Titel: Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation.
Fundstelle: Band 241, Jahrgang 1881, S. 40
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Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation. (Fortsetzung des Berichtes von S. 122 Bd. 240.) Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation. Reinigung des Rübensaftes. Bekanntlich bedient man sich bereits in vielen Fabriken der doppelten Saturation, indem man nach vorhergegangener Trennung des reinen Saftes von dem Schaumniederschlage diesem neuerdings geringe Kalkzugaben beisetzt und ihn abermals dem Processe der. Saturation unterwirft. Die Vortheile dieses Verfahrens ohne groſse Kosten mit den in den anderen Fabriken vorhandenen Werksvorrichtungen nach Möglichkeit auszunutzen, soll man nach K. Rivnac (Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1880 Bd. 4 S. 371), um Zeit zu gewinnen, sich nur ein Saturationsgefäſs mehr anschaffen, den einmal mit möglichst genügender Kalkzugabe saturirten Kesselinhalt gut absitzen lassen, den Schaum wie gewöhnlich nach den Schaumpressen abziehen, den klaren, im Kessel zurückgebliebenen Saft abermals mit wenig Kalk versetzen und nochmals saturiren. Dadurch trennt man den ursprünglichen Inhalt des Kessels etwa in 20 Proc. Schaumsaft und 80 Proc. klaren Saft und hat 80 Proc. doppelt und 20 Proc. einmal, aber gut saturirten Saft erhalten. Die Zuckerfabrik Gandersheim scheidet in der sogen. ersten Saturation die Rübensäfte mit 1,8 Procent der verarbeiteten Rüben an Kalk und läſst hier die Säfte bis auf 0,15 Proc. Kalkalkalität mit Kohlensäure behandeln. Nachdem der Schlamm durch Filterpressen entfernt ist, wird der klare Saft in der zweiten Saturation mit 0,18 Proc. auf Rüben Aetzkalk (in Form von Kalkmilch) versetzt, dann wieder mit Kohlensäure bis auf 0,08 Proc. Kalkalkalität behandelt und durch Schlammpressen vom Schlamm befreit. Der klare Saft wird in der dritten Saturation mit schwefliger Säure bis auf 0,03 Proc. Kalkalkalität saturirt und geht dann über die Filter, welche mit gut gereinigtem Kies gefüllt sind. Die Filter laufen einzeln jeder für sich. Der filtrirte Dünnsaft wird eingedampft und als Dicksaft wieder über Kies filtrirt, hiernach im Vacuum auf Korn gekocht (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1880 S. 578). Die Analysen ergaben folgendes: Zucker Organisch. Asche Wasser Krystallzucker 99,7 0,12 0,08 0,10 Zucker der 1. und 2. Woche 97,1 0,99 0,81 1,16 Zucker der 3. Woche 96,0 1,49 1,01 1,50 Füllmasse 83,1 6,75 4,60  5,55. Sp. Gew. Brix Zucker Quotient Salze Kalk-alkalität Dünnsaft 1. Satur. 1,0336   8,4    6,50 77,4 0,81 0,19 2. 1,0156     3,95    3,23 81,8 0,23 0,04 3. 1,0242     6,05    5,06 83,6 0,21   0,035 Unfiltrirter Dicksaft 1,1858 41,2 35,6 86,4 2,14 0,16 Filtrirter 1,2046 44,8 38,8 86,6 2,30 0,13. In der Zuckerfabrik Ouzic, welche sehr schlechte Rüben zu verarbeiten hat, setzt man nach A. v. Wachtel (Organ für Rübenzuckerindustrie der ö.-u. Monarchie, 1880 S. 279 und 642) dem Saft eine gröſsere Menge Kalk bei 69° zu und erwärmt bis auf 85°. Man leitet die Kohlensäure durch 2 Pumpen in einen Behälter, von welchem die Vertheilung in die Saturation ausgeht. Man erreicht dadurch den Vortheil, daſs man einen gleichförmigen Kohlensäurestrom von beliebiger Mächtigkeit erzielen kann, so daſs die Saturation trotz gröſserer Kalkmengen in kürzerer Zeit als sonst zu Ende geführt werden kann. Um die Kohlensäure noch besser auszunutzen, sind drei Ausströmungsschlangen