Titel: Verschwächung der Dampfkessel durch Einschneiden von Oeffnungen für Dome, Mannlöcher und Stutzen.
Autor: Whg.
Fundstelle: Band 239, Jahrgang 1881, S. 335
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Verschwächung der Dampfkessel durch Einschneiden von Oeffnungen für Dome, Mannlöcher und Stutzen. Mit Abbildungen auf Tafel 29. Le Van, über Verschwächung der Dampfkessel durch Dome u. dgl. Daſs durch Einschneiden von gröſseren Löchern (besonders für die Dome) in die Mantelfläche der Dampfkessel diese sehr geschwächt wird, ist eine schon lange allgemein bekannte Thatsache; doch scheint dieselbe häufig nicht genügend gewürdigt zu werden. Man hält das betreffende Blech durch den Dom selbst für hinreichend verstärkt, besonders wenn man, wie es jetzt vielfach üblich ist, den Durchmesser der Oeffnung kleiner nimmt als den Durchmesser des Domes. Der von der Dampfspannung herrührende Zug in der Querrichtung, tangential an den Kesselquerschnitt, ist bekanntlich ungefähr doppelt so groſs als in der Längsrichtung des Kessels. Es wird deshalb immer ein Streben auf Verzerrung der kreisrund eingeschnittenen Löcher vorhanden sein, dem der Dom wie auch der innerhalb desselben stehen gebliebene Ring der Kesselwandung nur einen geringen Widerstand entgegensetzen können. Wahrscheinlich wird die verstärkende Wirkung des genannten Ringes meistens überschätzt. Da derselbe von beiden Seiten gleichmäſsig gepreſst wird, so kann er dem tangentialen Zuge nur den Widerstand entgegensetzen, den er gegen eine Geradstreckung bietet. Seine verstärkende Wirkung ist also äuſserst gering. Im Journal of the Franklin Institute, 1880 Bd. 110 S. 313 lenkt W. Barnet Le Van die Aufmerksamkeit der Kesselbauer auf diesen Punkt und schlägt vor, wenn man durchaus einen Dom anwenden wolle, die betreffende Stelle durch Queranker zu versteifen, oder besser den Dom unten zu einem engen Halsstutzen zusammenzuziehen (vgl. Fig. 1 Taf. 29). Das zweckmäſsigste sei jedenfalls, den Dom ganz fortzulassen. Es läſst sich in der That in Frage ziehen, ob die Dome nicht entbehrlich sind. Was zunächst die Vergröſserung des Dampfraumes betrifft, so ergibt eine einfache Rechnung, daſs der Raum des Domes durch eine geringe Vergröſserung des Kesseldurchmessers gewonnen werden kann. Hat ein Kessel von 4m Länge, der mit einem Dom von 0m,6 Durchmesser und 0m,75 Höhe versehen ist, einen Durchmesser von 1m,2, so braucht dieser nur um 3cm vergröſsert zu werden, um den Dampfraum des Domes zu ersetzen. Der Behauptung, daſs der Dom nöthig sei, um trockenen Dampf zu erhalten, kann zunächst entgegengehalten werden, daſs die freiliegende Oberfläche des Domes selbst eine bedeutende Kühlfläche bildet, die eine theilweise Condensation des ihn durchströmenden Dampfes bewirken wird. Dann gibt es bekanntlich noch viele Mittel, welche es ermöglichen, den Dampf thunlichst trocken den Maschinen zuzuführen. Auch die bequeme Anbringung von Anschluſsstutzen für die Rohrleitung, von Mannlöchern, Sicherheits- und Abblaseventilen, welche ein Dampfdom gestattet, kann wohl kaum maſsgebend sein, um die Dome beizubehalten. Thatsache ist, daſs mehrere groſse Kesselfabriken, besonders Locomotivfabriken, schon seit längerer Zeit die Dome auf den Kesseln fortlassen. So werden von der Corliſs Steam Engine Company in Providence nur Kessel ohne Dome benutzt. Viele amerikanische und englische Bahnen haben Locomotiven ohne Dome. Die Schweizerische