Titel: | Ueber Neuerungen an Nähmaschinen. |
Autor: | G. |
Fundstelle: | Band 240, Jahrgang 1881, S. 437 |
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Ueber Neuerungen an Nähmaschinen.
Mit Abbildungen auf Tafel 35.
(Patentklasse 52. Schluſs des Berichtes S. 190
dieses Bandes.)
Ueber Neuerungen an Nähmaschinen.
3) Nähmaschinen oder Stickmaschinen
und Hilfsapparate für Ziernähte.
Jul. Gutmann in Berlin (* D. R. P. Nr. 11405 vom 23.
März 1880) hat die Doppelsteppstich-Nähmaschine so eingerichtet, daſs sich dieselbe
als Plattstich-Stickmaschine verwenden läſst. Das
Gestell H (Fig. 10
Taf. 35) trägt die Nadelstange B, welche durch den
Winkelhebel A und dem Arme a mittels Fuſstritt eine abwärts gerichtete Bewegung erhält, während sie
durch die Feder F gehoben wird. Der Arm A steht durch die Zugstange c mit dem oscillirenden Schiffchenkorb D in
Verbindung. Beim Herabgehen der Nadel wird das Schiffchen vorbei geführt und fängt
den Nadelfaden; sobald die Nadel empor geht, wird der Stich durch den Hebel L angezogen. Der Stoffdrücker G (Fig. 11)
befindet sich auf der Nadelstange selbst und wird durch eine Feder abwärts gedrückt;
doch kann auch, wie in Fig. 10
punktirt angegeben, ein Stoffdrücker zur Seite der Nadel angebracht werden.
Der Nähapparat selbst hat keinen Stoffrücker, sondern der zu benähende Stoff wird
entweder in einen Rahmen gespannt und mittels Pantograph nach einer Zeichnung Stich
für Stich verstellt, oder der Stoff ist festliegend ausgespannt und der Nähapparat,
welcher an langen Stangen bei M hängt, die wiederum mit
einem Cardani'schen Gelenk verbunden sind, kann mittels Pantographen verrückt
werden. Bei der letzteren Anordnung kann auch die Nadelstange B durch eine Zugstange, die einestheils bei D den Arm A erfaſst,
anderntheils mit dem Krummzapfen, dessen Welle in dem Cardani'schen Gelenk gelagert
ist, in Verbindung stehen. Diese Welle wird durch Riemenübertragung von einem
Schwungrade aus bewegt, wobei natürlich der Arm a und
die Feder F hinwegfallen. Bringt man an der Nadelstange
bei N einen Querarm an, so kann man mehrere Nadeln in
einer Reihe anordnen, wobei die Schiffchenwelle m
verlängert wird und ebenso viele Schiffchen in Bewegung setzt. Auch können, wie der
Erfinder angibt, mehrere solcher Nadelreihen angeordnet werden.
Eine andere Ausführung der Stickmaschine, um mit einer sehr groſsen Zahl Steppstichnadeln und
Schiffchen ein Stickmuster zu erzeugen, geben auf Taf. 35 der Querschnitt Fig.
12 und Grundriſs Fig. 13 an,
gebaut von der Sächsischen Stickmaschinen-Fabrik und
Albert Voigt in Kappel bei Chemnitz (* D. R. P. Nr.
11250 vom 24. Februar 1880). Der Wagen D trägt mittels
des Rohrträgers A die gewöhnlich in 2 Reihen über
einander angeordneten Nadeln S. Auf der
entgegengesetzten Stoffseite befinden sich die von Rohrträgern C gehaltenen Schiffchen T
und deren Bewegungsmechanismen. Die Neuerungen beziehen sich nun hauptsächlich auf
Alarmapparate, auf Faden – und Stoffspannung. Jede Nadelreihe trägt die in Fig.
12 oberhalb in I und unterhalb in II angegebenen Einrichtungen, und zwar die ersteren
Theile in der Hauptsache rechts, die letzteren links der Maschine.
Sämmtliche Nadelfäden gelangen von den Spulen L nach der
durch Bestreuen mit Schmirgel rauh gemachten Walze M,
sind hier einmal herumgeschlungen und zu den Fadenleitern N (Fig. 12
oben) weiter geführt; diese letzteren werden durch eine besondere Hubscheibe so
bewegt, daſs die Fäden beim Austritt der Nadeln aus dem Stoffe entsprechend
angezogen werden. Von N gehen die Fäden durch die
sogen. Fadenwächter P; dieselben bilden leicht in der
festliegenden Schiene R bewegliche Hebel, welche durch
den gespannten Faden in der gezeichneten Lage erhalten werden. Sobald aber eine
Nadel S zerbrochen, ein Faden abgelaufen oder zerrissen
ist, fällt P durch seine eigene Schwere herab und
gelangt in eine Kerbe der Schiene Q. Damit dies die
Maschine durch ein Glockensignal anzeige, steht zunächst die Schiene Q mit der Schiene o in
Verbindung und letztere trägt einen Stift, welcher in den doppelarmigen Hebel x2 eingreift; dieser ist an dem Bügel W drehbar befestigt, welcher mit dem feststehenden
Gestelltheile h (Fig. 13)
verbunden ist. Der Hebel x2 kann sich demnach nicht mit dem Wagen hin und her bewegen. (Der
Deutlichkeit wegen sind die mit der festliegenden Gestellwand verbundenen Theile
senkrecht schraffirt angegeben).