vorhanden. Der von der Saturation abgehende Saft wird wie gewöhnlich durch Filter pressen getrieben und nur der erhaltene vollkommen klare Saft in der Abzugsrinne mit Phosphorsäure versetzt. Der trüb laufende Saturationssaft, sowie die Absüſswässer der Filterpressen werden zur Kalkbereitung (nach vorherigem Löschen desselben mit reinem Wasser) verwendet und auf diese Art wieder benutzt. Die Zugabe der Phosphorsäure bezweckt, einen Theil der Kalksalze zu entfernen, während die Alkalinität nur wenig durch diese Zugabe verändert wird, so daſs man nur zum kleinsten Theil phosphorsaure Alkalien bildet, worauf der Saft von dem entstandenen Niederschlag an phosphorsaurem Kalk durch Filterpressen getrennt wird. Eine Probe des Diffusionssaftes zeigte 7,8 Saccharometer, 6,1 Polarisation, 7,8 Quotient. Zur Scheidung wurden zunächst nach dem alten Verfahren 2,6 Proc. Kalk verwendet; die Saturation ging langsam von statten, der Schlamm lief sehr langsam durch die Filterpressen, die Alkalinität des saturirten Saftes betrug 0,078 Proc. Wegen Mangel an Wasser konnte der Schlamm nicht vollkommen ausgelaugt werden, um so mehr als er zähe war und daher dem Durchflieſsen des Saftes groſsen Widerstand entgegensetzte. Der saturirte Saft enthielt: Polarisation   6,12 Proc. Alkalinität 0,09 Proc. Wasser 92,54 Kalk gefällt   0,041 Nichtzucker   1,34 Quotient 82 Farbe nach Stammer 42 Der Saturationsschlamm: Wasser 59,08 Proc. = Wasser 59,08 Proc. Polarisation   3,30 Polarisation   3,30 Kalk 19,14 Kohlensaurer Kalk 25,68 Kohlensäure 11,30 Kalk, anderweitig gebdn.   4,76 Nichtzucker   7,18 Nichtzucker   7,18 Dünnnsaft Alkalinität 0,0448 Proc. Spuren Kalk Dicksaft 0,0396 Kein Kalk. Die Füllmasse: Polarisation 79,1 Proc. Kalk 0,007 Proc. Wasser   7,09 Quotient 85,1 Asche   4,97 Farbe nach Stammer 32 Org. fremde Substanzen   8,84 Es wurde nun die Arbeit mit dem neuen Verfahren angefangen, mit einem Diffüsionssaft von 79,1 Proc. Saccharometer, 5,6 Proc. Polarisation, 71 Quotient. Zur Scheidung wurden 4,2 Proc. Kalk verwendet; die Saturation ging nun sehr glatt vor sich (Druck der Kohlensäure 1,5 bis 2at) und ging trotz groſser Kalkmengen rascher vor sich als im vorigen Versuche mit der alten Saturation. Ebenso ging die Auslaugung ohne Schwierigkeiten von statten, da dieser Kuchen ein körniges, nicht schlammiges Aggregat zeigte. Der saturirte Saft hatte folgende Zusammensetzung: I II Polarisation   6,50 Proc.   6,05 Proc. Wasser 92,29 92,71 Nichtzucker   1,21   1,24 Alkalinität      0,112 Proc. Kalk      0,026 Quotient 84,3 83,0 Der Saturationsschlamm: Wasser 36,65 Proc. Polarisation   3,80 Kohlensaurer Kalk 40,45 Kalk (anderweitig gebunden)   4,29 Nichtzucker 14,81 Diese Analyse zeigt, daſs hier mehr Kalk an Kohlensäure gebunden wird als bei dem alten Verfahren, so daſs die Menge des anderweitig gebundenen Kalkes verhaltniſsmäſsig gering ist. Mit dem Vorwalten des kohlensauren Kalkes bekommt der Preſskuchen das körnige Gefüge und läſst sich in Folge dessen verhaltniſsmäſsig leichter auswaschen, während im anderen Falle etwas mehr Zuckerkalk zurückbleibt, welcher als gutes Bindemittel dem Preſskuchen die Beschaffenheit des festen Thones verleiht, welche dem Durchlaufen der Flüssigkeit mehr Widerstand leistet. Demgemäſs enthält der Kuchen von der Saturation verhaltniſsmäſsig mehr Zucker, nämlich an 41 Trockensubstanz 3,3 Proc. Polarisation, während der Kuchen von der Saturation unter Hochdruck auf 63 Proc. Trockensubstanz 3,8 Proc. Polarisation besitzt. Nach