Titel: | Elektrische Ausrückung für Baumwoll-Streckmaschinen. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 139 |
Download: | XML |
Elektrische Ausrückung für
Baumwoll-Streckmaschinen.
Mit Abbildungen auf Tafel 10.
Bullough's elektrische Ausrückung für
Baumwoll-Streckmaschinen.
Bei der Wichtigkeit, welche elektrische Ausrückvorrichtungen für Spinnereimaschinen
zu erlangen berufen sind, erscheint es begründet, eine solche erprobte Construction
eingehender, als dies in D. p. J. 1878 230 * 198
bereits geschehen, hier vorzuführen und zwar nach einer Maschine, welche von einer
bedeutenden englischen Maschinenfabrik (wahrscheinlich Howard und Bullough in Accrington) der Spinn- und Webschule zu Mülhausen
schenkweise überlassen wurde. Nach einem von Paul
Dupont im Bulletin de Mulhouse, 1880 Bd. 50 S.
73 veröffentlichten Berichte ist die elektrische Ausrückung in Fig. 15 bis
20 Taf. 10 in allen Einzelheiten dargestellt; dieselbe ist so angeordnet,
daſs der Stillstand der Strecke bei allen den Betriebsstörungen selbstthätig
stattfindet, welche durch Bruch des Streckbandes an der Eintritt- oder
Austrittstelle, durch Wickeln desselben auf den Walzen oder Ueberfüllung des zur
Aufnahme des Bandes bestimmten Topfes herbeigeführt werden können. Die erlangten
Resultate werden als sehr befriedigend geschildert und
die Möglichkeit hervorgehoben, bei Anwendung der Einrichtung die Zahl der von einer
Arbeiterin bedienten Streckköpfe beliebig zu vergröſsern, dagegen den Abfall der
Maschine zu vermindern.
Das Streckwerk besitzt, wie aus Fig. 16 zu
ersehen, die übliche Einrichtung. Der Eintritt des Bandes erfolgt über die Zahnschiene K und durch die Einzugswalzen E, F, das Band passirt die vier Streckcylinderpaare H und gelangt sodann durch die Abzugswalzen B, B1 nach dem in
bekannter Weise eingerichteten rotirenden Deckel V des
Drehtopfes T.
Die Ausrückung, d.h. die Ueberführung des Transmissionsriemens auf die Losscheibe,
geht von der horizontalen, den Drehtopf antreibenden Welle c (Fig. 16 und
19) aus. Diese Welle trägt die beiden schief abgeschnittenen Hülsen a und a1; erstere (a) sitzt
lose auf der Welle und stützt sich (links in Fig. 19)
gegen einen Bund derselben, letztere (a1) ist durch Nuth und Feder verschiebbar mit der
Welle verbunden und wird durch die Schraubenfeder d
gegen a gedrängt. Während der Arbeit der Maschine
nehmen beide Hülsen an der Drehung der Welle c theil.
Findet dagegen eine Betriebstörung statt, so wird der an einer horizontalen Achse in
dem Rahmen f aufgehängte Anker e (Fig. 16 und
18 bis 20) des Elektromagnetes M der Hülse
a genähert und bietet dadurch der aus dieser Hülse
vorragenden Nase b einen Stützpunkt; die Hülse wird in
Folge dessen an der Rotation verhindert und dadurch die zweite Hülse a1 auf der Welle c zurückgedrängt, die Feder d anspannend. Hierdurch wird mittels der die Welle c umfassenden Gabel g die Achse h (Fig. 16 und
19) gedreht und die Bewegung durch den Hebel i und den Arm j auf die Riemenführerstange
n mit Riemengabel m
(Fig. 15) übertragen; die Verschiebung dieser Stange wird vollendet durch
die Schraubenfeder k. Diese Feder ist einerseits an dem
Gestell bei x befestigt und ergreift andererseits die
kleine Zugstange l, welche an den Arm o eines um q drehbaren
Winkelhebels bei y angeschlossen ist; der andere Arm
dieses Hebels erfaſst die Stange n. Liegt der Riemen
auf der Festscheibe, so geht die Verbindungsgerade xy
durch den Drehpunkt q des Hebels; wird dagegen durch
den oben beschriebenen Vorgang die Stange n etwas nach
links geschoben, so senkt sich diese Linie unter q, die
Feder k kommt zur Wirkung und sorgt dafür, daſs die
Stange n den für die Ausrückung nothwendigen Weg
vollendet (Stellung Fig. 15).
