Titel: Zur Kenntniss des Cementes.
Fundstelle: Band 241, Jahrgang 1881, S. 199
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Zur Kenntniſs des Cementes. (Fortsetzung des Berichtes Seite 133 dieses Bandes.) Zur Kenntniſs des Cementes. Ueber den Einfluſs des Zusatzes feinen Sandes und anderer feingepulverter Körper zu den Normencementproben auf die Festigkeit der letzteren berichtet Goslich. Vor zwei Jahren wurde festgestellt, daſs grober Sand höhere Festigkeitszahlen gibt als feiner (vgl. 1879 234 392). Die nachher vielfach wiederholten Versuche haben dies bestätigt und die Thatsache ist auch richtig, wenn man nur Sand von gleicher Korngröſse verwendet, aber nicht, wenn ein grober gemischter Sand genommen wird, da dieser höhere Zahlen gibt als der Sand, in welchem die feinen Theile fehlen. Durch Versuche in Züllchow ist festgestellt, daſs es nicht nothwendig ist, dem groben einkörnigen Sand feinere Sandtheile zuzumischen, um die Dichtigkeit bezieh. Festigkeit zu erhöhen, sondern daſs auch andere indifferente Körper unter Umständen dasselbe leisten. Bei Sandsorten verschiedener Korngröſse tritt eine Festigkeitserhöhung hauptsächlich bei hohen Sandzusätzen ein, zumal wenn man ziemlich grob gemahlenen Cement nimmt, wie folgende Tabelle zeigt: Fein gemahlener Cement (4 Proc. Rückstand), gemischt mit 3bezieh. 6 Theilen a) Normalsand b) 2/8 Normalsand+ ⅛ Sand, welcher das900-Sieb passirte c) Roher Grubensand 1 : 3 1 : 6 1 : 3 1 : 6 1 : 3 1 : 6 Nach 7 Tagen 19,8 6,6 22,4 12,2 21,4 12,3 Nach 28 Tagen 23,4 9,8 27,3 16,5 27,0 17,9 Grob gemahlener Cement (8 Proc. Rückstand), gemischt mit 3bezieh. 6 Theilen a) Normalsand b) 2/8 Normalsand+ ⅛ 900-Masch.-Sand c) Roher Grubensand 1 : 3 1 : 6 1 : 3 1 : 6 1 : 3 1 : 6 Nach 7 Tagen 15,3 5,3 18,0   9,8 19,8 12,5 Nach 28 Tagen 20,0 8,5 21,0 13,2 24,2 16,6 Daſs nicht blos feiner Sand die Hohlräume auszufüllen vermag, sondern daſs dies auch andere Körper thun, hat Dyckerhoff (1880 236 472) bereits erfahren, indem er zumal bei hohen Sandzusätzen, bei denen es viele Hohlräume auszufüllen gibt, mit Kalk eine Festigkeits. erhöhung erhielt. Dies thut aber nicht blos der Kalk, bei welchem man immer noch chemische Wirkung voraussetzen und sagen kann, der Aetzkalk, indem er sich allmählich in kohlensauren Kalk verwandelt, verkittet die Sandkörner, sondern auch der Zusatz verschiedener anderer Körper. Eine ganz auffällige Erhöhung bewirkt ein Zusatz von Ultramarin (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1880 S. 518). Nach Liewen ist in Petersburg vom Ministerium der Wasser- und Wegebauten eine Versuchsstation eröffnet. Die Normen sind abweichend von den deutschen und ohne Hinzuziehung der Cementfabrikanten aufgestellt und haben daher ganz absurde Resultate ergeben. Es werden meist Parallelproben mit zwei Sandsorten auf dem 120- und 240-Maschensieb angestellt. Es kommen zum groſsen Theil noch ziemlich rasch bindende Cemente auf den Petersburger Markt, weil das russische Publikum für diese noch immer eine Vorliebe hat. Dabei hat sich ergeben, daſs bei dem Wassergehalt von 12,5 Proc. des Mörtels ein grober Sand bessere Resultate gibt als der feinere und zwar im Verhältniſs der Feinheit; dagegen kommt man bei langsam bindendem Cement, welcher mit derselben Wassermenge angerührt wird, zu dem Resultat, daſs Proben mit feinem Sande bedeutend höhere Festigkeit liefern als mit grobem Sande. Langsam bindende Cemente gaben mit Sand vom 120-Maschensieb 8k,5, mit feinem Sande 17k für 1qc. Je feiner der Sand ist, desto mehr Wasser ist nöthig zum Anmachen der Form; dies dürfte dafür sprechen, daſs die Wassermenge sehr wesentlich die