Titel: | Zur Kenntniss des Cementes. |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 66 |
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Zur Kenntniſs des Cementes.
Zur Kenntniſs des Cementes.
Den Verhandlungen der 4. Generalversammlung des Vereines
deutscher Cementfabrikanten am 3., 4. und 5. Februar 1881 entnehmen wir
folgende bemerkenswerthe Mittheilungen.
Ueber den Einfluſs der Art der Zerkleinerung des Cementes
auf die Bindekraft berichtet Tomei. Es wurden
7 bis 800 Tonnen feiner Cementgries innig gemischt und davon ein Theil auf
Mahlgängen von 1m,308 Durchmesser bei 110 Umgängen
in der Minute vermählen, der andere auf Mahlwalzen von Nagel und Kaemp in Hamburg zerdrückt. Die
erstere Art war somit ein Beispiel für das Zerreiben, die zweite für das Zerdrücken
des Cementes. Die Bindezeit war bei beiden Proben dieselbe, nämlich 2 Stunden,
ebenso die Erwärmung beim Abbinden. Der Cement von den Mahlgängen zeigte einen
Rückstand von 15,74 Proc. auf dem 900-Maschensieb und von 21,15 auf dem
5000-Maschensieb, zusammen also von 36,89 Proc. Die absolute Festigkeit betrug für
reinen Cement nach 7 Tagen 30k,1 und nach 28 Tagen
33k,8 auf 1qc, für die Normalprobe mit 3 Th. Sand nach 7 Tagen 12k,2 und nach 28 Tagen 17k,3. Der von den Walzen erhaltene Cement hatte
einen Rückstand von 13,63 Proc. auf dem 900 Maschensieb und von 23,44 Proc. auf dem
5000-Maschensieb, zusammen von 37,07 Proc., also fast dieselben Siebrückstände wie
der Cement von den Mahlgängen. Die absolute Festigkeit des gewalzten Cementes betrug
nach 7 Tagen 26k,6 und nach 28 Tagen 34k,6, für die Normalprobe mit 3 Th. Sand nach 7
Tagen 11k,5 und nach 28 Tagen 17k,7. Ein Unterschied der Festigkeit bei
verschieden zerkleinertem Cemente von gleicher Feinheit und Bindezeit ist also nicht
vorhanden.
Schiffner kann nur bestätigen, was er im vorigen Jahre
(vgl. 1880 236 247) bereits erwähnte, daſs bei demselben
Cement die Zerkleinerung durch die Schleudermaschine gegenüber derjenigen auf
Mahlgängen einen Unterschied in der Festigkeit ergibt. Der auf der Schleudermaschine
zerkleinerte Cement hat durchschnittlich eine 50 Proc. höhere Festigkeit als der von
den Mahlgängen fallende. Die Versuche sind öfter wiederholt worden und jedesmal ist
dieses Resultat bestätigt gefunden. Die damals gegebene Erklärung hält er auch jetzt
noch für richtig, daſs
nämlich der durch Schleudermaschinen zerkleinerte Cement einen höheren Procentsatz
an feinem Korn ergibt.
H. Delbrück betont, daſs gerade der Procentsatz des
allerfeinsten Pulvers von groſser Bedeutung ist in Bezug auf die Festigkeit, des
Cementes mit Sandzusätzen. Wenn man die Proben nicht blos mit einem
5000-Maschensieb, sondern mit einem 10000- oder gar einem 15000-Maschensieb machen
könnte, dann würde man dies noch auffallender sehen. In Züllchow wurden die Proben,
um den Einfluſs der feinsten Cementkörnchen beurtheilen zu können, in der Weise
gemacht, daſs man Mischungen von gewöhnlichem, schon sehr feinem Cement einerseits
und andererseits von den allerfeinsten Staubkörnchen, welche durch die Sauggebläse
in die Sammelröhre fortgetrieben werden, machte. Da zeigte sich bei procentualen
Zusätzen auch die bedeutende Zunahme in der Festigkeit, welche die Sandproben durch
feineres Cementkorn erfahren.
