Titel: Telemeter von Le Cyre.
Autor: L.
Fundstelle: Band 242, Jahrgang 1881, S. 119
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Telemeter von Le Cyre. Le Cyre's Telemeter. Der französische Civilingenieur Le Cyre hat zwei Distanzmesser mit der Basis am Instrumente zum militärischen Gebrauche construirt, über welche nachstehend kurz berichtet werden soll. Diese Distanzmesser beruhen, wie alle derartigen Instrumente, auf der Messung des sogen, parallaktischen Winkels, d. i. jenes Winkels, unter welchem die Basis von dem Objecte aus, dessen Entfernung bestimmt werden soll, erscheint. Le Cyre benutzt zu diesem Zwecke zwei Spiegel, die in einer bestimmten Entfernung von einander angebracht sind; bei dem einen Distanzmesser (télémètre portatif) ist ein Spiegel fest und zwar unter einem Winkel von 45° gegen die optische Achse eines Fernrohres geneigt, während der zweite mittels einer Mikrometerschraube beweglich ist. Der Beobachter empfängt von dem Object directe Strahlen und sieht in derselben Richtung bei entsprechender Stellung des beweglichen Spiegels ein zweites, doppelt reflectirtes Bild des Objectes; der Winkel, welchen die beiden Spiegel mit einander einschlieſsen, wenn die beiden Bilder sich decken, ist die Hälfte des parallaktischen Winkels α. Die zu bestimmende Entfernung D findet man dann aus der Gleichung D=b\ cotg\,\alpha=\frac{b}{tg\,\alpha}, wo b die Entfernung der beiden Spiegel ist. Setzt man voraus, daſs die beiden Spiegel parallel sind, wenn die Ablesung an der Mikrometerschraube Null ist, so ergibt sich, wenn etwa n Umdrehungen nothwendig waren, um die Bilder zur Deckung zu bringen, tg\,\frac{\alpha}{2}=\frac{n\,g}{a}, wo g die Schraubenganghöhe und a die Entfernung des beweglichen Spiegels von der Schraube bedeutet; dadurch wird dann einfacher D=\frac{a\,b}{2\,n\,g} oder, weil \frac{a\,b}{2\,g} eine constante Gröſse ist, auch D=\frac{k}{n}, mit welcher Gleichung sich aus bekannten Entfernungen eine Tabelle zusammenstellen läſst, aus welcher für das gefundene n die entsprechende Entfernung D leicht entnommen werden kann. Das zweite auf einem Stative ruhende Instrument (télémètre oscillant autaur de l'axe optique) hat gleichfalls zwei Spiegel, die aber beide mittels Mikrometerschrauben beweglich sind. Der Beobachter empfängt hier kein directes Bild des Objectes, sondern erhält von den Spiegeln zwei einfach reflectirte Bilder, welche durch Drehung eines Spiegels leicht zur Deckung gebracht werden können; wurden die Spiegel vorher parallel gestellt, so entspricht der Drehungswinkel des gedrehten Spiegels wieder dem halben parallaktischen Winkel und wird die Entfernung so wie früher gerechnet. Zur Parallelstellung der Spiegel sind dem Distanzmesser Collimatoren beigegeben; die hier beschriebene Einrichtung ist jedoch keineswegs neu, denn sie wurde schon früher bei Distanzmessern mehrfach zur Anwendung gebracht. Indessen zeichnen sich die Distanzmesser von Le Cyre vor anderen derartigen Instrumenten dadurch aus, daſs sie die Messung des parallaktischen Winkels auch dann zulassen, wenn die Bedingungen nicht genau erfüllt sind; hierzu reicht freilich eine Beobachtung nicht aus, sondern es sind zwei Beobachtungen (observation croisée) erforderlich. Wird die Röhre, welche die beiden Spiegel enthält, nach der ersten Einstellung um 180° gedreht, so daſs die Spiegel ihre Rollen vertauschen, und wird in dieser Stellung die Deckung der Bilder wieder durch Drehung eines Spiegels bewerkstelligt, so beträgt der Drehungswinkel, wie sich leicht nachweisen läſst, den ganzen parallaktischen Winkel. Die Schwierigkeit, welche den Distanzmessern mit der Basis am Instrument anhaftet, besteht darin, daſs die Basis aus nahe liegenden Gründen nicht groſs sein kann und daher die kleinen parallaktischen Winkel mit gröſster Genauigkeit gemessen werden müssen, damit die Entfernungen mit jener Sicherheit erhalten werden, welche zu dem Zwecke, dem sie dienen sollen, erforderlich ist. Le Cyre hat die Basis 1m gewählt, während sie z.B. bei dem Instrumente von Roszkiewicz 1m,5, bei jenem von Berdan 2m und 4m beträgt; die Genauigkeit des Instrumentes deutet Le Cyre nur durch die eine Angabe an, daſs der mittlere Fehler einer Entfernung von 1000m beiläufig 30m, also 3 Proc. gefunden wurde. Allgemein ist der Fehler in der Distanz genau genug: f_D=\pm\,\frac{D^2}{b}\ \frac{{f_\alpha}''}{206265} oder in Procent p=\frac{D}{b}\ \frac{{f_\alpha}''}{2063}, wo fD der Fehler der Distanz, b die Basis und fα den Fehler im parallaktischen Winkel bedeutet; aus dieser Gleichung ist zu ersehen, daſs die Fehler im quadratischen Verhältnisse zur Entfernung wachsen. Mit Berücksichtigung der obigen Angabe ergibt sich der procentische Fehler p = 0,003 D, während derselbe Fehler bei dem Distanzmesser von Roszkiewicz blos 0,00077 D beträgt. Durch Vergröſserung der Basis läſst sich die Genauigkeit erhöhen und hat Le Cyre einen Distanzmesser mit 6m langer Basis gebaut, mit welchem im heurigen Frühjahre von der französischen Marine-Artillerie Versuche durchgeführt wurden, deren Resultate jedoch noch nicht bekannt geworden sind. (Nach dem Bulletin de la Société d'Encouragement, März 1881.) L.