Titel: | Zur chemischen Technologie des Glases. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 367 |
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Zur chemischen Technologie des
Glases.
(Patentklasse 32. Fortsetzung des Berichtes S. 128
d. Bd.)
Mit Abbildungen auf Tafel 32.
Zur chemischen Technologie des Glases.
Universal-Glasschmelzofen mit Regenerativgasfeuerung.
Während bei der früheren Einrichtung des Wannenofens (1872 203 * 11. 204 * 190. 1879
232 * 522) in den einzelnen Ofentheilen verschiedene Temperaturen unterhalten werden
muſsten, nähert sich die neue Construction von Fr.
Siemens in Dresden (Sprechsaal, 1879 S. 271)
den gewöhnlichen Glasschmelzöfen mit Hafenbetrieb, da sich die verschiedensten
Glassorten gleichzeitig verarbeiten lassen, indem die Wanne durch kreuzweise
gestellte Brücken in vier Abtheilungen getheilt ist. Die Thatsache, daſs in der
Wanne mehrere Glassorten gleichzeitig geschmolzen und verarbeitet werden können,
betrachtet Siemens bei diesem Ofen als nichts
wesentlich Neues, da er selbst schon seit längerer Zeit die Zwischenwände dazu
benutzt hat, zwei Glassorten in der Wanne zu schmelzen. Den Grund der geringen
Haltbarkeit dieser Scheidewände fand Siemens darin,
daſs der Stand des Glases auf beiden Seiten derselben nicht immer gleich hoch ist.
Der hierdurch entstehende Druck und die einseitig stärkere Einwirkung der Flamme
zerstören diese Zwischenwände verhältniſsmäſsig rasch. Es sind daher die Brücken
haltbarer, welche eine freie Bewegung des Glases von einer Abtheilung zur andern
gestatten.
Bei Anwendung der Brücken könnte nun zwar durch grobe Nachlässigkeit beim Nachlegen
von Gemenge der Fall eintreten, daſs Glas aus der einen in die andere Abtheilung
hinüber trete. Da aber das Glas am Boden der Wanne zähflüssig ist in Folge der
Abkühlung daselbst, so wird, wenn auch ein derartiges Hinübertreten von Glas stattgefunden hat, doch
nimmermehr eine innige Mischung der verschiedenen Glassorten eintreten können. Da
die Wanne entsprechend dem Schiffchenbetrieb verhältniſsmäſsig sehr tief ist, so ist
es auch unmöglich, daſs ein derartiges Gemisch in die Schiffchen eintreten, zur
Raffinirung und Verarbeitung gelangen kann. Dies wird um so weniger der Fall sein,
weil durch Nachlegen von Gemenge in die im Rückstand sich befindliche Abtheilung
sofort der Rücktritt des Glases herbeigeführt werden wird.
Wie der Grundriſs (Fig. 4 Taf.
32) der neuen Glashütte von Friedr. Siemens zu
Neusattel-Ellbogen zeigt, befindet sich in der Mitte des groſsen Hüttengebäudes der
Ofen mit den Arbeitsplätzen bei A. Diesen gegenüber
stehen bei K je ein Paar der Siemens'schen Kühlöfen
(1879 233 * 220) mit dahinter liegenden verhältniſsmäſsig groſsen Räumen, in denen
theils die aus den Oefen kommenden Wagen aufgestellt und nach ihrer Abkühlung
entleert, theils auch die den Wagen entnommenen Flaschen aufgestellt, nachgesehen
und verladen werden. Die einzeln eingeführten Rohstoffe werden bei O gemischt und von hier aus durch die Einlegeöffnungen
n (Fig. 3) in
den Ofen eingetragen.
