Titel: A. Ruthel's Präcisionssteuerung; von Adolph Altmann.
Autor: Adolph Altmann
Fundstelle: Band 239, Jahrgang 1881, S. 421
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A. Ruthel's Präcisionssteuerung; von Adolph Altmann. Mit Abbildungen auf Tafel 34. Altmann, über Ruthel's Präcisionssteuerung. Die Ruthel'sche Präcisionssteuerung (* D. R. P. Kl. 14 Nr. 1590 vom 2. November 1877. * Nr. 8052 vom 22. April 1879) ist in erster Reihe darauf berechnet, ältere Maschinen mit Schiebersteuerung jedes Systemes in einfachster Weise in Präcisionsmaschinen umzuwandeln, eine Aufgabe, welche, wenn sie auch vielfach erstrebt und ausgeführt wurde, in wirklich zweckentsprechender Weise bisher noch nicht gelöst war. Berücksichtigt man, daſs die Fortschritte im Bau der Dampfmaschinen in den letzten Jahren hauptsächlich in Verbesserungen der Steuerungsorganismen beruhen, während die Maschine selbst im Wesentlichen dieselbe geblieben, oder doch nur unwesentliche, den Kern der Sache nicht berührende Veränderungen erlitten hat, so wird man es gewiſs für vollkommen gerechtfertigt erachten, auf Mittel zu sinnen, der groſsen Menge bereits bestehender und sonst vollkommen brauchbarer Maschinen diejenigen Verbesserungen angedeihen zu lassen, welche sie den neuen Maschinen hinsichtlich gleichmäſsigen Ganges und geringen Dampfverbrauches ebenbürtig macht. Mit der Möglichkeit der Umwandlung in der einen oder der anderen Weise ist die Aufgabe jedoch noch nicht gelöst, die Dampfmaschine ist in den meisten Fällen in solcher Weise Mittelpunkt der ganzen Fabrikation, daſs des Motors Thätigkeit nur ungern selbst auf wenige Tage entbehrt wird, da mit ihm fast immer die gesammte Thätigkeit oder wenigstens ein Zweig der Fabrikation zum unfreiwilligen Stillstand gelangt. Soll das Mittel also ein wirklich durchgreifendes sein, so muſs die Umwandlung der Maschine in kürzester Zeit ohne Verursachung groſser Störungen und ohne groſse Kosten zu erreichen sein. Dieses Mittel ist in dem Ruthel'schen Apparat gefunden. Die Erfindung ist zuerst von der Maschinenfabrik Cyclop (Mehlis und Behrendt in Berlin eingeführt worden und war eine Dampfmaschine mit ihr auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879 ausgestellt und als Betriebsmotor thätig. Seitdem hat sich die Steuerung in der Praxis in mannigfachen Ausführungen bestens bewährt und vielfach Anerkennung gefunden. Dem Princip nach ist die Ruthel'sche Steuerung eine Coulissensteuerung mit variablem Hub des Expansionsschiebers (bei constantem Voreilungswinkel des Expansionsexcenters). Es ist als bekannt vorauszusetzen, daſs bei derartigen Steuerungen je nach der Wahl des Expansionsvoreilungswinkels eine Variation des Expansionsgrades in sehr groſsen Grenzen erreicht werden kann; allerdings wird dabei die relative Bewegung der beiden Schieber gegen einander etwas schlagend, der Abschluſs der Dampfkanäle ziemlich schleichend. Begnügt man sich jedoch mit den in der Praxis auch vollkommen ausreichenden engeren Grenzen und wählt die Expansionsgrade den jeweiligen Verhältnissen entsprechend richtig – was besonders bei älteren Maschinen, deren Beanspruchung im Lauf der Zeit stets zu wachsen pflegt, zu beachten ist –, so erzielt man auf dem genannten Wege eine sehr vortheilhafte und auſserordentlich präcise Wirkung. Das in Fig. 1 Taf. 34 beigegebene Schieberdiagramm einer Maschine von 300mm Cylinderdurchmesser