Titel: | Ueber analytische Wagen mit constanter Empfindlichkeit; von Anton Markl in Neu-Prag. |
Autor: | Anton Markl |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 161 |
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Ueber analytische Wagen mit constanter
Empfindlichkeit; von Anton Markl in Neu-Prag.
Mit Abbildungen.
Markl, über analytische Wagen mit constanter
Empfindlichkeit.
Seit Lavoisier die Wage als wesentliches Hilfsmittel für
chemische Untersuchungen einführte, hat man sich nach allen Richtungen hin um die
Verbesserung derselben bemüht. Im Princip sind diese Instrumente immer noch die
alten geblieben, in Construction und zweckmäſsiger Einrichtung, in Feinheit und
Genauigkeit dagegen sind wesentliche Fortschritte gemacht worden und der Aufschwung
der chemischen Industrie hat bei gesteigertem Bedarf der Wage eine fabrikmäſsige
Herstellung derselben und damit auch eine namhafte Preisermäſsigung ermöglicht.
Die Forderungen, welche der Chemiker an eine gute Wage stellt, sind bequemes und
schnelles Arbeiten, ausreichende Empfindlichkeit und Tragfähigkeit. Alles dies
erscheint glücklich vereinigt in den Wagen mit constanter
Empfindlichkeit von A. Verbeek und Peckholdt
in Dresden, bei deren Construction in einfachster Weise darauf Rücksicht genommen
ist, daſs die Empfindlichkeit stets – bei der geringsten, wie bei der höchst
zulässigen Belastung – dieselbe bleibt. Bekanntlich nimmt die Empfindlichkeit bei
gröſserer Belastung ab; sie wird hingegen gröſser, wenn der Schwerpunkt höher gelegt
wird. Es sind nun bei den von der genannten Firma verfertigten Wagen die 3 Achsen in
einer gewissen Höhenlage zu einander eingestellt, so daſs die Abnahme der
Empfindlichkeit bei gröſserer Belastung durch gleichzeitig entsprechendes
Hinaufrücken des Schwerpunktes von selbst genau ausgeglichen wird, die
Empfindlichkeit also constant ist. Der Ausschlag der Zunge einer solchen Wage mit
constanter Empfindlichkeit beträgt für 1mg mehr
auf einer Schale 2° oder 2mm, bei den
empfindlicheren Wagen 5° = 5mm und ist es ganz
gleichgültig, ob die Wage nur mit wenigen Gramm oder mit 100 bis 200g auf jeder Schale belastet ist. Die Scale, an
welcher sich die Zunge bewegt, ist nach rechts und links in je 10° getheilt, so daſs
man allein blos durch den Ausschlag der Zunge + 5mg ablesen kann. Bruchtheile von einem Milligramm markirt die Zunge
ebenfalls in ganz überraschender Weise, und da die Ausschläge auf Viertelgrade
abschätzbar sind, so kann man auf 0mg,125 genau
wägen.
Man will z.B. das Gewicht einer Schale bestimmen: Bei Auflage des
50g-Stückes gebe die Zunge einen Ausschlag von
5,5° nach der Seite der Gewichtsschale. Hat man diesen Ausschlag beobachtet, so ist
die Wägung beendigt; die Zunge zeigt an, daſs die Schale noch 2mg,75 mehr als 50g wiegt, daſs sie demnach 50g,00275
schwer ist.
Von der Richtigkeit des Ausschlages kann man sich leicht überzeugen, indem man kleine
Gewichtsstücke hinzulegt; für jedes zugelegte Milligramm zeigt die Zunge nun 2° Unterschied und bei 3mg wird sie schon 0,5° nach der anderen Seite hin
ausschlagen.
Das Ungewohnte der gleichen, von der Belastung unabhängigen Empfindlichkeit erzeugt
allerdings im Anfang eine gewisse Aengstlichkeit bei Benutzung der Ausschläge und in
der That, es überrascht zu sehen, wie im unbelasteten Zustande die Wage für
vielleicht 4mg richtig 8° ausschlägt, bei 100g Belastung oder bei 200g aber ganz das gleiche thut. Bald schwindet
jedoch alles Miſstrauen und man unterläſst die anfangs geübte Controle.
Durch Reiterverschiebung kann man bis 50mg
bestimmen und erst von da an sind Gewichte nothwendig.