Ueber neue Apparate zum Feinmahlen und
Sieben des Cementes berichtet Tomei: In der
Pommerschen Portlandcementfabrik „Quistorp“ in Lebbin wurden durch Nagel und Kaemp in Hamburg
zwei Mahlwalzwerke angelegt, um den Gängen die schwierigste Arbeit abzunehmen,
nämlich das Zerkleinern der härtesten Knötchen, welche der von den Vorschrotgängen
kommende Gries enthält. Mit Anlage der Walzen wurde eine Siebeinrichtung verbunden;
Rüttelsiebe hängen in einem verstellbaren Rahmen, so daſs der Neigungswinkel des
Siebes je nach den Ansprüchen auf Siebfeinheit beliebig verstellt werden kann. Durch
eine Daumenwelle wird dem Siebe die rüttelnde Bewegung ertheilt und ist es höchst
wichtig, daſs die Gröſse des Schlages durch geeignete Vorrichtungen ebenfalls
verstellt werden kann. Der gröſste Vorzug dieser Siebe besteht darin, daſs sie nicht
mehr mit Drahtgewebe, sondern mit durchlochten Stahlblechen überzogen sind, welche
sich ganz vorzüglich halten und nach 6 monatlichem Betriebe noch nicht erneuert
wurden. Der Kraftbedarf für die Siebe ist ein äuſserst geringer. Da es sich darum
handelte, die Mehrleistung der neuen Anlage gegenüber der alten festzustellen, so
wurde, um die vorhandene Maschinenkraft voll auszunutzen, zu den zwei Mahlwalzen
noch ein Mahlgang hinzugenommen, während anderntheils zwei Mahlgänge arbeiteten. Als
Material wurde, wie bereits erwähnt, vollständig gleichmäſsig gemischter Gries
verwendet. Die Kraft der Maschine wurde durch Indicatorversuche gemessen und wurde
jedes Probemahlen 9 Stunden hinter einander fortgesetzt.
Zwei irisch geschärfte Mahlgänge von 1m,3 Durchmesser und 110 bis 115 Umdrehungen in der Minute verbrauchten
genau 23e; dieselben lieferten durchschnittlich
stündlich 8,5 Tonnen mit 16 Proc. Rückstand auf dem 900-Maschensieb. Die Temperatur
des Gutes beim Aufgeben betrug 47°, die des Mehles beim Austritt 89°, die
Temperaturerhöhung somit 42°. Hierbei ist zu bemerken, daſs die Leistung der Gänge
von Stunde zu Stunde abnahm, weil sie an Schärfe verloren, und daſs der Betrieb der Siebe
durch eine andere Maschine erfolgen muſste. Zwei Mahlwalzen und ein Mahlgang, wie
vorstehend, verbrauchten genau 23e. Die stündliche
Leistung betrug durchschnittlich 14,5 Tonnen mit 13 Proc. Rückstand auf dem
900-Maschensieb. Eine meſsbare Temperaturerhöhung fand nicht statt, ebenso wenig
eine Abnahme in der Leistung von der 1. bis zur 9. Stunde; es ergab sich vielmehr
eine kleine Zunahme von Stunde zu Stunde. Die Siebe und Hebezeuge wurden in diesem
Falle von derselben Maschine getrieben. Auſser diesen Versuchen wurden auch die
Walzen allein mit dem gleichen Mahlgute betrieben, doch dauerte dieser Versuch nur
kürzere Zeit. Die stündliche Leistung betrug durchschnittlich 12,9 Tonnen mit 13
Proc. Rückstand auf dem 900-Maschen sieb. Der Kraftverbrauch einschlieſslich Siebe,
Schnecken und Hebezeuge betrug 20e. Nachdem jede
Walze 4 Monate im Betriebe war, hat sich herausgestellt, daſs so gut wie keine
Abnutzung vorhanden ist, da das Umfangsmaſs, ein Stahlband, welches bei der
Aufstellung der Walzen genommen wurde, auch jetzt noch dem Umfange entspricht. Der
Hartguſs war allerdings so hart, daſs man behaupten könnte, er sei zu vorzüglich;
denn an den Rändern zeigten sich kleine Abbröckelungen, die allerdings 25mm an der schlimmsten Stelle nicht überstiegen.