Zugabe von Phosphorsäure in den von den Filterpressen abgelaufenen klaren Saft wird die Alkalinität auf 0,056 Procent heruntergedrückt. Die Zusammensetzung des mit Phosphorsäure versetzten und vom entstandenen Niederschlag filtrirten Saftes war: Polarisation   5,98 Proc.   5,63 Proc. Wasser 92,88 93,30 Nichtzucker   1,14   1,07 Alkalinität     0,056     0,085 Kalk (gefällt)     0,006 Quotient 84 84 Farbe nach Stammer 24 Preſskuchen nach Phosphorsäurezugabe: Wasser 47,46 Proc. Polarisation   4,80 Phosphorsaurer Kalk 19,67 Kohlensaurer Kalk   1,95 Kalk, anderweitig gebunden   3,91 Phosphorsaures Eisenoxyd und Thonerde   8,43 Nichtzucker 13,78 Dieser Schlamm läuft durch die Filtrirpressen langsamer als der von der Saturation herrührende, weshalb, um keinen Aufenthalt zu verursachen, ein Theil des saturirten Saftes nicht mit Phosphorsäure versetzt wird, sondern direct auf die Filter läuft. Die Füllmasse bestand aus: Polarisation   82,9 Wasser     5,40 Asche     4,96 Organische fremde Substanzen     7,53 –––––– 100,00 Quotient   87,6 Kalk Spuren Farbe nach Stammer 20 Rohzucker der nach dem Compressionsverfahren erzeugten Füllmasse, ohne Decke geschleudert: Polarisation 95,00 Proc. Wasser   1,39 Asche   1,28 Organische fremde Substanzen   2,33 Rendement   88,6 Quotient   96,3 Hierbei abgelaufener Syrup, der Centrifuge entnommen: Polarisation 56,80 Proc. Wasser 16,90 Asche   9,81 Organische fremde Substanzen 16,49 Alkalinität   0,40 Kalk   0,06 Farbe nach Stammer 111. Das Verhältniſs zwischen Rohzucker und Grünsyrup (ohne Decke) ist ein auſserordentlich günstiges, da der Unterschied im Quotienten 96,3 bis 68,3 = 28,0 Proc. ein so bedeutender ist, wie er wohl selten in einer anderen Fabrik übertroffen wird. Es deutet dieser Umstand auf ein sehr kräftiges Korn, leichte Krystallisation der Füllmasse, so daſs der Schwerpunkt der Reinigung hierin zu suchen ist (vgl. 1876 220 190). Der Hauptvortheil bei Benutzung der Phosphorsäure liegt in der verhältniſsmäſsig starken Abscheidung der Arabinsäure, desjenigen Körpers, welcher auf die Melassenbildung den gröſsten Einfluſs ausübt. Im Ganzen ist nach der Analyse eine Verbesserung von ungefähr 1 Proc. im Quotienten durch die Zugabe dieser Säure erzielt worden, und wenn man annimmt, daſs ein Theil Nichtzucker zwei Theile Rohzucker an der Krystallisation hindert, so sind hiermit die Kosten reichlich gedeckt. Bei der Entscheidung der Frage, ob dieser günstige Erfolg nicht durch eine abermalige Saturation mit billigeren Mitteln zu erreichen wäre, ist zu berücksichtigen, daſs beim Durchlaufen der Säfte durch die Filterpressen nach der Saturation stets kohlensaurer Kalk gelöst wird, welcher bei der zweiten Saturation nicht wieder entfernt werden kann, da Kohlensäure hieraus löslichen doppelt kohlensauren Kalk bildete; durch die Phosphorsäure wird aber der kohlensaure Kalk zersetzt und Kalk abgeschieden. In diesem wesentlichen Punkte ist also die Anwendung der Phosphorsäure der doppelten Saturation vorzuziehen. Die doppelte Saturation hat einen weiteren wunden Punkt, nämlich das leichte Uebersaturiren des Saftes. Man hilft sich zwar dadurch, daſs man Kalk zuvor zusetzt; doch ist damit die Gefahr nicht ganz gehoben, da der übersaturirte Saft doppelt kohlensauren Kalk gelöst enthält, welcher ein schweres Kochen der Säfte bewirkt und das Spodium durch Abscheidung von Kalkcarbonat sehr stark verunreinigt. Durch Zugabe von Phosphorsäure wird jedenfalls das Kalkcarbonat vor dem Filtriren entfernt und