Nordostbahn hat seit dem J. 1872 keine Dampfdome mehr. Viele Locomotiven von Schneider und Comp. im Creusot, Krauſs und Comp. in München u.a. sind ebenfalls domlos. Andererseits ist bekannt, daſs viele Kesselexplosionen zurückzuführen sind auf die Verschwächung der Kesselwand durch die Domöffnungen. Bei der Besprechung der Explosion zweier Schiffskessel (auf den Schraubendampfern Marcasite und Renown), die in jener Verschwächung ihren Grund hatten, sagt Engineering wörtlich: „Und doch waren die Kessel von Firmen von groſsem Ruf gebaut und deshalb darf man wohl mit Recht schlieſsen, daſs selbst unter den erfahrendsten Kesselbauern die verschwächende Wirkung groſser Dampfdome nicht in ihrem vollen Werthe geschätzt wird.“ Ueber die verschwächende Wirkung der Mannlöcher und Oeffnungen für Anschluſs- und Verbindungsstutzen wurden i. J. 1876 von der Manchester Steam Users' Association in Manchester Versuche angestellt, und zwar in Folge der Explosionen mehrerer sogen. „French“- oder „Elephant“-Boilers (Fig. 2 Taf. 29). Dieselben zeigen in der That in dem durch die Mitte der Verbindungsstutzen c gehenden Längsschnitt eine auſserordentliche Verschwächung der Bleche. – Der Versuchskessel hatte 6m,400 (21' engl.) Länge, 2m,234 (7') inneren Durchmesser und war mit zwei Flammrohren von 838mm (2' 9'') lichtem Durchmesser versehen. Die einzelnen Ringe der Flammrohre waren mittels aufgeschweiſster Flanschen verbunden, so daſs keine Nieten im Feuer lagen. Die Blechplatten des Kessels waren 11mm (7/16''), die der Flammrohre 9mm,5 (⅜'') stark, die aufgeschweiſsten Ringe 13mm (½''), das ganze Material aus bestem Snedshill-Eisen. Die Längsnähte waren doppelt genietet, die Quernähte einfach, die Nietlöcher waren gestanzt. Der Kessel war vollständig ausgerüstet. Die Winkelversteifungen der ebenen Stirnwände und die Längsanker waren auf 5,27k/qc (75 Pfund engl.) Arbeitsdruck berechnet. Der erste Versuch betraf einen oben auf der mittleren Platte des Kessels aufgenieteten schmiedeisernen Stutzen von 390mm (15⅜'') lichtem Durchmesser, 298mm (11¾'') Höhe und 11mm (7/16'') Blechstärke, der oben durch einen aufgenieteten gewölbten Deckel abgeschlossen war. Bei einem Drucke von 17,6k/qc (250 Pfund auf 1 Quadratzoll) entstand an der Anschluſsstelle des Stutzens ein nach der Längsrichtung des Kessels verlaufender diametraler Riſs. Die ebenen Böden des Kessels zeigten auſser einer geringen bleibenden Durchbiegung, die während des Verlaufes aller folgenden Versuche unverändert blieb, keine merkliche Formänderung, selbst nicht nach der Fortnahme der Längsanker, woraus zu schlieſsen ist, daſs die Anordnung der Winkel vollständig zur Versteifung der Stirnplatten genügte. Nachdem der Stutzen fortgenommen und der Kessel durch Aufnieten einer genügend groſsen Platte reparirt war, wurde ein Versuch mit einem guſseisernen kreisrunden Mannlochstutzen von 422mm (16⅝'') lichtem Durchmesser ausgeführt, der auf eine Oeffnung von 508mm (20'') Durchmesser aufgenietet wurde. Die Wandung desselben war 25mm (1''), die auf den Kessel aufliegende Flansche 48mm (1⅞'') stark. Bei einem Drucke von 14k (200 Pfund) barst der guſseiserne Stutzen in mehrere Stücke, die theilweise fortgeschleudert wurden. Zugleich zeigte sich wieder ein diametraler Riſs in der Längsrichtung des Kessels, der nicht nur durch die ganze Blechplatte, auf welche der Stutzen aufgenietet war, sondern durch die Quernähte noch