Wären die Kanten abgerundet gewesen, so würde dieser Uebelstand wahrscheinlich nicht
eingetreten sein. Da die Walzen eine Gesammtbreite von 480mm haben, so spielte diese Abbröckelung keine
wesentliche Rolle und ist kein Hinderniſs gewesen, so daſs die Walzen bis zum
Schluſs in gutem Betriebe geblieben sind.
Kaemp bemerkt
hierzu, daſs die Resultate noch mehr zu Gunsten der Walzen ausgefallen wären, wenn
es möglich gewesen wäre, aus dem Aufschüttgut die gröberen Stücke zu entfernen, weil
dann die Mahlwalzen noch ruhiger gearbeitet und eine gröſsere quantitative Leistung,
auch mehr feinstes Mehl gegeben hätten. Die Balanciermaschine, welche
ausschlieſslich zum Betriebe der zu untersuchenden Maschinen diente, entwickelte in
ihrer Maximalbeanspruchung 63 Indicator-Pferdekräfte und hierbei absorbirte die
Transmission nicht weniger als 38e, so daſs für
die Zerkleinerung selbst weniger als 25e
verblieben. Kaemp hat nie groſse Zweifel über die
Tauglichkeit von Walzenmehl gehegt, weil der Kollergang, wie er in den englischen
Fabriken heute noch arbeitet, ja auch nur ein Walzwerk bildet, dessen eine Walze
schon beträchtlich groſs ist, während die Bodenplatte als Gegen walze von unendlich
groſsem Durchmesser aufzufassen ist. Beim Kollergang findet wenigstens, soweit die
Kollersteine cylindrisch und nicht kegelförmig sind, neben der rollenden Bewegung
auch eine schleifende Bewegung statt und ist die Intensität des Schleifens am
innersten und äuſsersten Theil der Steine ein Maximum, in der Mitte gleich Null.
Der Kollergang ist überhaupt besser als sein Ruf und würde wohl
nicht so sehr in Miſscredit gekommen sein, wenn man ihm nicht die ganze
Zerkleinerungsarbeit aufgebürdet und damit Unmögliches zugetraut hätte. Die
schleifende Bewegung bei den Walzen für die Zerkleinerung des Cementes hätte er aus
Gründen der Kraftersparniſs gern vermieden, um so mehr, als die Wirkung des
schleifenden Bewegens auf die Festigkeit des Cementes nahezu ohne Einfluſs zusein
scheint. Er hat indeſs gefunden, daſs ein praktischer Grund vorhanden ist, welcher
für eine schleifende Bewegung, also für eine Differentialgeschwindigkeit der Walzen
spricht, und zwar nur, weil das auf letzteren Walzen erzeugte Mehl sich weicher und
so anfühlt, wie es gegenwärtig im Handel gewünscht wird. In der Lüneburger Fabrik
sprang eine Walze von 300mm Breite in der Mitte,
rechtwinklig zur Achse, nachdem sie kaum 24 Stunden im Betrieb war. Die Wandstärke
betrug 70mm und zeigte einen kerngesunden Bruch,
so daſs die Erklärung für diesen Sprung wohl nur in vorhandener Guſsspannung zu
finden sein wird. Die Walzen werden von Gruson in
Coquillen gegossen. Der innere Kern kann seine Wärme nicht abführen, während der
äuſsere rasch erkaltet, und somit scheint eine Guſsspannung erklärlich.