Auf die Achse q des Winkelhebels o sind aber auch, wie Fig. 16
zeigt, noch zwei Handgriffe p aufgesetzt, mittels deren
die Ausrückung vom Arbeiter vorgenommen werden kann.
In dem rahmenartigen Gehäuse f (Fig. 16,
18 und 19),
welches die Drehachse des Ankers e trägt, ist der
Elektromagnet M befestigt, dessen Pole dem Anker
zugekehrt sind. Dieses Gehäuse ist mit dem Theile des Maschinengestelles verbunden,
welcher den Deckel V des Drehtopfes, das Lager der
Abzugswalze B1, das
Lager der Einzugswalze F und die Streckcylinder H trägt; an ihm endet bei s (Fig. 20)
der positive Leitungsdraht der elektrischen Batterie. Der negative Leitungsdraht
dagegen passirt in isolirender Umhüllung die Wand des Gehäuses, umwindet den weichen Eisenkern
des Elektromagnetes und steht mit der isolirt am Gehäuse f befestigten Feder w in Verbindung. Ein
Winkelhebel u, um u1 an dem Lager A der
zweiten Abzugswalze Bdrehbar, drückt, wenn erhoben,
gegen diese Feder. Das Lager A ist von dem Lager der
Walze B1 durch eine
Holzlage j getrennt, dagegen durch den eisernen Bügel
G mit der Platte D in
leitende Verbindung gebracht. Eine Holzscheibe N
isolirt diese auf dem Hauptgestell der Maschine befestigte Platte, welche die Lager
für die oberen Einzugswalzen E und für die drehbaren
Putzdeckel C der Streckcylinder trägt. Am vorderen Ende
dieser Deckel sind durch Gegenmuttern zu sichernde Schrauben t eingesetzt, welche bis nahe an die Umfläche der Zapfen der vorderen
Streckwalze angestellt werden. Die Lagertheile A der
einzelnen Streckköpfe sind ferner durch die metallene Schiene r vereinigt, von welcher Federn z (Fig. 16 und
19) nach den Drehtopfdeckeln herabreichen und diese fast berühren. Wird
der Hebel u durch den mit der Achse h isolirt verbundenen Arm v (Fig. 18 und
19) gehoben und damit in Berührung mit der Feder w gebracht, so ist dadurch die Abzugswalze B,
die Einzugswalze E, der Putzdeckel C und die Feder z mit dem
negativen Leitungsdrahte e der elektrischen Batterie in
Verbindung gesetzt. Eine Trennung dieser Theile von den mit dem positiven Pol
leitend verbundenen findet aber dauernd durch die Isolirungsschichten J und N statt,
vorübergehend während der ungestörten Arbeitsverrichtung der Maschine an den Stellen
1 bis 4 in dem Laufe
des Streckbandes. Eine Berührung an einer der letztgenannten Stellen bringt Schluſs
des elektrischen Stromes, dadurch Anziehen des Ankers e
durch den Elektromagnet und in Folge davon Ausrückung der Maschine hervor.
Diese Berührung findet aber statt: 1) bei dem Bruch eines Bandes beim Eintritt, 2)
beim Wickeln des Bandes um die Streckwalzen, 3) bei dem Bruch des Bandes am Austritt
oder bei Verstopfung der Abzugswalzen, 4) bei Ueberfüllung des Drehtopfes.