Die den Unterbau des Ofens bildenden 2m breiten,
2m,75 langen Regeneratoren R (Fig. 1 und
2 Taf. 32), zwischen denen sich das Zugangsgewölbe T befindet, stehen durch Kanäle s nach oben mit den Seitenkanälen S in
Verbindung, von denen aus Gas und Luft durch die Kanäle g und l in den Ofen gelangen. Die runde Wanne
wird, wie bereits erwähnt, durch rechtwinklige Kreuze bildende Brücken z in vier Abtheilungen für vier verschiedene Glassorten
getheilt. Die Kühlungen dieser Brücken laufen in den gemeinsamen
Ventilationsschornstein V zusammen, der durch das
Ofengewölbe hindurch geführt, dessen unterer Theil aber durch ein eisernes Kreuz
etwa Im hoch derartig getheilt ist (vgl. Fig. 3),
daſs die Lüftung jeder einzelnen Brücke bis über den Glasstand getrennt von den
übrigen gehalten wird und diese erst von da ab gemeinschaftlich weitergehen, zur
Vermeidung gegenseitiger Störungen in der Lüftung der einzelnen Brücken, namentlich
wenn bei Schadhaftwerden einer Brücke Glas in die Kühlung eintreten sollte. Wie bei
den früheren Constructionen sind auch hier Boden und Seitenwände der Wanne mit
Luftkühlungen e versehen, welche den vier Abtheilungen
entsprechend in die vier kleinen Schornsteine f
einmünden, so daſs bei etwaiger Beschädigung der Lüftungsvorrichtung einer dieser
vier Abtheilungen die übrigen drei nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Die
Luftkanäle der Brücken sind durch groſse, entsprechend geformte Steine
abgeschlossen, welche auf einer Anzahl kleiner Pfeiler aufliegen, zwischen denen
sich die bei gleichartigem Glase angebrachten Oeffnungen zur freien Bewegung des
Glases zwischen den einzelnen Abtheilungen befinden.
Vor jeder der 28 Arbeitsöffnungen a schwimmt in der
halbgeschmolzenen Glasmasse ein Raffinirschiffchen, welches das ununterbrochene
Arbeiten ermöglicht. Sämmtliche Arbeitsplätze sind je mit einem Meister und Motzer
besetzt, so daſs in zwei 12stündigen Schichten mit 20 wirklichen Arbeitsstunden
täglich gearbeitet wird. Vor jedem Arbeitsloch werden stündlich 50 Flaschen
gefertigt, zusammen also im Tage 28000 Stück, oder nach Abzug des Bruches u. dgl.
etwa 25000 Stück, eine Leistung, wie sie bisher mit einem Ofen nicht erreicht
ist.
Zur Heizung wird böhmische Braunkohle in einem groſsen Generator mit doppelseitigem
Treppenrost und einem Planrost vergast, während das zur Heizung der Kühlöfen
erforderliche Gas in zwei kleinen Schachtgeneratoren mit Planrost erzeugt wird. Der
tägliche Kohlenverbrauch beläuft sich auf 15 bis 18t für den Schmelzofen und etwa 2t für
die Kühlöfen.
Bei Anwendung der früher (1879 232 * 524) beschriebenen Siemens'schen Glasschiffchen wurde das Glas mitunter
windig, es gelangten Unreinigkeiten aus dem Schmelzraum mit in den Läuterungsraum
der Schiffchen, so daſs es für viele Zwecke nöthig wurde, die Eintrittstelle des
Glases zu dem Schmelzraum des Schiffchens in den Boden desselben zu verlegen, das
eintretende Glas durch einen besondern Kanal wieder an die Oberfläche zu führen und
hier der Ofenhitze von neuem auszusetzen. Es erwies sich ferner als vortheilhaft,
den Arbeitsraum niedriger als den Läuterungsraum zu machen.