Es leuchtet ein, daſs das Arbeiten mit einer derartigen Wage viel rascher vor sich
gehen muſs als mit jeder anderen Wage; dabei sind sie zweckmäſsig, solid und sehr
elegant gearbeitet und im Preise billiger als irgend welche. Sie werden je nach dem
Zweck auch mit einer gröſseren oder geringeren Empfindlichkeit und Tragfähigkeit
hergestellt- immer aber hat man den Vortheil, den Zungenausschlag direct zur
Bestimmung der letzten kleinen Gewichtsunterschiede benutzen zu können.
Es dürfte demnach nicht uninteressant sein, wenn wir die uns von Hrn. A. Verbeek über die Bedingungen der constanten
Empfindlichkeit, der Schwingungsdauer u.s.w. mitgetheilten Angaben im Nachfolgenden
veröffentlichen.
Es sei S (Fig. 1) der Schwerpunkt eines Wagebalkens und m die Mittelachsenschneide desselben, so wird ein kleines Zulagegewicht
z auf der einen Seite den Schwerpunkt so weit von
der Senkrechten unter m ablenken, daſs der Abstand,
multiplicirt mit dem im Schwerpunkt S angenommenen
Gewicht der Masse, gleich ist dem Gewichte der seitlichen Zulage, multiplicirt mit
dem Abstand derselben von der Senkrechten.
Betrachtet man nun einstweilen den Wagebalken als Winkelhebel,
dessen Stützpunkt m ist und an dessen beiden Armen bei
z und S zwei Kräfte im
Verhältniſs des Gewichtes der seitlichen Zulage zu dem Gesammtgewicht von Balken,
Schalen und etwaiger (gleichmäſsiger) Belastung in lothrechter Richtung wirken, so
ist klar, daſs, wenn m z gröſser wird, also bei
Verlängerung des Balkens, die Ablenkung von S und damit
auch der Ausschlag der Zunge gleichfalls gröſser werden muſs.
Fig. 1., Bd. 238, S. 162
Fig. 2., Bd. 238, S. 162
Bei einer Zunahme von S hingegen wird
das kleine Zulagegewicht nicht mehr die erstere Ablenkung von S bewirken können; es wird der Ausschlag der Zunge bei
Vergröſserung des Gesammtgewichtes kleiner sein, kann jedoch durch Höherlegen des
Schwerpunktes auf das frühere Mals wieder gebracht werden. Es wird demnach der durch
eine kleine seitliche Zulage bewirkte Ausschlag der Zunge verzüglich bedingt durch
die Länge des Wagebalkens, das Gewicht der gesammten zu bewegenden Masse und durch
die Lage des Schwerpunktes.
Wenn die drei Aufhängepunkte eines starren Wagebalkens die von der
Theorie verlangte Lage in einer geraden Linie haben, so wird die Lage des
Schwerpunktes durch Belastung der Wage in ganz bestimmter Weise verändert. Werden an
den Seitenachsen des Balkens (Fig. 2), welcher 100g schwer ist, je 50g (zusammen 100g) gehängt, so wird der
Gesammtschwerpunkt gerade in die Mitte zwischen S und
m nach S' steigen.
Dieses Höherrücken des Gesammtschwerpunktes bei Belastung der Wage ist aber wiederum
ganz bestimmend für die Gröſse des Zungenausschlages. Konnte nämlich das
Zulagegewicht den Schwerpunkt des Balkens allein bis S
ablenken, so vermag es den das doppelte Gewicht darstellenden Punkt S' nur um die Hälfte und bei dreifachem Gesammtgewicht
nur um den dritten Theil u.s.w. abzulenken. Weil aber der Abstand des Punktes S' von m ebenfalls nur die
Hälfte, bezieh. den dritten Theil u.s.w. beträgt, so bleibt der Steigungswinkel oder
der Zungenausschlag ungeändert.
Da die Balken der feinen Wagen so leicht und so zart gebaut werden, als nur mit der
Haltbarkeit verträglich ist, so tritt bei starker Belastung eine vorübergehende
Biegung des Balkens ein, durch welche die Achsen, wenn sie auch anfangs in einer
Ebene lagen, diese so nöthige Lage einbüſsen. Die Lehrbücher bezeichnen diesen
Umstand als den Grund, warum auch die best gefertigten Wagen bei steigender
Belastung unempfindlicher werden.Vgl. Wüllner: Physik, Bd. 1 S. 86.