1) Bruch des Bandes beim Eintritt. Wie Fig. 16 und
17 zeigen, ist die geriefte Einzugswalze F
über die ganze Länge des Streckwerkes geführt; auf ihr ruhen die kurzen
glattrandigen Druckwalzen E, von denen jede zwei von
dem Fadenleiter K kommende Fäden bedeckt Die Zapfen
dieser Druckwalzen liegen nicht in Lagern, sondern stützen sich nur gegen die sie
von einander trennenden winkelförmigen Einfassungen; durch ihr Gewicht werden sie
stets mit diesen in Berührung gehalten. Reifst eines der beiden Vorgarnbänder, so
erfolgt zwischen den beiden Walzen E und F Berührung und somit Schluſs des Stromes und
Abstellung der Maschine. Die vollkommen sichere Berührung soll hierbei befördert
werden durch Anwendung ungleich starker Zapfen an den Preſswalzen E.
2) Wickeln des Bandes um die Streckwalzen. Während des Arbeitsganges der Maschine,
wobei die Bänder zwischen den Streckwalzen H
hindurchgehen, stehen die Spitzen der Schrauben t (Fig.
16) um etwas über der Umfläche der vorderen Streckwalzen zapfen. Bei
eintretendem Wickeln der Bänder vergröſsert sich der Walzendurchmesser, die obere
Walze steigt in ihren Schlitzlagern aufwärts, der Zapfen kommt in Berührung mit der
Schraube t, was Stromschluſs und Anhalten der Maschine
zur Folge hat.
3) Bruch des Bandes beim Austritt. Wie aus Fig. 16 zu
ersehen, ist die Abzugswalze B1 fest in ihrem Lager gehalten, die Lager der
Gegenwalze B dagegen vermögen sich in den schräg
gestellten Schlitzen der Lagertheile A auf oder ab zu
schieben. Die Abwärtsbewegung wird durch das Gewicht der Walze B hervorgebracht; sie tritt ein bei dem Bruch eines
Bandes und hat Berührung beider Walzen zur Folge. Das Anheben wird durch Anhäufung
des Streckmaterials an der Eintrittstelle bewirkt und dauert fort, bis das
Walzenlager an den bügelförmigen Deckel W anstöſst, der
mit dem Lager von B1 in
leitender Verbindung steht, von A dagegen isolirt ist.
In beiden Fällen wird Schluſs des elektrischen Stromes und Ausrückung der Maschine
bewirkt.
4) Ueberfüllung des Drehtopfes. Bei Ueberfüllung des Drehtopfes T findet die Schlieſsung des Stromkreises und der
Stillstand der Maschine statt durch Anheben des Deckels V mittels des sich gegen ihn stützenden, den Topf erfüllenden
Streckbandes, wobei der gehobene Deckel mit der Feder z
in leitende Berührung tritt.
Bei jedem erfolgenden Ausrücken der Maschine wird nach Einleitung der Linksbewegung
der Stange n (Fig. 15),
durch Drehung des Armes v um die Achse h der Hebel u gesenkt und
damit der elektrische Strom unterbrochen; der Elektromagnet gibt in Folge dessen den
Anker e frei, und dieser wird bei der durch die Feder
k bewirkten Weiterdrehung des Gabelhebels g durch die Stange L von
der Nase b abgedrückt, wie dies deutlich aus Fig.
18 zu ersehen ist. Hierdurch ist die Maschine wieder in gebrauchsfähigen
Zustand gebracht und kann nach erfolgter Abstellung des Fehlers, durch Einrücken
mittels der Handgriffe, wieder in Thätigkeit gesetzt werden.
Die für den Betrieb des vorstehend beschriebenen Ausrückungsmechanismus erforderliche
Elektricität wird durch eine kleine elektromagnetische Maschine gewonnen, die mit
etwa 1500 Touren in der Minute umläuft; im Uebrigen kann eine jede
Elektricitätsquelle zur Erzeugung des erforderlichen Stromes benutzt werden.