Titel: | Neuerungen an Dampfkesseln. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 367 |
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Neuerungen an Dampfkesseln.
Mit Abbildungen.
(Patentklasse 13. Fortsetzung des Berichtes S. 265
d. Bd.)
Wehage, über Neuerungen an Dampfkesseln.
Kessel mit Wasserröhren. (Schluſs. Tafel 26.)
Zu den Kesseln mit kastenförmigen Endkammern gehört der in Fig. 1 Taf.
26 skizzirte Dampferzeuger von A. Wernicke und C.
Ullrich in Halle a, S. (* D. R. P. Nr. 6601 vom 15. October 1878). Um den aus
Guſseisen hergestellten Kammern die erforderliche Festigkeit zu geben, ist zwischen
je zwei Röhren einer Horizontalreihe ein Querstück eingegossen (vgl. Fig. 2 und
3), welches die beiden gegenüber liegenden ebenen Platten einer Kammer
mit einander verbindet. Die Abdichtung der Röhren in der inneren Wand ist durch
Keilringe k bewirkt; letztere werden auf eine der in
Fig. 4 bis 6
gezeichneten Arten zwischen Röhren und Kammerwand eingepreſst. Bei den Anordnungen
Fig. 4 und 6 ist hierzu
eine durch die äuſsere Wand hindurchgehende durchbrochene Kapsel benutzt, bei der in
Fig. 5 ein Bügel. Die Kapseln sind in der auſseren Kammerwand selbst
wieder durch Keilringe abgedichtet. Diese stopfbüchsenartige Abdichtung der Röhren
gestattet den letzteren eine beliebige Ausdehnung und läſst ein leichtes und
bequemes Auswechseln, Wenden und Reinigen derselben zu. Bei Fig. 4 und
5 ist eine Verankerung der beiden Endkammern mit einander nothwendig; bei
Fig. 6 erscheint dieselbe überflüssig, da die Kapseln mittels
Bajonnetverschluſs an die Röhren angehängt sind, die Röhren also selbst den auf die
Böden der Kapseln wirkenden Druck aufnehmen. Der Dichtungsring p in Fig. 5 soll
das Gewinde der Schraube m schützen.
Bei dem Kessel von C. und L.
Steinmüller in Gummersbach (* D. R. P. Nr. 573 vom 4. Juli 1877), welcher
auch auf der Düsseldorfer Ausstellung 1880 im Betrieb zu sehen war, sind gleichfalls
guſseiserne Endkammern verwendet (vgl. Fig. 7 Taf.
26). Die Röhren sind hier mit Maschinenkraft eingeschraubt, wobei die Dichtung durch
Zink hergestellt ist. Das von den Erbauern besonders ins Auge gefaſste Ziel war, in
dem ganzen Kessel einen lebhaften Wasserumlauf herzustellen und dabei den Dampf
möglichst trocken zu gewinnen. Zu diesem Zwecke ist das den eigentlichen
Dampferzeuger bildende, stark geneigte Röhrenbündel A
durch zwei Röhren a und b
mit dem cylindrischen, horizontal liegenden Oberkessel B verbunden. Die Röhre b am hinteren
Kesselende, durch welche das Wasser abwärts in die Röhren flieſst, ist direct unten
an B angeschlossen; die Röhre a dagegen, durch welche das Wasser- und Dampfgemisch aufsteigt, setzt sich
in den Kessel B hinein fort und geht in eine
horizontale Röhre x über, welche, in geringer Höhe über
dem Wasserspiegel liegend, unten mit einer Anzahl Oeffnungen versehen ist, durch die das Wasser nach
unten abläuft, während der Dampf am Ende des Rohres entweicht. Das Speisewasser wird
in den Oberkessel eingeführt, wodurch der Wasserumlauf noch befördert wird. – Daſs
durch die beschriebene Anordnung wirklich eine lebhafte Wasserströmung erzielt wird,
konnte auf der genannten Ausstellung durch Schaulöcher beobachtet werden. Der Dampf
wird aus B durch eine oben mit Oeffnungen versehene
Sammelröhre y, wie sie bei Locomotiven und
Schiffskesseln in Anwendung ist, abgeführt.
Ein Kessel von H. Heine in
Berlin (* D. R. P. Nr. 751 vom 16.
