Titel: Titrirung des Eisens mit unterschwefligsaurem Natron; von Alexander E. Haswell.
Autor: Alexander E. Haswell
Fundstelle: Band 240, Jahrgang 1881, S. 310
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Titrirung des Eisens mit unterschwefligsaurem Natron; von Alexander E. Haswell. Haswell's Titrirung des Eisens mit unterschwefligsaurem Natron. Bekanntlich findet die volumetrische Bestimmung des Eisens mittels Permanganat in technischen Laboratorien nur beschränkte Anwendung, da einerseits die vorauszugehende Reduction des Eisenoxydes zu Oxydul an die Verwendung nur schwer zu beschaffenden von Eisen freien Zinkes gebunden ist, oder die genaue Kenntniſs und Berechnung des Eisengehaltes desselben voraussetzt; andererseits aber ist diese sonst vorwurfsfreie Methode durch die bedingte Abwesenheit anderer die Permanganatlösung gleichfalls reducirender Substanzen, wie Kohlenstoff haltige Producte in Eisen- und Stahllösungen o. dgl., von vorn herein ganz ausgeschlossen. Zum mindesten unbequem ist, daſs die Resultate in salzsaurer Lösung nur bedingungsweise genau ausfallen und daher, wenn nicht directe Lösung bezieh. Aufschlieſsung des Untersuchungsobjectes mittels Schwefelsäure erfolgen kann, ein nachträgliches Abrauchen der Chlorid haltigen Lösungen mit Schwefelsäure erforderlich, die Analyse daher noch um eine Operation vermehrt wird. Die directe Titrirung des Eisens ohne vorhergehende Reduction gewährt so viele Vortheile besonders Demjenigen, der häufig Eisenbestimmungen auszuführen hat, daſs ich es von Interesse halte, eine seit längerer Zeit geprüfte und in Anwendung stehende Modifikation des in Fresenius' Quantitative Analyse, Auflage 6 Bd. 1 S. 293 beschriebenen Verfahrens der Titrirung des Eisens mit unterschwefligsaurem Natron nach Oudeman im Folgenden zu beschreiben. Hiernach wird bekanntlich nach Zusatz von Rhodankalium als Indicator unter Vermittlung der die Reduction übertragenden Wirkung eines Kupferoxydsalzes schon in der Kälte die Reduction des Chlorids zu Chlorür auſserordentlich beschleunigt und ist deren Beendigung an dem Verschwinden der rothbraunen Rhodaneisenreaction ersichtlich. Auſserdem wird der hierzu erforderliche kleine Hyposulfitüberschuſs durch titrirte Jodlösung zurückgemessen. Allein nur bedingungsweise, wie auch Fresenius hervorhebt, werden nach dieser Methode brauchbare Resultate erzielt, da einerseits unter Umständen durch Bildung von Kupferrhodanür die Reduction so verzögert wird, daſs lange vor dem Erblassen der Lösung die Reaction überschritten sein kann, andererseits aber beim Rücktitriren mit Jodlösung die Jodamylumreaction oft viel früher eintritt, allerdings um nach einiger Zeit wieder zu verschwinden, bevor noch alles Hyposulfit zu tetrathionsaurem Natrium oxydirt ist, wahrscheinlich bedingt durch die Neigung des Kupferjodides, in Jodür und freies Jod zu zerfallen, um aber nach einiger Zeit unter Erblassen der Lösung wieder das freie Jod zu Jodid zu binden. Immerhin wird man oft über Schluſs der Reaction in Zweifel belassen und veranlaſsten mich diese beiden unliebsamen Nebenerscheinungen bei der sonst so rasch und glatt verlaufenden Reduction des Eisenoxydes, einen anderen Indicator für die vollendete Reduction und ein verschiedenes Oxydationsmittel zur Bestimmung des kleinen Hyposulfitüberschusses zu wählen. Beide fand ich zur vollsten