Das meist ovale Schiffchen (* D. R. P. Zusatz Nr. 6161 vom 28. December 1878) ist,
wie aus Fig. 5 bis
8 Taf. 32 zu ersehen, ein durch Zwischenwände in mehrere unter einander
verbundene, verschieden tiefe Abtheilungen getheiltes Gefäſs. Die dem Innern des
Ofens zugekehrte Abtheilung B erhält durch eine oder
mehrere Oeffnungen c das Glas aus der Wanne; diese
Oeffnungen sind entweder am Boden, oder auch etwas darüber, dann jedoch in solcher
Höhe in der Auſsenwand angebracht, daſs das Glas, tief unter der Oberfläche in der
Wanne geschöpft, in die Schiffchen eintreten muſs, so daſs alle auf der Oberfläche
des Glases schwimmenden Unreinigkeiten oder unverschmolzenen Gemengtheile nicht mit
eintreten können. Das Glas steigt in dem Kanal C in die
Höhe und wird, indem es über die Wand hinflieſst, nochmals dicht an die Oberfläche
geführt, hier der Ofenhitze ausgesetzt und dadurch raffinirt. Je nach der
Beschaffenheit des Glases muſs diese Wand verschieden hoch gemacht oder auch, wie
Fig. 5 zeigt, oben entsprechend verbreitert werden, damit durch das
langsame Ueberflieſsen das steifere, von unten in das Schiffchen eingetretene Glas
gezwungen werde, längere Zeit in dünner Schicht der erhöhten Ofentemperatur
ausgesetzt zu bleiben. Das raffinirte Glas sinkt, geht durch die Oeffnung b unter der Querwand x
hindurch in die
Abtheilung A und wird von hier aus verarbeitet. Um zu
verhindern, daſs in dieser etwas kältern Abtheilung das Glas zu steif werde, ist sie
etwas flacher gehalten als die der Ofenmitte zugewendete Seite B. Die Seitenwände des dem Arbeitsloche zugewendeten
Endes des Schiffchens sind erhöht, um das Hineinfallen von in Folge plötzlicher
Erwärmung der Glasmacherpfeife von diesen abspringenden Glasnabelstücken in den Raum
A zu verhindern. Wo es nöthig ist, das Glas vor
Einwirkung der Flamme zu schützen, wird die Abtheilung A überwölbt (vgl. Fig. 8), so
daſs das der Arbeitsöffnung des Ofens am nächsten stehende Ende n nicht fest an die Ofenwand stoſsen kann. Da dies auch
bei den Schiffchen, deren Arbeitsraum nicht gedeckt ist, unter Umständen
wünschenswerth ist, so werden in solchen Fällen an den Enden mehrere hornartige
Vorsprünge n angebracht.
Die Glasschmelzwanne von F. Lazarowicz in Boxhagen, Berlin (* D. R. P. Nr. 11001
vom 25. Juli 1879) ist, wie auf Taf. 32 Längs- und Horizontalschnitt Fig. 9 und
10 sowie der Querschnitt Fig. 11
zeigen, mit Regeneratoren R an der schmalen Ofenseite
versehen. In dem beispielsweise 4m,5 langen, 1m,7 breiten und 0m,5 tiefen Schmelzraume S steht eine Anzahl
aus Glashafenmasse hergestellter, unten und oben offener, etwa 0m,25 hoher Kränze a,
in welche das Glasgemenge in gleichmäſsigen, nicht zu hohen Schichten eingelegt
wird. Beim Schmelzen läuft das fertig gebildete Glas unten durch die Kränze, breitet
sich in dem Zwischenraum zwischen denselben aus und gelangt schlieſslich an die Wand
b, welche den Schmelzraum vom Arbeitsraum trennt,
und aus an einander geschliffenen, aber nicht mit Mörtel verbundenen Steinen
besteht, so daſs das dünnflüssige Glas durch die einige Millimeter weiten Spalten
zwischen denselben hindurch in den Arbeitsraum c treten
kann. Es soll dadurch von ungeschmolzenen Beimengungen und von eingeschlossenen
Luftblasen gereinigt werden. Auf die Feuerbrücken d
lassen sich noch Glasschmelzhäfen aufstellen. (Vgl. Siemens 1879 232 * 522.)
Der Ofen zum Schmelzen von
Krystallglas von Monot in Pantin (Seine) hat
sich nach einem Berichte von V. de Luynes im Bulletin de la Société d'Encouragement, 1880 Bd. 7 S.
69 gut bewährt; auf Taf. 32 zeigt Fig. 12
eine Ansicht desselben, Fig. 13
einen senkrechten Schnitt und Fig. 14 den
wagrechten Schnitt 0m,5 über der Hafensohle e. Der Feuerrost a wird
durch die Thür q mit Brennstoff beschickt; auſserdem
ist der Feuerraum noch durch die Oeffnung t zugänglich.
Die durch die Kanäle b zugeführte Luft erhitzt sich in
den Kanälen c und tritt durch die Oeffnungen d in den Feuerraum, um hier die Verbrennung zu
vervollständigen. Die Flamme schlägt unter das Gewölbe l, umspült die in den Bogenöffnungen k
stehenden gedeckten Häfen f, um durch die Kanäle j in den Pfeilern h zu
entweichen und bei m in den Schornstein o zu gehen. Weitere Bestandtheile des Ofens sind die
Reinigungsöffnungen v und u, die Zugregulirung p und die Muffel n zum Anwärmen der farbigen Gläser.