August 1877 und Zusatz Nr. 2258 vom 19. December 1877, Nr. 5113 vom 9. Juni
1878, Nr. 7364 vom 12. Januar 1879 und Nr. 9302 vom 12. Juni 1879) war
ebenfalls in Düsseldorf 1880 ausgestellt. Auch bei diesen Kesseln (Fig. 8 und
9 Taf. 26) sind die beiden flachen Endkammern vorhanden; doch sind
dieselben hier in cylindrischer Form aus Schmiedeisen hergestellt. Sie werden mit
einander verbunden durch ein verhältniſsmäſsig weites Rohr A und eine gröſsere Anzahl enger Röhren c,
die in einer, zwei oder mehr Reihen das Rohr A
concentrisch umgeben. Der Oberkessel ist entweder ein einfacher cylindrischer
Kessel, an den sich die Endkammern des Unterkessels mit halsförmigen Verlängerungen
(wie in Fig. 9) oder
auch mittels gewöhnlicher Rohrstutzen anschlieſsen, oder er ist in gleicher Weise
wie der Unterkessel gebildet, wobei dann die Endkammern entsprechend nach oben
erweitert sind. Die flachen Wände der Kammern sind durch Anker versteift, welche
theils an das in die Kammern hinein verlängerte Rohr A
angehängt und in der äuſseren Wand durch Mutter und Gegenmutter befestigt, theils in
beide Wände eingeschraubt und durch Muttern gesichert sind (Fig. 10).
Im letzteren Falle sind die Anker aus dickwandigen schmiedeisernen Röhren l hergestellt, um durch dieselben ein Dampfröhrchen
behufs Reinigung der Röhren c von Rufs und Flugasche einführen zu können. Um die
Röhren c einbringen, auswechseln und im Inneren
reinigen zu können, sind in den Auſsenwänden der Kammern, den Rohrmündungen
gegenüber, Oeffnungen mit inneren Verschluſsdeckeln angebracht. Diese werden
entweder mittels eines Bügels oder mit Hilfe eines zweiten äuſseren Deckels (vgl.
Fig. 10) befestigt. Der letztere soll die Festigkeit der Construction
erhöhen und zugleich eine Abdichtung von auſsen während des Betriebes gestatten,
wenn der innere Deckel undicht geworden ist. – Die Verbrennungsgase werden durch
Ablenkplatten so um das Rohr A herumgeführt, daſs sie
sämmtliche Röhren c und zwar möglichst in der
Querrichtung umspülen. Durch die geneigte Lage des Kessels wird ein Wasserumlauf
hervorgerufen, der durch die im Oberkessel angebrachte Platte x (Figur 8),
welche das aus der Vorderkammer aufsteigende Wasser- und Dampfgemisch nach hinten ablenkt
befördert werden soll. Das Speisewasser wird entweder durch die hintere Kammer in
das Rohr A (bei P1) oder von oben in den Oberkessel (bei P2) eingeführt. Im
ersten Fall tritt das Wasser zunächst in ein in A
eingelegtes Rohr Q, welches hauptsächlich als
Schlammsammler dienen soll. – Bei einer von der in Fig. 8 und
9 dargestellten etwas abweichenden Anordnung (* D. R. P. Nr. 2258) sind
statt des Rohres Q zur Ablagerung des Schlammes
befahrbare Rohre unterhalb des Rostes angebracht und durch Rohrstutzen mit den
Endkammern verbunden.
Während bei den bisher besprochenen Kesseln die Wasserröhren den
hauptsächlichsten Theil der ganzen Anlage ausmachten, bilden sie bei dem Kessel von
J. M.
Nicol in Algier (* D. R. P. Nr. 10876 vom 3. Januar 1880) nur ein Anhängsel,
das über dem Rost zwischen einem Unterkessel (Vorwärmer) und einem verhältniſsmäſsig
groſsen Oberkessel in der aus Fig. 11 und
12 Taf. 26 ersichtlichen Weise eingeschaltet ist. Es scheint diese
Anordnung besonders für den Umbau älterer gewöhnlicher Vorwärmkessel bestimmt zu
sein. Die Röhren sind auch hier zwischen flachen kastenförmigen Endkammern
angebracht, deren Wände durch Stehbolzen versteift sind. Den Röhrenmündungen
gegenüber sind zum Zweck des Einbringens, Auswechselns und Reinigens der Röhren in
den Auſsenwänden der Kammern Oeffnungen angebracht (wie bei dem Kessel von Heine), die hier in einfachster Weise durch abgedrehte,
abgestumpfte Kegel, deren Spitzen nach auſsen liegen, verschlossen sind. Der Zweck
der Einschaltung des Röhrenbündels ist hauptsächlich die Herstellung einer lebhaften
Wasserströmung. Daſs dieser Zweck erreicht wird, ist wohl anzunehmen. Auſserdem wird
eine nicht unbedeutende, sehr wirksame Heizfläche hinzugefügt. Doch erscheint es
unvortheilhaft, daſs – abgesehen von den Röhren, welche in sehr günstiger Weise von
den Heizgasen getroffen werden, – keine Gegenströmung vorhanden ist.
