Titel: | Neuere Untersuchungen über Alkaloide, Glycoside und Bitterstoffe. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 386 |
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Neuere Untersuchungen über Alkaloide, Glycoside
und Bitterstoffe.
Neuere Untersuchungen über Alkaloide, Glycoside und
Bitterstoffe.
Bei der Destillation der Samen von Aethusa Cynapium mit Kalkmilch hat W.
BernhardtArchiv der Pharmacie, 1880 Bd. 216 S.
117. ein übelriechendes, öliges Alkaloid erhalten.
O. HesseLiebig's Annalen, 1880 Bd. 205 S.
360. hat in der Rinde der weit landeinwärts von Melbourne wachsenden
Alstonia consiricta die Alkaloide Alstonin oder Chlorogenin,
C21H20N2O4, Porphyrin, C21H25N3O2, und Alstonidin
nachgewiesen. DerselbeLiebig's Annalen, 1880 Bd. 205 S. 194. 211. 217.
314. 358. Archiv der Pharmacie, 1880 Bd. 217 S.
276. bespricht ferner in mehreren Abhandlungen die Constitution
der Chinaalkaloide und die Bestimmung des Cinchonidinsulfates im käuflichen
Chininsulfat auf optischem Wege (vgl. 1880 238 263).
Von allen Alkaloiden, welche das Chinin in den betreffenden
Rinden begleiten, haben nur Cinchonidin und Homocinchonidin Einfluſs auf die
Beschaffenheit des Chininsulfates, in so fern deren Sulfate mit diesen
zusammenkrystallisiren. Der Gehalt der sogen. Fabrikrinden an Homocinchonidin ist
nun mit wenigen Ausnahmen sehr gering und wird zudem das Krystallisationsbestreben
desselben durch färbende Stoffe, die sich in der ersten Sulfatmutterlauge vorfinden,
so weit aufgehoben, daſs das Chininsulfat nur geringe, sicher nicht über 1 Proc.
betragende Mengen Homocinchonidinsulfat enthalten kann. Cinchonidin findet sich aber
meist in beträchtlicher Menge in den betreffenden Rinden vor und sein Sulfat
krystallisirt mit Chininsulfat zusammen, ganz gleich ob färbende Stoffe zugegen sind
oder nicht. Erst durch wiederholtes Umkrystallisiren des Chininsulfates aus Wasser
gelingt es, das Cinchonidinsulfat aus demselben zu entfernen. Bei der betreffenden
Fabrikation wird indeſs das Umkrystallisiren des Chininsalzes nur so weit
fortgesetzt, bis das Präparat gewissen Prüfungsmethoden entspricht, die bekanntlich mehr
oder weniger Cinchonidin übersehen lassen.
Die quantitative Bestimmung des Cinchonidins bezieh. des Cinchonidinsulfates erreicht
man nun am besten mittels des optischen Verfahrens. Die Versuche wurden mit dem
Wild'schen Polaristrobometer ausgeführt und zwar bei einer Temperatur von 15°,
welche mit Hilfe eines 220mm langen Mantelrohres
während der Versuchsdauer bequem festgehalten werden konnte; als Lichtquelle diente
die Kochsalzflamme. Die zu untersuchende Lösung wurde in der Weise dargestellt, daſs
in einem 25cc-Kölbchen eine 2g wasserfreiem Salz entsprechende Menge des
fraglichen Sulfates abgewogen, hierzu 10cc
Normalsalzsäure gegeben und endlich dasselbe bis zur Marke mit Wasser von 15°
aufgefüllt wurde. Nachdem der Inhalt des Kölbchens durch Umschwenken gut gemischt
war, wurde die Lösung unmittelbar in das Mantelrohr filtrirt. Als Werth der
Winkeldrehung wurde bei reinem Chinin und CinchonidinsulfatReines Chininsulfat wird erhalten, wenn das käufliche Chininsulfat einmal aus
dem 30 fachen Gewichte kochenden Wassers umkrystallisirt wird. Zweckmäſsig
setzt man zur Lösung so viel verdünnte Schwefelsäure hinzu, daſs die Lösung
weder die Farbe des rothen, noch des blauen Lackmuspapieres ändert. Nachdem
das Chininsulfat wieder auskrystallisirt ist, wird die Krystallmasse auf
einem Filter gesammelt, mit etwas kaltem Wasser nachgewaschen und an der
Luft zwischen Flieſspapier getrocknet. Man erkennt die völlige Reinheit des
Chininsulfates entweder daran, daſs das Salz auch beim ferneren
Umkrystallisiren noch dasselbe Drehungsvermögen zeigt wie zuvor, oder daſs
man 0g,5 desselben nach vorherigem
Trocknen bei 100° in einem Probirglase mit 10cc Wasser von 60° auslaugt, nach dem Erkalten und Filtriren das
Filtrat mit einigen Tropfen Salmiakgeist vermischt und mit 1 bis 2cc Aether ausschüttelt. War das Präparat
vollkommen frei von Cinchonidin, so liefert der Aether beim Verdunsten einen
amorphen Rückstand. Der geringste Gehalt an Cinchonidin verräth sich hierbei
durch Bildung von Krystallen. das Mittel von je 60 Ablesungen
genommen, dagegen bei deren Gemischen nur aus 12 bis 20.
