Titel: Ein Elektromagnet von ungewöhnlicher Grösse.
Fundstelle: Band 241, Jahrgang 1881, S. 465
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Ein Elektromagnet von ungewöhnlicher Gröſse. v. Feilitzsch und W. Holtz' Elektromagnet. Durch einen Gelegenheitskauf war das physikalische Institut der Universität Greifswalde in Besitz einer gröſseren Menge Kupferband und Kupferdraht gekommen. Dieses Material glaubten v. Feilitzsch und W. Holtz nach den Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereines in Greifswalde (Sonderabdruck) nicht besser verwenden zu können als zur Herstellung eines möglichst groſsen Elektromagneten. Es lag nahe, den Eisenkern aus drei Stücken zu construiren so zwar, daſs zwei massive Cylinder, auf eine starke eiserne Basis aufgeschraubt, statt der gewöhnlichen Hufeisen zur Verwendung kommen. Vorversuche zeigten aber, daſs an den auch mit gröſster Vorsicht hergerichteten Berührungsstellen zwischen den mit der magnetisirenden Spirale umwundenen Cylindern und dem davon frei gebliebenen Querstück sich stets Pole nachweisen lieſsen, wodurch natürlich die beabsichtigte Wirkung eine erhebliche Einbuſse erleidet gegenüber solchen Magneten, bei denen ein ununterbrochener hufeisenförmig gebogener Cylinder verwendet wird. Endlich entschlossen sich die Verfasser, den Kern aus einzelnen Eisenlamellen herstellen zu lassen, die in ihrer ganzen Länge ohne Unterbrechung verlaufen, und glauben dadurch mit den verhältniſsmäſsig nur geringen Kosten von beiläufig 500 M. Nachahmenswürdiges in folgender Weise erreicht zu haben. Es wurden 28 Streifen von bestem 7mm dickem Eisenblech in solcher Breite geschnitten, daſs dieselbe jeweilig den auf der beabsichtigten Hufeisenfläche senkrechten Sehnen eines Kreises von 195mm Durchmesser entspricht. Diese Streifen wurden im Feuer sprenkelförmig gebogen und sorgfältig gegen einander gefügt, so daſs sie in ihrer Gesammtheit ein cylindrisches Hufeisen von 195mm Durchmesser und 125cm Höhe, gemessen von der untersten Biegung bis zur gemeinschaftlichen Ebene beider freier Enden, darstellen. Der von Mitte zu Mitte gemessene Abstand der freien Polflächen beträgt 596mm. Besteht nun aber demgemäſs der Magnetkern nicht aus einem massiven Stück, so war es wünschenswerth, auch die dadurch erwachsenden Vortheile bezüglich der Extraströme nicht zu vernachlässigen. Deswegen waren die einzelnen Lamellen vor ihrer Zusammenfügung auf den einander zugewendeten Flächen lackirt worden und wurden zunächst, um ein Verschrauben derselben zu vermeiden, nur zeitweilig mit starken Drahtbändern an verschiedenen Stellen gegen einander gepreſst und so die Gesammtform gewahrt. Dann wurden die mit der Magnetisirungsspirale zu umlegenden Theile unter geeignetem Lösen und Wiederherstellen der Bänder mit der Feile bearbeitet, bis durch Beseitigung der vorspringenden Kanten die beabsichtigte Cylinderform erreicht war. Das Gewicht des derart gewonnenen Eisenkernes beträgt 628k. Dieser Eisenkern wurde nun mit der Biegung nach unten in einem Kasten von 50mm starken eichenen Bohlen, der im Lichten 870mm lang, 255mm breit und 295mm tief ist, aufgerichtet und in demselben nach Wegnahme der daselbst vorhandenen Drahtbänder mittels Cement und Ziegelsteinen eingemauert. Der Kasten steht behufs leichteren Transportes auf eisernen Rädern mit breiten Reifen und aus demselben ragen die geraden Schenkel des Hufeisens 960mm weit hervor. Demnächst wurden auch die einstweiligen Bindedrähte an den freien Enden nach einander beseitigt und durch eine sehr feste Hanfgurte ersetzt, welche – Lage bei Lage aufgewunden die ganzen Cylinderflächen bedeckt und mit Siegellackfirniſs getränkt – noch den weiteren Vortheil bietet, daſs sie jede Berührung zwischen dem Eisen und der Magnetisirungsspirale sicher verhindert. Zur Magnetisirungsspirale sollte sowohl Kupferband, als Kupferdraht zur Verwendung kommen. Das Bandkupfer im Gewicht von 100k wurde in Ringe zu je 15 Windungen mit zwischengelegten Guttaperchastreifen vertheilt. Diese wurden über die Eisencylinder gestreift und nachmals ihre Enden so mit einander verlothet, daſs alle eine fortlaufende Leitung bildeten. Der vorhandene Draht im Gewicht von 175k war theils mit Wolle, theils mit Baumwolle umsponnen und theils in Schellack, theils in Wachs getränkt; er hat 2mm Durchmesser und es wurden immer zwei Drähte neben einander aufwärts und abwärts gewunden, mit Zwischenfügung von starkem Papier zwischen jede Lage. Derart entstanden auſser den Bandringen 5 Doppellagen, jede von 2 Drähten, und jede derselben bietet ungefähr den gleichen Widerstand dar wie die gesammten Kupferbandwindungen. Um nun alle diese Drahtschichten nach Bedürfniſs mit einander verbinden zu können, stehen auf dem Kastendeckel zwischen den Magnetschenkeln zwei Säulen, welche je 9 durch Holz von einander isolirte Metallringe tragen, deren jeder mit zwei Klemmschrauben zur Aufnahme der Drahtenden versehen ist. Die letzteren führen zu einem Commutator, der dem magnetisirenden Strom Existenz und Richtung verleiht. Auf die Polenden sind 2 Eisenplatten von 33mm Dicke behufs Veränderung des Magnetfeldes gegen einander verstellbar aufgeschliffen. Sie laufen nach innen verjüngt zu und können noch mit eisernen Spitzen versehen werden. Längs derselben sind 11mm breite und tiefe Rinnen eingehobelt und an den äuſseren Enden tragen sie Klemmschrauben zur Befestigung verschiedener Utensilien, z.B. Nicolscher Prismen, bei Anstellung des Faradayschen optischen Versuches. Zur besseren Vergleichung mit den gröſsten bisher beschriebenen Magneten, nämlich denen von Faraday und dem, welchen Plücker construiren lieſs (vgl. Poggendorff's Annahn, 1847 Bd. 72 S. 315 und 1848 Bd. 73 S. 549), diene die folgende Zusammenstellung: Pol-abstand MittlereLängedesKernes Durch-messerdesKernes GewichtdesKernes Quer-schnittdesDrahtes Zahl derDraht-schich-ten GewichtdesDrahtes mm mm mm k qmm k Faraday's Woolwich-Rolle Stab-magnet   711     63,5       17,8 14,52   4     19,5 Faraday's Hufeisenmagnet 152 1168       95,25       64,8 14,52   3     20,3 Plücker's Hufeisenmagnet 284 1320 102     84 14,93   3   35 Greifswalder Hufeisenmagn. 596 2706 195 1628   6,28 25 275