Wer heutigen Tages glaubt, bei der Cementzerkleinerung mit dieser
oder jener Maschine allein und überall durchzukommen, der befindet sich im Irrthum.
Eine einzelne
Maschine thuts wenigstens für eine geordnete Fabrikation jetzt nicht mehr, weder der
Steinbrecher allein, noch die Mörsermühle, auch nicht der Desintegrator, nicht die
Vapart'sche Schleudermühle, auch nicht die Walze, der Kollergang oder der
Luftschlemmapparat. Jede von den genannten Maschinen hat ihren Werth, thut auch ihre
Schuldigkeit, wenn man sie an der richtigen Stelle verwendet. Bei jetzigem Stande
der Cementindustrie und bei den jetzigen Anforderungen auf quantitative wie
qualitative Leistung, Kraftbedarf und Widerstandsfähigkeit der ganzen maschinellen
Einrichtung bleibt kein anderer Ausweg, als die Zerkleinerung allmählich und auf
verschiedenen aufeinander folgenden Maschinen auszuführen, so zwar daſs für jede
einzelne Maschine das Maximum ihrer Wirkungsfähigkeit gesichert bleibt. In die
Zerkleinerung greift wesentlich hinein die Sortirung und sollte dieselbe viel weiter
als bisher getrieben, vor Allem dahin ausgedehnt werden, daſs die einzelnen auf
einander folgenden Zerkleinerungsmaschinen nur gleichmäſsiges und zwar nur solches
Aufschüttgut erhalten, für das sie besonders geeignet sind. Es handelt sich durchaus
nicht mehr um einzelne Zerkleinerungsmaschinen, sondern um eine systematische
Behandlung der Zerkleinerung in Verbindung mit stetem Sortiren nach Korngröſse und
sofortigem Abführen der fertigen Producte.
Nach H. Delbrück
tritt die Frage der Abnutzung der Walzen bei ihrer Anwendung zur Feinmüllerei in den
Vordergrund. Nach seiner Erfahrung ist die Abnutzung von Guſsstahl gegenüber dem
Hartguſs von Gruson eine bedeutend gröſsere. Die ganze
Brauchbarkeit der Walzen für Feinmahlen beruht aber darauf, daſs man eine womöglich
minimale Abnutzung hat, da sich das Eisen fast nie gleichmäſsig abnutzt, so daſs
schlieſslich eine Riefelung eintreten und dann eine ganze Menge grobes Material
unzerkleinert durch die Walzen hindurchgehen wird.
Welche Mühlsteine sich am besten zum
Mahlen des gebrannten Portlandcementes eignen, läſst sich nach Prüssing nicht bedingungslos beantworten, da die
französischen Steine sowohl, wie die belgischen sehr verschiedenartig sind. In
Vorwohle hat man seit Jahren beide Arten neben einander verwendet und im Anfang
recht viel schlechte belgische Steine gehabt und deshalb den Champagner Stein
daneben beibehalten. Da aber sonst guter Champagner-Stein bei Abnutzung einer
gleichen Steinmenge nur zwei Drittel so viel Cement mahlte von gleicher Feinheit und
Härte wie guter Namur-Stein, wenn sie in ihren Leistungen sonst auch sich die Wage
hielten, so ist man schlieſslich wieder von dem Champagner-Stein abgegangen, zumal
derselbe auſserdem theurer ist als der Namur-Stein. In Wagenladungen bezogen, stellt
sich ein Champagner-Stein von 1500mm Durchmesser
und 450mm Stärke auf etwa 415 M., während der
Namur-Stein in gleicher Stärke nur 375 M. kostet. In letzter Zeit sind auch Versuche
mit dem Karpathen-Stein gemacht worden, nur stehen die Resultate noch nicht ganz
fest; indessen scheint es, daſs diese Steine hinter dem Namur-Steine nicht
zurückbleiben. Sie stellen sich franco Vorwohle auf 390 Mark.
(Forts. folgt.)