das Spodium kommt viel ausreichender und besser zur Wirkung in Bezug auf die Entfernung der Nichtzuckerbestandtheile. Hierin liegt der Schwerpunkt bei Anwendung dieser Säure, denn derselbe Erfolg kann durch die zweite Saturation niemals in so ausgiebigem Maſse erzielt werden. A. v. Wachtel hat bereits früher (vgl. 1880 237 150) auf die Löslichkeit des arabinsauren Kalkes hingewiesen, welcher bei der Scheidung entsteht und durch spätere Operationen nicht mehr entfernt werden kann. Die Anwendung eines Ueberschusses von Kalk ist also vom chemischen Standpunkte aus nicht vortheilhaft; dagegen tritt dann die mechanische Wirkung mehr in den Vordergrund und ist sogar bei der heutigen Durchführung in der Praxis die Hauptsache. Die mechanische Wirkung der Saturation wird, falls einmal ein Kalküberschuſs angewendet wurde, um so gröſser sein, je mehr dieser Ueberschuſs beträgt. Durch Versuche, welche zur Feststellung der Grenze, von welcher an ein Ueberschuſs von Kalk angewendet wird, durchgeführt sind, läſst sich nachweisen, daſs die zur Scheidung und Saturation nothwendige Kalkmenge auſserordentlich gering ist. Der Saft wurde allmählich entweder mit Kalkmilch, oder flüssigem Zuckerkalke mit überschüssigem Kalk gemischt (wobei der Zuckergehalt genau bekannt war), oder mit festem gebranntem Kalk geschieden und saturirt und hierbei gefunden, daſs bei Anwendung von genügend Zeit und Wärme ⅛ Proc. Calciumoxyd bei der schlechtesten Rübe genügt, um beide Operationen, Scheidung und Saturation, vollkommen durchzuführen. Die erhaltenen Quotienten waren unmerklich niedriger als bei Anwendung der vierfachen Kalkmenge (85,5 und 85,9). Ein praktisches Merkmal, um die bei der Rübe nothwendige Kalkmenge zu ermitteln und eine Methode zu finden, welche geeignet erschien, den Diflusionssaft in dieser Richtung vorher zu untersuchen, um jedesmal die entsprechende Kalkmenge zusetzen zu können, war leider in einer der Fabrikation entsprechenden Weise nicht festzustellen. In der Praxis wendet man daher immer einen Ueberschuſs von Kalk an, woraus folgt, daſs, je mehr die Kalkzugabe erhöht wird, desto besser die mechanische Reinigung, mithin die Gesammtreinigung ausfällt. Ist die Saturation eine entsprechende, so ist die gröſsere Kalkzugabe innerhalb praktischer Grenzen als rationell zu bezeichnen. Bei der Saturation können folgende Erscheinungen beobachtet werden: Je langsamer dieselbe verläuft, desto geringer fällt die erzielte Reinigung aus und desto mehr beträgt die schlieſsliche Alkalinität des Saftes. Der Grund hierfür liegt in der Bildung des dreibasischen Kalksaccharates und in dem Löslichwerden des entstandenen Kalkcarbonates, welches um so gröſser wird, je mehr davon vorhanden ist, je länger die Dauer der Einwirkung und je niedriger die Temperatur des Saftes gehalten wird. Es läſst sich diese Behauptung durch einen Versuch mit reinem Rohzucker und Kalk leicht beweisen. Wenn man reinen getrockneten dreibasischen Zuckerkalk von der Zusammensetzung C12H22O11(CaH2O2)3 saturirt, so bekommt man eine dickflüssige weiſse Masse, welche den eingeleiteten Gasen vielen Widerstand entgegensetzt. Die Kohlensäure wird von der Substanz bis zu einem bestimmten Punkte stark absorbirt, worauf eine langsame Verflüssigung der Masse erfolgt. Eine Probe der Substanz, beim Eintritt der gröſsten Consistenz gezogen, hat von der ursprünglichen Zusammensetzung in folgender Weise abgewichen. Der ursprüngliche dreibasische Zuckerkalk bestand aus: Calciumoxyd 30,32 Proc. Polarisation 