Gesetzt, ein Fadenwächter P sei herab in eine Kerbe der
Schiene Q gefallen, so kann der Hebel x2, die Schiene o bezieh. Q sich nicht
mehr bewegen und es stöſst dann beim Ein – oder Ausfahren der Maschine ein Stift der
Schiene o an den Schläger v der Glocke V und ein Glockenzeichen wird
gegeben. Hat der Arbeiter den Faden wieder in Ordnung gebracht, also den
Fadenwächter P in seine anfängliche Lage zurück
geführt, so wird die Schiene Q frei und der Hebel x2 kann wieder seine
Schwingungen beginnen, indem das andere Ende mittels Stift x1 an der schiefen Fläche x hingleitet und durch die Feder w beständig an letztere angedrückt wird; dadurch kommt
aber der Stift der Schiene o auſser Berührung mit dem
Hammer v und die Glocke bleibt ruhig.
Es ist noch eine zweite Glocke, die sogen. Changirglocke f (Fig. 12
unten), angebracht, welche dann ertönt, wenn die Nadeln eben aus dem Stoffe
herausgetreten sind und der Stoffrahmen mittels Pantographen weiter zu rücken ist.
Der Arbeiter kann dann sein Augenmerk ausschlieſslich auf die Zeichnung richten und
in Folge dessen schneller arbeiten.
Sämmtliche Fäden gehen, wie schon erwähnt, um die Walze M einmal herum. Diese Walze steht mit einer Bremsrolle e (Fig. 12
unten) in Verbindung. Um die letztere ist ein Riemen gelegt, welcher einestheils an
der Feder d, anderntheils an dem Gestell b2, befestigt ist. Die
Feder d hängt an dem in b2 gelagerten doppelarmigen Hebel b, dessen Stift a1 an dem Curvenstück a
hingleitet und dadurch zwar den Fäden gestattet, die Walze umzudrehen und Faden zu
liefern, aber auch die zur Stichbildung erforderliche Fadenspannung
hervorbringt.
Die zur seitlichen Anspannung verwendeten Stäbe haben die in Fig. 14
gezeichnete Einrichtung erhalten. Eine groſse Anzahl einseitig angeschliffener
Steppstichnadeln sind in einer Schiene befestigt. Sind die Nadeln durch den Stoff
geschoben, so wird ein Draht durch sämmtliche Nadelöhre gezogen und somit ein
Zurückgehen verhütet. Beim Befestigen der Stäbe nehmen diese die in der Figur
gezeichnete Lage zum Stoffe an, daher treten die Nadelspitzen auf keiner Seite der
Stofffläche hervor. Ein Anstoſsen des Festonirapparates ist somit ausgeschlossen und
namentlich da mit Vortheil anzuwenden, wo der Stoff, wie bei Tischdecken, nicht über
die ganze Breite der Maschine reicht. Ferner sind die Sperrräder H an den Spannbäumen mit 6 radialen Aussparungen G (Fig. 12
unten) versehen; in diese kann ein passender Hebel eingesetzt werden, womit man den
betreffenden Spannbaum drehen, den aufgewundenen Stoff straff anziehen und beim
Weiterspannen das Auslösen des Sperrkegels leicht bewerkstelligen kann.
Eine zackige Naht stellt Ch. Edw. L.
Holmes in New-York (* D. R. P. Nr. 10972 vom 25. März 1880) durch folgende
an einer Doppelsteppstich-Nähmaschine anzubringenden Einrichtung her: An der
Nadelstange B (Fig. 15 und
16 Taf. 35) ist der Theil C befestigt, oder
die Nadelstange selbst zur Seite gebogen. Das Ende von C nimmt eine Schraube auf, welche dem Stück E
als Drehpunkt dient. Dieses Stück E trägt die Nadel
oder deren zwei und den Stab F. Letzterer geht durch
den drehbaren Bolzen G, gleitet also beim Auf- und
Niedergang der Nadelstange B in G auf und ab, ohne auſser Verbindung zu treten. Der Bolzen G wird von dem zweiarmigen Hebel H gehalten und in Schwingungen versetzt; dieselben
werden durch die Zugstange J, Schieber M und einen doppelt genutheten Cylinder N (Fig. 17),
welcher auf der Welle P steckt, hervorgebracht. Die
Nadel macht somit nach jedem Stiche eine zur Nahtrichtung senkrechte Bewegung,
wodurch eine zackige Naht gebildet wird, die auch zum Umnähen der Knopflöcher
Verwendung finden kann. Um diese veränderlich zu machen und Stickereien auszuführen,
wird die Zugstange J in einem Schlitze des Hebels H gefaſst und durch den gezahnten Bogen K von der Schraube ohne Ende L aus gehoben oder gesenkt. Die Schraube L
ist in Ansätzen des Schiebers M gelagert. Wird nun die
Schraube L so gedreht, daſs sich der Drehpunkt i allmählich dem Drehpunkt des Hebels H nähert, so entsteht die Naht a bis b (Fig. 18).