Bezeichet nun α den Drehungswinkel
des wasserfreien Chininsulfates unter den angeführten Verhältnissen, β jenen des wasserfreien Cinchonidinsulfates und
endlich γ diesen Winkel des in Untersuchung genommenen
Gemisches beider Sulfate, so ergibt sich, wenn wir die Menge des ersteren Sulfates
in der Einheit x, jene des Cinchonidinsulfates y nennen, der Gehalt an Cinchonidinsulfat ganz
allgemein zu y = (α – γ) : (α – β).
Gehen wir dagegen von dem betreffenden Drehungsvermögen aus,
welches wir für das Chininsalz α, für das
Cinchonidinsalz b und für das Gemisch c nennen wollen, so berechnet sich der Gehalt an
Cinchonidinsulfat nach der Formel y = (a – c) : (a – b).
Die Untersuchung ergab für α = – 40,309°, d.h. eine
Auflösung von 2g wasserfreiem Chininsulfat in
25cc Lösung (10cc Normalsalzsäure, Rest Wasser) dreht bei 15° in 220mm langer Schicht die Ebene des polarisirten
Natriumlichtes 40,309° nach links. Für Cinchonidinsulfat wurde in ähnlicher Weise
β = – 26,598° ermittelt. Aus beiden Werthen
berechnet sich alsdann der Gehalt an Cinchonidinsulfat eines beliebigen Gemisches
von Chinin- und Cinchonidinsulfat unter Einhaltung der obigen Bezeichnungen und
Verhältnisse, wie folgt:
1) Bei Einführung der betreffenden Winkeldrehung γ ist
y=\frac{40,309-\gamma}{13,711}.
2) Bei Einführung des Drehungsvermögens c ist
y=\frac{229,03-c}{77,9}.
Diese Proben nehmen auf den etwaigen, jedenfalls sehr geringen, Gehalt an
Homocinchonidinsulfat keine Rücksicht. Das Cinchonidinsulfat ist nun im Chininsulfat
nicht als wasserfreies Salz enthalten, sondern jedenfalls anfangs mit 6 Mol. H2O krystallisirt. Indeſs verliert diese Verbindung
rasch etwas Wasser und geht endlich in die beständigere Verbindung über, welche 5
Mol. Wasser enthält. Dieses Verhalten bestimmte Hesse,
die Berechnung auf dieses Verwitterungsproduct zu beziehen. Es berechnet sich nun
der Gehalt an Cinchonidinsulfat in 100 Th. Chininsulfat:
1) bei Einführung der Winkeldrehung: y=(40,309-\gamma)\,8,250,
2) bei Einführung des Drehungsvermögens: y=(229,03-c)\,1,452.
Die Polarisation der Bisulfate der Chinabasen ist von Joh.
MolnárZeitschrift des österreichischen
Apothekervereines, 1880 Bd. 17 S. 98. untersucht worden.
Die als Mittel der Ablenkungen für die Procenteinheit (Länge des Beobachtungsrohres
199mm,96) mit Hilfe des groſsen Wild'schen
Polaristrobometers ermittelten Werthe, sowie die specifischen Drehungen nach der
Hoppe-Seyler'schen Formel A/D=\frac{A\,100}{p\,l}, wobei A der Ablenkungswinkel, p
der Procentgehalt und l die Länge des
Beobachtungsrohres ist, gibt der Verfasser folgendermaſsen an:
Chininsulfat: Ablenkung für die Procenteinheit im Mittel
4,515° nach links, A/D = 225,795.
Cinchonidinsulfat: Ablenkung für die Procenteinheit im
Mittel 2,944° nach links, A/D = 147,229.
Conchininsulfat (Chinidinsulfat): Ablenkung für die
Procenteinheit im Mittel 4,996° nach rechts, A/D =
249,899.