90,51 Gebundenes Wasser   9,18 Verdünnt und ungefähr ½ Stunde saturirt: 10,5 Proc. Polar. =   3,07 Proc. CaCO3   5,26 CaO 13,94 zweibasischer Zuckerkalk   1,36 Proc. CO2   0,07 CaO. Zieht man die Probe früher, so waltet der Aetzkalk, zieht man sie später, der kohlensaure Kalk vor. Hier ist eine Verbindung von zweibasischem Zuckerkalk mit kohlensaurem Kalk entstanden. Setzt man die Saturation dieser Masse, besonders in der Kälte, weiter fort, so bekommt man nach einer sehr langsamen Filtration eine schwerflüssige, jedoch vollkommen klare und farblose Flüssigkeit von folgender Zusammensetzung: 10,3 Proc. Polar. =   3,09 Proc. CaCO3   3,42 CaO 11,98 einbasischer Zuckerkalk   1,36 CO2   0,01 CaO. Es ist somit eine Lösung von Kalkcarbonat im einbasischen Zuckerkalk entstanden, so daſs man den fortschreitenden Zerfall des dreibasischen Kalksaccharates, bezieh. dessen Uebergang in den zwei- und einbasischen Zuckerkalk, auch experimental verfolgen kann. Leitet man in das zuletzt besprochene Kalksaccharat Kohlensäure in der Kälte ein, so fällt der kohlensaure Kalk zum gröſsten Theil heraus, während ein kleiner Theil mechanisch gelöst bleibt und nach der Filtration beim Erhitzen vollständig herausfällt. Erhitzt man das obige Saccharat unter Kohlensäure-Zuleitung bis zum Kochen, so fällt neben kohlensaurem Kalk auch dreibasischer Zuckerkalk heraus, so daſs die darüber stehende Flüssigkeit nur eine geringe Alkalinität aufweist, während der Schlamm getrocknet 22,4 Proc. Polarisation zeigte, also eine Bestätigung für den obigen Verlauf des Processes lieferte. Läſst man die Flüssigkeit ohne Kohlensäure-Einströmung unfiltrirt erkalten, so löst sich der entstandene Niederschlag wieder auf. Da in der Praxis höhere Temperaturen angewendet werden, welche nahe an der Kochhitze liegen, so läſst sich annehmen, daſs bei der Saturation, nachdem dreibasisches Saccharat anwesend sein muſste, zuerst zweibasisches, dann einbasisches Saccharat entsteht, von welchen beiden bekannt ist, daſs zweibasisches Saccharat beim Kochen leicht in einbasischen und dreibasischen Zuckerkalk zerfällt und daſs einbasisches Saccharat kohlensauren Kalk in bedeutender Menge auflöst und in diesem Zustande beim Kochen in Kalkcarbonat, dreibasischen Zuckerkalk und Zucker zerfällt. Ein Theil des zersetzten dreibasischen Saccharates regenerirt sich also beim Einleiten von Kohlensäure in der Hitze theilweise, so daſs der Proceſs mehr Zeit in Anspruch nimmt, als er beim einfachen Verlauf erfordern würde. Leitet man die Kohlensäure langsam ein, so wird nicht nur der Proceſs wenig fortschreiten, sondern auch der bereits abgeschiedene kohlensaure Kalk theilweise in Lösung gebracht, und es kann geschehen, daſs bei schlechter Saturation ein Punkt eintritt, wo die Alkalinität einer filtrirten Probe wieder zu steigen beginnt, indem die Lösung des Kalkcarbonates rascher vor sich geht als die Carbonisirung. Bei rascher Saturation fallen diese Bedenken weg, mithin ist letztere vorzuziehen und dies ist auch in der Praxis anerkannt, da auch der Quotient bei rascher Behandlung, welche eine gröſsere Verdünnung des Zuckerkalkes vorausetzt, bedeutend besser ist. Daſs der nach der Saturation bleibende Schlamm stets Zuckerkalk enthält, läſst sich nicht nur aus dessen chemischer Zusammensetzung, sondern auch durch folgende Schlüsse ableiten. Der Zuckergehalt des Schlammkuchens ist immer höher als der Concentration des Saftes, bezogen auf die in demselben vorhandene Wassermenge, entspricht. So