in die angrenzenden Platten sich fortsetzte. Bei dem folgenden Versuche wurde ein Dom von 914mm (3') Durchmesser untersucht, der über einer Oeffnung von nur kleinem Durchmesser aufgenietet war. Da die erste Nietung so stark leckte, daſs mit den zur Verfügung stehenden Pumpen ein gröſserer Druck als 16k,5 (235 Pfund) nicht zu erreichen war, wurde dieselbe mit stärkeren Nietköpfen erneuert. Es riſs dann die Flansche des Domes in der Kessellängsrichtung bei einem Drucke von 14k (200 Pfund). Ein weiterer Versuch erstreckte sich auf ein gewöhnliches nicht verstärktes Mannloch mit innerem Verschluſsdeckel. Die ovale Oeffnung war 432mm bei 330mm (17'' bei 13'') groſs. Die Dichtung der breiten Ueberlappung war mit einem Kautschukring hergestellt. Der Verschluſs wurde bei einem Drucke von 14k (200 Pfund) zerstört, wobei ein Längsriſs entstand, welcher, vom Mannloch ausgehend, sich durch die ganze Platte bis zur Quernaht, dann eine Strecke dieser entlang und noch durch ein Nietloch der folgenden Platte erstreckte. Um die Festigkeit einer doppelten Längsnietnaht gegenüber der einer einfachen festzustellen, wurden auch hierüber vergleichende Versuche angestellt, bei denen sich herausstellte, daſs bei einem Drucke von 17k,6 (250 Pfund) die einfache Naht nicht dicht gehalten werden konnte, während die Doppelnähte durchaus dicht blieben. Da die Idee auftauchte, daſs, wenn die einfachen Nähte nur fest genug seien, das Undichtwerden bei hohem Druck vielleicht sogar günstig sein könne, indem dann die Nähte gleichsam als Sicherheitsventile dienten, wurde der Druck bis zum Bruche gesteigert, der auch bald bei 19k,3 (275 Pfund) Pressung eintrat. Der Riſs hatte eine Länge von 1m,676 (5' 6'') und erstreckte sich noch beiderseits in die Nebenplatten. Versuche, welche zum Vergleich der Handnietung mit Maschinennietung angestellt wurden, fielen zu Gunsten der letzteren aus, indem eine von Hand hergestellte Doppelnietnaht bei 21k,1 (300 Pfund) Pressung nachgab, während die mit der Maschine gemachte bei gleicher Pressung unversehrt blieb. Nachdem der Kessel schlieſslich wieder vollständig und möglichst gut reparirt worden war, wurde er noch einmal unter Druck gesetzt, um die Festigkeit des Kesselmantels selbst zu untersuchen. Bei einem Drucke von 21k,1 (300 Pfund) trat unerwartet der Bruch des vorn unten am Kessel angebrachten guſseisernen Stutzens für den Anschluſs des Abblaserohres ein, wobei auch das Kesselblech in der Längsrichtung aufgerissen wurde, wie bei allen vorhergehenden derartigen Brüchen. So hatte es sich gezeigt, daſs ein Guſseisenstück nach dem andern entfernt werden muſste. Endlich bei einem Drucke von 21k,8 (310 Pfund) trat in dem mittleren Schusse an der Unterseite des Kessels ein Längsriſs ein. Hätte der Kessel nicht die vielen vorhergehenden Versuche durchzumachen gehabt, so würde voraussichtlich der Bruch erst bei einer noch höheren Pressung erfolgt sein. Ueber das Verhalten der Flammrohre gibt unsere Quelle leider nichts Näheres an. Zum Schluſs möge hier noch ein dem Engineer, 1881 Bd. 51 S. 6 entnommener, in Fig. 3 Taf. 29 dargestellter Mannlochstutzen von Garrett und Söhne in Leiston angeführt werden, der seiner conischen, unten ausgerundeten Form wegen vielleicht zu empfehlen sein dürfte. Derselbe soll aus Stahl gepreſst werden und ist mit 4 Anschluſsstutzen für Dampfleitungsrohre und Sicherheitsventile versehen. Whg.

Tafeln

Tafel Tafel 29
Tafel 29