Bei den Wagen mit constanter Empfindlichkeit wird schon von vorn herein auf diese
Biegung Rücksicht genommen, falls eine solche überhaupt stattfinden sollte, und
demnach die Seitenachsen um so viel höher gestellt, daſs die Schneiden erst bei
höchst zulässiger Belastung – nicht bei mittlerer Belastung, wie von anderen
Mechanikern irrig gemeint wird – in eine Ebene kommen.
Durch eine solche Höherstellung der Achsenschneiden wird nun bewirkt, daſs sich die
drei Umstände, welche die Empfindlichkeit nach Maſs der gesteigerten Belastung
verändern, nämlich: Verrückung des Schwerpunktes nach der Schwingungsachse zu, als
die Empfindlichkeit erhöhend, und andererseits Vergröſserung der im Schwerpunkte
repräsentirten Masse, sowie etwaige Biegung des Balkens, als die Empfindlichkeit
herabsetzend, in allen Fällen, von geringster bis zur höchst zulässigen Belastung,
von selbst genau ausgleichen.
Die Vortheile der constant empfindlichen Wagen sind augenfällig: Das Gewicht einer
Substanz läſst sich mit ganz gleicher Genauigkeit bestimmen, mag sie in einem
leichten Uhrglas oder in einem schweren Tiegel auf die Wagschale gebracht werden.
Von ganz besonderem Werth ist ferner das schnelle und präcise Arbeiten mit einer
solchen Wage. Es ist nämlich durch die constante Empfindlichkeit derselben die
Möglichkeit geboten, die letzten kleinen Gewichtsdifferenzen bei einer Wägung direct und ohne
weiteres durch den Ausschlag der Zunge zu bestimmen. Man braucht hierbei die Wage
nicht erst zum Einspielen zu bringen, sondern es genügt, wenn sie überhaupt nur
spielt, und nach Beobachtung des Zungenausschlages ist die Wägung beendigt.
Gesetzt, es sei bei einer Wage die constante Empfindlichkeit so
festgestellt, daſs durch ein Gewicht von 1mg ein
Ausschlag von 2,5° = 2mm,5 (demnach für 0mg,1 ein Ausschlag von 0,25°) bewirkt wird, und es
betrug der Ausschlag bei einer Wägung 4,75° nach der Seite der Gewichtschale, so
sind offenbar zu der Summe der aufliegenden Gewichte noch 4 ¾ × 4/10 = 19/10 = 1mg,9 zu addiren, denn um so viel ist das zu
wägende Object schwerer. Von der Richtigkeit des Ausschlages kann man sich leicht
überzeugen, indem man so viele kleine Gewichtsstücke noch zulegt, als durch die
Beobachtung des Zungenausschlages bestimmt worden sind.Ueber den mathematischen Beweis für die Richtigkeit des Verfahrens, den
Ausschlag der Zunge zur Bestimmung der Differenz zweier Gewichte zu
benutzen, vergleiche Ritter: Mechanik, S.
203.
Zwischen Empfindlichkeit und Ausschlag der Zunge ist ein Unterschied zu machen: Es
kann eine Wage, die für 1mg einen nur kleinen
Ausschlag gibt, doch bedeutend empfindlicher sein als eine andere mit gröſserem
Ausschlag, d.h., es kann im ersten Fall die Beweglichkeit oder die Fähigkeit, für
die allerkleinsten Gewichtsdifferenzen andere Stellungen anzunehmen, wenn dieselben
auch vielleicht nur mit besonderen Hilfsmitteln erkennbar sind, eine höhere sein.
Die hierbei geltenden Umstände sind: Die Beschaffenheit der drei Achsenschneiden,
deren Parallelismus und die Construction der Lager.
Soll eine Wage beispielsweise bei 100g Belastung noch Unterschiede von 0mg,1
angeben, also eine relative Empfindlichkeit von 1 Milliontheil besitzen, so dürfen
die Achsenschneiden nicht dicker sein als ein Milliontheil des Abstandes zweier
Schneiden; beträgt letzterer 100mm, so ist die
höchst zulässige Dicke der Schneiden 0,0001mm.