wurde z.B. bei einem untersuchten Saturationssafte 6,05 Proc. Polarisation, 92,71 Proc. Wasser gefunden, der daraus erhaltene Saturationsschlamm enthielt bereits ausgelaugt 3,86 Proc. Polarisation bei 36,35 Proc. Wassergehalt oder: 92,71 : 6,05 = 36,35 : x, woraus x = 22. In unausgelaugtem Zustande sollten also, wenn kein Zuckergehalt im Schlamme vorhanden wäre, nur 2,2 Proc. Zucker enthalten sein; der höhere Gehalt an Zucker, welcher 3,8 – 2,2 Proc. = 1,6 Proc. beträgt, kann also nur als Zuckerkalk anwesend sein, welcher dem Auslaugen besser widersteht. In vielen Fällen beträgt die Polarisation des Schlammes sogar mehr als die des Saftes, aus welchem er entstanden ist. Es wäre jedenfalls zu bedenken, ob es nicht ökonomisch richtiger wäre, anstatt der sogenannten absoluten Auslaugung, welche mit groſsen Mengen Wasser arbeitet, da der Zuckergehalt jedenfalls schwerer löslich ist als Rohzucker, den Kuchen vollständig mit Kohlensäure zu saturiren. Es würden dann geringe Mengen Wasser zur Erschöpfung des Zuckers nothwendig sein und deshalb bedeutend reinere und concentrirtere Lösungen erhalten, welche die umständlichere Handhabung möglicher Weise decken könnten. Daſs die Kohlensäure wie jede andere Säure besonders in der Hitze eine invertirende Wirkung besitzt, hat v. Lippmann (1880 237 148) nachgewiesen, weshalb es besser ist, die Zeit der Saturation nach Möglichkeit abzukürzen. Beim sogen. Uebersaturiren wird ein groſser Theil von kohlensaurem Kalk gelöst und bleibt selbst nach stundenlangem Kochen in Lösung; hierbei können die gelösten Mengen ziemlich bedeutend werden, so daſs die eingeschlossenen, dunkel gefärbten Verunreinigungen frei werden und abermals in die Safte gelangen, so daſs die Säfte beim Uebersaturiren stets dunkel sind. Eine eigenthümliche Erscheinung tritt jedoch mitunter auf, deren genauere Umstände noch nicht ermittelt werden konnten; in ausnahmsweisen Fällen scheidet sich beim Erhitzen der übersaturirten Lösung ein Niederschlag von folgender Zusammensetzung aus: 69,40 Proc. Magnesiumcarbonat 21,03 Calciumcarbonat   0,27 Kohlensäure   9,30 Verunreinigung. Dieses Auftreten der Magnesia beim Uebersaturiren kommt selten vor, zeigt aber, daſs jedenfalls die Magnesia bei der Saturation eine Rolle spielt, insbesondere in der späteren Alkalinität der Säfte vorzuherrschen scheint. Nach Wachtel ist es ferner von allen Salzen nur das gelöste Kalkcarbonat, welches ein schweres Kochen des saturirten Saftes nach sich zieht, da Säfte der schlechten oder langsamen Saturation und übersaturirte Säfte schwer kochen, durch Zugabe von Mineralsäuren die Säfte normal werden und saturirte Zuckerkalklösungen nur dann schwer kochen, wenn sie verhältniſsmäſsig gröſsere Mengen Kalkcarbonat gelöst enthalten, was man aus dem Kohlensäuregehalt des eingedickten Saftes ermessen kann. Bemerkenswerth sind auch noch die Umsetzungen, welche die gegen das Schäumen der Säfte angewendeten Fette erleiden. Die Fettsäuren verbinden sich in Wirklichkeit mit Kalk und geben mit diesem unlösliche Verbindungen, welche langsam herausfallen und besonders im Robert'schen Apparat sich absetzen. Das frei gewordene Glycerin, welches im Wasser löslich ist und nicht krystallisirt, wird man sämmtlich in der Melasse wieder finden. Es ist Wachtel zwar nicht gelungen, in der Melasse das Glycerin nachzuweisen, auch nicht in der Elutionslauge, hingegen hat er im sogenannten Nachlauf der Melassenspiritusraffination Acroleïn mit ziemlicher Sicherheit nachgewiesen.