Befriedigung in der Salicylsäure und dem Kaliumbichromat. Wird eine mäſsig saure Eisenchloridlösung bei Gegenwart eines Kupferoxydsalzes mit einigen Tropfen einer verdünnten Lösung von salicylsaurem Natrium versetzt und durch unterschwefligsaures Natrium reducirt, so erblaſst die tief violette Farbe allmählich, um bei ganz geringem Ueberschusse des Reductionsmittels in farblos umzuspringen. Oxydirt man nun letzteren mit einer verdünnten Lösung von Kaliumbichromat, so tritt mit der schlieſslichen Oxydation einer minimalen Eisenmenge die sehr schwach violette Farbenreaction wieder hervor, die Reductionsgrenze hiermit deutlich kennzeichnend. Zu berücksichtigen ist, daſs concentrirte Salzsäure die Salicylsäurereaction auf Eisenchlorid aufhebt, die aber beim mäſsigen Verdünnen der Lösung mit Wasser sofort mit gleicher Stärke hervortritt. Zur volumetrischen Bestimmung des Eisens nach dieser Methode benöthigt man folgende Titer und Lösungen: Eine Lösung von unterschwefligsaurem Natrium, welche auf eine Eisenlösung von bekanntem Gehalte gestellt wird; letztere wird bereitet durch Lösen von 10g weichen Blumendrahtes in Salzsäure, Oxydiren der Lösung mit Salpetersäure, Eindampfen im Wasserbade, Behandeln des Rückstandes mit Salzsäure, Wiedereindampfen (zur vollständigen Zersetzung der Nitrate), Wiederbefeuchten mit Salzsäure und schlieſsliches Lösen in Wasser, Filtriren und Verdünnen zu 1l. Die Lösung von doppelt chromsaurem Kalium sei ungefähr halb so stark wie der Hyposulfit-Titer. Die Kupferlösung wird durch Lösen von 2g Eisen freien Kupferchloridchlorammonium zu 100cc Wasser bereitet.Selbstverständig kann hierzu auch eine von Eisen freie Kupfersulfatlösung dienen. Die Indicatorlösung, eine verdünnte Lösung von salicylsaurem Natrium, enthält ungefähr 5g Salicylat im Liter. Zur Titrirung des Eisens miſst man 5 oder 10cc der Eisenlösung in ein Kölbchen, säuert mit ein paar Tropfen Salzsäure an und versetzt mit 1 bis 2cc Kupfer- und einigen Tropfen Salicylatlösung; sollte die Farbe nicht rein violett sein, sondern mehr olivenbraun, so verdünnt man mit ein wenig Wasser und läſst nun den Hyposulfittiter im Strahle zuflieſsen, bis an der Einfallstelle die Lösung farblos erscheint, gibt hierauf unter Umschwenken des Kölbchens tropfenweise zu, bis die Lösung, wenn man mit dem Rücken gegen das Fenster gekehrt steht und gegen ein Blatt weiſsen Papieres hindurch sieht, vollkommen farblos erscheint. Oft ereignet es sich, daſs bei erneutem Zusatz von Salicylatlösung eine schwache Nachfärbung eintritt, die aber ein Tropfen Hyposulfitlösung sofort wegnimmt. Der kleine Ueberschuſs des Reductionsmittels wird jetzt mit dem Bichromattiter zurückgemessen, indem man denselben tropfenweise zusetzt, bis die Lösung eben schwach violett gefärbt erscheint; die Farbenintensität muſs gleich der sein, welche die Lösung vor Zusatz des letzten Tropfens Hyposulfit hatte und der den Ursprung der eben noch gefärbten Flüssigkeit in farblos bewirkte; es genügen hierzu in der Regel 2 bis 3 Tropfen, welche 0,1 bis 0cc,15 Hyposulfit entsprechen, so daſs bei Bestimmungen, die keine absolute Genauigkeit erfordern, das Rücktitriren ganz wegfallen kann. 1cc obiger Kupferlösung genügt für jene Eisenlösung vollkommen; mehr schadet nicht, so lange der Zusatz nicht so hoch gegriffen wird, daſs die reducirte Eisenlösung schon durch