Festigkeit bedingt. Die Angabe von Erdmenger, daſs die Zukunft der Cementfabrikation darin liegen werde, daſs man den Cement in geringem Verhältniſs mit ganz feinem Sande mische und diese Mischung zu grobem Schotter hinzusetze, ist nach H. Delbrück in so fern nicht richtig, weil hierbei die Zwischenglieder, die zu möglichster Ausfüllung der Hohlräume nothwendig sind, fehlen. Er glaubt, daſs es sich hier um eine einfache Adhäsionserscheinung handelt und daſs durch diese feinsten Körper nur eine gröſsere Oberflächenanziehung geschaffen wird und dadurch eine gröſsere Dichtigkeit und Festigkeit. Wir wissen, daſs wir die gröſsten Festigkeiten dadurch bekommen haben, daſs wir den groben Granitstein in möglichster Aufeinanderfolge, bis zu immer feinerem Korn verwendeten. Wir würden vielleicht die höchsten Festigkeiten erhalten, wenn es einen Sand gäbe, der so fein ist, wie z.B. Ultramarin als Pulver zu erhalten ist. Ueber die Einwirkung der Luft auf den Cement berichtet Tomei in Fortsetzung seiner vorjährigen Versuche (vgl. 1880 236 245). Die Versuche wurden in ähnlicher Weise wie im vergangenen Jahre ausgeführt, indem der zu untersuchende Cement auf Blechtafeln ausgebreitet wurde, welche in einem verschlossenen Kasten derart angebracht waren, daſs die zu untersuchende Luft- oder Gasart über die dünnen Cementschichten hinstreichen muſste und eine möglichst groſse Angriffsfläche vorfand. Die Kohlensäure wurde aus möglichst reinem Kalkstein hergestellt, dann gewaschen und getrocknet. Die feuchte Luft wurde so erhalten, daſs Luft erst durch Kalilauge und dann durch Kölbchen mit feuchter Baumwolle gedrückt wurde. Zu den Versuchen wurde ein schnell bindender Cement angewendet, der schon einige Wochen nach dem Brande gelagert hatte. Seine Zusammensetzung war ähnlich wie im vergangenen Jahre angegeben; nur hatte er 1,30 Proc. Kohlensäure und 0,45 Proc. Feuchtigkeit. Er band ab in 25 Minuten und zeigte eine Temperaturerhöhung von 8°. Der Cement war besonders mit dieser starken Temperaturerhöhung beim Binden ausgesucht, um die Einwirkung der einzelnen Luftbestandtheile auf die Temperaturverhältnisse recht deutlich hervortreten zu lassen. Am Schlüsse der Versuchsreihen zeigte der Cement immer noch eine Bindezeit von 30 Minuten und eine Temperaturerhöhung von 7°. Da im vergangenen Jahre die Sandproben nur sehr geringe Unterschiede gezeigt hatten, so wurden in diesem Jahre nur Proben mit reinem Cemente angestellt. Alle Proben wurden den Normen entsprechend auf undurchlässiger Unterlage hergestellt. Der Versuchscement zeigte rein nach 7 Tagen 26k,6 und nach 28 Tagen 35k,2 auf 1qc. Nach 7tägiger Einwirkung der trockenen Kohlensäure band derselbe Cement ab in 1 Stunde 15 Minuten. Die Temperatur war auf 7° beim Binden herabgegangen. Die Festigkeit war annähernd dieselbe wie bei dem angewendeten Cemente, nämlich nach 7 Tagen 25k,7 und nach 28 Tagen 32k,5 auf 1qc. Nach 14tägiger Einwirkung der trockenen Kohlensäure war der Gehalt der Kohlensäure im Cement auf 3,1 Proc. gestiegen. Die Bindezeit betrug jetzt 5 Stunden und die Temperaturerhöhung beim Binden nur 3°. Die Festigkeiten waren bedeutend zurückgegangen und zwar auf 18k,8 nach 7 Tagen und 27k,6 nach 28 Tagen. Es hatte also eine Verwitterung stattgefunden. Eigenthümlich war der Einfluſs der Kohlensäure auf die Art des Abbindens. Der Cement brauchte nach 7tägiger Einwirkung 4 Proc. Wasser mehr, als er vorher brauchte, um einen gleich schlanken Mörtel zu geben. Auſserdem zeigte er nicht mehr dieselbe Erscheinung des gleichmäſsigen Abbindens, sondern es bildete sich auf der Oberfläche des Cementkuchens eine Haut, eine Erscheinung, welche