Cinchoninsulfat: Ablenkung für die Procenteinheit im
Mittel 4,443° nach
rechts, A/D = 222,194.
Die gegebenen Werthe beziehen sich auf die Gewichtsmengen der
neutralen, wasserfreien, schwefelsauren Salze, welche in Wasser mit Hilfe einer eben
genügenden Menge Schwefelsäure gelöst worden waren. Stärkere als 5procentige
Lösungen sind nicht untersucht worden.Es ist dabei zu bemerken, daſs nach Hesse das
Drehungsvermögen von der Menge der vorhandenen Säure etwas beeinfluſst
wird.
H. HagerPharmaceutische Centralhalle, 1880 S. 411 und
426. hält die Kerner'sche Probe (1880 236 432) für ausreichend
zur Entscheidung, ob ein Chinin vom pharmaceutischen Standpunkte aus zu beanstanden
sei; er empfiehlt die mikroskopische Untersuchung.
Karl HielbigPharmaceutische Zeitschrift für Ruſsland, Bd. 19
S. 289. empfiehlt zur Alkaloidbestimmung der Chinarinden folgende
Methode:
25g feinst gepulverte Rinde
werden in einem etwa 31 fassenden Kolben mit 100cc
ein Procent Schwefelsäure enthaltendem Wasser 1 Tag hindurch im Dunkeln behandelt,
dann 25g fein gepulverter, frisch gebrannter
Aetzkalk hinzugefügt und die Mischung 2 Tage unter öfterem Umschütteln stehen
gelassen. Der Kolben wird nunmehr mit einem ein langes Glasrohr tragenden Kork gut
verschlossen und unter öfterem Umschwenken ½ Stunde lang im Wasserbade zum Sieden
erhitzt. Das noch heiſse Gemisch wird so filtrirt, daſs aller Rückstand im Filter
nach völligem Abtröpfeln mit 100cc warmem
95grädigem Alkohol nachgespült werden kann. Der Rückstand mit Filter wird noch 2mal
mit je 250cc desselben Alkohols ausgekocht und der
im Filter gesammelte Chinakalk jedesmal mit 100cc
desselben warmen Alkohols nachgewaschen. Den vereinigten Filtraten werden über den
Neutralitätspunkt hinaus 10 Tropfen, bei an Cinchonin reichen Rinden mehr, verdünnte
Schwefelsäure (1 : 7) zugetröpfelt. Nach 24stündigem Stehen an einem vor Licht
geschützten Orte wird abfiltrirt, der abgeschiedene Gyps mit Alkohol gut
nachgewaschen und vom Filtrate der Alkohol zum gröſsten Theile abdestillirt, jedoch
so, daſs die rückständige Flüssigkeit noch klar bleibt. Die Menge der letzteren
beträgt etwa 200cc; bei an Alkaloid reicheren
Rinden tritt jedoch schon früher eine Trübung ein. Der Retorteninhalt wird nach
Zusatz von 15cc 2 Proc. Schwefelsäure enthaltendem
Wasser in einer Porzellanschale bis fast zur Syrupsconsistenz verdunstet, wobei
darauf zu achten ist, daſs die immer concentrirter werdende Schwefelsäure die
Alkaloide nicht verkohle. Bei an Alkaloid reichen Rinden kann man bis zur Trockne
verdampfen.
Nach völligem Erkalten wird mit wenig Wasser aufgenommen, filtrirt
und das zurückbleibende Harz durch öfteres Durchkneten mit 2 Proc. Schwefelsäure
enthaltendem Wasser von Alkaloid möglichst befreit. Der auf diese Weise gewonnenen,
klaren braunen Auflösung sämmtlicher Alkaloide wird sodann unter Umrühren reine,
trockene Soda bis zur stark alkalischen Reaction zugesetzt. Die etwa 50cc betragende Flüssigkeit wird mit den harzig
ausgeschiedenen Alkaloiden im Dampf bade bis auf etwa 20cc eingedampft, gut abgekühlt und nun die überstehende, klare Flüssigkeit
vom Niederschlage durch ein bei 110° getrocknetes und gewogenes Filter vorsichtig
getrennt.