Kupfer gefärbt erscheint. Vom wesentlichen Vortheile ist es, daſs der Schluſs der Titration durch dieselbe Indicatorreaction angezeigt wird und daſs beim Rücktitriren derselbe Titer verwendet wird, der zum Stellen an Hyposulfitlösung dient. Um die Methode auf ihre Genauigkeit zu prüfen, wurden, nachdem der Titer der Hyposulfitlösung, mittels abgewogenen sublimirten Jodes, jodometrisch mittels einer durchgeprüften Chamäleon- und einer Bichromatlösung bestimmt war, die abpipettirten Eisenlösungen, um sie auf ein bestimmtes Gewicht beziehen zu können, im bedeckten, vorher genau tarirten Kölbchen gewogen. Der abgeschliffene Rand des kleinen Kölbchens wurde eingefettet und mit einem mikroskopischen Deckgläschen bedeckt. Bei genauen analytischen Bestimmungen empfiehlt es sich stets, die abgemessenen, zur Titrirung zu verwendenden Lösungen der Ungleichheit aller unserer Meſsapparate und der abgemessenen Flüssigkeitsvolumen wegen abzuwägen. Dies beansprucht auf einer bis zur 4. Decimale genau zeigenden Wage höchstens 10 Minuten, eine Zeit, welche mit der zur gewichtsanalytischen Bestimmung des Eisens in Erzen u. dgl. erforderlichen nicht besonders von Belang ist. Die Umrechnungszahlen sind folgende: 1cc Hyposulfittiter = 0g,00713 Eisen, 10cc Bichromat = 3cc,15 Hyposulfit. Die Eisendrahtlösung enthält 11g,714 Eisen im Liter.Der Eisengehalt der Drahtlösung ist berechnet: 10g,04 Draht = 10g Eisen (vgl. Fresenius: Quantitative Analyse, Aufl. 6 Bd. 1 S. 288). Es wurden 11g,7713 Draht zu 1l gelöst. Drahtlösung Eisen Hyposulfit K2Cr2O7 Hyposulfit Hyposulfitauf 5g Lös. Eisen   5cc55 = 5,1573g= 5,1565= 5,1626     8,24cc8,38,4   0,1cc0,30,5   8,2085cc8,20558,2425 7,9577,9567,982 11,70511,70111,754 Thausend-theile Bestimmung des Eisens in einem Spatheisensteine. Es wurden 2g,3287 Erz in Salzsäure gelöst, mit Salpetersäure oxydirt, im Wasserbade mit Salzsäure zur Zersetzung des Nitrates eingedampft, in Wasser gelöst und, ohne zu filtriren, zu 100cc verdünnt. 5cc = 5g,0915 verbrauchten 6cc,41 Hyposulfit und 1cc,2 Bichromat = 6cc,032 Hyposulfit; das Erz enthielt somit 36,93 Proc. Eisen; in 5g der Lösung sind daher enthalten 0g,04223 Eisen. In 5cc dieser Erzlösung wurde das Eisen mit Permanganattiter bestimmt. 1cc Permanganat entspricht 0g,005357 Eisen. 5cc Erzlösung = 5g,0996 verbrauchten 8cc Permanganat; in 5g Lösung sind somit 0g,0420 Eisen enthalten. Die gewichtsanalytische Bestimmung des Eisens einer Erzlösung ergab 0g,052137 Eisen in 5g Lösung. 5cc dieser Lösung = 5g,3184 verbrauchten 7cc,94 Hyposulfit und 0cc,45 Bichromat = 7cc,79825; 5g dieser Lösung enthalten somit 0g,052272 Eisen. Um die Uebereinstimmung der einzelnen Titrirungen mit einander zu vergleichen, wurden zwei Eisenchloridlösungen von unbekanntem Eisengehalt titrirt: 5cc der ersten Lösung verbrauchten 9,34cc Hyposulfit 5 9,35 5 9,346 5 9,338 Von der zweiten Lösung erforderten 5cc bezieh. 10,22, 10,19, 10,22 und 10cc,25 Hyposulfit. Wie aus den angeführten Beleganalysen ersichtlich ist, gibt diese Methode ganz brauchbare Resultate, und da das Rücktitriren nur bei Bestimmungen, welche groſse Genauigkeit beanspruchen, erforderlich ist, so dürfte dieses Verfahren der quantitativen Bestimmung des Eisens auch in der Hand des Mindergeübten, genügende Farbenempfindlichkeit des Auges vorausgesetzt, übereinstimmende Zahlen ergeben. Wien, April 1881.