Fig. 3., Bd. 238, S. 164
Fig. 4., Bd. 238, S. 164
Man muſs sich die Achsenschneiden, wie bei starker Vergröſserung zu ersehen ist, als
oben abgerundet vorstellen, wie es in Fig. 3 und 4 ersichtlich ist. Bei Anwendung planförmiger Lager
geschieht die Berührung nur in einer Linie, in den höchst stehenden Punkten der
Achse (Fig. 3) und es wird die Reibung zwischen Achse
und Pfanne beim Schwingen des Balkens – als eine wälzende – auf die geringste Gröſse
vermindert, weshalb für eine hohe Empfindlichkeit die Planachsen am geeignetsten
sind. Bei oben angeführtem Beispiel würden aber erfahrungsmäſsig noch sorgfältig
gearbeitete Hohlpfannen ausreichen, bei denen allerdings die Berührung in einem
Cylindermantel stattfinden und die Reibung eine gleitende sein wird. Es genügt hier
auch, wenn im Ruhestand der Wage nur die Mittelachse von ihrem Lager abgehoben ist,
während bei höheren Anforderungen auch die Seitenpfannen ausgelöst werden müssen, um die Wage
möglichst zu conserviren.
Eine weitere Anforderung, die an eine gute Wage gestellt wird, ist das möglichst
schnelle Schwingen derselben. Es sind hierbei von entschiedenem Einfluſs: die Länge
des Balkens, das Gewicht und die Vertheilung der oscillirenden Masse sowie die Lage
des Gesammtschwerpunktes. Die Wage bietet das Beispiel eines physischen Pendels,
dessen Masse besonders nach der Seite hin weit vertheilt ist und dessen Schwerpunkt
sehr nahe bei dem Aufhängepunkte liegt. Fällt der Schwerpunkt mit dem Aufhängepunkt
zusammen, so ist der Wagebalken im indifferenten Gleichgewicht; eine Richtkraft ist
nicht vorhanden. Die Richtkraft entsteht und wächst erst mit dem Auseinandergehen
dieser beiden Punkte; je tiefer der Schwerpunkt liegt, desto schneller schwingt
ersichtlich erweise die Wage, desto kleiner wird aber auch der Ausschlag für z.
Ein jeder Arm eines Wagebalkens besteht aus einer bestimmten Masse, welche beim
Schwingen durch die Directionskraft in Bewegung gesetzt werden muſs.
Da bei jedem Balkenarm je nach der Länge desselben ein zugehöriger
Schwerpunkt A oder A'
(Fig. 5) gedacht werden kann, so mögen der
Einfachheit halber diese den Einfluſs der richtenden Kraft vorstellen. In L und L', der
Berührungsstelle der Seitenachsen und Lager, sind ebenfalls zwei bewegliche Punkte,
welche das Gewicht der Schalen Vorrichtung vereinigen.
Fig. 5., Bd. 238, S. 165
Je näher nun die Punkte A und L, bezieh. A' und L' zu dem Drehpunkte m
stehen, desto kleiner werden die bogenförmigen Wege sein, welche dieselben bei einem
gewissen Zungenausschlag zurückzulegen haben, desto schneller geht nach einfachem
mechanischem Gesetz die Bewegung – die Oscillation – vor sich. Hierzu kommt noch
eins: das Verhältniſs von mS zu mA' und mL' ist bei der Verkürzung des
Balkens in gleichem Maſse ebenfalls günstiger geworden (hier ist wieder die
Vorstellung der Wage als Winkelhebel am Platze) und es ergibt sich die Regel, daſs
die Schwingungsdauer immer im quadratischen Verhältnisse zu der Balkenlänge
steht.
Beträgt z.B. die Schwingungsdauer einer Wage mit langem Balken 36
Secunden, so wird sie bei halb so langen Balken 36 : 2 × 2 = 9 Secunden, bei
Verkürzung des Balkens auf den dritten Theil aber nur noch 36 : 3 × 3 = 4 Secunden
betragen. Begünstigend tritt nun noch die zulässige Verringerung der Masse des
Wagebalkens, also auch seines Gewichtes dazu, ohne daſs der Tragfähigkeit Abbruch
geschieht, und die hiermit verbundene tiefere Lage des Schwerpunktes bei gleich
verlangter Empfindlichkeit.
Es ist daher nicht allein ein möglichst geringes Gewicht des Balkens anzustreben,
sondern auch vorzüglich der Schalen, Schalenbügel und Gehänge als der am
entferntesten von m befindlichen, die gröſsten Bogen
bei der Schwingung zu beschreibenden Theile.
