalten werden. Von den Mischfarben, die sich mit Eisen und Mangan in Gläsern erzielen lassen, macht die Praxis den ausgedehntesten Gebrauch. Aus nachfolgender Tabelle ist das Verhältniſs des Eisenoxyduls zum Manganoxyd in den gangbarsten Handelssorten ersichtlich. Zugleich wird darin auf den auffallenden Unterschied hingewiesen, welchen diese Gläser in Farbe erkennen lassen, je nachdem sie im Hafen oder in der Wanne geschmolzen wurden. In Procent Farbe im Eisenoxydul Manganoxyd Hafenofen Wannenofen 0,75 3,5 Hell lichtgelb. Grüngelb. 1 2 Gelbgrün. Feuerig grün,Farbe der Moselweinflaschen. 2 2 Grüngelb, Farbe derBordeauxweinflaschen. Fast ganz grün. 2 4 Feuerig goldgelb, Farbe derMadeiraflaschen. Gelbgrün. 2,25 6,5 Hell gelbbraun, Farbe derNiersteinerflaschen. Heller, ohne Feuer. 1 7 bis 8 Dunkel orangebraun, feuerig,Farbe der dunklen Rhein-weinflaschen. Schmutzig von Farbe, heller,ohne besonderes Feuer. Mangan färbt demnach Eisen haltige Gläser bei passendem Mischungsverhältnis gelb; überwiegt das Eisen, so erhält man eine grüngelbe, bei Ueberschuſs von Mangan eine satt orange, wohl auch ins Violette spielende Farbe. Dem Gemenge für die Wanne muſs man einen gröſseren Zusatz von Braunstein geben als für Hafenöfen. Trotzdem aber sind in der Wanne besonders braune Gläser von feurigem Ton nur schwierig zu schmelzen; für rein grüne Gläser wählt man aber besser die Wanne; kleine, durch die Brocken in das Glas kommende Mengen Mangan haben nur geringen Einfluſs auf die Farbe. Das gleiche Gemenge gibt im Hafen nur ein Gelbgrün; doch kann diesem Uebelstande durch nachträglichen Zusatz von Eisenoxyd abgeholfen werden. Der Unterschied dieses verschiedenen Verhaltens zwischen Hafen und Wanne kann nur auf die Einwirkung der Flamme zurückgeführt werden. Bekanntlich werden die hier in Frage kommenden Farben während des Schmelzens verändert: dunkelbraune Farben werden heller, gelbe und gelbgrüne mehr grün. Diese Erscheinung ist stark bei Wannen gläsern, weniger auffallend bei Hafengläsern; sie ist nicht abhängig von dem Eisengehalt, da die diesem entsprechende grüne Farbe durch Feuergase keine sichtbare Veränderung erleidet; sie wird aber erklärt durch das Verhalten der manganvioletten Glasflüsse, welche durch Reduction schwach rosafarben werden. Nun wird aber der Braunstein fast überall dem Gemenge zugefügt, welches auſser Sand und Kalk noch Sulfat und Kohle enthält. Dadurch wird ein Theil des Mangansuperoxydes in Oxydul übergeführt, bevor noch die Verglasung völlig eingetreten ist; ein anderer Theil wird durch die Flamme reducirt, so daſs im ungünstigen Falle trotz des hohen Mangangehaltes ein grünes Glas erhalten wird. Man soll daher den Braunstein erst dann zusetzen, wenn das Gemenge bereits niedergeschmolzen ist. Dieser späte Zusatz verhindert weder in der Wanne, noch im Hafen eine gleichmäſsige Durchfärbung der ganzen Glasmasse, beugt aber einer unnöthigen Reduction des stark färbenden Manganoxydes zu schwach färbendem Manganoxydul in wirksamster Weise vor. Die Folge hiervon ist nicht nur eine bedeutende Ersparniſs an Braunstein, die Methode gestattet auch, ganz geringwerthige Braunsteine, welche bisher zu Zwecken der Glasfabrikation keinerlei Verwendung haben finden können, in gröſserer Menge zu verschmelzen. Für den Glasfabrikanten ist zur Beurtheilung der Güte des Braunsteins die genaue Kenntniſs des Mangan- und Eisengehaltes nicht allein entscheidend, der Werth desselben richtet sich nach der Menge des Mangansuperoxydes, welches darin enthalten ist. M. Müller hat ferner das Mangan leichtflüssiger, Eisen haltiger Gläser in einer Sauerstoffatmosphäre gänzlich in die stark färbende Oxydverbindung und dann durch längeres Erhitzen im Wasserstoff wieder in sehwach färbendes Oxydul zurückgeführt. Ein Glas, welches 1 Proc. Eisenoxydul und 6 Proc. Manganoxyd enthielt, erwies sich nach längerer Behandlung im Sauerstoffstrome als tief orangeroth, in dickeren Schichten vollkommen undurchsichtig gefärbt. In einer Wasserstoffatmosphäre geschmolzen, ging die Farbe in ein helles Braun, dann lichtes Gelb über und zuletzt, als voraussichtlich alles Manganoxyd in Oxydul übergeführt war, in ein völlig durchsichtiges, nur ganz lichtgelb gefärbtes Glas, welches im Sauerstoffstrome die frühere Farbenintensität