Die schrauben- oder auch zickzackförmig gebogenen
Schlangenröhren, welche schon J. Belleville bei seinen
ersten Kesseln angewendet hatte (vgl. 1854 134 * 321), kommen immer noch bei
Dampfentwicklern in Anwendung. Unter den bisher in Deutschland patentirten
Constructionen kommen vier mit derartigen Schlangenröhren vor (vgl. * D. R. P. Nr.
1539, 2066, 7712 und 9049). Da diese Röhren ein Reinigen im Inneren nicht wohl
zulassen, so wird nach kürzerer oder längerer Betriebszeit immer ein Verstopfen
derselben zu befürchten sein, falls sie nicht mit destillirtem Wasser gespeist
werden. Auch in anderer Hinsicht (bezüglich des Aufsteigens der Dampfblasen, etwa
nothwendig werdender Reparaturen u.s.w.) zeigen diese langen gebogenen Röhren manche
Nachtheile. – In Fig. 13
Taf. 26 ist als Beispiel ein aus einer einzigen Schlangenröhre bestehender
Dampferzeuger der Automatic Boiler and Engine Company in
New-Haven, Nordamerika (* D. R. P. Nr. 1539 vom 23. December 1877) dargestellt.
Derselbe ist in so fern bemerkenswerth, als er mit einer besonderen Vorrichtung zur
Regulirung der Speisung versehen ist. Der Ofen, in welchem sich die Schlangenröhre
befindet, hat unten eine doppelt kegelförmige, oben eine cylindrische Form. Die
Röhre legt sich unten dicht an die conische Wandung und umgibt in dem oberen Theile
des Ofens in abwechselnd engen und weiten Windungen ein centrales weites Rohr H, welches als Füllschacht für das Brennmaterial dient.
Das in der Schlangenröhre aufsteigende Wasser- und Dampfgemisch tritt von oben in
den Behälter L ein, in welchem sich Dampf und Wasser
trennen. Der Dampf (welcher freilich sehr naſs sein wird) strömt durch f ab, während das Wasser unten durch die Röhre d abflieſst, eine zur Beförderung des Wasserumlaufes
dienende Kreispumpe N durchströmt und dann von unten
wieder in die Schlangenröhre eintritt. A ist die
Speisepumpe, welche das Wasser aus einem Behälter ansaugt und durch die Röhre s und weiter durch die Röhre r mit dem aus N kommenden Wasser gemischt in
die Schlangenröhre hineinpreſst. Mittels einer zweiten Pumpe G wird durch die Röhre h, die in dem Behälter
L in der Höhe des Normalwasserstandes mündet, je
nach dem zeitweiligen Wasserstande Wasser oder Dampf angesaugt und in die
Schlangenröhre p gedrückt, die auch durch irgend einen
Behälter ersetzt werden kann, und an welche sich die Röhre s anschlieſst. Durch den Plunger g wird nun,
sobald der Inhalt von G in p hineingepreſst ist, die Verbindung zwischen s und r auf kurze Zeit unterbrochen, so daſs
auch das aus der Speisepumpe durch s kommende Wasser,
so weit es möglich ist, in p eindringt. Sobald der
Druck in p über ein bestimmtes Maſs steigt, öffnet sich
das belastete Ventil t und das Speisewasser flieſst
durch dasselbe in den Behälter zurück, aus welchem es entnommen wurde. War nun durch
h Dampf angesaugt, so wird derselbe dadurch, daſs
er in p mit dem Speisewasser in Berührung tritt,
condensirt und es wird dann offenbar, nachdem die Verbindung zwischen r und s wiederhergestellt
ist, mehr Speisewasser in die Schlangenröhre gedrückt werden und weniger durch t entweichen, als wenn vorher durch h Wasser angesaugt war. Hierdurch kann der Wasserstand
in L stets auf gleicher Höhe erhalten werden.