Sind beispielsweise bei L 20g weniger in Bewegung zu setzen, so hat dies eine
dreifach günstigere Wirkung, als wenn diese 20g in
A aufgespart wären, wenn nämlich Am r= ⅓ Lm ist; leider hat
der Einfluſs, den die Vertheilung der oscillirenden Masse auf die Schwingungsdauer
besitzt, noch nicht die gehörige Berücksichtigung gefunden.
Da sich platinirte Schalen mit Bügeln aus Messingdraht (zu einer Wage mit 200g Tragfähigkeit) nicht viel leichter als je mit
40g herstellen lassen, so wurden von Verbeek und Peckholdt Versuche mit Aluminiumbügeln und
Schalen gemacht. Dieselben wogen bei ausreichender Festigkeit 10g für eine einseitige Belastung von 200g, so daſs die bei L
und L' zu bewegende Masse zusammen um 2 × (40 – 10) =
60g verringert wurde. Der Erfolg entsprach den
Erwartungen vollständig. Wohl ist das Aluminium gegen chemische Einflüsse weniger
beständige doch bei der sorgfältigen Behandlung einer analytischen Wage von Seite
des Chemikers fällt dieser Umstand gar nicht in den Bereich der Beachtung.
Es dürfte nun nicht uninteressant sein, über die thatsächliche Lage des Schwerpunktes
eine Betrachtung anzustellen.
Als Beispiel diene eine Wage für 200g, welche für 1mg einen Ausschlag von
5mm gibt. Das Gewicht des Balkens ist etwa
90g und das der beiden Schalen mit Bügeln und
Gehängen ebenso viel; der Achsenabstand beträgt je 100mm, der Abstand der Zungenspitze von der Mittelachsenschneide 260mm. Wie in Fig. 1
schematisch dargestellt wurde, muſs der Gesammtschwerpunkt durch 1mg nach 0g,001 ×
100mm = (90g
+ 90g) xmm um (100 × 0,001) : 180 = 1/1800mm zur Seite gerückt werden. Weil nun hierbei die
260mm von der Mittelachse entfernte
Zungenspitze um 5mm abgelenkt wird, so muſs nach
der Proportion 5/2
: 260 =1/1800 :
x der Schwerpunkt (2 × 260) : (5 × 1800) = 0mm,0578 unter der Achsenschneide liegen, woraus
die hohe Empfindlichkeit der feinen Wagen, die man schon bis auf ein
Hundertmilliontel getrieben hat, erklärlich ist.
Fig. 6., Bd. 238, S. 166
Fig. 7., Bd. 238, S. 166
Offenbar muſs die Einstellung der Achsenschneiden mit peinlicher Genauigkeit
geschehen und die Construction der Achsenbefestigung wird für die möglichst gröſste
Annäherung an die mathematischen Forderungen maſsgebend sein. Die besten Resultate
liefert die Einstellung der Seitenachsen mittels seitlich wirkender
Mikrometerschrauben, welche Construction die genannten Mechaniker behufs Erzielung
constanter Empfindlichkeit noch verbesserten, indem sie die Achsen durch von unten
wirkende Schrauben auch bezüglich ihrer Höhenlage verstellbar machten. Fig. 6 stellt die verbesserte Seitenachsenbefestigung
dar. Die Achse ruht auf den drei verticalen Schräubchen, gegen welche sie durch die
horizontal liegenden, die seitliche Einstellung vermittelnden Schrauben festgehalten wird. Wie man
sieht, kann der Schneide hierdurch eine jede beliebige Lage ertheilt werden und die
Schwierigkeit liegt nur in den so kleinen Maſsunterschieden, auf welche es eben
ankommt. Die richtige, zur constanten Empfindlichkeit nöthige Lage der
Achsenschneiden wird durch ein eigenthümliches Verfahren auf empirischem Wege
gesucht, weil die Festigkeit bezieh. Elasticität des Balkens, welche hierbei mit von
Einfluſs ist, bei jedem einzelnen Object verschieden sein wird. Ein Fehler im
Parallelismus der Achsenschneiden beeinträchtigt die Constantheit der Wage; dagegen
ist eine Differenz in der Länge der Hebelarme weniger von Belang.