Der im Becherglase zurückgebliebene Niederschlag wird in einem
kleinen Mörser erst für sich und dann unter allmählichem Wasserzusatz aufs feinste
verrieben, in das vorher benutzte gewogene Filter eingetragen und mit Wasser
nachgewaschen. So lange die Alkaloide sich fest und hart an das Filter anlegen,
müssen dieselben 3 bis 4mal dem Filter vorsichtig entnommen, mit neuen Mengen Wasser
verrieben und schlieſslich mit gröſseren Mengen Wasser nachgewaschen werden. Das vom
Filter sich leicht ablösende Alkaloidgemenge wird auf ein Uhrglas gebracht, das
Filter darauf gelegt und zuerst bei Zimmertemperatur, schlieſslich etwa 3 bis 4
Stunden bei 110° getrocknet und gewogen. Die im Mörser und Becherglase hängen
gebliebene geringe Alkaloidmenge wird, in einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure
gelöst, den Filtraten des abfiltrirten Niederschlages zugefügt, worauf man diese
Flüssigkeit 3 mal mit je 20cc Chloroform
ausschüttelt. Der bei 100° getrocknete Rückstand dieser Chloroformlösung wird, wie
die später zu erwähnenden Ausschüttelungen des Harz- und Rindenrückstandes, den
früher im Niederschlage gefundenen Alkaloiden hinzuaddirt.
Das mit Alkohol erschöpfte Rindengemenge (Chinakalk) wird mit
Schwefelsäure haltigem Wasser (300cc) stark
angesäuert, das Gemisch etwa 2 Stunden im Wasserbade erhitzt, filtrirt, der
Rückstand wiederholt mit 2procentiger Schwefelsäure ausgezogen und auf dem Filter
mit einer hinreichenden Menge Schwefelsäure haltigen Wassers nachgespült. Der Auszug
wird mit so viel Ammoniak versetzt, bis er nurmehr schwache, aber deutlich saure
Reaction zeigt, auf dem Wasserbade zu einem geringen Volumen eingedampft und
filtrirt. Diese Lösung wird mit Ammoniak im Ueberschuſs versetzt und ebenfalls 3mal
mit je 20cc Chloroform ausgeschüttelt; der
Rükstand der Chloroformlösung wird bei 1100 getrocknet, gewogen und der Hauptmenge
der Alkaloide zugerechnet.
Die beim Eindampfen des alkoholischen Auszuges sich abscheidenden
harzigen Theile
werden in 10cc 2 Proc. Schwefelsäure enthaltendem
Alkohol gelöst, die Lösung so lange mit Wasser versetzt, bis die harzigen Theile
sich wiederum abgeschieden haben, das Ganze im Becherglase bis zur Verflüchtigung
des Weingeistes erwärmt, filtrirt, mit Sodalösung im Ueberschuſs versetzt und wie
oben 3mal mit je 20cc Chloroform ausgeschüttelt.
Der bei 110° getrocknete Rückstand der Chloroformlösung wird ebenfalls der
Hauptmenge der Alkaloide zugefügt. Behufs Reinigung wird die Gesammtmenge der
Alkaloide in wenig verdünnter Essigsäure gelöst; die erhaltenen Acetate werden von
überschüssiger Säure im Dampf bade befreit, dann abgekühlt und mit wenig kaltem
Wasser aufgenommen. Der hierbei sich absetzende dunkle Niederschlag wird abfiltrirt,
mit möglichst wenig Wasser gut nachgewaschen, bei 110° getrocknet, gewogen und von
dem Gesammtgewicht der früher erhaltenen Alkaloide abgezogen. Der Rest entspricht
dem Gesammtalkaloidgehalte des angewendeten Rindenpulvers.
Die Trennung und Bestimmung der einzelnen Chinaalkaloide wird mittels Seignettesalz
und Jodlösung ausgeführt.Vgl. Zeitschrift für analytische Chemie, 1881 S.
146.
Th. HusemannArchiv der Pharmacie, 1880 Bd. 216 S. 169. Bd.
217 S. 327. bespricht die zuerst von Selmi beobachteten organischen Basen, welche sich innerhalb der Leichen
bilden, die sogen. Ptomaïne, deren Reaction mit denen
der Opiumalkaloide Aehnlichkeit haben. Danach können bei langsamer Fäulniſs
verschiedene theils giftige, theils nichtgiftige Leichenalkaloide entstehen, welche
sich den allgemeinen Alkaloidreagentien gegenüber wie Pflanzenbasen verhalten.
J. Carnelutti und R.
NasiniBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1880 S. 2208. haben das optische
Drehungsvermögen von Santonin und dessen Abkömmlinge bestimmt und folgende
Resultate erhalten:
Substanz
MolecularesDrehungsvermögen am
Metasantonin (Schmelzp. 136)
+ 14,56
Metasantonin (Schmelzp. 160,5)
+ 14,56
Santonin
– 21,01
Metasantonid
– 27,40
Santonid
+ 91,28
Parasantonid
+ 110,00.