Tomei bei seinen Untersuchungen über die Einwirkung schwefelsaurer Salze auch vielfach beobachtete. Nach 14tägiger Einwirkung der Kohlensäure bildete sich eine förmliche Kruste auf dem Cementkuchen. Bei Einwirkung der feuchten Kohlensäure zeigten sich ebenfalls die soeben beschriebenen Erscheinungen, während die Versuche mit feuchter Luft keine derartigen Krustenbildungen hervorbrachten. Es ist zu bemerken, daſs der Cement selbst nach 14tägigem Ueberleiten der Feuchtigkeit, Luft oder Kohlensäure genau dasselbe staubtrockene Pulver war wie vorher. Nach 7tägigem Durchstreichen der feuchten Luft betrug die Bindezeit 1 Stunde 15 Minuten, die Temperaturerhöhung beim Abbinden nur 4°. Die Festigkeit war die des angewendeten Cementes, wenigstens nahezu; sie betrug nach 7 Tagen 28k,6, nach 28 Tagen 34k,6. Als das Durchstreichen der Luft 14 Tage fortgesetzt wurde, betrug die Bindezeit 1 Stunde 50 Minuten, die Temperaturerhöhung beim Binden 30, wobei sich jedoch die Festigkeit nicht vermindert hatte, da sie nach 7 Tagen 26k,8 und nach 28 Tagen 36k,4 betrug. Schon nach 7tägiger Einwirkung der feuchten Kohlensäure betrug bei einer Bindezeit von 1 Stunde 15 Minuten und einer Temperaturerhöhung von 3° die Festigkeit nach 7 Tagen nur 21k,3 und nach 28 Tagen 25k,0 auf 1qc. Nach 14tägiger Einwirkung der feuchten Kohlensäure zeigte der Cement 5 Stunden Bindezeit und eine Temperaturerhöhung beim Binden von 3°. Seine Festigkeit war jetzt nach 7 Tagen 18k,8 und nach 28 Tagen 24k,7. Die Feuchtigkeit hat somit den gröſsten Einfluſs auf die Temperaturverminderung, ohne in geringen Mengen auf die Bindekraft des Cementes schädlich einzuwirken. Die Kohlensäure wirkte allein ebenfalls nur bei groſsem Ueberschusse nachtheilig. Die feuchte Kohlensäure aber, mit der wir es in der Praxis hauptsächlich zu thun haben, bewirkt selbst nach kurzer Zeit eine bedeutende Herabminderung der Festigkeit und dürfte in dem vereinten Angriff von Feuchtigkeit und Kohlensäure der Hauptgrund des Verlagerns zu suchen sein. Diese Untersuchungen führten unwillkürlich darauf, die Einwirkung anderer Gase auf den Cement in Betracht zu ziehen. Ein Cement von 4 Stunden Bindezeit zeigte nun beim Ueberleiten von Wasserstoff ein Zurückgehen dieser Bindezeit nach einem Durchleiten von 7 Tagen auf 2 Stunden und nach 14 Tagen auf 1½ Stunde. Die 7tägigen Festigkeiten für reinen Cement betrugen für den Versuchscement 26k,6, bei 7tägiger Einwirkung des Wasserstoffes 21k,7 und bei 14tägiger Einwirkung 21k,6 auf 1qc. Die Temperaturerhöhung war in allen 3 Fällen 2°. H. Delbrück glaubt, daſs sehr hart gebrannte Cemente, welche also beim Anmachen eine geringe Temperaturerhöhung erfahren, vielleicht verschiedene Resultate von den eben mitgetheilten geben. Bernoully erwähnt die Volumenzunahme des trockenen, in Tonnen verpackten Pulvers, durch welche die Bänder auf dem Lager platzen. Je härter der Cement gebrannt ist, um so weniger wird ja der Fall eintreten; aber bekanntlich ist der Grund nicht immer klar zu stellen. Tomei ist der Ansicht, daſs diese Erscheinung auf eine Molecularumsetzung des Cementes zurückzuführen ist. Cementkunststeinarbeiten und Marmorimitation. Nach v. Froideville ist einer der Hauptübelstände für diese Fabrikation das Reiſsen des Cementes. Ein Cement reiſst nicht, wenn er richtig behandelt wird. Wenn man ihm zu viel Wasser gibt, daſs er eine glasartige Kruste bildet und nicht homogen in der ganzen Masse ist, dann muſs er reiſsen und hat er erst Haarrisse, dann vernichtet ihn Nässe und Frost vollends. Ein zweiter groſser Fehler ist das Ausschlagen des Cementes; bei feineren Arbeiten ist dies ein vernichtender