Zum Schluſs wollen wir noch der Reiterschiebervorrichtung an chemischen Wagen unsere
Aufmerksamkeit zuwenden: Man pflegt die Reiter, selbst bei verhältniſsmäſsig
längerem Wagebalken und bei geringerer Empfindlichkeit der Wage, fast ausnahmslos in
dem Gewichte von 10mg herzustellen, obzwar
dieselben bedeutend schwerer gemacht werden könnten. Es ist allerdings nothwendig,
die Entfernung der Theilstriche am Balken im Verhältniſs zu dem gehörigen
Zungenausschlag etwas gröſser zu lassen, weil man an der Scale viel genauer ablesen,
als die Reiteraufsetzung bewerkstelligen kann; doch können diese Theilstriche
immerhin viel näher beisammen stehen, als jetzt üblich ist, und dabei zweckmäſsig
auch schwerere Reiter verwendet werden. Der besseren Sichtbarkeit wegen empfehlen
sich Reiter von weiſsem Metall, also Platinreiter, wenn sie 50 oder 100mg schwer sein sollen; für feine Wagen dagegen
Aluminiumreiter im Gewichte von 10mg und darunter.
Fig. 8 zeigt die rechte Hälfte eines Balkens in
halbe Zehntheile getheilt für die Ablenkung der Zunge um 5mm für 1mg und
Fig. 9 einen 10mg-Reiter. Bei einer Ablenkung von nur 2 oder 2mm,5 für 1mg ist
die Verwendung von 50mg-Reiter am Platze und der
Balken erhält eine Theilung von 2 zu 2 bis 50.
Fig. 8., Bd. 238, S. 167
Fig. 9., Bd. 238, S. 167
In Fig. 7 ist eine solche
Theilung ersichtlich; doch erstreckt sie sich hier ausnahmsweise, weil der Balken
sehr kurz ist, über dessen ganze Länge mit Nullpunkt über der linken Seitenachse.
Hängt der Reiter im Gewicht von 25mg bei Null, so spielt die Wage
gerade ein, da die linke Balkenhälfte nämlich genau 25mg leichter als die rechte ist. Hängt der Reiter aber über der rechten
Seitenachse bei 50, so ist diese Seite 50mg
schwerer. Unter Anwendung der schweren Reiter von 50mg bezieh. 25mg und mit Benutzung des
Zungenausschlages zur Bestimmung der kleinsten Gewichtsdifferenzen läſst sich
ungemein rasch arbeiten und zwar mit einer Genauigkeit bis auf ⅛ oder 0mg,1, je nach Fixirung der Empfindlichkeit auf 2
oder 2,5° Ausschlag für 1mg, einerlei ob die
Schalen hoch oder nur sehr wenig belastet sind.
Was nun das Reiterlineal an diesen Wagen betrifft, so ist dasselbe nach Verbeek und Peckholdt's Meinung vollkommen entbehrlich.
Allerdings wird das statische Moment eines auf der oberen Kante des Balkens
hängenden Reiters bei Neigung des Balkens verändert (vgl. Fig. 8); eine genauere Betrachtung läſst jedoch erkennen, daſs diese
Veränderung für alle Orte der Aufhängung bei derselben Neigung in gleichem Maſse und
zwar im Verhältniſs des Sinus des Neigungswinkels erfolgt und also, da der Ausschlag
nur gering ist, immer dem beschriebenen Bogen – der Gröſse des Ausschlages –
proportional ist. Dieselbe ist bei Fixirung der Empfindlichkeit mit vorgesehen,
darum unschädlich, so daſs hier eine besondere Beschwerung des Balkens mit
Reiterlineal vermieden werden kann.
Damit die Wage möglichst conservirt bleibt, ist es vortheilhaft, wenn die Auslösung
nicht plötzlich, sondern allmählich geschieht, so daſs die Mittelachse sanft zur
Auflage auf ihre Lager kommt; das Arretiren kann hingegen schneller vor sich gehen.
Es wird bei letzterem durch eine Drehung des Arretirungsknopfes der Balken erst
horizontal gestellt, sodann mit der Mittelachse von deren Lager abgehoben, worauf
sich je ein Pinsel mit der Spitze sanft an die unteren Flächen der Schalen anlegt,
um etwaiges Schwanken derselben zu verhindern und dieselben zu beruhigen.
Sind auf den Seitenachsen Planpfannen, welche – nebenbei gesagt – wie die Mittellager
aus Carneol gefertigt sind, so werden auch diese auſser Berührung mit den Achsen
gebracht.