wieder erlangte. Etwa 6 Proc. Manganoxydul waren also im Stande, die stark grüne Farbe von 1 Proc. Eisenoxydul fast völlig zu verdecken. Der violetten Farbe des Manganoxydglases ist das Eisengrün nicht völlig complementär; beide geben ein lichtes Gelb, welches bei gröſserem Eisengehalt deutlich hervortritt. Manganoxydul färbt an sich zwar viel schwächer, gröſsere Mengen desselben entfärben ein stark Eisen haltiges Glas aber weit vollständiger als Manganoxyd. Dem entsprechend lassen sich halbweisse Gläser durch Braunsteinzusatz in der Wanne weit besser entfärben und fallen reiner in Farbe aus, als dies im Hafen möglich ist; denn dort sind die Bedingungen zur Oxydulbildung günstiger als hier. Das Glasschmelzen mit Glaubersalz behandelt ausführlich Moritz im Sprechsaal, 1880 S. 72 und 242. Die erste Bedingung für die Anwendung von Sulfat (vgl. 1825 17 235. 1827 26 39) ist ein genügend heiſser Ofen. Die Materialien sollen völlig trocken und fein gepulvert, nur die Kohle gröblich zerstossen sein. Man mische dann zunächst die Kohle mit dem Glaubersalz, setze dann den Kalk und schlieſslich den Sand hinzu. Das Nachfüllen geschieht erst nach dem völligen Durchschmelzen des Inhaltes, das Abnehmen der Glasgalle nach vollendeter Schmelze. Das Mischen der Glasmasse geschieht durch Einführen einer Kartoffel an einer blanken Eisenstange. Neuere Versuche haben gezeigt, daſs es vortheilhaft ist, den Glassatz anzufeuchten. Die Masse schadet dem Hafen nicht, schmilzt rascher als der trockene Satz und stäubt nicht beim Einfüllen (vgl. 1838 67 217). Ein einfaches Verfahren zur Nachweisung von Blei und Kupfer in Gläsern und Emailen gibt M. Müller (Sprechsaal, 1880 S. 270). Erhitzt man ein Linsen groſses Stück eines Blei freien farblosen Glases 1 bis 2 Minuten in einer Gebläseflamme oder vor dem Löthrohr, so bemerkt man an dem zu einem Tropfen zusammengeschmolzenen Glase nach dem Erkalten keinerlei Veränderung. Blei haltiges Glas, in gleicher Weise erhitzt, zeigt jedoch nach dem Erkalten einen schwarzen, oft in Regenbogenfarben schillernden Ueberzug. Aus dem Grade der Schwärzung kann man annähernd einen Schluſs auf die Menge des vorhandenen Bleioxydes ziehen. Diese durch Reduction des Bleisilicates zu metallischem Blei bewirkte Schwärzung tritt selbst in der Oxydationsflamme ein. Zinnoxydgläser und die damit hergestellten weiſsen Emailen und Glasuren verändern sich dagegen hierbei nicht, so daſs Glasuren von Kochgeschirren hiernach auf Blei geprüft werden können. Dieselbe Schwärzung tritt auf, wenn man die Probe einige Zeit im Verbrennungsrohr erhitzt, durch welches Wasserstoff oder Leuchtgas hindurch geleitet wird. Enthält das Glas oder das Email kein Blei, wohl aber Zinnoxyd, so zeigt die Probe oberflächlich einen schwärzlichen metallischen Reflex, welcher aber bei der Behandlung in der Flamme wieder verschwindet, so daſs man durch dieses Verhalten Zinnoxydemaile von Kryolithgläsern unterscheiden kann. Glasuren für Kochgeschirre werden meist in mehreren Schichten auf das Metall aufgetragen. Ein Splitter solchen Emails zeigt nach dem Behandeln im Glasrohr, welche Schicht von Blei frei ist, bezieh. welche das meiste Blei enthält. Bei der Untersuchung von grünen Gläsern ist zu berücksichtigen, daſs Chrom-, Eisen- und Urangläser sich in der inneren Flamme nicht verändern, Kupfer aber zu Metall reducirt wird. Erhitzt man daher ein Stückchen durch Kupferoxyd grün gefärbtes Glas, blaues Alabasterglas u. dgl. in der Reductionsflamme, so ist nach dem Erkalten des Tropfens die Oberfläche desselben theilweise oder gänzlich durch abgeschiedenes Kupfer duffroth gefärbt. Durch Reiben mit einem harten Körper tritt in den meisten Fällen auch der charakteristische Metallglanz unverkennbar hervor. Häufig, besonders wenn der Kupfergehalt des zu untersuchenden Glases nur gering ist, sind einzelne Stellen durchsichtig intensiv purpur gefärbt. Ein Bleigehalt stört diese Reaction. Erhitzt man ein kleines Stückchen des auf Gold- oder Kupferfärbung zu untersuchenden Glases in einer Glasröhre vor dem Gebläse und zieht beides zusammen im weichen Zustande etwas aus, so ist nach dem Erkalten der Probe die vom Golde herrührende Rothfärbung noch unverändert wahrzunehmen, während die rothen Kupfergläser dann vollkommen farblos erscheinen.