und 600mm Hub macht das Gesagte ersichtlich. Zur Beschreibung des Steuerungsapparates übergehend, zeigt zunächst Fig. 2 das Princip, während Fig. 3 und 4 den ausgeführten Apparat selbst darstellen, welcher an das Fundament der Maschine angeschraubt wird. In einem guſseisernen Gehäuse a ist eine kreisrunde Scheibe c drehbar eingesetzt; diese hat einen durch ihren Mittelpunkt gehenden Schlitz, in welchem ein Gleitstück g mit den beiden Zapfen C und D beweglich ist. Am Zapfen C greift die Excenterstange an und bei D die Expansionsschieberstange (mittelbar oder unmittelbar). Das Gleitstück hat auſserdem noch einen dritten Angriffspunkt, in bestimmter Entfernung zwischen den beiden Zapfen C und D liegend und an der entgegengesetzten Seite zu diesen angeordnet. Es ist dies der Angriffspunkt des Regulators, vermittelt durch den Hebel o, welcher bei x an der festen Wand des Gehäuses drehbar ist. Die Wirkung ist nunmehr folgende: Der Zapfen C wird vom Expansionsexcenter in Schwingungen versetzt, welche immer von gleicher Gröſse und gleich der Excentricität des Expansionsexcenters sein müssen. Der Schwingungsmittelpunkt ist dabei der Mittelpunkt der Scheibe c. Die Schwingungen des Zapfens C überträgt das starre Gleitstück auf den Zapfen D, und da letzteres unterhalb des Mittelpunktes der Scheibe c liegt, sind diese entgegengesetzt den vom Zapfen C gerichtet. Die Schwingungen von D sind auſserdem aber verschieden groſs, entsprechend der Stellung, welche der Zapfen D zum Scheibenmittelpunkt einnimmt, da der Regulator mittels des Hebels o das Gleitstück g hebt, wenn die normale Tourenzahl der Maschine überschritten, und senkt, wenn sie vermindert wird. Die Schwingungen von D werden Null, wenn D in den Mittelpunkt der Scheibe c fällt, und gleich denen von C, wenn der Mittelpunkt der Scheibe c die Strecke CD halbirt; ebenso wird naturgemäſs der Hub des Expansionsschiebers verringert, oder vergröſsert. Wird der Ruthel'sche Apparat bei älteren Maschinen angebracht, so empfiehlt sich die Einschaltung eines schwingenden Hebels (F Fig. 2), welcher, am Fundament bei f gelagert, die Bewegung des Zapfens D auf den Expansionsschieber H überträgt. Man hat es auf diese Weise in der Hand, die sehr variirenden Schieberhübe mit den verhältniſsmäſsig kleinen Ausschlägen des Zapfens D, deren Maximum und Minimum bei demselben Modell ja immer constant ist, zu erzielen, da man nur die Hebelverhältnisse von F richtig zu wählen hat. Es geht aus Fig. 3 und 4 wohl schon genügend hervor, daſs die sämmtlichen Bewegungstheile in solidester Weise innerhalb und auſserhalb des Apparates angeordnet sind. Die Befestigung des Apparates selbst geschieht, wie bereits erwähnt, an der Fundamentplatte der Maschine oder, wo dies nicht möglich sein sollte, am Fundament selbst mittels Schrauben bezieh. Ankern. Als Regulator wird in den meisten Fällen ein Porter'scher verwendet; doch ist selbstredend einer der neueren Regulatoren ebenso gut zulässig. Bei Feststellung der Tourenzahl des Regulators wird das Gestängegewicht dem Vasengewicht hinzugefügt. Im Uebrigen ist die Arbeit des Regulators verhältniſsmäſsig unbedeutend. Der Ruthel'sche Apparat wird in Form eines Armaturstückes in verschiedenen Gröſsen von der Maschinenfabrik und Eisengieſserei des Verfassers (Berlin, Ackerstraſse 68) geliefert.

Tafeln

Tafel Tafel 34
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