Fehler. Manche Cementsachen haben nie ausgeschlagen und behalten die Schönheit in Ton und Farbe; andere dagegen bekommen einen solchen Schimmel, daſs sie unsauber und unansehnlich werden. Im Allgemeinen widersteht der Cement jeder Farbe und ist die Behauptung, man könne durch Farbenzusatz die Festigkeit des Cementes vermehren, nicht richtig. Es wird ziemlich viel Farbe verlangt, wenn man das Wesen des Cementes überwinden und ihm die Farbe geben will, die man gerade braucht. Jeder Farbezusatz macht das Product aus der Masse mürber und es gehört verhältniſsmäſsig mehr Cement zu dem Zusatz als ohne Farbe. Seit mehreren Jahren wurden bereits Kunststeine für Bordschwellen und Straſsenrinnen nach Potsdam geliefert, welche sich gut bewährt haben. Die Rinnsteine haben die gröſste Sauberkeit, und die Furcht, daſs der Frost in Verbindung mit dem Erddruck, welcher von beiden Seiten hinzutritt, die Kinnen zerstören würde, ist unbegründet. Die Behauptung, daſs Zusätze von gröbstem Schotter allmählich bis zu den feinsten Sandtheilchen dem Cement die gröſste Haltbarkeit geben sollen, ist nur theoretisch richtig. Bei klein geschlagenem Granit, welcher mit Cement eine sehr bedeutende Festigkeit gibt, setzen sich die schweren Steintheile immer unten ab und hindern die Fabrikation; dagegen gibt der Zusatz von Granit zum Cement ohne Sand ein ganz vortreffliches Material. Bei dem Gymnasium zu Potsdam sind 2 Säulen in dieser Weise ausgeführt; dieselben tragen nicht allein ein Kreuzgewölbe, sondern auch die Säulen bis in die obersten Stockwerke. Diese Erfahrungen haben dazu geführt, den Cement mit Marmor zu verarbeiten ohne Sandzusatz, wodurch man Stücke von solcher Festigkeit bekommt, daſs sie polirfähig sind. Es war die Aufgabe gestellt, 2m lange freitragende Treppen, 20cm eingemauert, mit einem Profil von 36cm Auftritt und 16cm Höhe herzustellen. Zur Probe sollten sie am freitragenden Ende mit einem Gewicht von 1500k belastet werden. Es wurden nun Probestücke gemacht und nach 6 Wochen 4 Stufen versetzt, welche dann leicht 2700k Belastung ertrugen. Eine gröſsere Last konnte nicht aufgepackt werden, weil das Mauerwerk anfing, sich zu heben. Man hat also hier eine Verbindung von ganz unglaublicher Festigkeit. Man kann, wenn man nicht den Ausschlag zu befürchten braucht – der Ausschlag aber hört auf, wenn die Sachen erst polirt sind – die Verwendung jedenfalls mit Sicherheit um so mehr erwarten, weil die Kostenersparniſs beinahe die Hälfte der wirklichen Granitarbeiten ausmacht. Für Terrazzo-Fuſsböden wird auch eine bedeutende Menge Cement verbraucht. Die Fabrikation des alten römischen Marmormosaiks zu Estrichen hat viele Jahrhunderte geruht und ist erst in letzter Zeit wieder zur Geltung gekommen. Die Italiener arbeiten ihn sehr einfach, indem sie die Marmorstückchen nach ihren Farben entweder zusammensetzen, oder die Terrazzo zu buntem Gewirr durch einander bringen. Sie nehmen als Unterlage eine Betonschicht, die sie aus Puzzolane herstellen und aus Ziegelstücken, und legen ihre Masse gleichfalls in Ziegelmehl; wenn sie nicht Puzzolane haben, dann nehmen sie wegen des langsamen Bindens den hydraulischen Kalk. Dies hat den groſsen Fehler, daſs die Bindemasse zwischen dem Marmor sich ausläuft und der Marmor stehen bleibt. Froideville führt sowohl die Betonschicht unter dem Terrazzo, als auch den Terrazzo selbst nur in Portlandcement aus und hat dadurch Arbeiten erzielt, welche eine vollständig gleichmäſsige Härte haben; z.B. haben Fluren nach jahrelanger Benutzung kein Ablaufen der Bindeschicht gezeigt, wie dies so häufig bei den italienischen Terrazzos vorkommt. (Schluſs folgt.)