Läſst man dagegen die Schraube still stehen und verlängert die Zugstange J, was durch ein Schloſs mit Rechts – und Linksgewinde
geschehen kann, so wird die Lage der Stiche mit Bezug auf die regelmäſsige Nähelinie
geändert und es entsteht die Naht c bis d. Aendert man die Länge der Zugstange und zugleich
durch die Schraube L den Angriffspunkt i derselben, so erhält man die Naht d bis f. Um die Schraube
L zu bewegen, trägt dieselbe 2 Sperrräder z, deren Zähne nach verschiedener Seite gestellt sind.
Am Gestell A sind zwei (in der Zeichnung nicht
angegebene) Klinken vorhanden und, je nachdem die eine oder andere Klinke eingelegt
ist, wird bei der Bewegung des Schiebers M die Schraube
L rechts oder links gedreht. Durch Anbringung
gröſserer oder kleinerer Sperrräder kann die Drehung variabel gemacht werden. Leider
gibt die Patentschrift nicht an, auf welche Weise das Schiffchen bei der seitlichen
bogenförmigen Bewegung der Nadel regelmäſsig den Nadelfaden fängt.
4) Vorrichtungen und Apparate für
beliebige Näh- und Stickmaschinen verwendbar.
Rob. Kiehle in Leipzig (* D. R. P. Nr. 11424 vom 19.
October 1879) gibt eine Fadenklemmvorrichtung an,
welche den Zweck hat, den Faden nur während des Hochganges der Nadel festzuhalten.
Zu diesem Behuf ist ein doppelarmiger Hebel angebracht, wovon das eine Ende gegen
eine Knagge durch eine Feder gedrückt wird und so den dazwischen liegenden Faden
einklemmt, während das andere Ende des Hebels auf einer von der Hauptwelle aus
bewegten Scheibe aufliegt, welche am Umfang so geformt ist, daſs sie zur bestimmten
Zeit das eine Ende vom Faden abhebt. Auſserdem hat der Patentinhaber die Triebwelle
seiner Cylindernähmaschine rechtwinklig zum Arm oder Cylinder angeordnet.
Berndt und Brune in Berlin (* D. R. P. Nr. 10886 vom
27. Februar 1880) bringen eine neue Radausschaltung
oder Kupplung zwischen Welle und Schwungrad, welche darin besteht, daſs das lose auf
der Welle b (Fig. 19
Taf. 35) sitzende Schwungrad a mit der conischen Büchse
d durch den Stift f
verbunden ist und durch eine Schraube c auf den mittels
linksgängigen Gewindes eingeschraubten Conus e
angedrückt, folglich durch Reibung mit der Welle b
gekuppelt werden kann.
Eine Einrichtung für den Betrieb der
Nähmaschinen durch Fuſstritthebel von D. S. Van Wyck in Fishkill Plains, N. Y., besteht nach
dem Scientific American, 1880 Bd. 43 * S. 198 aus
folgender Anordnung: Die zwei Tritthebel reichen weit aus dem Maschinengestell
heraus; der darüber stehende Sessel für den Arbeiter ist mit der Sitzfläche nach der
Maschine hin geneigt, so daſs der Arbeiter von ihm abgleitet und mit dem gröſsten
Theile seines Körpergewichtes auf den Tritten ruht. Der Arbeiter bewegt nach dieser
Einrichtung die Tritte in einer Weise, welche mehr dem Gehen eines Menschen ähnlich
ist, zum Unterschiede von der bisherigen Bewegung, bei welcher nur die Muskeln der
Füſse, welch letztere sich im Knöchelgelenk drehen, thätig sind. Die Triebwelle im
Maschinengestell enthält zwei durch Bänder mit den Tritten verbundene Excenter und
ein schweres Schwungrad mit Schnurenscheibe, deren Schnur auf die Triebscheibe der
Maschine treibt. Ein Spanner hält die Schnur durch Eindrücken des einen Stranges
straff, wenn die Maschine in Gang ist, und lockert sie, wenn er von ihr entfernt
ist, so daſs dann die Maschine still steht, während das Schwungrad sich noch weiter
dreht. Der Ausrücker und eine auf die Maschinenwelle wirkende Bremse können durch
den Fuſs und das Knie des Arbeiters bewegt werden. G.